Die IgA Nephropathie Prof. Dr. H. Pavenstädt Direktor Medizinische Klinik und Poliklinik D UKM Münster Albert-Schweitzer-Str. 33 48149 Münster T: 0251-83-47517 e-mail: pavensth@mednet.uni-muenster.de Einleitung: Die IgA Nephropathie ist die häufigste Ursache für eine Glomerulonephritis. Pathognomisches Charakteristika der IgA Nephropathie sind IgA Ablagerung (zusätzlich oft auch C3- und IgG Ablagerungen) im Mesangium und zu einem geringeren Teil auch in der glomerulären Basalmembran. Lichtmikroskopisch wird eine fokale oder diffuse Proliferation von Mesangialzellen und eine mesangiale Expansion beobachtet (1). Pathogenese Gestörtes T-Zell Homing Produktion von mukosalem piga1 im Knochenmark Veränderte O-Glycolysierung von piga1 im Serum Ablagerung von piga1 im Mesangium Glomeruläre Entzündung Klinische Charakteristika von Patienten mit einer IgA Nephropathie (2) Ca. 40% der Pat: Asymptomatische Mikrohämaturie Ca. 30-40% der Pat: Rekurrierende Hämaturie, vor allen Dingen 2-3 Tage nach einer Infektion des oberen Respirationstraktes 5% der Pat.: Nephrotisches Syndrom 5% der Pat.: Akutes Nierenversagen. 10-20% der Pat.: Chronische Niereninsuffizienz
Vorgehen bei Hämaturie I Urin-Stix, Urinsediment Keine Serumfarbe Dysmorphe Ery.-Zylinder Keine Gerinnsel Eumorphe Hämoglobinurie Myoglobinurie Rote Beete Glomeruläre Erkrankung Harnwegsinfekt Gerinnung Stein Tumor (< 40J) Vorgehen bei Hämaturie II Eumorphe Gerinnung Blutungszeit, Thrombo., Quick Harnwegsinfekt Therapie, ggf. Urinkultur Nierenstein iv. Pyeolographie, CT Tumor i.v. Pyelographie, Zystoskopie Dysmorphe Ery.-Zylinder Keine Gerinnsel Glomeruläre Erkrankung Falls Kreatinin oder Proteinurie > 1-2 g/die Nierenbiopsie cave: Eine Antikoagulation prädisponiert nicht für eine Hämaturie. Bei den meisten antikoagulierten Patienten mit einer Hämaturie lässt sich eine Erkrankung der ableitenden Harnwege nachweisen (3). Ätiologie (1) Idiopathisch > 90% Leberzirrhose, schwere Lebererkrankungen Gluten-Enteropathie Minimal change GN und Membranöse GN HIV Wegener's Granulomatose Familiär 2 Differenzialdiagnosen Purpura Schönlein Henoch 1. Purpura 2. Granuloz. Infiltrate 3. Bauchschmerzen 4. Alter < 20 J Diagnose wahrscheinlich, wenn 2 von 4 Kriterien erfüllt
2. Syndrom der dünnen Basalmembran Benigne familiäre Hämaturie Oft Frauen Sehr gute Prognose Hämaturie, Proteinurie < als IgA Nephropathie ggf. Biopsie Prognose der IgA Nephropathie (4) Innerhalb von 20 J: 20-30% der Patienten eine Niereninsuffizienz. Risikofaktoren: Kreatininerhöhung Proteinurie > 1g/Tag Interstitielle Fibrose in der Biopsie Männern im Alter < 30 Jahre Keine Episoden von rekurrenter Makrohämaturie Persistierende Mikrohämaturie Hypertonie Therapie: Pozzi-Studie (5): 86 Patienten Einschlusskriterien: Kreatinin < 1,5 mg/dl Proteinurie 1 3,5 g/24h Therapieregime: Methylprednisolon: 1g i.v. im 1.,3. und 5 Monat Prednison: 0,5 mg/kg jeden 2. Tag für 6 Monate Primärer Endpunkt: Kreatininanstieg um 50% Steroidtherapie: 9/43 Kontrolle: 14/43 p=0.048 nach 5 Jahren Auch nach 10 Jahren deutlicher Vorteil in der Therapiegruppe (6)
