Freiwillig gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer - Falsch ausgestellte Lohnsteuerbescheinigungen 2010 Sehr geehrte Anwenderin, sehr geehrter Anwender, wie Sie bereits der Fachpresse, einigen Internetforen und nicht zuletzt den diversen Newslettern des Bundesfinanzministeriums (BMF) entnehmen konnten, gibt es Probleme mit einigen Lohnsteuerbescheinigungen 2010, wenn es sich um einen freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Arbeitnehmer handelt. Ausgangssituation Richtig oder falsch ausgestellte Lohnsteuerbescheinigungen 2010 Ist der Arbeitnehmer freiwillig gesetzlich krankenversichert, dann erfolgt die Zahlung der gesamten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für diesen Arbeitnehmer (AN) über den Arbeitgeber (AG) und die Lohnabrechnung. Der Arbeitnehmer erhält einen steuerfreien Zuschuss zur Krankenversicherung (KV) und zur Pflegeversicherung (PV) vom AG. Lt. BMF waren auf der Lohnsteuerbescheinigung 2010 wie folgt zu bescheinigen: Ziffer 24 die Summe aller steuerfreien AG-Zuschüsse für die KV und die PV Ziffer 25 alle abgeführten KV-Beiträge ohne Abzug des steuerfreien AG-Zuschusses Ziffer 26 alle abgeführten PV-Beiträge ohne Abzug des steuerfreien AG-Zuschusses Bei diesen AN liegt im Regelfall ein Gehalt oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze (BMG) der KV vor. Diese BMG betrug 2010 = 45.000. Somit ergeben sich im Einzelnen folgende Werte: AG-Zuschuss KV 7 % x 45.000 = 3.150 AN-Anteil KV 7,9% x 45.000 = 3.555 zusammen 14,9% x 45.000 = 6.705 AG-Zuschuss PV 0,975% x 45.000 = 438,75 AN-Anteil PV 0,975% x 45.000 = 438,75 (ohne Zuschlag für Kinderlose) zusammen 1,9 % x 45.000 = 877,50 Summe der steuerfreien AG-Zuschüsse zur KV und PV = 3.150 + 438,75 = 3.588,75 Eine korrekt ausgefüllte LSt-Bescheinigung sieht so aus: Einige große Softwareanbieter haben die LSt-Bescheinigungen nicht korrekt erstellt. Seite 1_
Eine falsch ausgestellte LSt-Bescheinigung für denselben Fall wie oben sieht so aus: Wie hier zu erkennen ist, ist der steuerfreie AG-Zuschuss bereits von den Beträgen zu Nr. 25. und 26. der LSt-Bescheinigung abgezogen worden. D.h., würden die Beträge so in die ESt-Erklärung übernommen, würden die AG-Zuschüsse (Nr. 24 der LSt-Bescheinigung = Zeile 37 der Anlage Vorsorgeaufwand) erneut und damit doppelt abgezogen werden. Fehlende Eintragungsmöglichkeiten im ESt-Formular Anlage Vorsorgeaufwand Unabhängig davon, ob die LSt-Bescheinigung für den Fall der freiwillig gesetzlich krankenversicherten AN korrekt oder falsch ausgestellt wurde, ergibt sich ein weiteres Problem durch die Anlage Vorsorgeaufwand. In Ziffer 24 der LSt-Bescheinigung bzw. in Zeile 37 der Anlage Vorsorgeaufwand sind die steuerfreien AG- Zuschüsse für verschieden zu handhabende Sachverhalte enthalten. 1. AG-Zuschüsse zur privaten KV und PV (mindert die Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung) 2. AG-Zuschüsse zur freiwilligen gesetzlichen KV und PV (mindert die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung) Das Problem ist nun, dass der steuerfreie AG-Zuschuss im Fall 2. auf die Werte zur gesetzlichen KV und PV in Zeile 12 und 15 aufgeteilt werden müsste, denn der Wert in Zeile 12 der Anlage Vorsorgeaufwand unterliegt der 4 % Kürzung ( 10 Abs.1 Nr. 3a EStG) wegen des Anspruchs auf Krankengeld aber der Wert aus Zeile 15 gehört ungekürzt zur Basis-KV/PV. Da es in der Anlage Vorsorgeaufwand keine separaten Formularfelder im Bereich der gesetzlichen Versicherungen (Zeile 12 ff) gibt, können die korrekten Werte für den Fall der freiwillig gesetzlich krankenversicherten AN zurzeit nur über Nebenberechnungen durch Sie ermittelt werden. Seite 2_
