Fremdarbeitskräfte in der Landwirtschaft



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Landesbauernverband in B.-W. Vorlage für Power Point - Präsentationen Fremdarbeitskräfte in der Landwirtschaft Webinar am 16.2.2012 Rechtsanwältin Nicole Spieß 1

Gliederung Arbeits- und sozialrechtliche Aspekte beim Einsatz von A. Arbeitsrechtliche Grundlagen B. Grundzüge der Sozialversicherung C. Besonderheiten bei Beschäftigung osteuropäischer Saisonarbeitskräfte 2

A. Arbeitsrechtliche Grundlagen 3

I. Arten von Arbeitsverhältnissen Sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis - Teilzeitarbeitsverhältnis - Vollzeitarbeitsverhältnis Befristetes Arbeitsverhältnis - zeitlich befristetes Arbeitsverhältnis - zweckbefristetes Arbeitsverhältnis Achtung: Schriftformerfordernis! Geringfügige Beschäftigung (versicherungsfrei) - Geringfügig entlohnte Beschäftigung (Mini-Job oder 400 -Job) - Kurzfristige Beschäftigung = " normales" Arbeitsverhältnis, für das die arbeitsrechtlichen Regelungen gelten (insb. auch im Hinblick auf Kündigungsschutz, Urlaub, Krankheit ) 4

II. Rechtsgrundlagen Arbeitsvertrag Tarifvertrag Betriebsvereinbarungen Gesetzliche Regelungen (z.b. BGB, HGB, GewO, Spezialgesetze wie z.b. KSchG, EFZG, BUrlG, ArbZG, MuSchG, ArbGG...) Verfassung Richterrecht/Gewohnheitsrecht (z.b. betriebliche Übung) Supranationales und internationales Arbeitsrecht (völkerrechtliche Verträge wie z.b. EMRK, EG-Recht wie z.b. Arbeitszeit-Rl., Teilzeitarbeits-Rl., Rl. über befristete Arbeitsverhältnisse, Gleichbehandlungs-Rl.) 5

I. Vertragsanbahnung/Vertragsschluss Stellenausschreibung - neutral hinsichtlich Geschlecht, Alter, Herkunft, - keine Diskriminierung! Vorstellungsgespräch - Bewerber muss grds. wahrheitsgemäße Angaben machen - Fragen aus dem privaten oder auch Intimbereich (Familienplanung, Intensität der Religionsausübung, Parteizugehörigkeit etc.) müssen nicht beantwortet werden -> Recht zur Lüge. - AG muss dem AN Vorstellungskosten erstatten, wenn er den Bewerber zum Vorstellungsgespräch aufgefordert und die Kostenübernahme nicht ausgeschlossen hat. Vertragsschluss - Einigung über die wesentlichen Vertragsbedingungen - Vertrag möglichst schriftlich verfassen (bei befristeten Verträgen Schriftform zwingend) 6

II. Wichtige gesetzliche Vorgaben im Arbeitsverhältnis 1. Arbeitszeit und Pausen, Ruhezeit Werktägliche Arbeitszeit ohne Pausen: 8 Stunden, max. 48 Stunden/Woche ( 3 ArbZG) - Arbeitszeitverlängerung/Überstunden bis zu 10 Std. täglich, ( 3, 14 ArbZG) wenn Ausgleich der Arbeitszeit auf Ø 8 Std. innerhalb von 6 Kalendermonaten. - in Notfällen (z.b. Unwetter) auch mehr als 10 Stunden zulässig. Pausen( 4 ArbZG): bei Arbeitszeit von mehr als 6 Stunden täglich Ruhezeit ( 5 ArbZG): Zwischen 2 Arbeitstagen müssen mind. 11 Std. frei sein. - Verkürzung auf 10 Stunden möglich, wenn andere Ruhezeit mind. 12 Stunden 7

2. Beschäftigungsverbot an Sonn- und Feiertagen Grds. besteht ein Beschäftigungsverbot an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen ( 9 ArbZG). In der Landwirtschaft bestehen Ausnahmen ( 10 Nr. 12 ArbzG): Eine Beschäftigung ist an diesen Tagen zulässig, wenn - mind. 15 Sonntage im Jahr beschäftigungsfrei sind ( 11 Abs. 1 ArbZG) bei Beschäftigung am Sonntag innerhalb von 2 Wochen ein Ersatzruhetag gegeben wird ( 11 Abs. 3 S. 1 ArbZG) bei Beschäftigung an einem Feiertag innerhalb von 8 Wochen ein Ersatzruhetag gegeben werden ( 11 Abs. 3 S. 1 ArbZG). 3. Sanktionen bei Nichteinhaltung des Arbeitszeitgesetzes Bußgeld bis 15.000 ( 22 ArbZG) (bzw. Geld- oder Freiheitsstrafe für den Arbeitgeber möglich, 23 ArbZG). 8

