PHYSIK 3 TEIL B: Schwingungen

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Transkript:

E2 / Physik / Schwingungen 1 PHYSIK 3 TEIL B: Schwingungen Berner Fachhochschule Technik und Informatik Elektro - und Kommunikationstechnik

E2 / Physik / Schwingungen 2 SCHWINGUNGEN I. Einleitung Die wichtigsten Typen von Bewegungen sind: gerichtete Bewegung (z.b. freier Fall) von einem Ausgangspunkt zu einem Zielpunkt periodische Bewegung um ein Zentrum herum; dazu gehören Kreisbewegung oder elliptische Bewegung (z.b. Erde um Sonne) oder Schwingung (z.b. Atomkern schwingt im Molekül um seine Gleichgewichtslage). Dem entsprechen die wichtigsten Reaktionen von Maschinen und Instrumenten: gerichteter Übergang vom Zustand 1 zum Zustand 2, z.b. aufgrund der Änderung der Einstellgrössen (transiente Vorgänge), Kreisbewegungen (Motor, Turbine), Schwingungen. Transiente Vorgänge und Schwingungen sind die typischen Interessengebiete der Regelungstechnik. Schwingungen entstehen, wenn ein Körper sich aus einer Gleichgewichtslage wegbewegt und durch eine "rücktreibende Kraft" wieder zum Gleichgewicht zurückgeholt wird. Die Arbeit der rücktreibenden Kraft erzeugt kinetische Energie, die den Körper über die Gleichgewichtslage hinausschiessen lässt, sodass sich der Vorgang periodisch wiederholt. Je nach Art der rücktreibenden Kraft kann das Erscheinungsbild der Schwingung sehr verschieden aussehen, von einer gleichmässigen Sinusfunktion bis zum zackigen Sägezahn. Die nebenstehende Abbildung zeigt das Schwingungsbild für Flöte, Klarinette, Oboe und Saxophon, die alle den gleichen Ton spielen. Diese auf den ersten Blick komplizierte Situation wird aber vereinfacht durch das Theorem von Fourier: Jede periodische Funktion lässt sich durch eine Überlagerung von Sinus- und Cosinusfunktionen mit verschiedenen Frequenzen darstellen. Daher ist es gerechtfertigt, dass wir uns im folgenden auf die einfachste Schwingungsform beschränken, die "harmonische Schwingung", das ist die Schwingung, die sich durch eine einfache Sinus- oder Cosinusfunktion beschreiben lässt. Im Bedarfsfall kann man dann kompliziertere Schwingungen beschreiben, indem man solche harmonische Schwingungen zusammenaddiert. Im dritten Kapitel wird gezeigt, dass harmonische Schwingungen in der Natur entstehen, wenn die rücktreibende Kraft linear mit der Auslenkung aus dem Gleichgewicht zunimmt. Dies wird durch verschiedene elastische Systeme (zumindest näherungsweise) erfüllt. I.1 Zusammenhang zwischen Kreisbewegung und harmonischer Schwingung. Kreisbewegung und Schwingung sind beides periodische Vorgänge. Darüber hinaus ist die harmonische Schwingung nichts anderes als die Projektion einer gleichförmigen Kreisbewegung auf die x-achse: Sei ω die Winkelgeschwindigkeit der Kreisbewegung. Der Winkel zur x-achse ist dann Φ = Φ 0 + ω t

E2 / Physik / Schwingungen 3 x = r cos Φ = A cos (Φ 0 + ω t ) ist die Projektion auf die x-achse. A = r stellt die Amplitude der Schwingung dar; ω = 2πf die Kreisfrequenz, ist direkt mit der Frequenz f (Schw. pro Sekunde) verknüpft. T = 1 / f = 2 π / ω ist die Periode der Schwingung. Φ 0 gibt die Phasenlage der Schwingung bezüglich dem Nullpunkt der Zeit an: falls die Schwingung bei der maximalen Auslenkung A beginnt: Φ 0 = 0, x = A cos ω t falls die Schwingung in der Gleichgewichtslage beginnt (Stoss): Φ 0 = - π/2, x = A sin ω t Das gesamte Argument der Cosinusfunktion wird als Phase bezeichnet. I.2 Elastische Systeme In der Natur findet man harmonische Schwingungen bei elastisch reagierenden Systemen, bei denen die rücktreibende Kraft proportional zur Auslenkung aus dem Gleichgewicht ist. ("Hookesches Gesetz"): F rück = - c x [c] = Nm -1 Die Konstante c wird häufig auch als D oder k bezeichnet. In der Regel wird die Federkonstante c aus der Gleichgewichtsauslenkung des Systems experimentell bestimmt: c = F / x Gleichgewicht Im Prinzip kann sie auch aus den Materialeigenschaften des elastischen Elements bestimmt werden. (siehe Anhang 1) Wichtigste Beispiele: Feder elastische Balken Beachte: Fast alle rücktreibenden Kräfte lassen sich bei genügend kleinen Auslenkungen aus dem Gleichgewicht näherungsweise linearisieren. Bei kleinen Auslenkungen ergeben sich dann harmonische Schwingungen. II. Ungedämpfte harmonische Schwingung II.1 Schwingungsgleichung Als einfachstes Modell für einen harmonischen Schwinger wird im folgenden die elastische Spiralfeder mit vernachlässigbarer Reibung und vernachlässigbarer Eigenmasse betrachtet, an der eine Masse m hängt. Die Federkonstante c lässt sich aus der Auslenkung im Gleichgewichtszustand bestimmen: c x Gleichgew = m g

