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Transkript:

05 Lineare Gleichungssysteme Wir betrachten ein System von m Gleichungen in n Unbestimmten (Unbekannten) x 1,, x n von der Form a 11 x 1 + a 12 x 2 + a 13 x 3 + + a 1n x n = b 1 a 21 x 1 + a 22 x 2 + a 23 x 3 + + a 2n x n = b 2 a m1 x 1 + a m2 x 2 + a m3 x 3 + + a mn x n = b m Dies ist ein lineares inhomogenes Gleichungssystem a ij R mit i = 1,, m und j = 1,, n heißen Koeffizienten des Gleichungssystems b = b 1 b m R m Ein Vektor x = wird auch als Störvektor bezeichnet x 1 x n R n, der mit seinen Komponenten das Gleichungssystem erfüllt, heißt eine Lösung dieses Systems Ist b = 0, dann liegt ein lineares homogenes Gleichungssystem vor a 11 x 1 + a 12 x 2 + a 13 x 3 + + a 1n x n = 0 a 21 x 1 + a 22 x 2 + a 23 x 3 + + a 2n x n = 0 a m1 x 1 + a m2 x 2 + a m3 x 3 + + a mn x n = 0 Ansonsten heißt das System inhomogen Jedes inhomogene System hat ein zugehöriges homogenes System Bemerkung Es gibt folgende Möglichkeiten für die Lösungsgesamtheit eines linearen (inhomogenen) Gleichungssystems: 1

1 Es existiert keine Lösung 2 Es existiert eine Lösung, sie ist jedoch nicht eindeutig bestimmt In diesem Fall existieren unendlich viele Lösungen 3 Es existiert genau eine Lösung Bemerkung Im R 3 gibt es dazu auch eine geometrische Interpretation Betrachten wir dazu ein System von drei Gleichungen in drei Unbekannten Jede einzelne Gleichung stellt die Gleichung einer Ebene im R 3 dar Dann kann es sein, dass die drei Ebenen keinen gemeinsamen Punkt Punkt besitzen, sich entlang einer gemeinsamen Geraden schneiden, oder genau einen gemeinsamen Punkt besitzen Definition Eine m n Matrix A ist ein rechteckiges Zahlenschema bestehend aus m Zeilen und n Spalten a 11 a 12 a 1n a 21 a 22 a 2n A = = (a ij) a m1 a m2 a mn M(m n) ist die Menge aller m n Matrizen a ij R heisst Element der Matrix, es steht in der i ten Zeile und der j ten Spalte von A i bezeichnet den Zeilenindex (1 i m), j bezeichnet den Spaltenindex (1 j n) Ist die Anzahl der Spalten gleich der Anzahl der Zeilen (m = n), dann liegt eine quadratische Matrix vor Die in einer Zeile stehenden Elemente einer Matrix können zu einem Zeilenvektor zusammengefasst werden (a i1, a i2,, a in ) = z i R n i ter Zeilenvektor 2

Analog ist a 1j a 2j a mj = s j R m der j te Spaltenvektor Ein Gleichungssystem lässt sich elegant in Matrizenschreibweise darstellen Dazu wird ein Produkt zwischen einer Matrix A M(m n) und einem Vektor x R n wie folgt erklärt: a 11 a 12 a 1n x 1 a 21 a 22 a 2n A x = x 2 = a m1 a m2 a mn x n a 11 x 1 + a 12 x 2 + + a 1n x n a 21 x 1 + a 22 x 2 + + a 2n x n = Rm a m1 x 1 + a m2 x 2 + + a mn x n Damit kann nun das Gleichungssystem angegeben werden in der Form A x = b A wird dabei als Koeffizientenmatrix bezeichnet Darüber hinaus definiert man die erweiterte Koeffizientenmatrix (A, b) durch a 11 a 12 a 1n b 1 (A, a 21 a 22 a 2n b 2 b) = M(m (n + 1)) a m1 a m2 a mn b m Die Lösungsmenge des Systems A x = b ist dann die Menge { x R n : A x = b} R n 3