4. Entgeltfortzahlung Arbeits- und sozialrechtliche Aspekte beim Einsatz von bei Erkrankung des Arbeitnehmers ( 3 EFZG) für 6 Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis 4 Wochen bestanden hat) bei Erholungsurlaub ( 1, 3 Abs. 1 BUrlG) (gesetzl. Mindesturlaub: jährlich 24 Tage (6-Tage-Woche), 20 Tage bei 5-Tage-Woche) an gesetzlichen Feiertagen ( 2 EFZG) in Zeiten des Mutterschutzes ( 11 MuSchG) bei vorübergehender Verhinderung des Arbeitnehmers ( 616 BGB) (z.b. Arztbesuch) kann vertraglich ausgeschlossen werden. 9

5. Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers Schlechtleistung Der Arbeitnehmer schuldet eine für ihn unter normalen Umständen erreichbare ordnungsgemäße Arbeitsleistung. Im Falle der Schlechtleistung (z.b. Arbeitnehmer verwendet zu wenig oder falsches Saatgut, oder leistet dauernd weniger als er leisten könnte hat der Arbeitgeber - kein Recht, die Vergütung zurückzubehalten oder zu mindern, - sondern kann nur die Beseitigung der Mängel verlangen: Aber: Die Beseitigung muss im Rahmen der normalen Tätigkeit erfolgen, d.h. letztlich auf Kosten des Arbeitgebers! - u.u. einen Kündigungsgrund. Beschädigt der Arbeitnehmer bei seiner Arbeit schuldhaft Eigentum des Arbeitgebers kann dies einen Schadensersatzanspruch begründen (nicht bei leichter Fahrlässigkeit). 10

III. Ende des Arbeitsverhältnisses Zeitablauf oder Zweckerreichung (befristetes Arbeitsverhältnis) bzw. Eintritt einer auflösenden Bedingung ( 15 ArbZG) Tod des Arbeitnehmers Anfechtung ( 119 ff. BGB) Arbeitnehmer- oder Arbeitgeber-Kündigung ( 622, 626 BGB) - Schriftform ( 623 BGB) - Kündigungsfristen ( 622 BGB) - Ggf. besonderer oder allgemeiner Kündigungsschutz (z.b. MuSchG, BEEG KSchG) Parteivereinbarung (Aufhebungsvertrag) - Schriftform! ( 623 BGB) Auflösung durch gerichtliche Entscheidung des Arbeitsgerichts ( 9 KSchG) 11

B. Die Sozialversicherung der Arbeitnehmer 12

I. Sozialversicherungs- und Beitragspflicht In der Regel unterliegt jedes Beschäftigungsverhältnis der Versicherungsund Beitragspflicht unabhängig davon, ob es mit einem Inländer oder einem Ausländer geschlossen wird. Die Versicherungs- und Beitragspflicht tritt kraft Gesetzes ein; ein vertraglich vereinbarter Ausschluss ist unwirksam. Pflichten des Arbeitgebers: - Meldepflicht ( 28a SGB IV) - Einbehalten und Abführen des Sozialversicherungsbeitrags an die Einzugstelle (Krankenkasse des Arbeitnehmers), 28d ff. SGB IV Sozialversicherungsbeiträge sind vom Arbeitnehmer und Arbeitgeber grundsätzlich je zur Hälfte zu tragen. - Die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung zahlt der Arbeitgeber. In der LBG sind keine zusätzlichen Beiträge für Arbeitnehmer zu entrichten. Midi-Job (Gleitzone, 20 Abs. 2 SGB IV): Bei Arbeitsentgelt zwischen 400 und 800 mtl. zahlt der Arbeitnehmer Beiträge aus einem verringerten Arbeitsentgelt. 13