E2 / Physik / Schwingungen 4 Im Gleichgewicht ist die Masse m kraftfrei, sodass wir nur die Zusatzkräfte betrachten müssen, die sich bei einer Auslenkung aus dem Gleichgewichtszustand ergeben. Sei x diese Auslenkung: Resultierende Kraft = - c (x Gleichg + x) + m g = - c x. Die Feder werde bis zur Auslenkung x = A gespannt und dann losgelassen. Als einzige Kraft wirkt dann noch die rücktreibende elastische Kraft der Feder - c x, sodass die Bewegungsgleichung lautet: m a = m x = - c x oder: m x + c x = 0 (*) (Differentialgleichung der harmonischen Schwingung) Es ist leicht zu zeigen, dass die Funktion der harmonischen Schwingung eine Lösung dieser Differentialgleichung darstellt (wo ω zunächst ein freier Parameter ist): x = A cos (ω t + Φ 0 ) x = - A ω sin (ω t + Φ 0 ) x = - A ω 2 cos (ω t + Φ 0 ) c eingesetzt: x + --- x = A cos ω t (-ω 2 + c / m) = 0 m Dies erfüllt die Differentialgleichung der Bewegung, wenn der Ausdruck Null wird, also wenn ω 2 = c / m Die Masse an der Feder führt also harmonische Schwingungen aus mit einer Kreisfrequenz c ω = Periode m T = 2π m c Amplituden: Auslenkung x max = A Geschwindigkeit v max = A ω Beschleunigung a max = A ω 2 Beachte: Die Frequenz der Schwingung hängt nicht von der Amplitude ab! Falls die Bewegung der Feder nicht bei der maximalen Auslenkung, sondern (durch einen Stoss) aus der Ruhelage gestartet wird, ist in der Lösung der Cosinus durch den Sinus zu ersetzen. Bei noch anderer Wahl des Anfangszeitpunkts muss der entsprechende Phasenwinkel Φ 0 eingesetzt werden.

E2 / Physik / Schwingungen 5 II.2 Energie Bei maximaler Auslenkung ist die kinetische Energie Null: E tot = E pot = ½ c A 2 Beim Nulldurchgang ist die potentielle Energie Null: E tot = E kin = ½ m A 2 ω 2 Bei beliebiger Auslenkung ist E tot konstant. Daraus folgt: m x max 2 = m A 2 ω 2 = c x max 2 = c A 2, also wieder ω 2 = c / m. Bei beliebigem x: E kin = ½ m x 2 = ½ m A 2 ω 2 sin 2 (ωt + Φ o ) E pot = ½ c x 2 = ½ c A 2 cos 2 (ωt + Φ o ) II.3 Zusammensetzen mehrerer elastischer Elemente Komplexe Systeme aus mehreren elastischen Elementen lassen sich mit den folgenden Regeln leicht zu einem äquivalenten System mit nur einer elastischen Konstanten D zusammensetzen: Parallel wirkende Federn: c = c 1 + c 2 (additive Kräfte, gleiche Auslenkung x) 1 1 1 In Serie wirkende Federn -- = -- + -- c c 1 c 2 (additive Auslenkungen, gleiche Kraft F) II.4 Andere Schreibweisen der harmonischen Schwingung Die allgemeine Lösung der Differentialgleichung (*) lässt sich auf verschiedene Weisen schreiben, die untereinander äquivalent sind: x = A cos (ω t + Φ 0 ) (oder sin... mit anderem Φ 0 ) oder x = A cos ω t + B sin ω t A = A cos Φ 0, B = - A sin Φ 0 oder x = A e j(ω t + Φ 0 ) j ω t - j ω t oder x = A 1 e + A 2 e A 1 = ½ (A - j B ), A 2 = ½ (A + j B ) Beachten Sie, dass im letzten Fall die Konstanten A 1, A 2 komplex sind. Von den komplexen Darstellungen ist physikalisch messbar immer nur der Realteil. Im folgenden wird vor allem die erste Schreibweise benutzt. Sie kann immer auch durch die anderen Formen ersetzt werden, eventuell unter geeigneter Anpassung der Konstanten. Für beliebige Schwingungen ergeben sich Summen von e-funktionen mit verschiedenen Frequenzen. Die Fourier- und Laplace-Theorie beruhen auf einem Ansatz mit solchen Summen.

