19j. Mann, obdachlos, bevormundet Fall "Unklare Kachexie" Doctor's Delay D. Criblez VORGESCHICHTE Vater und Mutter psychisch krank schwierige Geburt aus Steisslage, perinatale Asphyxie St.n. multiplen Operationen wegen Gaumenspalte Schädelfraktur im Kindesalter psychomotorischer Entwicklungsrückstand - Störung des sozialen Verhaltens / bindungslos - Abusus von Medikamenten/psychotropen Substanzen mehrere appellative Suizidversuche /2010 Diabetes mellitus Typ 1 AKTUELL 1. Notfall-Zuweisung wegen hyperglykämischer Entgleisung (BZ 8 mmol/l; HbA1c >1 %) 2. Kachexie (BMI 13.7 kg/m 2 ) 3. wohnt +/- in Obdachlosenheim - keine Ausbildung - sozial bindungslos - Nikotin, Bier, Alkopops, AKTUELL Kachexie (BMI 13.7 kg/m 2 ) seit ca. 2 J. rezidivierendes postprandiales Erbrechen (von Heimleiterin berichtet) stark verdächtig auf Bulimie ÖGD 06/2009 ("St. Elsewhere's Hospital") - Soor-Ösophagitis - duodenalbioptisch kein AP für Zöliakie telefonisches GE-Konsil - Anmeldung zur enteralen Sondenernährung - Frage Rezidiv der Soor-Ösophagitis Erbrechen Erbrechen - oder Regurgitation? Material kommt aus dem Magen riecht sauer nach Nahrungseinnahme meist zeitlich verzögert Schluckakt unbehindert Ursache: vielfältig : je nach Ursache Material kommt aus der speiseröhre relativ "frisch" unmittelbar nach Nahrungseinnahme mit Schluckbeschwerden ("Steckenbleiben") oft mit Speichelfluss oft mit Thoraxschmerzen
Gastrografin-Passage 17.12.2010 19j. Mann, obdachlos, bevormundet ÖGD mit Kardia-Ballondilatation Fall "Unklare Kachexie" D. Criblez, A. Scheiwiller 0j. Angestellte, verheiratet AUSGANGSLAGE sensible Persönlichkeit, grosse eheliche Spannungen infolge Mehrfachbelastung tendenziell «energiemässig am Limit» körperlich gesund bis ca. 2009 ANAMNESE ab ca. Anfang 2009 zunehmende Ernährungsschwierigkeiten, mit progredientem Gewichtsverlust Einzelheiten schwierig zu rekonstruieren 0j. Angestellte, verheiratet ABKLÄRUNGSGANG 06/2009 auswärtige ÖGD kein Befund vorliegend Duodenalbiopsie: intraepitheliale Lymphozyten vermehrt (Zöliakie??) 08/2010 ÖGD («St. Elsewhere s Hospital») Schluckstörungen, Gewichtsverlust 7 kg trotz gutem Appetit endoskopischer Befund unauffällig Ösophagus-Biopsien: keine eosinophile Ösophagitis Duodenalbiopsie: nicht wiederholt (Zöliakie??) 10/2011 Zuweisung an HNO-Klinik LUKS ausgeprägte, aber zeitlich variable Dysphagie (stress-assoziiert) voluminöse, unmittelbar postprandiale, nicht-saure Regurgitationen Kinematographie: Passagestörung auf Höhe UÖS
0j. Angestellte, verheiratet Zuweisung an LUKS ZUWEISUNG GASTROENTEROLOGIE LUKS starke Dysphagie hoher Grad an Verzweiflung KG 39 kg / 16 cm = BMI 16 kg/m 2 A B Peptische Stenose C Pseudo-Achalasie D Kardia-Karzinom Verdacht auf Achalasie Diagnose Ösophagus-Manometrie A Wiederholung ÖGD normal Achalasie B C D Ösoph.-Manometrie Gastrografin-Passage CT-Thorax-Abdomen ENDOSKOPISCH Ballondilatation der Magenkardia - meist 2-3 Sitzungen nötig (steigender Ballondurchmesser) - Perforationsrisiko 1-2% - 10-20% Non-Responder (v.a. Jüngere) - Effekt hält 2-3 Jahre CHIRURGISCH Laparoskopische Myotomie (nach Heller) & Hemifundoplikatio (nach Dor) - im Langzeitverlauf der endoskopischen überlegen 0j. Angestellte, verheiratet WEITERER VERLAUF 21.12.2011 ÖGD mit erstmaliger Kardia-Ballondilatation 30 mm / 200 mmhg gefolgt von markanter Verbesserung Gewichtszunahme von kg in den folgenden 2 Wochen 0.01.-29.02. zwei weitere Kardia-Ballondilatationen bis maximal 0 mm / 200 mmhg Gewichtszunahme von total 7 kg sodann bei 6 kg stabil (ex kg) leichte bis mässige dysphagische Restbeschwerden ÜBERWEISUNG AN CHIRURGIE
Ziel: Neuropathologie bis heute nicht kausal behandelbar Alle n sind palliativ Reduktion Ruhedruck im LES LES Erleichterte Ruhedruck Entleerung 10 mmhg Verminderte Symptomatik Wichtigster Prädiktor Langzeitremission Prävention von Komplikationen Eckardt et al., Gut 200 Chirurgie thorakal Offen abdominal Myotomie Thorakoskopie Endoskopisch Laparoskopie Ösophagektomie Chirurgie / Myotomie Heller 1913 Zaaijer 1918 Modifikation Symptomkontrolle: offen transabdominal 8 % offen transthorakal 83 % thorakoskopisch 78 % laparoskopisch 89 % Myotomie +/- Fundoplikatio Symptomkontrolle gleich gut (90.3 % vs 89.9%) Refluxkontrolle mit Fundoplikatio signifikant besser ( 9 % vs 32 %) WO Richards et al., Ann Surg 200 Operationstechnik I Chirurgie Minimalinvasive Kardiomyotomie mit partieller Fundoplikatio (nach Thal / Dor oder Toupet) Komplikationsrate 6 % Letalität 0.1 % Intraoperative Mukosaperforation 7 % Mit postoperativen Folgen 0.7 %
Operationstechnik II Operationstechnik III Stratum longitudinale Stratum circulare Tunica muscularis 6 cm His 2 cm Fundus Operationstechnik IV Operationstechnik V Operationstechnik VI Anamnese / Klinik anfänglich intermittierende Symptome - verstärkt in psychologischen Stress-Situationen schleichend-progredienter Verlauf - erhöhter Zeitbedarf für Mahlzeiten ( soziale Invalidisierung) - laufende Adaptation verringert das Krankheits-bewusstsein ( Anosognosie ) Diagnose wird oft um Jahre verzögert Betroffene als psychisch abgestempelt - für Umgebung ärgerlich, an Anorexia mentalis gemahnend