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Transkript:

54 3 STETIGKEIT UND GRENZWERTE VON FUNKTIONEN = q + q+ = q. 3 Stetigkeit und Grenzwerte von Funktionen 3. Stetigkeit Definition 3.. Seien M, N C und sei f : M N eine Funktion. Sei ξ M. Dann heißt f stetig (englisch: continuous) in ξ, falls für jede Folge (x n ) in M mit x n ξ gilt, dass f(x n ) f(ξ). Für A M heißt f stetig in A, falls f stetig in jedem Punkt von A ist. Schließlich heißt f stetig, wenn f stetig in M ist. Es genügt natürlich im folgenden, den Fall N = C zu betrachten. Aus den Sätzen aus. erhält man unmittelbar die folgenden Regeln: Sind f, g : M C stetig (in ξ M), so sind auch f + g, f g und mit c C auch c f stetig (in ξ). Falls g(ξ) 0, so ist auch (die in M\g (0) definierte) Funktion f stetig in ξ. g f ist stetig (in ξ) genau dann, wenn Re f und Im f stetig (in ξ) sind. Die durch z z und z z definierten Funktionen sind stetig. In.5 wurde gezeigt, dass für a R + die durch x a x definierte Funktion von R nach R + stetig ist. Offensichtlich ist für M C auch die Funktion id M stetig. Satz 3.. Seien M, N, P, Q C mit N P und seien g : M N stetig (in ξ M) und f : P Q stetig (in g(ξ) g(m) N P). Dann ist f g stetig (in ξ). Beweis. Sei (x n ) Folge in M mit x n ξ. Da g stetig, folgt g(x n ) g(ξ). Nun ist aber (g(x n )) Folge in P und damit folgt aus der Stetigkeit von f in g(ξ), dass f(g(x n )) f(g(ξ)), also (f g)(x n ) (f g)(ξ). Beispiele.. Die Funktion f : C C, z z + z ist stetig. Denn die Funktionen f := id C, f : C C, f (z) = z, und f 3 : C C, f 3 (z) = z, sind alle stetig und damit auch f f, f f + f und f = f 3 (f f + f ).. Die Funktion f : R + R, f(x) = x 3 x 4 7 (e x 9x) +, ist stetig, da sie durch Verknüpfungen wie +,,,... aus stetigen Funktionen aufgebaut ist. (Man beachte, dass der Nenner keine Nullstellen hat.)

3. Stetigkeit 55 3. Sei f : Z C eine Funktion. Dann ist f stetig. Denn ist ξ Z und (x n ) Folge in Z mit x n ξ, so existiert N N mit x n ξ < für n N. Es folgt x n = ξ und damit f(x n ) = f(ξ) für n N, also f(x n ) ξ. Analog sieht man, dass Zahlenfolgen (also Funktionen von N nach C) stetig sind. 4. Sei f : R + R, { 0 falls x irrational, f(x) = q falls x rational, mit x = p, p, q N teilerfremd. q Behauptung. Die Funktion f ist stetig in irrationalen und unstetig in rationalen Zahlen. Beweis. Sei ξ Q. Dann ist durch x n = ξ+ eine Folge (x n n) in R + \Q mit x n ξ gegeben. Es gilt dann f(x n ) = 0 für alle n N, also f(x n ) 0, wegen f(ξ) 0 also f(x n ) f(ξ). Sei nun ξ R + \Q und sei (x n ) Folge in R + \Q mit x n ξ. Zu zeigen ist, ξ dass f(x n ) f(ξ). Sei dazu ε R +. Für q N sei δ q := min p N p q. Dann gilt δ q > 0 für alle q N und damit folgt δ := min q δ q > 0. Nach Wahl von ε δ gilt für x R + Q mit x ξ < δ, dass aus x = p mit p, q N