Aktuelle Beiträge zur Sozialversicherung seit 1.1.2012 Versicherungszweig Beitragssätze Beispiel: Monatslohn 1.600 Arbeitnehmer Arbeitgeber Krankenversicherung 15,50 %* (8,2 %) 131,20 (7,3 %) 116,80 Pflegeversicherung 2,20 % ** 19,60 15,60 Rentenversicherung 19,60 % 156,80 156,80 Arbeitslosenversicherung 3,00 % 24,00 24,00 Umlage Lohnfortzahlung (U1) 2,00 % *** 32,00 Mutterschaftsgeld (U2) 0,27 % 4,32 Insolvenzgeld 0,04 % 0, 64 SV Arbeitnehmer/Arbeitgeber 20,825 % / 21,885 % 331,60 350,16 Lohnsteuer (Steuerklasse I) 124,91 Kirchensteuer 9,99 Solidaritätszuschlag 6,87 AN netto / Kosten AG 1.126,63 1.950,16 * der Arbeitnehmeranteil erhöht sich um 0,9 % (14,9 % : 2 + 0,9 = 8,35 %) ** bei kinderlosen Versicherten, die das 23. Lebensjahr vollendet haben und vor dem 1.1.1940 geboren sind, erhöht sich der Beitragssatz von 1,95% um 0,25 % auf 2,2 % *** bei 60 % Erstattung 14

II. Ausnahmen von der Versicherungs-/Beitragspflicht I Insbesondere: Keine Versicherungs- und Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung, wenn der Arbeitnehmer im Hauptberuf selbständig erwerbstätig ist ( 5 Abs. 5 SGB V). Arbeitgeber ist vom Beitrag zur Arbeitslosenversicherung befreit, wenn er einen Arbeitslosen, der das 55. Lebensjahr vollendet hat, erstmals einstellt. Rentner, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, entrichten keine Arbeitnehmer-Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung mehr. Geringfügige Beschäftigungen ( 27 Abs. 2 SGB III, 7 SGB V, 5 Abs. 2 SGB VI i.v.m. 8 SGB IV) 15

III. Geringfügige Beschäftigungen ( 8 SGB IV) Arbeitsentgelt regelmäßig unter 400 im Monat 400 -Job / Mini-Job Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf maximal 2 Monate oder 50 Arbeitstage begrenzt Ausnahme: Beschäftigung wird berufsmäßig ausgeübt und das Entgelt übersteigt 400 im Monat. geringfügig entlohnte Beschäftigung kurzfristige Beschäftigung Arbeitgeber muss pauschal 30% Sozialabgaben zahlen keine Sozialabgaben 16

1. Beschäftigung einer 400 -Kraft (Mini-Job), 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV Beispiel 1 Die Hausfrau Elisabeth Meier hilft - dienstags und donnerstags von 17 bis 19 Uhr und - jedes 2. Wochenende samstags und sonntags von 6 bis 9 Uhr sowie von 17 bis 19 Uhr im Milchviehbetrieb des Landwirts Leo Müller im Stall. Sie erhält hierfür ein monatliches Entgelt von 300 (was einem Stundenlohn von ca. 7,50 entspricht). 17

Lösung Beispiel 1 Arbeits- und sozialrechtliche Aspekte beim Einsatz von Frau Meier muss keine Lohnsteuerkarte vorlegen und keine Sozialversicherungsbeiträge entrichten. Leo Müller muss die Beschäftigung bei der DRV Knappschaft-Bahn- See melden und monatlich folgende Abgaben leisten: - 30 % Pauschalabgaben, also 90,00, - 0,70 % Umlage U 1, also 2,10, - 0,14 % Umlage U 2 also 0,42, - 0,04 % Insolvenzgeldumlage, 0,12 gesamt 92,64. 18

Frau Meier kann durch Erklärung gegenüber ihrem Arbeitgeber auf ihre Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung verzichten ( 5 Abs. 2 S. 2 SGB VI). Sie muss dann den Differenzbetrag zwischen dem vollen Beitragssatz von 19,6 % und dem vom Arbeitgeber geleisteten Pauschalbeitrag von 15 %, also 4,6 % (13,80 ), zahlen. Die von Arbeitgeber und Arbeitnehmer geleisteten Rentenversicherungsbeiträge sind Pflichtbeiträge und wirken rentensteigernd. Außerdem können durch diese Pflichtbeiträge die Voraussetzungen für bestimmte Rentenarten oder Rehabilitationsmaßnahmen erfüllt werden. 19

