Medikamenten-Überdosierungen: auch ein Aspekt der Arzneimittelsicherheit

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Transkript:

Medikamenten-Überdosierungen: auch ein Aspekt der Arzneimittelsicherheit 3. November 2016 6. Symposium Pharmazeutische Medizin USZ Dr.med. Hugo Kupferschmidt, EMBA-HSG Direktor Tox Info Suisse 1

Background Medikamenten-Überdosierungen sind ein Aspekt der Arzneimittelsicherheit (Toxizität, Vergiftungsumstände) EMA: Symptomatische Überdosierungen sind UAW! Medikamentenentwicklung: Hochdosiseffekte beim Mensch nur aus Dosisfindungsstudien bekannt Hoher Wert der Daten aus der Giftinformation! Directive 2010/84/EU EMA: Guideline on good pharmacovigilance practices, 2014 2

Übersicht Vergiftungen in der Schweiz Erfassung und Bewertung von Medikamentenvergiftungen Vergiftungsumstände: akzidentell vs. beabsichtigt Beispiele: - Antidepressiva - NSAR - Mefenaminsäure - Paracetamol 3

4 Beratungsfrequenz 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 1966 1967 1968 1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Tox Info Suisse: Beratungen pro Jahr Tausend

Anfragen an Tox Info Suisse ca. 38 500 Beratungen pro Jahr (dh. durchschnittlich 100 täglich) 64% Laienanfragen 27% Arztanfragen 85% Spitalärzte 15% praktizierende Ärzte 9% andere Tox Info Suisse 1995-2009, n= 471 984 5

Anfragen an Tox Info Suisse ca. 38 500 Beratungen pro Jahr (dh. durchschnittlich 100 täglich) Anrufe pro Stunde tageszeitliche Verteilung Anrufe pro Tag jahreszeitliche Verteilung 7 105 6 100 5 95 4 3 90 85 80 2 75 1 70 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 65 1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31 33 35 37 39 41 43 45 47 49 51 STIZ 1995-2009, n= 471 984 6

Herkunft der Anfragen 77% 20% 3% 7

Das "Tox" 8

Noxen Tox Info Suisse Humanexpositionen: Statistik 1995 2014 (Jahresdurchschnitt) Fälle n= 550 372 Medikamente 10097 36.7% Haushaltprodukte 6967 25.3% Pflanzen 2709 9.8% techn. und gewerbl. Produkte 1824 6.6% Kosmetika 1424 5.2% Nahrungsmittel, Getränke 1021 3.7% Drogen und Genussmittel 939 3.4% Landwirtschaft, Gartenbau 760 2.8% Gifttiere 400 1.7% Pilze 466 1.5% Veterinärarzneimittel 88 0.3% andere 824 3.0% Quelle: Tox Info Suisse 9

Noxen Tox Info Suisse Humanexpositionen: Statistik 1995 2014 (Jahresdurchschnitt) Quelle: Tox Info Suisse 10

Noxen Tox Info Suisse Humanexpositionen: Statistik 1995 2014 (Beratungen pro Jahr) Acetylsalicylsäure Codein Dextromethorphan Quetiapin Oxycodon Paracetamol 11

Anzahl Anrufe pro Jahr (1995-2009 n= 238 175) Alter und Umstände 4000 3500 3000 alle akzidentell beabsichtigt 2500 2000 1500 1000 500 0 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 95 100 Alter (y) 12

Noxen: Kinder vs. Erwachsene Tox Info Suisse Humanexpositionen: Statistik 1995 2009 (Jahresdurchschnitt) Erwachsene n= 170 586 Kinder n= 196 160 Medikamente 5123 45.0% 3820 29.2% Haushaltprodukte 1901 16.7% 4046 30.9% Pflanzen 478 4.2% 2223 17.0% techn. und gewerbl. Produkte 1273 11.2% 382 2.9% Kosmetika 166 1.5% 980 7.5% Drogen und Genussmittel 436 3.8% 430 3.3% Nahrungsmittel, Getränke 589 5.2% 308 2.4% Landwirtschaft, Gartenbau 351 3.1% 398 3.0% Gifttiere 291 2.6% 133 1.0% Pilze 245 2.2% 129 1.0% Veterinärarzneimittel 38 0.3% 41 0.3% andere 480 4.2% 187 1.4% Quelle: Tox Info Suisse 13

