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Gelegentlich wird die rechte Seite des Gleichungssystems in der erweiterten Koeffizientenmatrix durch einen senkrechten Strich von den Koeffizienten getrennt, also a 11 a 1n b 1..., a m1 a mn b m dies hat dann aber keine inhaltliche Bedeutung, sondern dient nur der Optik. Wir wollen uns jetzt auch noch ein erstes konkretes Beispiel eines linearen Gleichungssystems anschauen, nämlich das folgende System von vier Gleichungen in vier Unbekannten: x + 2y u + v = 1 x + 2y + u v = 3 x + 2y + 3u v = 1 3x u = 0 Koeffizientenmatrix A und erweiterte Koeffizientenmatrix A dieses Gleichungssystems entstehen dann indem wir alle redundanten Symbole, also Plus/Minus-Zeichen, Gleichheitszeichen und Unbekannte weglassen, sie sind also die 4 4 beziehungsweise 4 5 Matrix A = 1 2 1 1 1 2 1 1 1 2 3 1 3 0 1 0, A = Auf einige Randfälle wollen wir besonders hinweisen: 1 2 1 1 3 1 2 3 1 1 3 0 1 0 0 1. Einzeln stehende Variablen werden in der Koeffizientenmatrix zu 1, da beispielsweise das x in der ersten Gleichung als 1 x gelesen werden kann. 2. Subtraktionen im Gleichungssystem werden als Addition mit dem entsprechenden negativen Vielfachen aufgefasst, so wird beispielsweise das u in der ersten Gleichung zu 1 in der Koeffizientenmatrix. 3. Nicht vorkommende Variablen in einer der Gleichungen denken wir uns als Null mal die entsprechende Variable dazu, beispielsweise führt das fehlende y in der vierten Gleichung in der Koeffizientenmatrix zu einer 0 in der zweiten Spalte der vierten Zeile. Wie in diesem Beispiel zu sehen, müssen die Unbekannten nicht x 1,..., x n heißen, für höchstens drei Unbekannte nennen wir diese meist x, y, z und für vier Unbekannte werden wir meistens x, y, u, v als Variablennamen verwenden. Sehr kleine lineare Gleichungssysteme mit n = 2 oder n = 3 Unbekannten kann man einfach durch schrittweises Eliminieren der Unbekannten lösen, sind die Unbekannten etwa x, y und haben wir zwei Gleichungen, so nehmen wir eine der beiden Gleichungen um y durch x auszudrücken, setzen das Ergebnis für y in die andere Gleichung ein, lösen diese 16-2.

nach x auf, und berechnen hieraus schließlich y. Dieses Verfahren wird aber schon ab n = 4 Unbekannten unpraktisch. Das Gleichungssystem im obigen Beispiel wäre noch gerade ausreichend klein um direkt durch schrittweises Eliminieren der Unbekannten gelöst zu werden, wir wollen aber lieber ein systematisches, allgemein verwendbares, Lösungsverfahren haben. Als ein solches werden wir das sogenannte Gaußsche Eliminationsverfahren verwenden. Dieses Verfahren beruht darauf ein gegebenes lineares Gleichungssystem von allgemeiner Form in ein äquivalentes System von sehr spezieller Gestalt umzuformen. Diese speziellen linearen Gleichungssysteme sind die linearen Gleichungssysteme die in der sogenannten Stufenform vorliegen: a 11 x 1 + + a 1i x i + + a 1j x j + = b 1 a 2i x i + + a 2j x j + = b 2 a 3j x j + = b 3. =. mit a 11 0, a 2i 0, a 3j 0 und so weiter. In jeder Gleichung kommen also von links gesehen immer weniger der Unbekannten vor. Ein konkretes Beispiel für ein solches Gleichungssystem mit m = 2 Gleichungen und n = 4 Unbekannten ist x + y + u v = 1 u + v = 2, hier haben wir die beiden unterstrichenen Stufen der Länge 2. Wir lösen ein System in Stufenform