I. 812 I 1 Fall 2 ist anwendbar, da 816 I 1 als Spezialfall der Eingriffskondiktion wie eben gezeigt nicht eingreift.

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Transkript:

Sachenrecht: Lösung Fall 13 Anspruch L gegen B auf Herausgabe von 30 % des Versteigerungserlöses A. Aus 816 I 1 Das setzt voraus, daß die Vollstreckungsgläubigerin B den Versteigerungserlös dadurch erlangt hat, daß sie als Nichtberechtigte, dem Berechtigten gegenüber wirksam, über einen Gegenstand verfügt hat. Fraglich ist schon die Verfügung. Verfügung ist jedes Rechtsgeschäft, durch das unmittelbar auf ein bestehendes Recht eingewirkt wird oder werden soll. I. Danach scheidet eine unmittelbare Anwendung des 816 I 1 aus, da der Vollstreckungsgläubiger durch das Betreiben der Zwangsvollstreckung weder über die Pfandsache noch über den Versteigerungserlös verfügt, vielmehr wird das Eigentum an der dem Ersteher übergebenden Sache und das Recht am Erlös auf den Vollstreckungsgläubiger vom Gerichtsvollzieher durch privatrechtsgestaltenden Hoheitsakt, also ebenfalls nicht durch Verfügung übertragen. II. In Betracht kommt daher allenfalls eine analoge Anwendung des 816 I 1 mit der Begründung, daß das Gesetz in zahlreichen Vorschriften wie etwa 135 I 2, 161 I 2 und 883 II 2 Verfügungen im Wege der Zwangsvollstreckung den rechtsgeschäftlichen Verfügungen ausdrücklich gleichstellt. Aber die analoge Anwendung des 816 I 1 ist mit Umkehrschluß zu diesen Vorschriften abzulehnen, zumal schon keine Regelungslücke besteht, da bei Nichteingreifen des 816 I 1 als Spezialfall der Eingriffskondiktion auf die allgemeine Eingriffskondiktion nach 812 I 1 Fall 2 zurückzugreifen ist. (Staudinger-Lorenz 816 Rz 12; Erman-Westermann 812 Rz 74; MüKo-Lieb 816 Rz 19 und 812 Rz 269) Danach kann an dieser Stelle noch offen bleiben, ob L in Ansehung der versteigerten Kochtöpfe bzw. des Erlöses Berechtigte war, da es jedenfalls an einer Verfügung isv 816 I 1 fehlt. B. Aber ein Anspruch aus 812 I 1 Fall 2 könnte gegeben sein. I. 812 I 1 Fall 2 ist anwendbar, da 816 I 1 als Spezialfall der Eingriffskondiktion wie eben gezeigt nicht eingreift. II. B muß etwas erlangt haben Durch die Auskehr des Erlöses (vgl. 819 und 815 ZPO) hat B Eigentum und Besitz am Versteigerungserlös erlangt. III. Dies müßte in sonstiger Weise auf Kosten der L geschehen sein. 1. In sonstiger Weise bedeutet, daß das Erlangte nicht Gegenstand einer vorrangigen Leistung gewesen sein darf. Der Eigentumserwerb am Erlös erfolgt durch privatrechtsgestaltenden Hoheitsakt des Gerichtsvollziehers, der bei der Auskehr des Erlöses keine privatrechlichen Zwecke verfolgt, sondern öffentlich-rechtlich in seiner Eigenschaft als Vollstreckungsorgan tätig wird, mit der Folge, daß eine vorrangige Leistung ausscheidet. 2. Auf Kosten der L Das Merkmal "auf Kosten" ist erfüllt, wenn der Eigentumserwerb der B im Widerspruch zum wirtschaftlichen Zuweisungsgehalt einer geschützten Rechtsposition der L am Erlös erfolgt ist. Als geschützte Rechtsposition der L kommt das Eigentum oder Miteigentum am Erlös in Betracht. Da der Erlös im Wege der dinglichen Surrogation gem. 1247 S. 2 analog an die Stelle der verwerteten Sache tritt, war L bis zur Auskehr des Erlöses an die Vollstreckungsgläubigerin B Eigentümerin bzw. Miteigentümerin des Erlöses, wenn sie zur Zeit der Übergabe der gepfändeten Kochtöpfe an den Ersteher Eigentümerin bzw. Miteigentümerin der Kochtöpfe war. (Thomas/Putzo 819 Rz 1; Brox-Walker ZVR Rz 452) L könnte Eigentum bzw. Miteigentum an den Kochtöpfen kraft Gesetzes gem. 950 als Herstellerin erworben haben. Kern 2 Fall 13 / 1