E2 / Physik / Schwingungen 6 II.5 Drehschwinger Auch drehende Systeme können elastische Reaktionen zeigen (Drehfeder wie Unruh der Uhr, Torsionsstab oder -draht). Die Beschreibung erfolgt analog zu den linearen Systemen, aber mit Winkelkoordinaten. Charakteristisch ist, dass das rücktreibende Moment proportional zur Winkelauslenkung Θ ist: M rück = - c r Θ [c r ]: Nm / rad Bewegungsgleichung: I Θ + c r Θ = 0 (I = Massenträgheitsmoment) D r Lösung: Θ = A cos (ω t + Φ 0 ) wo A = Θ max = Winkelamplitude und c r 2 ω =, I c r I ω =, T = 2π I cr Hierbei ist acht zu geben, dass der physikalische Drehwinkel Θ und dessen Änderung Θ nicht mit dem formalen Phasenwinkel und der Kreisfrequenz ω verwechselt werden. ω ist konstant, Θ Punkt dagegen gar nicht! --> Drehschwinger in Kombination mit linearen elastischen Elementen Häufig wird das rücktreibende Moment von Drehschwingern durch Federn oder ähnliche elastische Elemente erzeugt, die auf Hebelarme einwirken. Für kleine Winkel-Auslenkungen Θ kann dann die lineare Auslenkung der Feder näherungsweise gleich der Bogenlänge a Θ gesetzt werden, wobei a der Hebelarm ist, an dem die Feder angreift. Die rückstellende Kraft wird dann - c a Θ, das rücktreibende Moment ergibt sich, indem nochmals mit dem Hebelarm a multipliziert wird: D M rück = - c a 2 Θ oder: D D r = c a 2 Dieselben Regeln, ebenso wie auch die Regeln für Parallel- und Serie-Schaltung, gelten genauso für die weiter unten behandelten Dämpfungselemente!

E2 / Physik / Schwingungen 7 II.6 Pendel a) Mathematisches Pendel Das "mathematische Pendel" besteht aus einer punktförmigen Masse, m, die an einem masselosen Faden der Länge L aufgehängt ist. Bewegungsgleichung bei Auslenkung aus dem Gleichgewicht um den Winkel Θ: m L 2 Θ = - m g L sin Θ Für kleine Amplituden (!) kann sin Θ durch Θ (im Bogenmass) ersetzt werden, sodass (nach Kürzen von ml): L Θ + g Θ = 0 In Analogie zu den oben behandelten Fällen lautet die Lösung (für kleines A!): Θ = A cos (ω t + Φ 0), ω = g L Beachte: Die Frequenz der Schwingung dieses Pendels hängt nicht von der Masse m ab, sondern nur von der Fadenlänge L. b) Physikalisches Pendel In Analogie zum mathematischen Pendel, aber allgemeiner unter Benutzung des Trägheitsmoments I (anstelle von ml 2 ) und des Abstands b Drehpunkt- Schwerpunkt (anstelle von L auf der rechten Seite der Bewegungsgleichung) ergibt sich: Bewegungsgleichung: I Θ + m g b Θ = 0 Lösung: Θ = A cos (ω t + Φ 0), ω = mgb I [Häufig wird ein physikalisches Pendel mit dem äquivalenten mathematischen Pendel verglichen, das dieselbe Schwingungsdauer hat. Die Länge dieses äquivalenten Fadenpendels wird als "reduzierte Länge" L red bezeichnet. Vergleicht man die Ausdrücke für ω, so sieht man, dass L red = I / mb Der Punkt auf der (verlängerten) Linie Drehpunkt - Schwerpunkt im Abstand l red vom Drehpunkt heisst "Schwingungsmittelpunkt". Lässt man das Pendel um eine Achse durch diesen Punkt schwingen, so bleibt die Frequenz der Schwingung gleich wie bei der ursprünglichen Achse.]

E2 / Physik / Schwingungen 8 III. Gedämpfte Schwingung Ungedämpfte harmonische Schwingungen findet man vor allem in der Atom- und Molekülphysik. In technischen Systemen sind in der Regel Reibungsmechanismen vorhanden, die mit der Zeit die Schwingungsenergie aufbrauchen. Die Amplitude nimmt dann nach und nach ab. Je nach Art der Reibungskraft kann die gedämpfte Schwingung verschieden aussehen. Trockene Reibung führt zu einer zeitlich konstanten Reibkraft, die aber je nach Bewegungsrichtung des Schwingers ihre Richtung wechselt. Daraus ergibt sich ein linearer Abfall der Amplitude mit der Zeit. Fluide Reibung (in Flüssigkeiten oder Gasen) lässt sich bei nicht zu grosser Turbulenz durch eine Reibkraft beschreiben, die proportional zur Geschwindigkeit ist (Beispiele: Luftwiderstand, Stossdämpfer). Daraus folgt ein exponentieller Abfall der Amplitude mit der Zeit. Völlig analog dazu ist die Dämpfung einer elektrischen Schwingung durch einen ohmschen Widerstand. trockene Reibung fluide Reibung In der Folge werden wir uns auf diesen Typ der fluiden Reibung mit geschwindigkeits-proportionaler Dämpfung beschränken, der für die Praxis mit Abstand der wichtigste ist. Die Reibkraft schreibt sich dann: F reib = - k v = - k x k = Dämpfungskonstante, [ k ] = Ns/m oder kg/s Dann wird die Differentialgleichung der Schwingung: m x + k x + c x = 0 Die Lösung lautet: mit -δ t x = A e cos ( ω t + φ ) 0 δ k 2m, ω = 2 2 ω - δ, = 0 ω0 = c m (" Eigenfrequenz" ) Diese Lösung lässt sich interpretieren als eine Schwingung mit annähernd der Eigenfrequenz des ungedämpften Systems, deren Amplitude exponentiell sinkt. Die Näherung ω = ω 0 ist in der Regel sehr gut erfüllt, Abweichungen davon treten dann auf, wenn die Dämpfung so stark ist, dass die Schwingung gar nicht recht in Gang kommt.