Schweregrad und Alter Erwachsene Kinder schwer 9% tödlich 0% asympt. 13% mittel 8% schwer 2% tödlich 0% mittel 19% asympt. 48% leicht 59% leicht 42% n= 17 422 n= 6 565 Tox Info Suisse Jahresberichte 1998-2003 14

Schweregrad und Alter Erwachsene Kinder schwer 9% tödlich 0% asympt. 13% mittel 8% schwer 2% tödlich 0% mittel 19% asympt. 48% leicht 59% leicht 42% in der CH: jährlich 400-700 Vergiftungstodesfälle n= 17 422 (Eidg. BA für Statistik) n= 6 565 Tox Info Suisse Jahresberichte 1998-2003 15

Qualität in der Datenerfassung Standards systematische Erfassung und Überprüfung einheitlicher Datensatz standardisierte Schweregradbewertung (auf der Basis der Symptome und Befunde) rigorose Kausalitätsbeurteilung (Links zw. Exposition und Wirkung) Sicherheit der Exposition («Hat die Expositon überhaupt stattgefunden?») 16

Schweregrade Schweregradeinteilung EAPCCT/EC Poison Severity Score J Toxicol Clin Toxicol 1998, 36, 205-213 asymptomatisch leicht mittelschwer schwer tödlich mild, vorübergehend, spontan bessernd, keine Therapie nötig deutlicher, länger anhaltend, eine Therapie ist im allgemeinen nötig lebensbedrohlich, einen dauernden Schaden hinterlassend, eine Therapie ist immer nötig 17

Kausalität Ein Kausalzusammenhang zw. Exposition und Wirkung ist... wahrscheinlich möglich angemessener zeitlicher Zusammenhang typische oder erwartete Symptome keine anderen Ursachen angemessener zeitlicher Zusammenhang typische Symptome, aber andere Ursachen kommen in Frage allfällig angemessener zeitlicher Zusammenhang untypische Symptome, aber keine anderen Ursachen vorhanden unwahrscheinlich kein angemessener zeitlicher Zusammenhang und/oder untypische Symptome; andere Ursachen sind vorhanden nicht beurteilbar keine Symptome, ungenügende Angaben 18

Schweregrad und Noxen asympt. leicht mittel schwer tödlich Medikamente (n= 20 725) Haushaltprodukte (n= 3125) gewerbliche Stoffe (n= 2426) Tox Info Suisse Jahresberichte 1998-2005 19

Hazard Score Anteil der mittelschweren, schweren und tödlichen Fälle Mensch (Monointoxikationen Tox Info Suisse 2009-2010, n= 57 616) Agents Follow-ups (n=) Exposures (n=) MoSeFa % Trimipramine 41 45 35.6% Digoxin 11 12 33.3% Quetiapin 125 144 32.0% Metoclopramid 18 25 32.0% Lamotrigin 27 40 30.0% Promazine 17 20 30.0% Midazolam 34 31 29.0% Amitriptyline 26 28 28.6% Lithium 36 46 28.3% Zuclopenthixol 7 11 27.3% Phenobarbital 11 15 26.7% Olanzapin 34 36 25.0% Tolperison 15 16 25.0% Duloxetin 13 12 25.0% Reptiles 40 71 22.5% Escitalopram 33 36 22.2% Carbon monoxide 25 36 22.2% 20

Medikamente und Schweregrade Vergiftungen mit Verlaufsrückmeldungen ATC-Klassen Nervensystem diverse Atemwege Kardiovask. Hormone Hämatologika Sinnesorgane Antineoplastika Parasiten etc. Bewegungsapparat Verdauungstrakt Urogenital Antiinfektiosa Dermatologika Anteil an allen Medikamentenvergiftungen Anteil schwere Vergiftungen 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% Tox Info Suisse 1991-2003 21