Das setzt voraus: a) Anwendbarkeit des 950 aa) Fraglich ist zunächst das Verhältnis des 950 zu 947 (und 948), wenn sich die Verbindung (Vermischung) mehrerer beweglicher Sachen zugleich als Verarbeitung darstellt, die den Voraussetzungen des 950 entspricht. Richtig ist es in einem solchen Fall vom Vorrang des 950 auszugehen, da hier zusätzlich zu dem bei 947 (und 948) bestehenden Interessenkonflikt zwischen den mehreren Stoffeigentümern noch das Verarbeiterinteresse hinzutritt. (BGH NJW 95, 2633; Palandt-Bassenge 947 Rz 1; Staudinger-Wiegand 950 Rz 15; Soergel-Mühl 947 Rz 5) Doch soll, wenn eine Sache als Hauptsache isv 947 II anzusehen ist, keine neue Sache isv 950 vorliegen (so daß es insoweit zu einer Konkurrenz zwischen 950 und 947 nicht kommen könne). (Staudinger-Wiegand 950 Rz 15; Jauernig 947, 3; zweifelnd MüKo-Quack 950 Rz 20) bb) Fraglich bleibt, ob 950 hier nicht durch die Verarbeitungsklausel abbedungen ist, mit der Folge, daß 947 I anzuwenden wäre. (1) Nach Teil Lit soll 950 abdingbar sein. Argumente: - 950 wolle nur den Interessenkonflikt zwischen Stoffeigentümer und Verarbeiter (Hersteller) lösen und könne daher nicht angewendet werden, wenn die Parteien diesen Konflikt durch die Vereinbarung einer Verarbeitungsklausel selbst gelöst hätten. - Unterschied zwischen Werkvertrag und Werklieferungsvertrag: während nämlich bei letzterem durch die Verweisung in 651 S. 1 auf das Kaufrecht eine Pflicht zur Übereignung besteht, ist beim Werkvertrag mangels einer entsprechenden Vorschrift und wegen 647 (nur Pfandrecht für den verarbeitenden Unternehmer) davon auszugehen, daß der Besteller Eigentümer des Werkes wird, was zeige, daß der vereinbarte Vertragstypus offenbar stärker sei, als die den originären Eigentumserwerb anordnende Vorschrift des 950. (Baur/Stürner 53 Rz 15; Flume NJW 50, 841 ff; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht Rz 1357) (2) Richtig ist es mit der hm vom zwingenden Charakter des 950 auszugehen. Argumente: - Systematische Stellung des 950 inmitten von Vorschriften, die unstreitig zwingend sind, nämlich 947, 948 und 952. - Normzweck 950 ist jedenfalls in erster Linie nicht, den Konflikt zwischen Stoffeigentümer und Verarbeiter zu lösen, vielmehr sollen im Interesse des Rechtsverkehrs klare Zuordnungsverhältnisse an der neu hergestellten Sache geschaffen werden. - Daß beim Werkvertrag der Besteller Eigentümer des Werkes wird, beruht nicht auf einer Abbedingung des 950, sondern darauf, daß beim Werkvertrag typischerweise der Besteller und nicht der Unternehmer Hersteller isv 950 ist. (BGH NJW 89, 3213; Medicus BR Rz 519; Westermann 53 II 2 e; Erman- Hefermehl 950 Rz 1; Rimmelspacher, Juristischer Studienkurs Rz 161 ff) Ergebnis: 950 ist durch die Verarbeitungsklausel nicht abbedungen worden und somit anwendbar. Kern 2 Fall 13 / 2

b) Verarbeitung bzw. Bearbeitung (950 I 2) oder Umbildung ist jede auf werterhöhende Veränderung gerichtete Arbeitsleistung; kein Rechtsgeschäft sondern Realakt. Hier gegeben. c) Eines oder mehrerer Stoffe, d.h. beweglicher Sachen. Bei den verarbeiteten Blechen handelt es sich um bewegliche Sachen. d) Entstehung einer neuen beweglichen Sache Maßgeblich ist die Verkehrsanschauung; Indizien für eine neue Sache sind: neuer Name, neue Funktion, neue wirtschaftliche Bedeutung. Daher zu verneinen bei bloßen Reparaturen, Pflege- und Erhaltungsmaßnahmen, z.b. Kälbermast (BGH NJW 78, 697: vom Kalb zur Kuh) und bei bloß elektromagnetischen