Mehrere Mini-Jobs ( 8 Abs. 2 SGB IV) Mehrere geringfügig entlohnte Beschäftigungen sind zusammenzurechnen. - Wird dadurch die Geringfügigkeitsgrenze überschritten, besteht volle Versicherungs- und Beitragspflicht in allen Beschäftigungen! Auch geringfügig entlohnte Beschäftigungen und versicherungspflichtige Hauptbeschäftigungen werden zusammengerechnet, - jedoch bleibt eine Nebenbeschäftigung und zwar die zuerst aufgenommene unberücksichtigt. Arbeitgeber sollte sich vom Arbeitnehmer bei Vertragsschluss bestätigen lassen, dass dieser keine weitere geringfügig entlohnte Beschäftigung ausübt. Checkliste DRV file://localhost/volumes/no NAME/Vorträge/Arbeitsrecht/Backnang, 19.1.2012/Checkliste.doc 20

Beispiel 2 Arbeits- und sozialrechtliche Aspekte beim Einsatz von Wie Beispiel 1: Minijob bei Leo Müller (Vergütung: 300 ) Jedoch nimmt Frau Meier ohne dies ihrem Arbeitgeber Leo Müller mitzuteilen einen weiteren Mini-Job an. Das Arbeitsentgelt für diesen Mini-Job beträgt a) 100 /Monat. b) 400 /Monat. 21

Beiträge zur Sozialversicherung für die Beschäftigung bei Leo Müller Versicherungszweig Beitragssätze Monatslohn 300 ab 1. Januar 2012 Arbeitnehmer Beiträge (Beitragspflichtiges Arbeitsentgelt 289,25 ) Arbeitgeber Krankenversicherung 15,50 % (8,2 %) 22,93 (7,3 %) 21,90 Pflegeversicherung 1,95 % * 2,71 2,93 Rentenversicherung 19,60 % 27,30 29,40 Arbeitslosenversicherung 3,00 % 4,18 4,50 Umlage Lohnfortzahlung (U1) 2,00 % ** - 6,00 Mutterschaftsgeld (U2) 0,27 % - 0,81 Insolvenzgeld 0,04 % - 0,12 Summe: Arbeitgeber 65,66 Summe: Arbeitnehmer 57,12 Insgesamt 122,78 * bei kinderlosen Versicherten, die das 23. Lebensjahr vollendet haben und vor dem 1.1.1940 geboren sind, erhöht sich der Beitragssatz um 0,25 % auf 2,2 % ** bei 70 % Erstattung (AOK BW) 22

2. Kurzfristige Beschäftigung, 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV Beschäftigung ist innerhalb eines Kalenderjahres im Vorhinein auf maximal 2 Monate oder 50 Arbeitstage begrenzt und wird nicht berufsmäßig ausgeübt. Diese Beschäftigung ist sozialversicherungsfrei, auch der Arbeitgeber muss keine Pauschalabgaben leisten. Wichtig: Vor Arbeitsbeginn schriftlichen Vertrag mit Befristung auf max. 2 Kalendermonate/50 Arbeitstage schließen. 23

Kurzfristige Beschäftigung: 2 Monate oder 50 Arbeitstage? Wird die Beschäftigung an mind. 5 Tagen pro Woche ausgeübt, ist der Zeitraum von 2 Kalendermonaten maßgebend. - Bei zwei Beschäftigungszeiträumen innerhalb eines Jahres gilt ein Gesamtzeitraum von 60 Kalendertagen, außer es handelt sich bei den Beschäftigungszeiträumen um ganze Kalendermonate. Wird die Beschäftigung an weniger als 5 Tagen pro Woche ausgeübt, ist ein Zeitraum von 50 Arbeitstagen maßgebend. 24

Keine kurzfristige Beschäftigung bei Berufsmäßigkeit Wenn die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und das Entgelt 400 EUR/Monat übersteigt. Berufsmäßigkeit liegt nach der Rechtsprechung des BSG vor, wenn die Beschäftigung für Arbeitnehmer nicht von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist. berufsmäßig beschäftigt = versicherungspflichtig Arbeitnehmer/-innen während eines unbezahlten Urlaubs Arbeitslose Asylbewerber Personen in Elternzeit Wehr- und Zivildienstleistende nicht berufsmäßig beschäftigt = versicherungsfrei Arbeitnehmer/-innen während eines bezahlten Urlaubs Selbständige Rentner/-innen Hausfrauen, Hausmänner Studierende, Schüler/-innen 25