indem wir von unten nach oben gehend jeweils eine Gleichung benutzen, die in dieser Gleichung am weitesten links stehende Variable mit von Null verschiedenen Koeffizienten festzulegen. In anderen Worten benutzen wir für die Systeme in Stufenform eine einfache, schrittweise Elimination von Variablen, bei Systemen in Stufenform ist diese aber wesentlich einfacher als für ein allgemeines lineares Gleichungssystem, da von jedem Einsetzungsschritt immer nur Variablen weiter rechts betroffen sind. Im Beispiel ergibt die zweite Gleichung u = 2 v und die Variable u ist festgelegt. An die andere Variable sind keine Bedingungen gestellt. Setzen wir u = 2 v in die erste Gleichung ein, so wird diese zu x + y + 2 v v = 1, also x = 1 y + 2v, d.h. durch diese Gleichung wird x festgelegt und an y gibt es keine Bedingungen. Für die Lösungsmenge ist es nun praktisch, die frei gebliebenen Variablen y und v in t und s umzutaufen. Die Lösungsmenge ist dann 1 s + 2t s 2 t t s, t R. Der Einfachheit halber schreiben wir die Lösungen dabei als einen Spaltenvektor, also als eine 4 1 Matrix, dessen vier Einträge von oben nach unten für x, y, u, v stehen. 16-3

Weiter haben wir das lineare Gleichungssystem über K = R interpretiert, wollen wir es als ein komplexes Gleichungssystem auffassen, so muss t, s R durch t, s C ersetzt werden. In einem linearen Gleichungssystem aus r Gleichungen in n Variablen das in Stufenform vorliegt, wird die Lösungsmenge durch n r freie Variablen beschrieben, die die restlichen r Variablen festlegen. Wenn n = m = r ist, es also keine langen Stufen im System gibt, so ist die Lösung eindeutig. Lange Stufen sind dabei solche, die zwei oder mehr Unbekannte umfassen. Nehmen wir beispielsweise x + 2y u + v = 1 4y + 2u = 2 2u 2v = 4 2v = 10 so liefert die vierte Gleichung v = 5, damit wird die dritte zu 2u 10 = 4, also u = 3, die zweite Gleichung ergibt 4y + 6 = 2, also y = 1 und schließlich mit der ersten Gleichung auch x 2 3 + 5 = 1, also x = 1. Die Lösung von Systemen in Stufenform ist also völlig unproblematisch und zwar sowohl wenn die Lösung eindeutig ist als auch wenn es mehrere Lösungen gibt. Ein allgemeines lineares Gleichungssystem wollen wir lösen, indem wir es in ein äquivalentes System in Stufenform umwandeln. Hierzu verwenden wir die folgenden drei elementaren Transformationen eines linearen Gleichungssystems: 1. Vertauschen zweier Gleichungen. 2. Multiplikation einer der Gleichungen mit einer Zahl c 0. 3. Addition eines Vielfachen einer Gleichung zu einer anderen Gleichung. Offenbar verändert keine dieser drei Transformationen die Lösungsmenge des linearen Gleichungssystems. Die Operation (2 wird dabei nicht wirklich benötigt, wir können sie beispielsweise dazu benutzen in der Stufenform zusätzlich a 11 = a 2i = a 3j = = 1 anzunehmen, was gelegentlich bequem ist. In Termen der erweiterten Koeffizientenmatrix werden diese drei Operationen zu 1. Vertauschen zweier Zeilen. 2. Multiplikation einer Zeile mit einer Zahl c 0. 3. Addition eines Vielfachen einer Zeile zu einer anderen Zeile. Diese drei Transformationen einer Matrix werden auch als elementare Zeilenumformungen bezeichnet. Das schon angekündigte Gaußsche Eliminationsverfahren, oft auch als Gauß-Algorithmus bezeichnet, wendet diese drei elementaren Umformungen systematisch auf ein gegebenes lineares Gleichungssystem an, um es in ein System in Stufenform zu überführen. 16-4

