Häufigste Arzneimittelwechselwirkungen in der Palliativmedizin. Eckhard Beubler Institut für Exp. & Klin. Pharmakologie Medizinische Universität Graz

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Transkript:

Häufigste Arzneimittelwechselwirkungen in der Palliativmedizin Eckhard Beubler Institut für Exp. & Klin. Pharmakologie Medizinische Universität Graz

Die meisten Menschen sterben an ihren Heilmitteln nicht an ihren Krankheiten 1673: Molière, Der eingebildete Kranke

Wechselwirkungen Ein weggelassenes Medikament verhindert möglicherweise viele Arzneimittelinteraktionen Der Arzneimittelbrief Jg. 34,Nr.3, 2000

Wechselwirkungen 2 Arzneimittel 1 WW 3 Arzneimittel 3 WW 4 Arzneimittel 6 WW 5 Arzneimittel 10 WW Anstieg hyperbolisch

Risiko einer AM-Interaktion steigt mit AM mit niedriger therapeutischer Breite AM mit steilen Dosis-Wirkungs-Kurven Polypragmasie Einschränkung der funktionellen Kapazität der Organe (Herz, Atmung, Niere, Leber)

Therapeutische Breite

Steilheit der Dosis-Wirkungs-Kurve

AM-Interaktionen können zustandekommen durch Beeinflussung der Pharmakokinetik: Resorption, Verteilung, Biotransformation, Ausscheidung Beeinflussung der Pharmakodynamik: Synergismus Antagonismus Pharmazeutische Wechselwirkungen

Unterbrechung der Einnahme

Einfluß eines 2. Arzneimittels Dosiserhöhung des 1. Arzneimittels Absetzen des 2.Arzneimittels

Cytochrom P 450 Isoenzyme Gruppe von Isoenzymen zur Metabolisierung Vorkommen: Leber Enterozyten der Darmschleimhaut Gehirn Niere wichtigster Vertreter: CYP 3A4 (60% der Leber-Isoenzyme und 70% der Darm-Isoenzyme)

Cytochrom P450 Isoenzyme 2000: 17 verschiedene 2005: 70 verschiedene bekannt

Wechselwirkungen 2 AM sind Substrat für dasselbe Isoenzym (Affinität) AM hemmen ein Isoenzym (Abbauhemmung) AM induzieren ein Isoenzym (Abbausteigerung) AM sind Substrat und Hemmstoff in einem * Enzyminduktion: Menge an Enzym nimmt zu: 2 Wochen * Enzymhemmung: 2-3 Tage

Am häufigsten verordnete Arzneimittelgruppen ACE-Hemmer Coumarine-ASS-Lipidsenker PPIs SSRIs und NSAR Daten der GKK Stmk, 2005

Medikamentöse Schmerztherapie Nicht- Opiate ± Co Analgetika Mittelstarke Opiate ±Nicht-Opiate ± Co-Analgetika Starke Opiate ± Nicht Opiate ± Co-Analgetika

Nicht-Opiate Paracetamol Aspirin u. a. Antiphlogistika Metamizol

Wechselwirkung Paracetamol plus Granisetron/Tropisetron: Komplette Hemmung der analgetischen Wirkung v. Paracetamol

Blutspiegel von Paracetamol unverändert

Wechselwirkungen NSAR Alkohol ADH! Paracetamol Alkohol Leber NSAR TCA Spiegel" NSAR SSRI Magenblutung NSAR Glucocort. Magenblutung NSAR ACE-Hemmer: Wirkung! NSAR Coumarine Blutung NSAR Heparin Wirkung"

Häufigkeiten Die häufigste gefährliche Nebenwirkung/Wechselwirkung ist die Blutung

Wechselwirkungen ACE-Hemmer mit NSAR Wirkung der ACE Hemmer aufgehoben z.b. Fosinopril BD 96 # 90 Fosinopril + ASS BD 96 # 98 Mechanismus: ACE-Hemmer: Angiotensin II! Bradykinin "# PGs "

Wechselwirkungen mit NSAR (+ Diuretika) NSAR (auch COX-2-Hemmer) heben die Wirkung von Diuretika auf u.u. kardiale Dekompensation

Wechselwirkungen mit NSAR (+SSRI) Gruppe IRR TCA 1 SSRI 1.2 NSAR + TCA 2.5 NSAR + SSRI 12.4 IRR = incidence rate ratio von gastrointestinalen Nebenwirkungen, die Therapie erfordern dejong et al. Br. J. Clin. Pharmacol.. 55, 591, 2003

Wechselwirkungen mit NSAR (+ASS) Ibuprofen + ASS: Wirkung von ASS auf Thrombozytenaggregation aufgehoben Daher: nicht zugleich ASS 2 Stunden vorher Andere NSAR nicht betroffen

Fluoxetin (Fluctine$) Paroxetin (Seroxat$) Sertralin (Tresleen$) Wechselwirkungen Citalopram (Seropram$) Venlafaxin (Effectin$) SSRI interagieren mit allen Hemmern der Cytochrom P450 Enzyme: Cyp 2D6, Cyp 3A4 u. Cyp 2C19 Fluoxetin # Norfluoxetin 5 Wochen gefährlich

Wechselwirkungen mit SSRI (+ Migränemittel) SSRI + Triptan Serotoninsyndrom!