teilerfremd q q > und damit f(x) = < ε folgt. Außerdem gilt natürlich f(x) = 0 < ε für ε q x R + \Q und damit insgesamt f(x) < ε für alle x R + mit x ξ < δ. Nun existiert N N mit x n ξ < δ für n N. Es folgt f(x n ) < ε für n N, also f(x n ) 0 = f(ξ). Satz 3.. Sei M C, f : M C und ξ M. Dann ist f stetig in ξ genau dann, wenn zu jedem ε R + ein δ R + existiert, so dass für jedes x M mit x ξ < δ gilt, dass f(x) f(ξ) < ε ist. In Quantorenschreibweise lautet die hier angegebene, zur Stetigkeit in ξ äquivalente, Bedingung wie folgt: ε R + δ R + x M : x ξ < δ f(x) f(ξ) < ε. Man nimmt diese Bedingung oft auch zur Definition der Stetigkeit. Beweis von Satz 3.... Die ε-δ-bedingung sei erfüllt und es sei (x n ) Folge in M mit x n ξ. Zu zeigen ist, dass f(x n ) f(ξ). Sei dazu ε > 0. Dann existiert δ > 0, so dass für alle x M x ξ < δ f(x) f(ξ) < ε gilt. Wegen x n ξ existiert N N mit x n ξ < δ für n N. Es folgt f(x n ) f(ξ) < ε für n N.. Wir zeigen die Kontraposition und nehmen an, dass die ε-δ-bedingung nicht erfüllt ist. Dann existiert ε R + mit folgender Eigenschaft: δ R + x M : x ξ < δ f(x) f(ξ) ε. Insbesondere existiert dann zu n N ein x n M mit x n ξ < und f(x n n) f(ξ) ε. Es folgt x n ξ und f(x n ) f(ξ). Damit ist f nicht stetig in ξ.

56 3 STETIGKEIT UND GRENZWERTE VON FUNKTIONEN 3. Der Zwischenwertsatz Satz 3.. (Zwischenwertsatz) Seien a, b R mit a < b und sei f : [a, b] R stetig. Sei η R ein Wert zwischen f(a) und f(b), d. h., es gilt entweder f(a) < η < f(b) oder f(b) < η < f(a). Dann existiert ξ (a, b) mit f(ξ) = η. Beweis. Ohne Beschränkung der Allgemeinheit sei f(a) < η < f(b). Es sei M := {t [a, b] : f(t) η}. Dann ist M wegen a M. Außerdem ist M durch b nach oben beschränkt und damit existiert ξ := sup M. Nun existiert eine Folge (x n ) in M mit x n ξ. Da f stetig, folgt f(x n ) f(ξ). Wegen f(x n ) η ergibt sich f(ξ) η, also ξ M. Wegen b / M existiert auch eine Folge (y n ) in (ξ, b] [a, b]\m mit y n ξ, etwa y n := ξ + b ξ. Es folgt f(y n n) f(ξ), wegen f(y n ) > η also f(ξ) η. Insgesamt ergibt sich f(ξ) = η. Beispiel. Die Funktion f : R R, x e x + x, hat eine Nullstelle in (, 0), d. h., es existiert ξ (, 0) mit f(ξ) = 0. Denn f ist stetig in R [, 0] und f( ) = e < 0 und f(0) = e 0 + 0 = > 0. Eine andere Formulierung von Satz 3.. ist die folgende: ist f : [a, b] R stetig, so gilt [f(a), f(b)] f([a, b]) falls f(a) < f(b) und [f(b), f(a)] f([a, b]) falls f(b) < f(a). Satz 3.. Sei I Intervall und sei f : I R stetig und nicht konstant. Dann ist f(i) ein Intervall. Ist f konstant, so besteht f(i) aus einem Punkt. Wir haben konstante Funktionen in Satz 3.. ausgeschlossen, da wir einpunktige Mengen nicht als Intervalle betrachtet haben. Beweis von Satz 3... Sei α := inf f(i) und β := sup f(i) (wobei die Werte ± zugelassen sind). Dann