Aufzeichnungen, die ohne jeden Aufwand reversibel und auf andere Träger übertragbar sind (wie das Bespielen von Ton- und Videobändern oder Disketten). (Palandt-Bassenge 950 Rz 5) Dagegen zu bejahen z.b. bei der Verarbeitung von Ton zu Ziegeln, von Gerste zu Malz und bei der Ergänzung eines Motorblocks zu einem Komplettmotor (BGH NJW 95, 2633). (Palandt-Bassenge 950 Rz 5) Die Kochtöpfe sind gegenüber den Ausgangsstoffen (Blechen) neue Sachen. e) Der Verarbeitungswert darf nicht erheblich geringer sein, als der Wert der Ausgangsstoffe. Verarbeitungswert ist die Differenz zwischen dem Wert der neuen Sache und dem Verkehrswert aller Ausgangsstoffe (auch der des Verarbeiters) und ist die Erheblichkeitsgrenze gegeben, wenn sich der Stoffwert zum Verarbeitungswert etwa wie 100:60 verhält. (BGH NJW 95, 2633; Palandt-Bassenge 950 Rz 7) Angesichts der heutigen Kosten der Verarbeitung ist idr und somit auch hier davon auszugehen, daß der Verarbeitungswert nicht geringer als der Wert des Materials war. f) Rechtsfolge: Der Hersteller wird kraft Gesetzes Eigentümer der neuen Sache gem. 950 I und dingliche Rechte an den Ausgangsstoffen erlöschen gem. 950 II, was auch gilt, wenn der Hersteller eigene Sachen verwendet. Danach ist L kraft Gesetzes Eigentümerin geworden gem. 950 I, wenn sie als Herstellerin anzusehen ist. Zwar werden die Kochtöpfe unmittelbar im Betrieb der N hergestellt, so daß diese Herstellerin isv 950 sein könnte. Jedoch ist Hersteller isv 950 nicht notwendig derjenige, der die verarbeitende Tätigkeit tatsächlich ausführt, vielmehr ist auch eine fremdwirkende Verarbeitung möglich wobei drei Hauptfälle zu unterscheiden sind: aa) Bei Verarbeitung in Betrieben und Unternehmen ist Hersteller der Unternehmer, nicht der weisungsgebundene Arbeitnehmer. (Westermann/Gursky 53 III 2 c; Staudinger-Wiegand 950 Rz 37) bb) Beim Werkvertrag ist Hersteller der Besteller, weil die Verarbeitung in seinem Auftrag und mit von ihm gelieferten Stoffen erfolgt. (Staudinger-Wiegand 950 Rz 38; RGRK-Pikart 950 Rz 38) cc) Bei Verarbeitung von Stoffen, die wie hier unter verlängertem Eigentumsvorbehalt mit Verarbeitungsklausel geliefert worden sind, ist zweifelhaft, ob Hersteller der Lieferant oder der Verarbeiter ist. (1) Denkbar ist, davon auszugehen, daß die Parteien die Herstellereigenschaft frei vereinbaren können mit der Folge, daß hier allein aufgrund der Verarbeitungsklausel, die den Zweck verfolgt, den ursprünglich an den Ausgangsstoffen bestehenden Eigentumsvorbehalt auf den neuen Gegenstand überzuleiten, nicht N, sondern die Lieferantin L Herstellerin bzw. "Mitherstellerin" wäre und damit gem. 950 I das Eigentum bzw. Miteigentum an den Kochtöpfen erworben hätte. Kern 2 Fall 13 / 3

(Hofmann NJW 62, 1802; ähnlich im Ergebnis Dolezalek AcP 195, 393 ff; Wagner AcP 184, 23 ff) Jedoch ist diese von der Disponibilität der Herstellereigenschaft ausgehende Auffassung abzulehnen, da es mit dem Normzweck des 950, im Interesse des Rechtsverkehrs für klare, also eindeutig erkennbare Zuordnungsverhältnisse an der neu hergestellten Sache zu sorgen, nicht vereinbar wäre, den Parteien die Möglichkeit zu geben, die Person des Herstellers frei zu vereinbaren. (2) Richtig ist es daher den Begriff des Herstellers mit der jetzt hm objektiv zu bestimmen. Fraglich ist aber, welche Kriterien dafür gegeben sein müssen, den Herstellungsvorgang dem Lieferanten als einem außerhalb des verarbeitenden Betriebes stehenden Dritten zuzurechnen. (a) Nach hlit ist der Begriff des Herstellers nach streng