Praxisnutzen von Kennzahlen(systemen) im OP Dr. E. Tsekos Medizinische Prozessorganisation / Universitätsklinikum Düsseldorf Vorstandsmitglied des VOPM 16. Mölnycke Health Care Surgical Forum 1
Kennzahlen Kennzahl 1: Im Bundesdurchschnitt bringt sich jedes Jahr einer von 1000 Menschen um, Kennzahl 2: in der Einflugschneise von Flughäfen sind es dagegen zwei. Aussage: Fluglärm treibt die Menschen in den Tod! Selbstmordrate um 100% erhöht. 2
Auslastung Was hat den größten Einfluss? a) OP-Zeit ohne Programm? b) Wartezeit zwischen den OP s? c) Wartezeit während der OP? Antwort: Schuster 2007 3
OP-Szenarien Folgen einer Steigerung der Auslastung > 90%: Wartezeit für die Patienten wegen Variabilität der OP-Dauer vermehrte Überstunden für Mitarbeiter Tyler 2003 4
Wechselzeiten Simulation von Marcon 2003 Häufigste Ursache für Warten während des Wechselns: Transportkapazität n = n = 8 n = 6 Bedarf von 13 AWR-Betten Bedarf von 23 AWR- Betten Bedarf von 30 AWR- Betten 5
Adressatenkreis von Kennzahlen Geschäftsführung OP-Management Operative Kliniken Anästhesie Controlling Rechtsabteilung Patient Krankenkasse Einkauf ZSVA Apotheke Medizintechnik IT-Abteilung Stationen Personalrat Mitarbeiter Gesundheitsbehörden Personalabteilung usw. 6
Kennzahlen Geschäftsleitung (Fallbezug) OP-Management (Saal- und Fallbezug) OP-Koordination (Saalbezug) 7
Glossar von Kennzahlen 8
Messen von Zeitmarken 9
Konsentierte Kennzahlen 10 patientenbezogene 16 anästhesiebezogene 12 operationsbezogene Zeitpunkte führen zu 38 Kennzahlen - Fallbezug - Saalbezug 10
Saalbezug Wechselzeit (K15) OP-Kapazität (K18) Abweichung Freigabe Anästhesie (K28) Auslastung perioperative Zeit (K19) 11
Saalbezug Wechselzeit S-N (OP-) Zeit S-N (OP-) Zeit 12
Fallbezug Reine Anästhesiezeit (K13) Schnitt-Naht-Zeit (K8) Perioperative Zeit (K10) Anästhesie Präsenzzeit Arzt (K12) RAnZ Kapazität (K35) 13
Standartprozess im OP Reine Anästhesiezeit (RAnZ) Lagerung, Abwaschen Gips, Verband S-N (OP-) Zeit Einleitung Schnitt Perioperative Zeit ~ 60 80% Naht Ausleitung = chirurgische Pause ~ 20 40% 14
Auslastung perioperativer Zeit (K19) Saalauslastung (perioperative Zeit bezogen auf 420 Min. Saalzeit) OP 1 80% Ein Patient Endo-Galle (H08B) 336 Min. chri. Zeit (260 Personalerlös Anästhesie = 0,73 /Min.) OP 2 80% Ein Patient Whipple-OP (H01Z) 336 Min. chri. Zeit (994 Personalerlös Anästhesie = 2,79 /Min.) OP 3 80% Fünf Patienten Endo-Galle (H08B) 252 Min. chir. Zeit (1300 Personalerlös Anästhesie = 3,69 /Min.) Beispiel aus der Charite 15
Kennzahlen im OP Fehlinterpretationsmöglichkeiten reiner Kennzahlen: wenn die Anzahl kurzer OP s gegenüber länger andauernden OP s gestiegen ist Leerläufe durch Umlagerung Komorbiditätsstruktur des Patienten Notfälle 16
Kennzahlen müssen tatsächlich messen, was sie vorgeben zu messen! sollen Abweichungen vom Sollprozess zeitnah und möglichst genau abbilden! müssen reproduzierbar sein! 17
Kennzahlen Fazit (fast) keine der bekannten Kennzahlen spiegelt die Wertschöpfung der Tätigkeit im OP wieder! 18
VOPM Benchmark-Projekt 19
VOPM Beispiele 20
Kennzahlensysteme im KH müssen berücksichtigen zunehmende Spezialisierung funktions- statt prozessorientierte Aufgabenorganisation hohe Individualität der Leistungsprozesse hohe Entscheidungsautonomie der Funktionen dezentrale Planung des Leistungsgeschehens mangelnde Ausrichtung des Leistungsgeschehens auf übergeordnete betriebswirtschaftliche Zielgrößen erschwerte Bewertung der medizinisch initiierten Leistungen und Leistungsprozesse unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten 21
Denkfehler beim Umgang mit komplexen Problemen Probleme sind objektiv und müssen nur noch klar formuliert werden Jedes Problem ist die direkte Konsequenz einer Ursache Ein Macher kann jede Problemlösung umsetzen Um eine Situation zu verstehen, genügt eine Fotografie des Ist- Zustandes Mit der Einführung einer Lösung ist das Problem erledigt Verhalten ist prognostizierbar Problemsituationen lassen sich beherrschen Eine Kennzahl reicht aus 22
Kennzahlen alleine reichen nicht aus, um ein Krankenhaus / Unternehmen zu führen; das können die Menschen nur selbst! können Ziele konkretisieren und messbar machen Menschenführung ersetzen können sie nicht! 23