gilt α < β, da f nicht konstant. Wir zeigen, dass (α, β) f(i). Sei dazu η (α, β), also α < η < β. Dann existieren a, b I mit α f(a) < η < f(b) β. (Es muss nicht a < b gelten.) Nach Zwischenwertsatz existiert ξ I mit f(ξ) = η. Es folgt η f(i), also (α, β) f(i). Da aber für η > β und η < α sicher η / f(i) gilt, ergibt sich, dass f(i) eines der vier Intervalle (α, β), [α, β), (α, β] und [α, β] ist. Beispiel. Für f : (, ) R, f(x) = x, gilt f((, )) = [0, ). Satz 3..3 Seien I, J Intervalle und sei f : I J stetig und surjektiv. Ist f streng monoton steigend (bzw. fallend), so ist f bijektiv und die Umkehrfunktion f : J I ist ebenfalls stetig und streng monoton steigend (bzw. fallend). Beweis. Zunächst folgt aus der strengen Monotonie von f die Injektivität und damit die Bijektivität von f. Desweiteren sieht man unmittelbar, dass f ebenfalls streng monoton ist. Wir zeigen jetzt, dass f stetig ist. Ohne Beschränkung der Allgemeinheit sei f streng monoton steigend. Sei η J = f(i) und ξ := f (η). Wir betrachten zunächst den Fall, dass ξ kein Randpunkt von I ist. Dann existiert r > 0 mit

3.3 Grenzwerte von Funktionen 57 [ξ r, ξ +r] I. Sei nun 0 < ε r. Wir setzen δ := min{f(ξ +ε) η, η f(ξ ε)}. Für y J mit y η < δ gilt dann f(ξ ε) η δ < y < η + δ f(ξ + ε) und damit wegen der strengen Monotonie ξ ε < f (y) < ξ + ε, also f (y) f (η) < ε. Damit ist f stetig in η. Den Fall, dass ξ Randpunkt von I ist, kann man ähnlich behandeln. Ist etwa I = [ξ, b], so wählt man δ := f(ξ + ε) η für 0 < ε b ξ. Wir verzichten auf die Details. Beispiel. Es sei a > und f : R R +, x a x. Dann ist f streng monoton steigend, stetig und bijektiv. Damit existiert die Umkehrfunktion und sie ist ebenfalls stetig und streng monoton steigend. Sie heißt Logarithmus zur Basis a und wird mit log a bezeichnet. Im Falle a = e nennen wir sie natürlicher Logarithmus oder einfach Logarithmus und schreiben log x oder ln x statt log e x. Der Fall 0 < a < ist analog. Hier sind f und f streng monoton fallend. 5 4 3 0 3 4 5 Abbildung 4: Die Graphen von exp, ln und id R. Für a, b, c R + gilt also a log a b = b und e ln c = c. Für u R + und v R ist damit u v = ( e ln u) v = e v ln u = exp(v ln u). Dies zeigt einerseits, dass für a > 0 die durch x x a definierte Funktion g : R + R + stetig ist. Zum anderen legt es für a R + und z C die Definition a z := exp(z ln a) nahe. Die durch z a z definierte Funktion von C nach C ist dann ebenfalls stetig. 3.3 Grenzwerte von Funktionen Definition 3.3. Sei M C und ξ C. Dann heißt ξ Häufungspunkt von M, falls eine Folge (x n ) in M\{ξ} mit x n ξ existiert. In obiger Definition ist sowohl ξ M wie auch ξ / M zugelassen. Der Begriff des Häufungspunktes (einer Menge) sollte nicht mit dem Begriff des Häufungswerts (einer Folge) verwechselt werden.