Handhabungsempfehlung bis zur Softwareanpassung Ist in den Ihnen vorgelegten LSt-Bescheinigungen kein Wert zu Ziffer 24 (steuerfreie AG-Zuschüsse zur KV und PV) enthalten, sind keine weiteren Prüfschritte erforderlich. Sie können die LSt- Bescheinigung unverändert im Programmsystem erfassen. Ist zu Ziffer 24 ein Betrag enthalten, gehen Sie bitte nach folgendem Prüfschema vor: Ist zu Ziffern 25 und 26 der LSt-Bescheinigung kein Wert enthalten, sind keine weiteren Prüfschritte erforderlich. Sie können die LSt-Bescheinigung unverändert im Programmsystem erfassen. Ist neben Ziffer 24 auch in den Ziffern 25 und 26 ein Wert bescheinigt, liegt i.d.r. ein Fall mit einem freiwillig gesetzlich krankenversicherten Arbeitnehmer vor. Prüfen Sie bitte, ob der Wert zu Ziffer 25 in etwa die gleiche Höhe oder eher die doppelte Höhe des Betrags aus Ziffer 24 hat, siehe auch Abb. oben. Werte zu Ziffer 24 und 25 sind in etwa gleich hoch In diesem Fall liegt Ihnen eine falsch ausgestellte LSt-Bescheinigung vor. Die AN-Beiträge zur KV sind nicht in voller Höhe, sondern bereits um die steuerfreien AG-Zuschüsse gekürzt bescheinigt. Der Wert aus Ziffer 24 der LSt-Bescheinigung sollte in diesem Fall überhaupt nicht erfasst werden. Eine Erfassung hätte zur Folge, dass dieser Wert nochmals von den geleisteten Beiträgen abgezogen werden würde. Die Werte zu Ziffer 25 und 26 der LSt-Bescheinigung erfassen Sie bitte in der bescheinigten Höhe. Damit haben Sie alle Werte korrekt im System erfasst, die Vorsorgeaufwendungen werden in zutreffender Höhe ermittelt. Wert zu Ziffer 25 ist in etwa doppelt so hoch wie zu Ziffer 24 der LSt - Bescheinigung In diesem Fall liegt eine korrekt ausgestellte LSt-Bescheinigung vor. Da aber im ESt-Formular Anlage Vorsorgeaufwand zu den Zeilen 12 und 15 keine separaten Zeilen für Arbeitgebererstattungen vorgesehen sind, sind auch hier leider Nacharbeiten durch Sie erforderlich. Anmerkung: Die AG-Zuschüsse für die KV mindern den nach 10 Abs.1 Nr. 3a EStG um 4 % zu kürzenden Wert. Daher ist der AG-Zuschuss auf die gesetzlichen KV- und PV-Beiträge in Zeilen 12 und 15 der Anlage Vorsorgeaufwand aufzuteilen. Seite 3_
Gehen Sie in diesem Fall bitte wie folgt vor: Der Wert aus Ziffer 24 der LSt-Bescheinigung sollte in diesem Fall überhaupt nicht erfasst werden. Kürzen Sie den Wert zu Ziffer 25 um 47 % und erfassen Sie nur diesen gekürzten Wert zu Ziffer 25 bzw. zu Zeile 12 der Anlage Vorsorgeaufwand. Die 47 % ergeben sich aus dem Verhältnis von 7% AG-Anteil KV zu 14,9 % Summe der KV-Beiträge. 3.150 / 6.705 oder 7% / 14,9 % = 46,979 % = 47 % Kürzen Sie den Wert zu Ziffer 26 um den Restbetrag, der sich aus Ziffer 24 abzüglich des mit 47% zu Ziffer 25 ermittelten Wertes ergibt. Beispiel: Zu erfassen im Programmsystem sind: Ziffer 24 / Zeile 37 keine Erfassung Ziffer 25 / Zeile 12 6.705 abzüglich 47 % (3.151) = 3.554 Ziffer 26 / Zeile 15 877,50 abzüglich (3.588 3.151) 437 = 440,50 Damit haben Sie alle Werte korrekt im System erfasst, die Vorsorgeaufwendungen werden in zutreffender Höhe ermittelt. Schlussbemerkungen Es kann davon ausgegangen werden, dass bei der Finanzverwaltung nicht alle dieser Fälle richtig erkannt und besteuert werden. Notieren Sie sich bitte unbedingt Ihre Vorgehensweise. Haben Sie bitte ein besonderes Augenmerk bei der Prüfung der eingehenden Steuerbescheide, bei denen es sich um diese Fallgestaltungen handelt. ACHTUNG: Alle Ausführungen gelten nur unter der Voraussetzung, dass kein unterjähriger Wechsel von der oder zur freiwillig gesetzlichen Krankenversicherung vorliegt. Sind Sie sich unsicher, ob es unterjährig einen Wechsel von / zur freiwillig gesetzlichen Krankenversicherung gab oder liegen mehrere verschiedene LSt-Bescheinigungen vor, dann empfehlen wir Ihnen, die Werte für die Arbeitnehmerbeiträge zu den Sozialversicherungen direkt aus den Gehaltsabrechnungen zu entnehmen. Tragen Sie in diesen Fällen bitte die um die AG-Zuschüsse korrigierten Werte in die Anlage Vorsorgeaufwand ein, tragen Sie die Summe der AG-Zuschüsse in diesem Fall nicht zusätzlich in Zeile 37 der Anlage Vorsorgeaufwand ein. Seite 4_
Ausblick Wir arbeiten an einer Programmanpassung, die es Ihnen ermöglichen soll, trotz der falsch ausgestellten LSt-Bescheinigungen und trotz der nicht eindeutigen Formulargestaltung der Anlage Vorsorgeaufwand in Zukunft keine der oben beschriebenen Nebenrechnungen und Vorprüfungen mehr durchführen zu müssen. Diese Programmanpassung stellen wir Ihnen so bald als möglich zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen ADDISON cs:plus GmbH ADDISON tse:nit GmbH Ihr Supportteam Seite 5_