E2 / Physik / Schwingungen 9 Die relative Amplitudenabnahme ist nach jeder Periode gleich. Der Logarithmus davon wird als logarithmisches Dekrement bezeichnet: logarithmisches Dekrement : Ai ln A i+ 1 = δ T III.1 Aperiodische Bewegung Die Dämpfung kann in extremen Fällen so stark werden, dass gar keine Schwingung mehr möglich ist und die Bewegung "aperiodisch" (d.h. "nicht periodisch") wird. Der Grenzfall der Dämpfung, wo dies eintritt, liegt vor, wenn δ = ω 0 wird: aperiodischer Grenzfall: δ = ω 0 Dort erfolgt keine Schwingung mehr; die Rückkehr zum Gleichgewicht ist asymptotisch. Dies gilt auch für noch grösseres δ, im "aperiodischen Kriechfall" δ > ω 0. Die Rückkehr zum Gleichgewicht ist dann langsamer als im aperiodischen Grenzfall. Der aperiodische Grenzfall wird häufig bei der Konstruktion von Mess-Anzeigen angestrebt, da dann der Gleichgewichtszustand am schnellsten erreicht wird. Für den aperiodischen Fall wird ω = ω 2 0 - δ 2 imaginär, j ω = δ 2 - ω 2 0 = κ wird ein neuer reeller Parameter. Aus der komplexen Exponential-Schreibweise der Lösung der Differentialgleichung j ω t - j ω t δ t x(t) = (A 1 e + A 2 e ) e wird dann: - (δ κ) t - (δ + κ) t x(t) = A 1 (e + A 2 e Die Konstanten A 1 und A 2 sind aus den Anfangsbedingungen (z.b. Lage x 0 und Geschwindigkeit v 0 zur Zeit t = 0) zu bestimmen. (Im Spezialfall κ = 0, dem aperiodischen Grenzfall, lautet die allgemeine Lösung: - δ t - δ t x = A 1 e + A 2 t e ). Dämpfungsgrad: Wie stark gedämpft ein System ist (ob weit oberhalb der aperiodischen Grenze oder schon aperiodisch etc.), sieht man also am Verhältnis der Parameter δ und ω 0. Dies wird als Dämpfungsgrad bezeichnet: Dämpfungsgrad = δ / ω 0

E2 / Physik / Schwingungen 10 IV. Erzwungene Schwingung, Resonanz IV.1 Resonanzbedingung Sehr häufig kommt es vor, dass schwingungsfähige Systeme von aussen durch Erschütterungen oder andere periodische Kräfte zum Schwingen angeregt werden. Nach einer Einschwingphase schwingt das System dann mit der von aussen aufgezwungenen Frequenz. Falls die Frequenz der äusseren Erregung (nahezu) mit der Eigenfrequenz des Schwingers übereinstimmt, zieht die äussere Kraft immer wieder in der "richtigen" Richtung, die Schwingung kann sich aufschaukeln: Resonanz. Im folgenden wird der wichtigste Fall betrachtet, wo die äussere Kraft selbst durch eine Sinus- Schwingung gegeben ist und das schwingungsfähige System eine lineare Rückstellkraft hat (eventuell mit geschwindigkeitsproportionaler Dämpfung). Bewegungsgleichung: m x + k x + c x = F 0 cos ω e t Nach beendeter Einschwingphase ergibt sich die folgende stationäre Lösung: x = A cos (ω e t - φ) wo die Amplitude A und der Phasenwinkel φ gegeben sind durch: F0 /m A = 2 2 2 2 ( ω - ) + 0 ωe k ωe k ωe /m tan φ = 2 2 ω0 -ωe 2 / m 2 Bei verschwindender Dämpfung kann die Amplitude bis ins Unendliche aufschaukeln, wenn die Erregerfrequenz ω e = ω 0, der Eigenfrequenz des schwingenden Systems, ist. Bei vorhandener Dämpfung ergibt sich ein Amplitudenmaximum, wenn die Erregerfrequenz die Bedingung der "Amplitudenresonanz" erfüllt; der entsprechende Wert von ω e stimmt nahezu (aber nicht ganz exakt) mit der Eigenfrequenz ω 0 überein (der Unterschied ist in der Praxis meist vernachlässigbar). Untersucht man, bei welcher Erregerfrequenz die äussere Kraft am meisten Energie in das schwingende System pumpt, so findet man, dass diese "Energieresonanz" genau bei ω e = ω 0 stattfindet (bei konstantem F 0 ; falls F 0 von ω abhängt, gelten ebenfalls modifizierte Formeln). In der Praxis genügt in der Regel die Annahme: Resonanz ω e = ω 0 Häufig wird die Lösung in der äquivalenten Form geschrieben: x = A 1 cos ω e t + A 2 sin ω e t wobei, mit Γ = k/m: F 0 (ω 0 2 ω e 2 ) A 1 = ---- -------------------------- heisst elastische Amplitude (keine Leistungsabsorption), m (ω 0 2 ω e 2 ) 2 + Γ 2 ω 2 F 0 Γ ω e A 2 = ---- -------------------------- heisst absorptive Amplitude (Leistungsabsorption). m (ω 2 0 ω 2 e ) 2 + Γ 2 ω 2