Ein wichtiger Begriff in diesem Zusammenhang ist der Begriff der Zeilenstufenform einer Matrix Definition Eine Matrix A ist in Zeilenstufenform, wenn sie folgende Gestalt besitzt 0 0 a 1j1 0 0 a 2j2 A = 0 0 a rjr wobei 0 0 0 0 die Stufenelemente a 1j1 0,, a rjr 0 sind Die über der Stufenlinie stehenden Elemente können beliebig sein Alle unterhalb der Stufenlinie stehenden Elemente sind gleich Null Definition Für eine Matrix A in Zeilenstufenform sei r die Anzahl der vom Nullvektor verschiedenen Zeilenvektoren Diese Anzahl definiert den Rang von A, rang A = r Bemerkung Durch Vertauschen von Spalten (dies entspricht in einem Gleichungssystem der Umnummerierung der Unbekannten) kann eine Matrix in Zeilenstufenform auf folgende Form gebracht werden a 11 0 a 22 A = 0 0 0 0 0 a rr 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Man beobachtet, dass sich dadurch die Anzahl der vom Nullvektor ver- 4

schiedenen Zeilenvektoren nicht ändert, also ist rang A = rang A Ein Gleichungssystem A x = b sei nun so beschaffen, dass die erweiterte Koeffizientenmatrix (A, b) von Zeilenstufenform ist 0 0 a 1j1 b 1 0 0 a 2j2 b 2 (A, b) = 0 0 a rjr b r 0 0 b r+1 0 0 b m Ist eine der Zahlen b r+1,, b m die k te Gleichung ungleich Null, zb b k 0, dann lautet 0 x 1 + 0 x 2 + + 0 x n = b k 0, ein Widerspruch! In diesem Fall ist das Gleichungssystem nicht lösbar, dh es existiert keine Lösung Falls b r+1 = = b m = 0, dann werden jene Unbekannte x i, deren Index nicht einer Stufenkante entspricht (also i j 1,, i j r ) als frei wählbare Variable gesetzt, und die übrigen Variablen x j1,, x jr können durch diese ausgedrückt werden Die Anzahl der frei wählbaren Variablen ist also k = n rang A = n r Sind keine Variablen frei wählbar, ist also rang A = n, dann spricht man von einer Matrix mit maximalem Rang Das vorliegende Gleichungssystem ist also lösbar, wenn b r+1 = = b m = 0 Dies ist genau dann der Fall, wenn rang A = rang (A, b) 5

Ist nun ein beliebiges Gleichungssystem gegeben, dann kann dieser Fall durch Verwendung von elementaren Zeilenumformungen auf den zuvor diskutierten Fall zurückgeführt werden Dabei gibt es drei Arten der Umformung: Typ I: Vertauschung von zwei Zeilen Typ II: Multiplikation der i ten Zeile mit λ 0 und anschließende Addition zur k ten Zeile, wobei i k Typ III: Multiplikation der i ten Zeile mit λ 0 Satz Jede Matrix A kann durch elementare Zeilenumformungen vom Typ I und vom Typ II auf Zeilenstufenform gebracht werden Definition Der Rang einer beliebigen Matrix A M(m n) ist gleich dem Rang der aus A durch elementare Zeilenumformungen entstandenen Matrix à von Zeilenstufenform, dh rang A := rang à Bemerkung Der Rang einer Matrix A M(m n) ist gleich der Maximalanzahl der linear unabhängigen Zeilenvektoren, und dies ist zugleich auch die Maximalanzahl der linear unabhängigen Spaltenvektoren Bemerkung Sei (A, b) die erweiterte Koeffizientenmatrix eines Gleichungssystems und (Ã, b) die daraus entstandene Matrix in Zeilenstufenform Dann sind die Lösungsräume der Systeme A x = b und à x = b gleich Zusammenfassung Das zuvor diskutierte Verfahren zur Lösung eines Gleichungssystems A x = b, A M(m n), b R m heißt auch Gauss Algorithmus 6

Bilde die erweiterte Koeffizientenmatrix (A, b) und führe diese auf Zeilenstufenform (Ã, b) über Man nennt à x = b das zugehörige reduzierte Gleichungssystem à x = b ist lösbar rang à = rang (Ã, b) rang A = rang (A, b) A x = b ist lösbar Die Anzahl k der frei wählbaren Parameter ist gegeben durch k = n r, r = rang A Ist rang A = rang (A, b) = n, dann ist das Gleichungssystem eindeutig lösbar A x = b und à x = b haben die gleiche Lösungsgesamtheit Löse à x = b rekursiv beginnend mit der letzten Gleichung Bemerkung Die allgemeine Lösung des inhomogenen Systems A x = b kann stets in der Form x = w + λ 1 v 1 + + λ k v k, k = n r, r = rang A geschrieben werden Dabei sind w eine spezielle Lösung des inhomogenen Systems v 1,, v k linear unabhängige Lösungen des zugehörigen homogenen Systems A x = 0 v = λ 1 v 1 + + λ k v k homogenen Systems ist dann die allgemeine Lösung des zugehörigen Die allgemeine Lösung x = w + v des inhomogenen Systems setzt sich zusammen aus der allgemeinen Lösung v des zugehörigen homogenen Systems und einer speziellen Lösung w des inhomogenen Systems 7