Wir wollen das Eliminationsverfahren zunächst am obigen Beispiel des linearen Gleichungssystems mit der erweiterten Koeffizientenmatrix 1 2 1 1 3 1 2 3 1 1 3 0 1 0 0 durchführen. Das Verfahren startet hier indem wir Vielfache der ersten Zeile zu den anderen drei Zeilen addieren, und zwar so, dass der neue Eintrag in der ersten Spalte dieser drei Gleichungen zu Null wird. Ziehen wir die erste Zeile von der zweiten ab, so erhalten wir ganz links in der zweiten Zeile tatsächlich eine Null. Beachte dabei das ein Abziehen der ersten Zeile von der zweiten auch als Addition des ( 1-fachen der ersten Zeile zur zweiten gedeutet werden kann. Entsprechend müssen wir die erste Zeile zur dritten Zeile addieren, und das dreifache der ersten Zeile von der vierten Zeile abziehen. Mit diesen drei elementaren Zeilenumformungen wird unsere erweiterte Koeffizientenmatrix zu 1 2 1 1 3 1 2 3 1 1 3 0 1 0 0 0 0 2 2 4 0 4 2 0 2 0 6 2 3 3 Damit sind wir der Stufenform ein Stück näher gekommen. Nun würden wir gerne mit der zweiten Zeile so fortfahren, also Vielfache der zweiten Zeile zur dritten und vierten addieren so, dass wir in der dritten und vierten Zeile zwei führende Nullen bekommen. Leider geht dies nicht sofort, da der zweite Eintrag der zweiten Zeile ja selbst eine Null ist. Dies können wir aber leicht beheben, wir benutzen die erste unserer elementaren Zeilenumformungen um die zweite und die dritte Zeile der Matrix miteinander zu vertauschen 0 0 2 2 4 0 4 2 0 2 0 6 2 3 3 0 4 2 0 2 0 0 2 2 4 0 6 2 3 3 Danach kann es weitergehen, um auch der vierten Zeile eine zweite Null zu geben, muss nur noch das 3/2-fache der zweiten Zeile zur vierten addiert werden 0 4 2 0 2 0 0 2 2 4 0 6 2 3 3 16-5 0 4 2 0 2 0 0 2 2 4 0 0 5 3 0...

Damit ist die Stufenform schon beinahe erreicht. Wir müssen nur noch als letzten Schritt das 5/2-fache der dritten Zeile von der vierten abziehen und erhalten 0 4 2 0 2 0 0 2 2 4 0 4 2 0 2 0 0 2 2 4. 0 0 5 3 0 0 0 0 2 10 Damit haben wir unser lineares Gleichungssystem in Stufenform gebracht. Tatsächlich ist das erhaltene System in Stufenform gerade x + 2y u + v = 1 4y + 2u = 2 2u 2v = 4 2v = 10 und dies war unser zweites Beispiel eines linearen Gleichungssystems in Stufenform. Die eindeutige Lösung dieses Gleichungssystems hatten wir bereits als x = 1, y = 1, u = 3, v = 5 berechnet. Wir wollen nun noch ein zweites Beispiel durchrechnen. Wir betrachten das folgende lineare Gleichungssystem x + y + z = 1 2x y + 3z = 0 5x y + 7z = b. wobei b R eine Konstante ist. Hier beginnt das Eliminationsverfahren, indem wir das doppelte der ersten Zeile von der zweiten Zeile abziehen und anschließend das fünffache der ersten Zeile von der dritten Zeile abziehen 1 1 1 1 2 1 3 0 5 1 7 1 1 1 1 1 0 3 1 2 0 6 2 b 5 Jetzt wird das doppelte der zweiten Zeile von der dritten Zeile abgezogen, und es entsteht 1 1 1 1 1 1 1 1 0 3 1 2 0 3 1 2. 0 6 2 b 5 0 0 0 b 1 Die unterste Zeile der Koeffizientenmatrix besteht jetzt nur noch aus Nullen, und die Elimination ist beendet. Was jetzt passiert hängt von der Konstanten b ab. Ist b 1 0, also b 1, so ist die unterste Gleichung nicht erfüllbar, denn diese bedeutet ausgeschrieben ja 0 x + 0 y + 0 z = b 1 0. 16-6.