objektiven Kriterien zu bestimmen, d.h. maßgebend ist, in wessen Interesse die Herstellung erfolgt und wer das wirtschaftliche Risiko der Verarbeitung, insbesondere das Absatzrisiko trägt. (Westermann 53 III 2 e; Medicus BR Rz 519; Rimmelspacher, Juristischer Studienkurs Rz 164 ff; Palandt-Bassenge 950 Rz 5; Jauernig 950, 3; MüKo- Quack 950 Rz 25 ff; Staudinger-Wiegand 950 Rz 27 ff; Erman-Hefermehl 950 Rz 7) (aa) Danach ist hier nicht L, sondern N Herstellerin und damit kraft Gesetzes gem. 950 I Alleineigentümerin geworden, da sie die Herstellung im eigenen Interesse vornimmt (keine typische Fremdverarbeitung wie z.b. beim Werkvertrag oder Lohnhandwerk) und auch das Absatzrisiko trägt. Jedoch kann dem berechtigten Sicherungsinteresse der Lieferantin L über das Vorbehaltseigentum an den gelieferten Blechen hinaus dadurch Rechnung getragen werden, daß man die Verarbeitungsklausel als auflösend bedingte Sicherungsübereignung nach 929 S. 1, 158 I mit antizipiertem Besitzkonstitut nach 930 auslegt nach 157 bzw. entsprechend umdeutet nach 140, mit der Folge, daß L eine juristische Sekunde nachdem N gem. 950 I kraft Gesetzes das Eigentum an den Kochtöpfen erworben hat gem. 929 S. 1, 930 aufgrund der Verarbeitungsklausel Miteigentümerin der Kochtöpfe geworden ist und zwar in Höhe des Wertanteils der von ihr gelieferten Rohware, der laut Sachverhalt 30% ausmacht. (Rimmelspacher, Juristischer Studienkurs Rz 171 und 198; Staudinger- Wiegand 950 Rz 55; Westermann 53 III 2 e; MüKo-Quack 950 Rz 32) (bb) Bedenken gegen diese Auffassung bestehen jedoch wegen der sich aus dieser Konstruktion ergebenden Gefahren für die Lieferantin L (die hier jedoch nicht relevant geworden sind). So kann der Durchgangserwerb beim Verarbeiter gem. 950 I dazu führen, daß der Lieferant die beabsichtigte Sicherheit entweder überhaupt nicht erlangt, wenn nämlich der Verarbeiter während des Herstellungsvorganges insolvent wird und damit gem. 80 I InsO die Verfügungsbefugnis über das Verarbeitungsprodukt verliert, oder nur in geschmälerter Weise, etwa belastet mit Rechten Dritter. Zum anderen besteht die Gefahr, daß der Verarbeiter sich nicht an die Vereinbarung hält, also den notwendigen Übereignungswillen und Übergabewillen im Zeitpunkt der Entstehung der neuen Sache erkennbar nicht mehr aufbringt, mit der Folge, daß die Sicherungsübereignung scheitert. (Vgl. Staudinger-Wiegand 950 Rz 41) Kern 2 Fall 13 / 4

(b) Richtig ist es daher mit der Rspr. und einem Teil der Lit davon auszugehen, daß die Parteien die Herstellereigenschaft zwar als solche nicht vereinbaren können, sie aber ihre tatsächlichen Beziehungen durch eine Verarbeitungsklausel so gestalten können, daß nach der Verkehrsanschauung, d.h. vom Standpunkt eines objektiven mit den Verhältnissen vertrauten Beurteilers, der Lieferant objektiv zum Hersteller wird. (BGHZ 14, 114; BGHZ 20, 159; BGH NJW 67, 34; BGH NJW 78, 697; RGRK- Pikart 59 Rz 23; Soergel-Mühl 950 Rz 9; Wadle JuS 82, 482) Danach können zwar Personen, die weder Stoffeigentümer noch Stoffbesitzer sind und auch sonst mit dem Herstellungsvorgang weder im natürlichen noch im wirtschaftlichen Sinne etwas zu tun haben, wie etwa Banken, allein aufgrund einer Verarbeitungsklausel nicht als Hersteller isv 950 angesehen werden, wohl aber die Lieferanten der Rohstoffe wie hier die Firma L. Fraglich bleibt, wie das Eigentum an dem Endprodukt zu verteilen ist, wenn wie hier mehrere Verarbeitungsklauseln zusammentreffen. (aa) Sind die Klauseln miteinander vereinbar, etwa weil jeder Lieferant