E2 / Physik / Schwingungen 11 Die nebenstehende Graphik zeigt das Verhalten des Phasenwinkels Φ 0, der die Phasenverschiebung zwischen Erregerkraft und Antwort des schwingenden Systems angibt. Bei geringen Frequenzen ist diese Verschiebung klein: der Schwinger kann der äusseren Erregung folgen. Bei sehr hohen Erregerfrequenzen entsteht aber eine Verschiebung um eine halbe Phase. Je grösser die Dämpfung, desto mehr ist dieser Übergang "ausgeschmiert". Technisch lässt sich die Resonanzfrequenz häufig leichter über die starke Änderung der Phase finden als über das Maximum der Amplitude. IV.2 Unwucht und Zwangsführung In vielen praktischen Fällen ist die Amplitude F 0 der Erregerkraft nicht konstant, sondern selbst von ω abhängig. Die wesentlichen Formeln bleiben dadurch unverändert. Lediglich die Form der A (ω) - Kurve und die genauen Werte der Resonanzfrequenzen ändern sich. Letzteres ist ohne praktische Relevanz, da man ohnehin als Resonanzfrequenz angenähert ω (Resonanz) = ω 0 annimmt. Die wichtigsten Fälle sind: Unwuchtbelastung Drehende Systeme (z.b. Motoren) mit Unwucht me belasten die Lager mit der vertikalen Fliehkraftkomponente F = mr ω 2 cos ω t (m ist die Unwuchtmasse, nicht die Masse des Schwingers!, e ist die Exzentrizizät der Unwucht), also F 0 = m e ω 2 <------ "Zwangsführung": Das schwingfähige System ist an einer Aufhängung oder Lagerung befestigt, die mit x = x 0 cos ω t von aussen bewegt wird (z.b. Seismometer) Damit findet man (Herleitung im Kasten unten): F 0 = m x 0 ω 2 <------ Unwucht und Zwangsführung ergeben eine Erregerkraft ω 2 Die entsprechende A (ω) - Kurve ist nebenstehend angegeben. Zwangsführung (Herleitung) x 1 = Koordinate der Führung x 2 = Koordinate der gefederten Masse m x = x 2 - x 1 = Relativkoordinate Die Bewegung der Führung ist vorgegeben: x 1 = x 0 cos ω t m x 2 = - k (x 2 - x 1 ) - c ( x 2 - x 1 ) m (x 2 - x 1 ) + m x 1 = m x - m x 0 ω 2 cos ω t = - k x - c x m x + k x + c x = m x 0 ω 2 cos ω t = F 0 cos ω t also F 0 = m x 0 ω 2

E2 / Physik / Schwingungen 12 IV.3 Elektrischer Schwingkreis Es besteht eine weitgehende Analogie zwischen elektrischen Schwingkreisen und mechanischen Schwingern. Elektrische Schwingkreise lassen sich aufbauen durch Kombinieren von Kapazitäten und Induktivitäten. Die Kapazität versucht jeweils, sich zu entladen und die Spannungen auszugleichen. Sie treibt damit den Stromfluss an, vergleichbar mit der Feder, die durch Zusammendrücken oder Ausdehnen "geladen" wird und die Bewegung einer Masse antreibt. Die Induktivität verhindert den freien Stromfluss aufgrund ihrer Gegeninduktion. Sie ist also das "träge" Element im Stromkreis. Falls ohmsche Widerstände vorhanden sind, verursachen sie eine Dämpfung, die proportional zur Stromstärke und damit zur Flussgeschwindigkeit der Ladungsträger ist, also eine "geschwindigkeitsproportionale Dämpfung". Um diese Analogien zu zeigen, wird hier die serielle Schaltung dieser Elemente gezeigt. Für die Spannungen gilt bei freier Schwingung: U = L i + R i + Q / C Hier ist i = Q. Wenn man als Variable die Stromstärke i vorzieht, differenziert man diese Gleichung: 0 = L i + R i + i / C Dies ist völlig analog zur freien gedämpften mechanischen Schwingung mit den Ersetzungen: m L k R c 1/C Mit diesen Ersetzungen lassen sich alle Lösungen und Formeln direkt übernehmen. (Wenn als Anfangsbedingung der Ladezustand des Kondensators angegeben ist, wird die ursprüngliche Gleichung U =... ebenfalls benötigt).