Prozessineffizienz Verschwendungspotenziale in amerikanischen Krankenhäusern - 30% des Krankenhausbudgets werden für Über-, Unter-, und Fehlversorgung ausgegeben. - 70% der Arbeitszeit der Pflege werden für nicht pflegerische Tätigkeiten aufgewandt. - 50% davon für nicht wertschöpfende Tätigkeiten (Nachfragen, Unterbrechungern, Bürokratie, PC-Probleme, unnötige Wege, Wiederholungen usw.) - 60% der Überstunden entstehen auf Grund unrationeller Organisation Steven Spear, Harvard Medical School (aus KU 2008-01 24
BSC von Kaplan/Norton Der Balanced-Scorecard-Ansatz stellt den Vorschlag eines Managementsystems dar, mit dem die Unzulänglichkeiten klassischer Kennzahlensysteme beseitigt und eine umsetzungsorientierte, an der Unternehmensstrategie ausgerichtete Steuerung ermöglicht werden soll. The Balanced Scorecard complements financial measures of past performance with measures of the drivers of future performance 25
BSC von Kaplan/Norton Die Grundidee ist, dass die finanziellen Zielsetzungen mit den Leistungsperspektiven hinsichtlich der Kunden, der internen Prozesse sowie des Lernens strategie- und visionsfokussiert verbunden werden. Die Leistung einer Organisation im ganzen wird damit als Gleichgewicht ( Balance ) zwischen den vier Perspektiven auf einer übersichtlichen Anzeigetafel ( Scorecard ) abgebildet daher der Name Balanced Scorecard 26
Gründe für die Einführung Unzulänglichkeit monetärer Kennzahlen zur dezentralen Selbststeuerung Finanzwirtschaftliche Kennzahlen bilden lediglich die Symptome geschäftlicher Aktivitäten, wichtig für das Management sind jedoch die Treiber des Geschäftserfolgs. Viele Sachverhalte werden durch monetäre Kennzahlen zu spät, zu aggregiert oder gar nicht erfaßt. Nicht-wertmäßige Kennzahlen eignen sich eher zur Zielvorgabe, Motivation und Steuerung der Zielerreichung von Prozessen, Abteilungen, Funktionen und Mitarbeitern. Unzulänglichkeiten der heutigen strategischen Steuerung Die Bedeutung strategischen Managements ist in der praktischen Umsetzung zu gering. Vision und Strategie sind Wunschformulierungen statt Aktionsformulierungen. Das mittlere Management identifiziert sich oft nicht mit den Unternehmensstrategien. Strategien sind nicht mit Abteilungsund Individualzielen verbunden. Strategien sind nicht mit Budgets verbunden. Das Berichtswesen ist an operativmonetären Zielen statt an strategischen Zielen ausgerichtet. BSC Prof. Greiling 27
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Beispiel zum Verständnis Mission: Wir sind Extrembergsteiger! Wir besteigen die höchsten Berge dieser Erde! Werte: Wir gehen kameradschaftlich miteinander um und sind uns gegenseitig verpflichtet. Strategie: Wir besteigen den Berg über die Nordflanke! Wir campieren in 2 Basiscamps! Wir nutzen nur bewährte Technik und bekannte Routen! Ziele: Wir bewältigen die Nordflanke in Rekordzeit! Wir bleiben nur so kurz wie möglich in den Basiscamps! Wir nehmen nur ein Minimum an Ausrüstung mit! Wir wollen als Erster auf dem Gipfel sein! Vision: Vom Gipfel aus das Meer sehen! Werte Mission Strategie / Ziele Vision BSC Prof. Greiling 31
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Perspektiven in der BSC Die Perspektiven der OP-Balanced Scorecard Kunden Finanzen Mitarbeiter Prozesse Strat. Ziel 2 Strat. Ziel 1 Strat. Ziel 2 Strat. Ziel 1 Strat. Ziel 2 Strat. Ziel 1 Strat. Ziel 2 Strat. Ziel 1 Messgröße Messgröße Messgröße Messgröße Messgröße Messgröße Messgröße Messgröße Messgröße Messgröße Datengewinnung und Basiskennzahlen 59
Perspektiven in der BSC Die Perspektiven der OP-Balanced Scorecard Kunden Finanzen Mitarbeiter Prozesse Zielwerte / Indices OP-Effizienz Kennzahlenbasiertes Berichtswesen KH-Leitung Leitung FA OP-Teamleitung OP-Management 60
Beispiel KH-Leitung Perspektive Finanzen Strategisches Ziel Erlössteigerung bei operativen Leitungen Kennzahl / Messgröße Kostenanteil am DRG-Erlös Erlöse pro OP-min. Basiskennzahl / Daten 1 2 3 3 61
Beispiel KH-Leitung Perspektive Kunden Strategisches Ziel Patientenzufriedenheit erhöhen Kennzahl / Messgröße Anzahl unerwünschter Ereignisse Zufriedenheits Index Basiskennzahl / Daten 1 2 3 3 62
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit 63