nur Miteigentum entsprechend dem Wert der von ihm gelieferten Ausgansstoffe verlangt, so werden die mehreren Lieferanten analog 947 I Miteigentümer und zwar zusammen mit dem Verarbeiter, dem eine Quote in Höhe des Verarbeitungswertes zusteht. (bb) Sind die Klauseln dagegen miteinander unvereinbar, etwa weil jeder das Eigentum an dem Endprodukt für sich allein beansprucht, so ist wegen der Ähnlichkeit mit einer Sicherungsübereignung an sich Nichtigkeit gem. 138 I bzw. 307 I anzunehmen. Aber die Harmonisierung der Klauseln im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung gem. 157 (ggf. ivm 306 II) ist möglich. (Vgl. Rimmelspacher, Juristischer Studienkurs Rz 198; Serick Bd. IV 46; Lambsdorff/Hübner, Eigentumsvorbehalt und AGB-Gesetz Rz 153 ff) Da hier die mehreren Verarbeitungsklauseln miteinander vereinbar sind, ist L gem. 950 I ivm 947 I analog kraft Gesetzes Miteigentümerin der von N hergestellten Kochtöpfe geworden. Ergebnis: Damit hat B das Eigentum an dem Versteigerungserlös insoweit auf Kosten der L erlangt, als L aufgrund ihres Miteigentums an den versteigerten Kochtöpfen im Wege der dinglichen Surrogation gem. 1247 S. 2 analog Miteigentümerin des Erlöses geworden ist, also ihv Euro 6.000,-- (= 30 % aus Euro 20.000,--). IV. Ohne Rechtsgrund Das Merkmal ohne Rechtsgrund ist gegeben, wenn B keinen besonderen Rechtstitel zum Behaltendürfen hat. Ein solcher Rechtstitel zum Behaltendürfen könnte sich hier aus einem Pfändungspfandrecht ergeben. Fraglich ist, unter welchen Voraussetzungen bei Pfändung (teilweise) schuldnerfremde Sachen wie hier ein Pfändungspfandrecht entsteht und ob ein solches überhaupt ein materielles Befriedigungsrecht gibt. 1. Denkbar ist wegen der Verweisung des 804 II ZPO auf die Vorschriften über das Vertragspfandrecht des BGB mit der rein privatrechtlichen Theorie das Pfändungspfandrecht als dritte Art des privatrechtlichen Pfandrechts neben dem vertraglichen (1204 ff) und dem gesetzlichen (1257) des BGB zu qualifizieren, das nur in der Begründung verschieden ist (der rechtsgeschäftliche Bestellungsakt durch Einigung und Übergabe nach 1205 wird ersetzt durch den Pfändungsakt) während sich die übrigen Entstehungsvoraussetzungen nach 1204 ff bestimmen, d.h. Bestand der zu sichernden Forderung ist nötig und die Zugehörigkeit des Pfandgegenstandes zum Schuldnervermögen (Verfügungsberechtigung). Kern 2 Fall 13 / 5

Danach hat B an dem Miteigentumsanteil der L kein Pfändungspfandrecht erworben und damit kein materielles Befriedigungsrecht, so daß sie den Erlös ohne Rechtsgrund erlangt hat. Aber die rein privatrechtliche Theorie ist mit der jetzt ganz hm abzulehnen, da sie übersieht, daß die materiellen Voraussetzungen für den Erwerb des Pfändungspfandrechtes vollstreckungsrechtlich modifiziert werden und der Pfändungs- und Vollstreckungsakt entgegen dem Wortlaut der 753, 754 ZPO nicht privatrechtlich "im Auftrag" des Vollstreckungsgläubigers, sondern nach Maßgabe öffentlich-rechtlicher Vorschriften erfolgt. 2. Nach der sog. öffentlich-rechtlichen Theorie ist das Pfändungspfandrecht ein vom BGB-Pfandrecht wesensverschiedenes nicht akzessorisches Recht, da es allein auf der Verstrickung beruht, so daß zu seiner Entstehung die Vollstreckungsvoraussetzungen nur insoweit vorzulegen brauchen, als sie zur Verstrickung erforderlich sind. (Stein-Jonas-Münzberg 804 Rz 1 ff; Thomas/Putzo 804 Rz 2 ff und 803 Rz 8) Danach entsteht das Pfändungspfandrecht zwar auch an schuldnerfremden Sachen bzw. am schuldnerfremden Miteigentumsanteil wie