E2 / Physik / Schwingungen 13 Falls der Schwingkreis nicht kurzgeschlossen, sondern an eine Wechselspannung angeschlossen wird, ergibt sich der Fall der erzwungenen Schwingung: j ω t U 0 e = L i + R i + Q / C Auch hier kann man differenzieren, um einheitlich die Variable i zu erhalten: j ω t U 0 j ω e = L i + R i + i / C Dies unterscheidet sich vom mechanischen Fall dadurch, dass die linke Seite, die die Erregerkraft repräsentiert, imaginär ist und den Faktor ω enthält. Man setzt also F 0 = ω U 0. Die Formel für die Amplitude kann damit direkt übernommen werden. Der entsprechende Amplitudengang für F 0 ω ist nebenstehend dargestellt. Bei der Berechnung des Phasenwinkels bewirkt der Faktor j ein Vertauschen von Realteil und Imaginärteil, sonst bleibt alles wie bisher: (ω 0 2 ω e 2 ) (1/(LC) - ω e 2 ) 1/(ω e C) - ω e L tan φ = --------------- -----> tan φ = ------------------ = ----------------- k ω e / m R ω e / L R U 0 Die Amplitudenformel bleibt unverändert und ergibt mit Einsetzen: A = ----------------------------------- [(1/(ω e C) ω e L) 2 + R 2 ] 1/2 Da A eine Stromamplitude ist, lässt sich das als Impedanzformel interpretieren. Der Nenner ist die Impedanz des Schwingkreises. IV.4 Energie und Leistung Gerade in der Elektrotechnik werden Schwingungen häufig aus der Sicht des Leistungsverbrauchs angeschaut. Wichtige Begriffe sind die Güte Q (quality factor) die (Energie-)Relaxationszeit τ die Halbwertsbreite der (Leistungs-)Resonanzkurve Γ Die Güte ist im wesentlichen das Inverse des Dämpfungsgrads Q = ½ ϑ 1 = ½ ω 0 / δ. (siehe Anhang 2, wo auch der Faktor ½ erklärt wird). Je höher die Güte, desto geringer der Energieverlust pro Schwingung. Die Relaxationszeit τ = 1/(2δ) ist im wesentlichen das Inverse der Dämpfungskonstanten δ. Bei kleiner Dämpfung ist die Halbwertsbreite der Resonanzkurve gerade Γ = 1 / τ. Damit lassen sich die Dämpfungseigenschaften der freien Schwingung (τ bzw. δ) durch die Resonanzeigenschaften der erzwungenen Schwingung ( Γ ) bestimmen. Diese Grössen und ihre Beziehungen zueinander werden im Anhang 2 dargestellt.

E2 / Physik / Schwingungen 14 V. Interferenz Zerrt man einen Schwinger gleichzeitig in verschiedene Richtungen, so heben sich die gegensätzlichen Erregungen gegenseitig auf: Entgegengerichtete Schwingungen können sich (ganz oder teilweise) kompensieren. Dieses Phänomen heisst Interferenz. Addition von Schwingungen: j(ω 1 t + φ 1 ) j(ω 2 t + φ 2 ) y 1 = A 1 e y 2 = A 2 e j(ω 1 t + φ 1 ) j(ω 2 t + φ 2 ) y 1 + y 2 = A 1 e + A 2 e Besonders übersichtlich lässt sich diese Addition anhand der Pfeildarstellung in der komplexen Ebene darstellen, analog zur Behandlung des Wechselstroms. y 1 ergibt einen Pfeil der Länge A 1, der den Winkel ω 1 t + φ 1 mit der reellen Achse einschliesst; entsprechend für y 2. y 1 + y 2 ist dann die Vektorsumme der beiden Pfeile. j(ω t + φ) Ist ω 1 = ω 2 = ω, so ergibt sich wieder eine harmonische Schwingung vom Typ A e 2 2 1 2 2 1 2 2 ϕ1 mit der Amplitude A = A + A + A A cos( ϕ ) Den Phasenwinkel φ erhält man am einfachsten durch Einsetzen bei t=0 Schwebung: Falls ω 2 = ω 1 + ω ist, und A 1 = A 2 = A, lässt sich die Summe schreiben: ω (ω 1 +ω 2 ) y 1 + y 2 = 2 A cos ---- t exp ----------- t 2 2 Dies ist eine Schwingung, deren Amplitude moduliert ist. Die Frequenz f, mit der sich das Wellenpaket öffnet und schliesst, heisst Schwebungsfrequenz: Schwebungsfrequenz f Schwebung = f = ω / 2π Solche Schwebungen kann man beim gleichzeitigen Anschlagen zweier nicht ganz gleich gestimmter Saiten hören. Die Schwebung wird umso langsamer, je näher die beiden Frequenzen beieinander liegen (es dauert länger, bis sich die Schwingungen gegeneinander verschieben).