Das lineare Gleichungssystem hat in diesem Fall also keine Lösung. Dass ein lineares Gleichungssystem nicht lösbar sein muss, sollte keine Überraschung sein, wir hatten als ein Beispiel zu Beginn dieses Kapitels den Schnitt einer Ebene mit einer Gerade als lineares Gleichungssystem ausgedrückt, und ist die Gerade zufällig parallel zur Ebene, so hat dieses System halt keine Lösung. Ist im Beispiel dagegen b = 1, so können wir die unterste Zeile ignorieren, diese besagt ja nur noch 0 = 0, und haben ein System in Stufenform. Die untere Zeile des verkleinerten Systems gibt dann also eingesetzt in die erste Gleichung 3y + z = 2 = y = 1 3 z + 2 3 x = 1 y z = 1 3 4 3 z. In der Beschreibung der Lösungsmenge verwenden wir diesmal z = 3t mit t R und haben 1 4t 3 2 + t 3 3t t R als die Lösungsmenge des linearen Gleichungssystems. Das Gaußsche Eliminationsverfahren für ein lineares Gleichungssystem aus m Gleichungen in n Variablen läuft damit prinzipiell in drei Phasen ab: 1. Bringe das gegebene lineare Gleichungssystem von oben beginnend in Stufenform indem die Einträge der weiter unten liegenden Zeilen in der gerade betrachteten Spalte durch Addition geeigneter Vielfacher der oberen Zeile auf Null gebracht werden. 2. In der Koeffizientenmatrix des so entstandenen linearen Gleichungssystems seien die ersten r m Zeilen von Null verschieden. Es gibt zwei verschiedene Möglichkeiten: (a Ist r < m, sind also unten in der Koeffizientenmatrix nur aus Nullen bestehende Zeilen entstanden, und ist die rechte Seite einer dieser Nullzeilen von Null verschieden, so hat das lineare Gleichungssystem keine Lösung. In diesem Fall sind wir an dieser Stelle fertig. (b Andernfalls ist entweder r = m oder in jeder Nullzeile ist auch die rechte Seite Null. Dann ignorieren wir die unteren m r Zeilen und erhalten ein lineares Gleichungssystem aus r Gleichungen in n Unbekannten das in Stufenform ist. In diesem Fall ist unser Gleichungssystem auf jeden Fall lösbar. 3. Löse das entstandene lineare Gleichungssystem in Stufenform von unter her, indem jede der verbliebenen Gleichungen eine der Unbekannten festlegt, und eventuell verbleibende Unbekannte als freie Parameter behandelt werden. Für r = n haben wir eine eindeutige Lösung und für r < n eine Lösungsmenge, die durch n r Parameter beschrieben wird. 16-7

In dieser Form ist das Eliminationsverfahren für die manuelle Bearbeitung linearer Gleichungssysteme moderater Größe geeignet. Außerdem wird es sich für die theoretische Untersuchung linearer Gleichungssysteme völlig beliebiger Größe als günstig erweisen. Zur Implementation auf einem Rechner ist die hier angegebene Form noch etwas ungünstig, da Rundungsfehler sich noch unnötig stark auswirken können. Wie man dies vermeiden kann, ist ein Thema der Numerik und soll hier nicht behandelt werden. Ebenfalls nicht geeignet ist das Verfahren für große Systeme, wie etwa diejenigen die durch Diskretisierung von Differentialgleichungen entstehen, oder die Pagerang- Gleichung. 9 Matrizen über R und C In 8 hatten wir Matrizen nur als eine kompakte Schreibweise für lineare Gleichungssysteme eingeführt. In diesem Kapitel wollen wir die Matrizen in ihren Status etwas aufwerten, und diverse Möglichkeiten einführen mit ihnen zu rechnen. Zunächst brauchen wir eine Bezeichnung für die Menge aller Matrizen einer gegebenen Größe. Definition 9.1: Seien K {R, C} und n, m N mit n, m 1. Dann bezeichne K m n die Menge aller m n Matrizen über K, also aller Matrizen bestehend aus m Zeilen und n Spalten mit Einträgen aus K. Jede reelle Matrix ist natürlich insbesondere eine komplexe Matrix, also R m n C m n und man kann komplexe Matrizen als den allgemeinen Fall auffassen. Manchmal ist es technisch bequem auch m = 0 oder n = 0 zuzulassen, dann wird die Menge K m n als {0} interpretiert. Weiter nennt man 1 n Matrizen auch Zeilenvektoren und m 1 Matrizen werden Spaltenvektoren genannt. Wir werden zwischen diesen beiden meistens keinen Unterschied machen. Sowohl für die Menge K n := K 1 n aller Zeilenvektoren der Länge n als auch für die Menge K m := K m 1 aller Spaltenvektoren der Länge m verwenden wir dasselbe Symbol. Dies ist normalerweise unproblematisch. 