58 3 STETIGKEIT UND GRENZWERTE VON FUNKTIONEN Definition 3.3. Sei M C, ξ Häufungspunkt von M und f : M C Funktion. Wir sagen, dass f(x) für x ξ konvergiert, falls η C existiert, so dass für jede Folge (x n ) in M\{ξ} mit x n ξ auch f(x n ) η gilt. Dieses η heißt dann Grenzwert von f für x ξ und wird mit lim x ξ f(x) bezeichnet. Ist in obiger Definition M R oder f : M R, so können wir auch uneigentliche Grenzwerte zulassen, d. h., es kann ξ = ± oder η = ± sein. Satz 3.3. Sei M C und ξ M. Weiter sei ξ Häufungspunkt von M und f : M C eine Funktion. Dann ist f stetig in ξ genau dann, wenn lim x ξ f(x) = f(ξ). Hierbei bedeutet lim x ξ f(x) = f(ξ) natürlich wieder, dass der Grenzwert existiert und den Wert f(ξ) hat. Falls ξ M gilt, aber ξ kein Häufungspunkt von M ist, so ist jede Funktion f : M C stetig in ξ (denn für jede Folge (x n ) in M mit x n ξ existiert N N mit x n = ξ falls n N). Beweis von Satz 3.3... Sei (x n ) eine Folge in M mit x n ξ. Zu zeigen ist, dass f(x n ) f(ξ). Dies ist trivial, falls ein N N mit x n = ξ für n N existiert. Andernfalls sei (x nk ) die Teilfolge aller x n mit x n ξ. Dann ist (x nk ) Folge in M\{ξ}. Nach Voraussetzung gilt also f (x nk ) f(ξ). Sei nun ε > 0. Dann existiert K N mit f (x nk ) f(ξ) < ε für k K. Sei jetzt n n K. Existiert dann k N mit n = n k, so gilt k K und damit f (x n ) f(ξ) < ε. Ist aber n n k für alle k N, so gilt x n = ξ, also f (x n ) f(ξ) = 0 < ε. Es folgt f (x n ) f(ξ).. Diese Richtung ist trivial. Satz 3.3. Sei M C, ξ Häufungspunkt von M, f : M C eine Funktion und η C. Dann ist die durch { f(x) falls x M\{ξ}, F(x) = η falls x = ξ definierte Funktion F : M {ξ} C genau dann stetig in ξ, wenn lim x ξ f(x) = η gilt. Der Beweis folgt aus Satz 3.3., da lim x ξ F(x) = lim x ξ f(x) gilt. (Die letzte Gleichung ist dabei in dem Sinne zu verstehen, dass aus der Existenz des einen Grenzwertes die des anderen folgt, und dass die Grenzwerte dann den gleichen Wert haben.) Ist ξ / M und lim x ξ f(x) = η, so heißt die in Satz 3.3. definierte Funktion F stetige Ergänzung (oder stetige Fortsetzung) von f (in ξ). Für Grenzwerte von Summen, Produkten, usw. von Funktionen gelten wieder die üblichen Rechenregeln. Auch die ε-δ-definition der Stetigkeit (angewandt auf die Funktion F von oben) überträgt sich entsprechend. Satz 3.3.3 Sei M C, ξ Häufungspunkt von M, f : M C eine Funktion und η M. Dann gilt lim x ξ f(x) = η genau dann, wenn für alle ε R + ein δ R +

3.3 Grenzwerte von Funktionen 59 existiert, so dass für alle x M\{ξ} mit x ξ < δ die Ungleichung f(x) η < ε gilt, d. h., wenn ε R + δ R + x M\{ξ} : x ξ < δ f(x) η < ε. Beispiel. Es gilt Beweis. Für z 0 gilt e z z = z ( k=0 e z lim =. z 0 z ) z k k! = k= z k k! = j=0 z j (j + )!. Es folgt e z z Für 0 < z < gilt damit Dies ergibt e z z e z z = z j (j + )! j= z j= j= z j (j + )!. = z (e ). (j + )! < ε für z < min{ ε e, }. Satz 3.3.4 (Cauchykriterium für Funktionengrenzwerte) Sei M C, ξ Häufungspunkt von M und f : M C eine Funktion. Dann existiert der Grenzwert lim x ξ f(x) genau dann, wenn für alle ε R + ein δ R + existiert, so dass für alle x, y M\{ξ} mit x ξ < δ und y ξ < δ die Ungleichung