E2 / Physik / Schwingungen 15 VI. Gekoppelte Schwingungen Falls mehrere Schwinger miteinander gekoppelt sind, ergibt sich ein System mit mehreren Freiheitsgraden (Freiheitsgrad = unabhängige Variable). Für den einzelnen Schwinger können sich dabei relativ komplizierte Schwingungsbilder ergeben. Besonders stark wird die Schwingung, wenn eine "Normalschwingung" angeregt ist. Dabei sind die einzelnen Schwinger so synchronisiert, dass sie sich gegenseitig immer in der gleichen Weise beeinflussen, sodass sich für den einzelnen Schwinger eine harmonische Schwingung ergibt. In der Analyse von gekoppelten Schwingungen werden daher immer zuerst einmal die Normalschwingungen ermittelt und beschrieben. Ein System mit n Freiheitsgraden hat dabei immer n Normalschwingungen. Sie sind nicht nur die wichtigsten Schwingungsformen des Systems, es zeigt sich ausserdem, dass alle anderen Schwingungsformen sich als Linearkombination der Normalschwingungen darstellen lassen. Mathematisch ergibt ein System mit n Freiheitsgraden ein System von n gekoppelten Differentialgleichungen. Da man weiss, dass die Normalschwingungen harmonisch sind, macht man für alle Variablen einen harmonischen Ansatz (mit gleicher Frequenz ω), x i = A i cos ω t. Wegen x i = - ω 2 A i cos ω t.= - ω 2 x i werden so alle zweiten Ableitungen eliminiert und es ergibt sich ein System von n gekoppelten linearen Gleichungen, das nach normalen mathematischen Standardmethoden gelöst werden kann. Mathematisch gesprochen, ist das Auffinden der Normalschwingungsfrequenzen ein Eigenwertproblem. Berechnet man weiter die Amplituden der Normalschwingungen, so entspricht das dem Berechnen der Eigenvektoren des Systems. Alle anderen "Vektoren" (d.h. alle anderen Schwingungsfunktionen) lassen sich als Linearkombination dieser Eigenvektoren darstellen. Die Methode wird im folgenden an einem einfachen Beispiel erläutert. Das nebenstehende System führt auf die folgenden Bewegungsgleichungen. m x 1 + c x 1 + c (x 1 - x 2 ) = 0 m x 2 + c x 2 + c (x 2 - x 1 ) = 0 D Mit dem Ansatz x 1 = A 1 cos ω t, folgt (vgl. oben): x 2 = A 2 cos ω t - mω 2 x 1 + c x 1 + c (x 1 - x 2 ) = 0 oder - ω 2 x 1 + 2 ω 0 2 x 1 = ω 0 2 x 2 - mω 2 x 2 + c x 2 + c (x 2 - x 1 ) = 0 oder - ω 2 x 2 + 2 ω 0 2 x 2 = ω 0 2 x 1 mit ω 0 2 = D/m. Dieses Gleichungssystem lässt sich mit elementarer Algebra lösen. Man erhält die folgenden zwei (positiven) Lösungen: ω (I) = ω 0 (I) A 1 ω (II) = 3 ω 0 (I) A 1 (I) = A 2 (I) = - A 2 wobei ω 0 = c/m ist. Man sieht, dass die erste Normalschwingung einer Bewegung der beiden Massen im Gleichtakt entspricht, die zweite Normalschwingung einer Bewegung im Gegentakt. Eine beliebige Schwingung der beiden Massen lässt sich schreiben: x 1 = A (I) cos (ω (I) t + Φ (I) ) + A (II) cos (ω (II) t + Φ (II) ) x 2 = A (I) cos (ω (I) t + Φ (I) ) - A (II) cos (ω (II) t + Φ (II) ) Dies ist eine Linearkombination aus den beiden Normalschwingungen. Beachten Sie, dass die Relationen zwischen den Amplituden der Schwinger 1 und 2 auch für beliebige Schwingungen die gleichen bleiben wie bei den Normalschwingungen selbst.

E2 / Physik / Schwingungen 16 Anhang 1 Berechnung der elastischen Konstanten aus Materialeigenschaften Spiralfeder, Federkonstante c (c lässt sich aus den Dimensionen der Feder und aus dem Gleitmodul G des Materials berechnen c = (G I p ) / ( 2π i R 3 ) wo I p das polare Flächenmoment des Drahtquerschnitts ist, i die Zahl der tragenden Windungen und R der Radius der Federspirale) einseitig freier Biegestab c = 3 E J / L 3 E = Elastizitätsmodul, J = axiales Flächenmoment in der Mitte belasteter aufliegender Biegestab c = (3 E J L ) / (a 2 b 2 ), a+b = L E = Elastizitätsmodul, J = axiales Flächenmoment Die Materialkonstanten E bzw. G findet man in Tabellen, ebenso die Formeln zur Berechnung