Tödliche Intoxikationen Von 228 Todesfällen (1997-2014) waren Kombinationsintoxikationen: 111 48.7% beabsichtigt 89 80.2% Medikamente 85 76.6% Chemikalien 10 9.0% Drogen 13 11.7% andere 3 2.7% Mono-Intoxikationen: 117 51.3% beabsichtigt 81 69.2% Medikamente 53 45.3% Chemikalien 42 35.9% Drogen 6 5.1% andere 16 13.7% 22

Häufige Expositionen mit Medikamenten 23

Medikamente Am häufigsten Antidepressiva, Schlaf- und Schmerzmittel Bei Erwachsenen meist Suizide bei Kindern meist Unfälle 24

Gefährliche Medikamente für Kleinkinder Journal of Emergency Medicine ( can 1 or 2 kill ) Substanzen Clonidin Opioide Kampfer Salizylate Sulfonylharnstoffe Betablocker Calciumkanalblocker Clozapin, Olanzapin Trizykl. Antidepressiva Chinin, Chinidin Phenothiazine Gefahr ZNS/Atemdepression und kardiovask. Instabilität ZNS- und Atemdepression, Miosis ZNS-Depression, Apnoe, Krampfanfälle Neurotoxizität, metabolischer Azidose schwere prolongierte Hypoglykämie innert 8h Bradykardie, Hypotonie, Hypoglykämie Hypotension, Kreislaufversagen ZNS-Depression, anticholinerges Syndrom, Koma, Krampfanfälle, Apnoe Koma, Krampfanfälle, Rhythmusstörungen kardiovaskuläre und neurologische Toxizität Koma, Krampfanfälle, Rhythmusstörungen 25

Medikamente die bei Erwachsenen zu schweren Symptomen führen können (Auswahl) Seroquel (Quetiapin) schon 200mg kann bei älteren Personen ein Koma zur Folge haben Leponex (Clozapin) schon 250 mg kann bei älteren Personen ein mittelschweres Koma zur Folge haben Sotalex (Sotalol) bei Beginn der Therapie kann es selten zu Tachyarrhythmien; inkl. Torsade de pointes kommen MST Continus (Morphin) bei Nicht-Gewöhnten letale Verläufe nach 120-200mg 26

Opioide Tox Info Suisse, Jahresbericht 2015 27

Medikamente (b. Erwachsenen) Methotrexat: versehentlich tägliche Einnahme statt wöchentliche Einnahme bei Low-dose Therapie. Schwere der Symptomatik hängt mehr von der Dauer der Überdosierung als von der Einzeldosis ab. Symptome: Ösophagitis, GI-Blutung, Niereninsuffizienz, Leukopenie, Thrombozytopenie, Panzytopenie, Fieber, Erhöhung der Leberwerte, Atemversagen 28

Antidepressiva (trizyklische und SSRI) 29

Humanexpositonen mit TCA 30

Trizyklische Antidepressiva Verlauf anticholinerge Symptome ZNS-Depression ZNS-Exzitation (Agitation, Krampfanfälle) Kardiotoxizität tox. Dosis 500-1000 mg (je nach Substanz) 31

Klinik kardiovaskuläre Symptome Hypotonie QRS-Verbreiterung, QT-Verlängerung, Rechtsdrehung des terminalen 40ms-Vektors Komplikationen: kardiogener Schock ventr. Tachykardie, Torsade de pointes Harrigan RA et al. Am J Emerg med 1999; 17: 387-93. Liebelt EL et al. Crit Care Med 1997; 25: 1721-6. 32

Rhythmusstörungen Prognostisch bestimmend sind die chinidin-artigen Effekte auf den schnellen Na-Einstrom (QRS-Verbreiterung): Therapie mit Natriumbikarbonat: weiche Indikation: QRS >100 ms harte Indikation: QRS >160 ms und Komplikationen (Hypotonie, ventrikuläre Tachykardie mit breiten Komplexen) Durchführung: 1-2 meq/kg (entspr. ca. 50-100 ml 8.4% = 1M) als Bolus innert 2-4 Minuten. Erhaltung: Entweder nach art. ph wiederholte Boli oder Infusion: 100-150 meq in 1L Glukose 5% über 4-6 Stunden (art. ph-kontrolle) Cave: Hypokaliämie durch renalen Verlust! 33