f(x) f(y) < ε gilt, d. h., wenn ε R + δ R + x, y M\{ξ} : x ξ < δ y ξ < δ f(x) f(y) < ε. Beweis.. Sei η := lim x ξ f(x). Sei ε > 0. Nach Satz 3.3.3 existiert δ > 0, so dass f(x) η < ε für x M \{ξ} mit x ξ < δ. Für x, y M \{ξ} mit x ξ < δ und y ξ < δ folgt dann f(x) f(y) f(x) f(η) + f(η) f(y) < ε + ε = ε.. Sei (x n ) Folge in M\{ξ} mit x n ξ. Sei ε > 0 und sei δ > 0 mit der im Satz angegebenen Eigenschaft gewählt. Dann existiert N N mit x n ξ < δ für n N. Für m, n N folgt dann f(x m ) f(x n ) < ε. Damit ist (f(x n )) Cauchyfolge, also konvergent. Sei η := lim n f(x n ). Ist nun (x n ) eine Folge in M\{ξ} mit x n ξ, so existiert ebenfalls η := lim n f(x n ). Da aber auch (x, x, x, x, x 3, x 3,...) eine Folge in M\{ξ} mit Grenzwert ξ ist, folgt η = η und damit die Behauptung. Definition 3.3.3 Sei M R, ξ Häufungspunkt von M r := M [ξ, ) und f : M C eine Funktion. Existiert dann η r := lim x ξ (f M r )(x), so heißt η r rechtsseitiger Grenzwert von f(x) für x ξ und wird mit lim x ξ+ f(x) bezeichnet. Analog heißt lim x ξ f(x) := lim x ξ (f M l )(x) linksseitiger Grenzwert von f(x) für x ξ (falls er existiert), wobei M l := M (, ξ].

60 3 STETIGKEIT UND GRENZWERTE VON FUNKTIONEN Ist ξ Häufungspunkt von M r, so ist ξ auch Häufungspunkt von M. Existiert dann lim x ξ f(x), so existiert auch lim x ξ+ f(x) und die Werte sind gleich. Analoges gilt falls ξ Häufungspunkt von M l ist. Ist ξ Häufungspunkt von M r und M l, so existiert lim x ξ f(x) genau dann, wenn lim x ξ+ f(x) und lim x ξ f(x) beide existieren und gleich sind. In diesem Falle gilt lim x ξ f(x) = lim x ξ+ f(x) = lim x ξ f(x). Definition 3.3.4 Sei M R, ξ M und f : M C eine Funktion. Seien M r und M l wie in Definition 3.3.3. Dann heißt f rechtsseitig stetig in ξ falls f M r stetig in ξ ist und linksseitig stetig in ξ falls f M l stetig in ξ ist. Ist ξ Häufungspunkt von M r bzw. M l, so erhält man aus Satz 3.3. unmittelbar, dass f genau dann rechts- bzw. linksseitig stetig in ξ ist, wenn lim x ξ+ f(x) = f(ξ) bzw. lim x ξ f(x) = f(ξ). Weiter sieht man leicht ein, dass f genau dann stetig in ξ ist, wenn f rechtsund linksseitig stetig in ξ ist. Beispiel. Sei f : R R, f(x) = { e x x falls x < 0, e x falls x 0. Es ist leicht zu sehen, dass f stetig in R\{0} ist. Außerdem gilt lim x 0 f(x) = wegen des Beispiels nach Satz 3.3.3 und lim x 0+ f(x) = f(0) = e 0 = da f [0, ) stetig ist. Es folgt, dass f stetig in 0 ist. Insgesamt ist f also stetig (in R). 3.4 Trigonometrische und hyperbolische Funktionen Definition 3.4. Die durch cosz := (eiz + e iz ) und sin z := i (eiz e iz ) definierten Funktionen von C nach C heißen Cosinus und Sinus. Da exp stetig ist, sind nach 3. auch cos und sin stetig. Wir stellen einige einfache Eigenschaften zusammen (dabei sind im folgenden immer z, w C): cos 0 =, sin 0 = 0, cos( z) = cosz, sin( z) = sin z. Aus e z+w = e z e w erhält man mit kurzer Rechung die Additionstheoreme Mit w = z folgt insbesondere cos(z + w) = cosz cosw sin z sin w, sin(z + w) = sin z cosw + cosz sin w. cos z + sin z =. (Hierbei steht cos z für (cosz).) Weiterhin gilt cosz + i sin z = ( e iz + e iz) + i i ( e iz e iz) = e iz.