E2 / Physik / Schwingungen 17 Anhang 2: Lösungen der Schwingungsgleichungen A) Gedämpfte Schwingung m x + k x + c x = 0 bzw. x + 2 δ x + ω 0 2 = 0 mit δ = k / (2m), ω 0 2 = c / m Ansatz: x = A exp( z t ) mit z = a + jb komplex Einsetzen: z 2 + 2 δ z + ω 0 2 = 0 Realteil: a 2 - b 2 + 2 δ a + ω 2 0 = 0 Imaginärteil: 2 a b + 2 δ b = 0 --> a = - δ Dies eingesetzt im Realteil: d 2 - b 2-2 δ 2 + ω 0 2 = 0 --> b 2 = ω 0 2 - δ 2 Bezeichnet man b mit ω, der Kreisfrequenz der gedämpften Schwingung, so ergibt sich die im Skript angegebene Lösung. B) Erzwungene Schwingung Ersetzen wir cos ω t durch exp ( j ω t), wo ω die Erregerfrequenz ist, so lautet die Diff.gleichung: j ω t x + 2 δ x + ω 0 2 = (F 0 / m) e mit δ = k / (2m), ω 0 2 = c / m Als partikuläre Lösung setzen wir an: j (ω t - φ ) x = A e wo das φ im Exponenten eine Phasenverschiebung zwischen Erregerkraft und Schwingungs-Antwort erlaubt. Einsetzen in die Diff.gleichung und Kürzen von exp ( j ω t) ergibt: ( - ω 2 + j 2 δ ω + ω 0 2 ) A exp ( - φ ) = F 0 / m oder, etwas umgeschrieben: - ω 2 + j 2 δ ω + ω 0 2 = (F 0 / ma ) exp ( + φ ) = (F 0 / ma) (cos φ + j sin φ ) Realteil: ω 0 2 - ω 2 = (F 0 / ma ) cos φ Imaginärteil: 2 δ ω = (F 0 / ma ) sin φ Imaginärteil durch Realteil ergibt: tan φ = 2 δ ω / (ω 0 2 - ω 2 ) Realteil hoch zwei + Imaginärteil hoch zwei ergibt: F 0 2 / (m 2 A 2 ) = ω 0 2 - ω 2 + 2 δ ω = N oder: A = F 0 / (m N ) was mit den Formeln im Skript übereinstimmt. Die allgemeine Lösung ist dann die Lösung der homogenen Gleichung (=freie gedämpfte Schwingung) + partikuläre Lösung. Da die Lösung der homogenen Gleichung einen exp (- δ t) - Term enthält, der mit der Zeit gegen Null geht, bleibt nach einer Einschwingphase nur die partikuläre Lösung übrig, die daher auch als "stationäre Lösung" bezeichnet wird.

E2 / Physik / Schwingungen 18 Anhang 3: Energie- und Leistungsgrössen Gedämpfte Schwingung Während einer Periode nimmt die Energie eines freien gedämpften Schwingers ab um E = ½ c A 1 2 - ½ c A 0 2 = ½ c A 2 (exp ( - 2 δ T) - 1) Die relative Änderung wird - für kleine δ, sodass exp (- δ t) = 1 - δ t : 1 / 2π ( E / E) = 1 / 2π ( 2 δ T) = 2 δ / ω = k / (mω) Der Reziprokwert dieser Grösse wird als Gütefaktor Q ("quality") bezeichnet: Q = ω / (2δ) Je geringer die Dämpfung, desto geringer der Energieverlust pro Periode und desto grösser Q. Bis auf den Faktor 2 (der davon kommt, dass man nicht die Amplitude, sondern die Energie betrachtet), ist Q das Inverse des Dämpfungsgrads (beachten Sie, dass ω ω 0 ). 1 / (2δ) = m / k = τ wird als (Energie-) Relaxationszeit des Oszillators bezeichnet. Q = ω τ Resonanz Die Leistung, die durch die Erregerkraft in eine erzwungene Schwingung gepumpt wird, berechnet sich als P = F v = F 0 cos ω t (- A ω sin ( ω t - φ)) = F 0 cos ω t A ω {- sin ω t cos φ + cos ω t sin φ} Mittelt man diesen Ausdruck über eine Periode, so fällt der gemischte sin ωt cos ωt -Term weg und der cos 2 - Term ergibt ½. Die Formel für tan φ (siehe Skript) lässt sich umrechnen auf sin φ und ergibt dann sin φ = k ω / m N wobei N der Wurzelnenner aus der Amplitudenformel ist. Für die gemittelte Leistung erhält man, wenn für A die Amplitudenformel eingesetzt wird: F 2 0 Γ 2 ω 2 P mittel = ½ ----- ---------------------------- mit Γ = k / m m (ω 2 0 - ω 2 ) 2 + Γ 2 ω 2 Für schwache Dämpfung, also Γ << ω 0, erhält man das folgende Ergebnis: Die Kreisfrequenz, bei der die Hälfte der Resonanzleistung absorbiert wird, ist ω ½ 2 = ω 0 2 + Γ ω ½ (Γ << ω 0 ): ω ½ = ω 0 + ½ Γ Γ = k / m ist also die Halbwertsbreite der Leistungskurve als Funktion der Erregerfrequenz. Beachten Sie: Γ = 1 / τ durch Vgl. mit der freien gedämpften Schwingung Q = ω / Γ