9.1 Addition und Multiplikation mit Skalaren Die beiden einfachsten Operationen sind die Addition von Matrizen derselben Größe und die Multiplikation mit reellen beziehungsweise komplexen Zahlen. In diesem Zusammenhang nennt man letztere oft auch Skalare. Definition 9.2: Sei K {R, C} und seien n, m N\{0}. Sind dann A, B zwei m n Matrizen a 11 a 1n b 11 b 1n A =.., B =.. a m1 a mn b m1 b mn 16-8

so definieren wir die Summe A + B von A und B als a 11 + b 11 a 1n + b 1n A + B :=... a m1 + b m1 a mn + b mn Sind weiter c K ein Skalar und A K m n wieder die obige Matrix, so definieren wir das Vielfache c A durch a 11 a 1n ca 11 ca 1n c A = c.. :=... a m1 a mn ca m1 ca mn Insbesondere sind die Summen von Zeilen- beziehungsweise Spaltenvektoren gleicher Größe und Produkte von Skalaren mit Zeilen- beziehungsweise Spaltenvektoren definiert. Mit dieser Addition beziehungsweise Multiplikation mit Skalaren haben wir dann die folgenden Rechenregeln: 1. Assoziativgesetz der Addition Für alle m n Matrizen A, B, C gilt (A+B+ C = A + (B + C. 2. Kommutativgesetz der Addition Für alle m n Matrizen A, B gilt A + B = B + A. 3. Existenz des neutralen Elements der Addition Ist 0 K m n die Nullmatrix, deren Einträge alle Null sind, so gilt 0 + A = A für jede m n Matrix A. 4. Existenz additiver Inverser Sind A eine m n Matrix so gilt ( A + A = 0 wobei A := ( 1 A ist. Beachte das wir die Nullmatrix unabhängig von ihrer Größe einfach als 0 schreiben. Diese vier Rechenregeln entsprechen den sich auf die Addition beziehenden ersten vier Körperaxiomen (A1 bis (A4 aus 4.1. Es gibt jetzt einige weitere Rechenregeln über die Multiplikation mit Skalaren und deren Zusammenhang mit der Addition. 1. Assoziativgesetz für die Multiplikation mit Skalaren Für alle Zahlen t, s K und alle m n Matrizen A über K gilt (ts A = t (s A. 2. Eins Für jede m n Matrix A über K ist 1 A = A. 3. Distributivgesetze Für alle m n Matrizen A, B K m n und alle Zahlen t, s K gelten (t + s A = t A + s A und t (A + B = t A + t B. 16-9

Beachte das wir all diese Regeln insbesondere auch auf Zeilen- und Spaltenvektoren anwenden können. Auf explizite Beweise dieser Regeln wollen wir hier verzichten, sie sind allesamt trivial da einfach in jeder Komponente das jeweilige Körperaxiom für R oder C angewandt wird. Man kann Matrizen passender Größe auch miteinander multiplizieren, allerdings wird hierzu nicht die zunächst naheliegende komponentenweise Multiplikation verwendet. Warum die Matrixmultiplikation genau wie folgt definiert ist, und auch genau so definiert werden muss, werden wir erst später im Zusammenhang mit den sogenannten linearen Abbildungen sehen. Definition 9.3: Seien n, m, l N\{0}. Sind dann A eine m l Matrix und B eine l n Matrix jeweils über K {R, C} a 11 a 1l b 11 b 1n A =.., B =.., a m1 a ml b l1 b ln so ist das Produkt C := A B = c 11 c 1n.. c m1 c mn die m n Matrix C, deren Eintrag c ij in der i-ten Zeile und der j-ten Spalte (1 i m, 1 j n durch l c ij := a ik b kj = a i1 b 1j + + a il b lj definiert ist. k=1 Zwei Matrizen A, B können also nur dann multipliziert werden, wenn die linke Matrix A genausoviele Spalten hat wie die rechte Matrix B Zeilen hat. Die Formel zur Multiplikation zweier Matrizen sieht