hier; jedoch gewährt dieses Pfändungspfandrecht (im Unterschied zum BGB-Pfandrecht) nach der öffentlich-rechtlichen Theorie nur das prozessuale Recht, die Verwertung zu betreiben und den Erlös zu empfangen, nicht aber auch das Recht, den empfangenen Erlös materiell-rechtlich zu behalten. Danach hat B zwar auch an dem Miteigentumsanteil der L ein Pfändungspfandrecht erlangt, aber kein materielles Befriedigungsrecht, so daß B auch nach dieser Auffassung ohne Rechtsgrund erworben hat. Aber auch die öffentlich-rechtliche Theorie ist abzulehnen, da sie das Pfändungspfandrecht ohne triftigen Grund entgegen der Verweisung in 804 II ZPO ganz den Regeln des Privatrechts entziehen will und das Pfändungspfandrecht - indem sie neben das Pfandrecht ein nach materiellem Recht zu beurteilendes Befriedigungsrecht des Gläubigers stellt - seines wesentlichen Inhalts, nämlich des Rechts, Befriedigung durch Verwertung der gepfändeten Sachen zu erlangen, entkleidet. 3. Richtig ist es daher mit der herrschenden gemischt privatrechtlich - öffentlich-rechtlichen Theorie statt der einseitigen Zuordnung des Pfändungspfandrechts nur zum BGB oder nur zum öffentlichen Recht beide Ansätze miteinander zu verbinden: die Entstehung des privatrechtlich zu erklärenden Pfändungspfandrechts und damit des materiellen Befriedigungsrecht richtet sich - abgesehen von der Pfändung als Begründungsakt - nach den Voraussetzungen, die für die Entstehung eines rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen Pfandrechts erforderlich sind (allerdings mit der vollstreckungsrechtlichen Modifikation, daß es bei einer rechtskräftig titulierten Forderung nicht darauf ankommt ob diese nach materiellem Recht wirklich besteht). Der Verwertungsvorgang ist dagegen ganz dem öffentlichen Recht zuzuordnen, so daß z.b. bei Ersteigerung schuldnerfremder Sachen der Ersteher das Eigentum unabhängig von seiner Gutgläubigkeit kraft Hoheitsakt erwirbt. (RGZ 156, 398; BGHZ 23, 299; BGHZ 56, 339; Brox-Walker ZVR Rz 393; Lippross ZVR 13 III) Danach hat B an dem Miteigentumsanteil der L kein Pfändungspfandrecht erworben und damit ebenfalls keinen besonderen Rechtstitel zum Behaltendürfen. Damit kann im Ergebnis die Streitfrage um Entstehung und Rechtsnatur des Pfändungspfandrechts hier (wie idr) offen bleiben, da B nach allen Auffassungen den Versteigerungserlös ohne Rechtsgrund erlangt hat. V. Rechtsfolge: 1. Gem. 812 I 1 Fall 2 muß B den erlangten Versteigerungserlös ihv Euro 6.000,-- herausgeben bzw. in dieser Höhe Wertersatz leisten, falls der Versteigerungserlös in Natur nicht mehr vorhanden ist, allerdings nach hm nur abzüglich der anteiligen Versteigerungskosten. 2. Fraglich 818 III Fall 2 wegen Verlustes der titulierten Forderung nach 819 ZPO. Zwar gilt nach dem Wortlaut des 819 ZPO die titulierte Forderung mit der Empfangnahme des Erlöses durch den Gerichtsvollzieher als vom Schuldner erfüllt, so daß B sich womöglich auf den Verlust der Forderung als entreichernden Nachteil berufen könnte. Jedoch dient 819 ZPO nur dem Schutz des Schuldners und kann daher nach seinem Sinn und Zweck nicht eingreifen, wenn - wie hier - eine schuldnerfremde Sache verwertet worden ist, Kern 2 Fall 13 / 6

weil dann das Vermögen des Schuldners nicht betroffen ist und dieser also auch keines Schutzes bedarf. (Vgl. Brox/Walker ZVR Rz 472) Danach hat B die Forderung gegen N nicht verloren und scheidet deshalb 818 III Fall 2 aus. Ergebnis: L hat Anspruch gegen B aus 812 I 1 Fall 2, 818 II auf Ersatz des anteiligen Nettoerlöses. Kern 2 Fall 13 / 7