Interaktionen - Morphin Sedativ wirksame Substanzen (Ethanol) Erhöhte Toxizität des Morphin: Cave Atemlähmung und Koma MAO Hemmer Erhöhte Neurotoxizität des Morphin, Blutdruckentgleisung Anticholinerg wirksame Substanzen verstärken Obstipation H 2 Blocker (Cimetidin) verstärkte Atemdepression (fraglich, keine veränderte Kinetik) Metoclopramid verstärkte Resorption des Morphin, vermehrte UAWs, weniger Obstipation Antihypertensiva Verstärkte Blutdrucksenkung

Interaktionen - Morphin Kontrazeptiva induzieren Glucuronyltransferase, beschleunigte Metabolisierung des Morphin Fettreiche Mahlzeiten erhöhen die Bioverfügbarkeit und Plasmaspiegel von Morphin Ritonavir (andere Protease/Transkriptasehemmer) erhöhen Metabolisierung des Morphin, Wirkungsverlust? Rifampicin erhöht Metabolisierung des Morphin, Wirkungsverlust? Trizyklische Antidepressiva erhöhen die Bioverfügbarkeit und Plasmaspiegel von Morphin

Interaktionen - Buprenorphin Sedativ wirksame Substanzen (Ethanol) Erhöhte Toxizität des Buprenorphin: Cave Atemlähmung MAO Hemmer Neurotoxizität des Buprenorphin, Blutdruckentgleisung Anticholinerg wirksame Substanzen Erhöhte verstärken Obstipation Antikonvulsiva (Phenytoin, Carbamazepin) verstärkte Metabolisierung des Buprenorphin, Wirkungsverlust? Azol-Antimykotika erhöhen Plasmspiegel des Buprenorphin, Reduktion der Initialdosis

Wechselwirkungen mit SSRI (+ Opiate) SSRI (z.b. Citalopram) + Tramadol + Hydromorphon + Oxycodon + Pethidin + Fentanyl Serotoninsyndrom!

Serotoninsyndrom Arzneimittel TCA (Amitryptilin( Amitryptilin= Saroten ) SSRI (Fluctine-2-5 Wochen) Johanniskrautextrakte (Jarsin( Jarsin) Opiate (Tramal( Tramal) Antibiotika (Ritonavir) Antiemetika (Zofran, Kytril) Migränemittel (Triptane( Triptane) Hustenmittel (Dextromethorphan( Dextromethorphan= Wick) MAO-Hemmer (Moclobemide= Aurorix 2 Wochen)

Serotoninsyndrom Symptome Fieber Schwitzen Schüttelfrost Zittern Unruhe Verwirrung Suicidgefahr Muskelzuckungen Übelkeit Durchfall Nierenschädigung Lebertoxizität Blutdruckanstieg EKG-Veränderungen Impotenz etc.

Serotoninsyndrom Inzidenz 2002: 26.733 Patienten mit SSRI davon 7.349 Patienten mit Serotoninsyndrom (27.5 %) davon 93 mit Todesfolge (0.35 %) (Boyer et al. N. Engl. J. Med. 352; 11, 2005)

Häufigkeit von Interaktionen 464 AM Paare: Wechselwirkung: 80% kein Effekt 12.7% nachweislicher Effekt 3.9% bedeutender klin. Effekt 5% Nachweis guter Qualität: 1.3% N Crowther et al. Can Fam. Physician 43: 1972, (1997)

Wechselwirkungen Beispiele Codein (CYP 2D6) Dauertherapie + Statin oder SSRI # Entzug

Wechselwirkungen Beispiele Migränepatienten, 32 j. Zomig 2 mg p.o. 6.00 Zomig 2 mg p.o. 8.00 DHE 1 mg i.v. 11.00 # Stammhirninfarkt 12.30

Serotoninsyndrom Therapie Arzneimittel absetzen!! Benzodiazepine Olanzapin (Zyprexa) keine: Antipyretika %-Blocker (Propranolol( Propranolol) Bromocriptin