Niedrig-dosierte Kortisontherapie (7): Prednisolon: 20 mg/die, langsames Tapering auf 5 mg nach 6 Monaten, hiernach 5 mg für 18 Monate. Kein Effekt auf Proteinurie und Nierenfunktion Therapie mit Mycophenolat, 2 g/tag für 36 Monate (9) Kein Effekt auf die Proteinurie, kein Effekt auf die Nierenfunktion Bei progredienter Niereninsuffizienz (8): Kreatinin 1,5 2,8 mg/dl, erwartete terminale Niereninsuffizienz in 5 Jahren Therapieregime: Prednisolon: 40 mg/die, Tappering auf 10 mg/die plus Cyclophosphamid 1,5 mg/kg/tag für 3 Monate gefolgt von Azathioprin 1,5 mg/kg Tag 2 Jahre Deutlicher Vorteil in der Therapiegruppe nach 60 Monaten! Aber: Nicht alle Patienten wurden in den oben genannten Studien mit ACE Hemmer behandelt: Therapie mit ACE Hemmer: 3 (13%) Patienten in der Enalapril-Gruppe und 11 (52%) in der Kontrollgruppe hatten ein Kreatinin von > 1.5 mg/dl bei der letzten Visite (10) In hoher Dosierung 20 mg Enalapril/100 mg Losartan wurde im Vergleich zur Monotherapie bei Patienten mit IgA Nephropathie sowohl die Proteinurie als auch der Blutdruck gesenkt (11). Auch eine Therapie mit ACE Hemmer in Kombination mit einem AT1 Blocker zeigte günstige Effekte auf die Proteinurie und verlangsamte die Progredienz zur Niereninsuffizienz in der COOPERATE STUDY (131 Patienten der COOPERATE STUDY hatten eine IgA Nephropathie) (12).. Eine Tonselliktomie könnte vor allen Dingen bei milder - moderater glomerulärer Schädigung einen günstigen Effekt haben (13). Nach Transplantation: Rekurrenz der IgA Nephritis in 37 von 106 transplantierten Patienten. Die Rekurrenz hat keinen signifikanten Einfluss auf das Transplantatüberleben nach 10 Jahren (14).
Proteinurie > 1 g + Hypertonie ACE Hemmer Zielblutdruck 125/75 mmhg Proteinurie < 1 g/tag Bei milder glomerulärer Schädigung Proteinurie<1 g/24 Stunden und glomeruläre Sklerose Grad 1 und moderater glomerulärer Schädigung Proteinurie<1 g/24 Stunden und glomeruläre Sklerose Grad 2: Tonsillektomie erwägen Zielblutdruck nicht erreicht oder Proteinurie > 1g/Tag ACE Hemmer + AT1 Blocker Zielblutdruck nicht erreicht oder Proteinurie > 1g/Tag Corticosteroide
1. Floege und Feehally, J Am Soc Nephrol, 2000 2. Galla et al., Kidney Int, 1995 3. Culclasure et al., Arch Intern Med, 1994 4. D'Amico G et al., Am J Kidney Dis 1992 5. Pozzi et al., Lancet, 1999 6. Pozzi et al., J Am Soc Nephrol, 2004 7. Katafuchi et al., Am J Kid Dis, 2003 8. Ballardie und Roberts, J Am Soc Nephrol, 2002 9. Maes et al., Kidney Int, 2004 10. Praga et al., J Am Soc Nephrol, 2003 11. Russo et al., Am J Kid Dis, 2001 12. N. Nakao et al., Lancet:,2003 13. Yuansheng Xie et al., Kidney int, 2003 14. Ponticelli et al., Kidney Int 2001 Die genannten Empfehlungen sind ohne Gewähr, die Verantwortung liegt bei der behandelnden Ärztin bzw. dem behandelnden Arzt