zunächst etwas bedrohlich aus, ist in Wahrheit aber sehr einfach. Wir wollen einmal ein kleines Beispiel anschauen, betrachte etwa die beiden Matrizen A = ( 1 1 1 2 3 1, B = 1 1 0 1 0 0 1 0 1 2 0 1 Hier sind A eine 2 3 und B eine 3 4 Matrix, d.h. A und B können multipliziert werden und ihr Produkt ist eine 2 4 Matrix. Wie sieht die erste Zeile des Produktes A B aus? Die Formel für den allerersten Eintrag dieser Zeile lautet. c 11 = a 11 b 11 + a 12 b 21 + a 13 b 31 = 1 1 + ( 1 0 + 1 1 = 2. Übersichtlicher wird dies wenn wir uns die erste Zeile von A zu einer Spalte gedreht denken und diese der ersten Spalte von B gegenüberstellen 1 1 1 0 1 1. 16-10

Gegenüberliegende Zahlen werden dann miteinander multipliziert, und anschließend wird alles aufaddiert. Der zweite Eintrag der ersten Zeile ergibt sich dann ebenso, nur taucht diesmal auf der rechten Seite die zweite Spalte von B auf, also 1 1 1 0 1 2, und wir erhalten c 12 = 1 + 0 + 2 = 3. Die restlichen Einträge der ersten Zeile von A B ergeben sich analog. Gehen wir dann zur zweiten Zeile des Produkts über, so müssen wir uns die zweite Zeile der linken Matrix A gedreht denken und stellen diese den Spalten von B gegenüber, also etwa für den Eintrag in der ersten Spalte der zweiten Zeile von A B 2 1 3 0 1 1. So fortfahrend haben wir dann insgesamt ( 1 1 0 1 1 1 1 0 0 1 0 2 3 1 1 2 0 1 = ( 2 3 1 0 1 0 3 3 Wir wollen nun einige der Rechenregeln für die Matrixmultiplikation festhalten. Dabei sollen alle vorkommenden Matrizen über den reellen oder den komplexen Zahlen definiert sein. Lemma 9.1 (Rechenregeln für Matrizen Seien n, m, p, q N\{0}. (a Assoziativgesetz Sind A eine m p, B eine p q und C eine q n Matrix, so gilt (A B C = A (B C. (b Einheitsmatrizen Ist E n := 1... 1 1 0 0 0 0 1 0 0 =....... 0 0 1 0 0 0 0 1 }{{} n Spalten. n Zeilen die sogenannte n n Einheitsmatrix, so gelten für jede m n Matrix A die Gleichungen A E n = A und E m A = A. (c Distributivgesetze Sind A eine m p Matrix und B, C zwei p n Matrizen, so gilt A (B + C = A B + A C. Sind ebenso A, B zwei m p Matrizen und C eine p n Matrix, so gilt (A + B C = A C + B C. 16-11

(d Multiplikation mit Skalaren Sind A eine m p Matrix, B eine p n Matrix und c K ein Zahl, so gilt (ca B = A (cb = c (A B. Beweis: Wir wollen hier nur das Assoziativgesetz exemplarisch vorrechnen, die anderen drei Regeln können Sie sich selbst einmal als zusätzliche Übungsaufgaben vornehmen. Seien also A, B, C wie in (a gegeben. Die beiden Produkte (ABC und A(BC sind dann zwei m n Matrizen. Für alle 1 i m, 1 j n ergibt sich der Eintrag von (ABC in der i-ten Zeile und der j-ten Spalte als ( q q p ((ABC ij = (AB ik C kj = A il B lk C kj = A il B lk C kj. k=1 k=1 Auf der anderen Seite haben wir ebenfalls (A(BC ij = p A il (BC lj = l=1 p l=1 l=1 A il ( q k=1 B lk C kj Dies zeigt ((ABC ij = (A(BC ij, und (a ist bewiesen. 1 l p 1 k q = 1 l p 1 k q A il B lk C kj. Genauso wie wir für die Nullmatrix in jeder Größe einfach Null schreiben, werden wir auch die Einheitsmatrizen E n unabhängig von ihrer Größe n einfach als 1 schreiben. Wichtiger noch als die im Lemma aufgeführten Rechenregeln für die Multiplikation von Matrizen, ist es welche Rechenregeln hier nicht stehen. Zum einen ist die Multiplikation von Matrizen nicht kommutativ. Wir haben zum Beispiel ( 1 1 0 1 ( 1 0 1 1 = ( 2 1 1 1 ( 1 1 1 2 = ( 1 0 1 1 ( 1 1 0 1 Die Multiplikation verhält sich auch in einer anderen Hinsicht ungewöhnlich. Für reelle oder komplexe Zahlen x, y wissen wir das aus x y = 0 stets x = 0 oder y = 0 folgt. Für Matrizen ist dies falsch, es gibt sogar von Null verschiedene Matrizen, deren Quadrat gleich Null ist. Beispielsweise gilt ( 0 1 0 0 2 = ( 0 1 0 0 ( 0 1 0 0 = 0.. 16-12