C. Besonderheiten bei Beschäftigung osteuropäischer Saisonarbeitskräfte 26

I. Zulassung zum deutschen Arbeitsmarkt Ausländischen Arbeitnehmern ist der deutsche Arbeitsmarkt grds. verwehrt. Wichtige Ausnahme: Arbeitnehmer aus EU-Mitgliedstaaten (-> Arbeitnehmerfreizügigkeit, Art. 39 EG-Vertrag) - Seit 1.5.2011 auch für Arbeitnehmer aus Polen, Ungarn, Tschechien, Slowenien, Slowakei, Estland, Lettland und Litauen Sie dürfen wie deutsche Arbeitnehmer in allen Branchen unbegrenzt beschäftigt werden (sog. Arbeitnehmerfreizügigkeit. Aber: Arbeitnehmer aus Rumänien und Bulgarien haben vssl. erst ab 1.1.2014 Arbeitnehmerfreizügigkeit (Beschränkung in Beitrittsverträgen). - Sie dürfen nur unter bestimmten Voraussetzungen in Deutschland arbeiten, z.b. als Gastarbeitnehmer, Fachkraft oder nach 18 BeschV. 27

Saisonbeschäftigung in der Land- und Forstwirtschaft, 18 BeschV) Arbeitnehmer aus Rumänien und Bulgarien sowie dem Drittstaat Kroatien können in der Land- und Forstwirtschaft jedoch für bis zu max. sechs Monate im Kalenderjahr beschäftigt werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: - Die Arbeitszeit muss mindestens 30 Stunden wöchentlich bei durchschnittlich 6 Stunden täglich betragen. - Grds. ist die Beschäftigungsdauer pro Betrieb auf 8 Monate beschränkt. Ausnahme: Betriebe des Obst-, Gemüse-, Wein-, Hopfen- und Tabakanbaus (12 Monate). - Arbeitnehmer aus Bulgarien und Rumänien benötigen seit 1.1.2012 keine Arbeitserlaubnis mehr, - für kroatische Arbeitnehmer muss ein Vermittlungs- und Visumverfahren durchgeführt werden. 28

II. Sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Saisonarbeitskräften aus EU-Mitgliedstaaten, VO 883/2004 (EG) z.b. Polen, Rumänien, Ungarn Deutsches Recht ist anwendbar: - Schüler/-innen, Studierende, Hausfrauen/Hausmänner, Rentner/-innen sowie seit 1.5.2010 Selbständige, die in Deutschland keine der im Heimatland ähnliche Tätigkeit ausüben (z.b. selbständiger Handwerker, Taxifahrer ); sie können geringfügig und damit sozialversicherungsfrei beschäftigt werden. - Arbeitslose, Arbeitnehmer im unbezahlten Urlaub; sie üben die Beschäftigung berufsmäßig aus und sind sozialversicherungspflichtig. 29

Recht des Heimatlandes ist anwendbar, wenn Saisonarbeitskraft dort sozialversicherungspflichtig: - Arbeitnehmer im bezahlten Urlaub (in Bulgarien auch im unbezahlten Urlaub!) - Selbständige, die im Heimatland eine Tätigkeit ausüben, die der Saisonarbeit in Deutschland ähnlich ist (damit für selbständige Landwirte im Heimatland, nicht aber Forstwirte) Nachweis seit 1.5.2010 durch Vorlage der Bescheinigung A 1 (bis 30.4.2010 E 101), Folge: Melde- und Beitragspflicht des Landwirts (Arbeitgeber) gegenüber der ausländischen Sozialversicherung. 30

III. Wichtige Unterlagen bei Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer A1 oder Negativbescheinigung der Sozialversicherung des Heimatstaates. Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht/- Versicherungsfreiheit (4 Seiten, zweisprachig). - Wichtig: Alle Fragen müssen beantwortet sein! Insbesondere auf der letzten Seite muss die Frage nach einer möglichen Vorbeschäftigung beantwortet, das Datum angegeben und der Fragebogen unterschrieben sein! 31

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 32

Schwankende Arbeitszeiten bei 400 -Jobs Eine Saisonkraft wird mit folgenden Arbeitsentgelten beschäftigt: Januar-April je 33 /Monat Mai, Juni und Juli je 1.500 /Monat August-Dezember je 33 /Monat => insgesamt: Jahresgehalt 4.797 EUR. => grds. Voraussetzungen für Mini-Job erfüllt. Aber: Deutsche Rentenversicherung sieht in einer solchen Beschäftigung keine schwankenden Arbeitszeiten, sondern zwei unterschiedliche Arbeitsphasen im Jahr. => Kein Mini-Job 33