Bikarbonat Zweck: Antidot der kardialen Toxizität (nicht Förderung der Ausscheidung!) Wirkmechanismus: 1) Alkalinisierung erhöht Anteil des nichtionisierten Medikaments verändert Proteinbindung (?) 2) Natrium-Load erhöht den Na-Gradienten über den teilweise geschlossenen Na-Kanälen 34

Hypotension Hypotension ist häufiger als Rhythmusstörungen. Therapie: 1) Volumen (Ringer, NaCl) 2) Bikarbonat 3) Vasopressoren (Noradrenalin, falls R periph. tief) (Dobutamin, falls low output) 4) intraaortale Ballonpumpe (experimentell) 35

Konvulsionen Generalisierte Krampfanfälle sind häufig, meisten aber kurz und selbstlimitierend. Gefahr: Folgen: Konsequenz: 1) Hypoxämie 2) Azidose Zunahme der Kardiotoxizität aggressive antikonvulsive Therapie (Benzodiazepine!) Kein Flumazenil! Kein Physostigmin! m. 36

Überwachung Nach einer Überdosis TCA: nach GI-Dekontamination asymptomatisch, ohne EKG- Veränderungen, keine Alkalinisierung nötig: 6 Stunden überwachen (Monitor) bei symptomatischem Patient (ZNS-Symptome, Krampfanfälle, EKG Veränderungen oder Rhythmusstörungen: IPS bis 12 Stunden asymptomatisch ohne Therapie 9. 37

Humanexpositonen: TCA vs. SSRI 38

NSAR inkl. Salizylate und Mefenaminsäure 39

Humanexpositonen mit NSAR 40

Humanexpositonen mit Paracetamol 41

Humanexpositonen mit Aspirin 42

Salizylate Noxen Aspirin (Azetylsalizylsäure) Methylsalizylat (Oil of Wintergreen) Toxizität Nervensystem (ZNS) Stoffwechsel 43

Salizylate Verlauf Überwachung Leichte Symptome: Schwere Symptome: Salizylatspiegel ABGA Tinnitus, Nausea, Erbrechen, Hyperventilation, Lethargie Koma, Konvulsionen, metabol. Azidose, Elektrolytstörung zu langsam, zu schwerfällig 1. Stadium: Hyperventilation, überkorrigierte metabol. Azidose 2. Stadium: kompensierte metabolische Azidose 3. Stadium: dekompensierte metabolische Azidose 9. 44

Salizylate Tox. Dosis <150 mg/kg leichter Verlauf 300-500 mg/kg schwerer Verlauf Therapie Cave! Vitalfunktionen, Dekontamination mit Aktivkohle (repetitiv) oder Alkalinisieren des Urins, ev. Hämodialyse, bei Krampfanfällen Benzodiazepine i.v. Vorsicht bei Intubation nach resp. Erschöpfung: Zunahme der Azidose und klin. Verschlechterung, Tod 9. 45

Mefenaminsäure (z.b. Ponstan, Mefenacid ) 46

Humanexpositonen mit Mefenaminsäure 47

Mefenaminsäure Verlauf leichte Symptome: schwere Symptome: Abdominalsymptome, Nierenfunktionsverminderung; Koma, Konvulsionen, metabol. Azidose tox. Dosis ab 3.5 g (schwere Symptome) Therapie Sicherstellen der Vitalfunktionen, bei Krampfanfällen Benzodiazepine i.v. 48

Vielen Dank! hugo.kupferschmidt@toxinfo.ch Tox Info Suisse Januar 2015 IM NOTFALL TEL FAX E-MAIL INTERNET KONTO Freiestrasse 16 8032 Zürich 145 +41 44 251 66 66 +41 44 252 88 33 info@toxinfo.ch www.toxinfo.ch PC-80-26074-7 49

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