3.4 Trigonometrische und hyperbolische Funktionen 6 Die Potenzreihendarstellung des Cosinus erhält man wie folgt. Zunächst ist ( cos z = ) n! in z n + n! ( i)n z n = n! ([in + ( i) n ])z n n=0 n=0 Für n ungerade folgt ( (in + ( i) n ) = 0. Für n gerade, etwa n = k, k N 0, folgt (in + ( i) n ) = ( ) k + ( ) k) = ( ) k. Es ergibt sich Analog folgt cos z = k=0 n=0 ( ) k (k)! zk = z + 4 z4.... sin z = k=0 ( ) k (k + )! zk+ = z 6 z3 + 0 z5.... Insbesondere folgt, dass für x R auch cosx R und sin x R gilt. Weiter ist für x R auch Re (e ix ) = cosx, Im (e ix ) = sin x und e ix =. Abbildung 5: Die Graphen des (auf R eingeschränkten) Sinus und Cosinus. Satz 3.4. Für x [0, ] gilt und x cosx x + 4 x4 x 6 x3 sin x x. Insbesondere gilt cos > 0, cos < 0 und sin x > 0 für alle x (0, ]. Beweis. Sei x [0, ]. Für k N sei c k := xk. Dann gilt (k)! c k+ = xk+ (k + )! = xk (k)! x (k + )(k + ) xk 4 (k)! 3 4 = 3 c k c k. Die Folge (c k ) ist also monoton fallend. Außerdem konvergiert sie gegen 0. Das Leibnizkriterium liefert nun einerseits, dass die Reihe k= ( )k c k konvergiert, und andererseits, dass für die Summe s der Reihe und die Partialsummen s n die

6 3 STETIGKEIT UND GRENZWERTE VON FUNKTIONEN Ungleichung s s s gilt. Die Konvergenzaussage ist nun nicht neu, denn wir kennen ja sogar schon die Summe s = cosx der Reihe. Wir benutzen aber jetzt die Ungleichung für die Partialsummen und erhalten x = + s + s = cosx + s = x + 4 x4. Die Abschätzung für sin x erhält man analog. Die Behauptungen cos > 0, cos < 0 und sin x > 0 für alle x (0, ] folgen unmittelbar aus den Abschätzungen für cos x und sin x. Die Graphen des Cosinus und Sinus sowie der in Satz 3.4. auftretenden Teilsummen der Potenzreihen sind in Abbildung 6 dargestellt. 0 0.5.5.5 3 0 0.5.5.5 3 Abbildung 6: Cosinus (links), Sinus (rechts) und Teilsummen der Potenzreihen. Satz 3.4. Der Cosinus ist im Intervall [0, ] streng monoton fallend, d. h., die Funktion cos [0, ] ist streng monoton fallend. Beweis. Sei 0 x < y. Mit s := (y + x)/ und t := (y x)/ gilt x = s t und y = s + t sowie 0 < s < und 0 < t <. Wegen cos( x) = cosx und sin( x) = sin x folgt aus dem Additionstheorem cosy cosx = cos(s + t) cos(s t) = cosscost sin s sin t (cosscos( t) sin s sin( t)) = sin s sin t. Nach Satz 3.4. gilt sin s > 0 und sin t > 0 und damit cos y < cos x. Satz 3.4.3 Der Cosinus hat im Intervall [0, ] genau eine Nullstelle ξ. Es gilt < ξ <. Beweis. Da cos > 0 und cos < 0 folgt die Existenz einer Nullstelle ξ aus dem Zwischenwertsatz. Die Eindeutigkeit folgt aus der strengen Monotonie. Wir benutzen jetzt obigen Satz zur Definition der Kreiszahl π. Definition 3.4. Die Zahl π ist definiert durch π := ξ, wobei ξ die Nullstelle des Cosinus aus Satz 3.4.3 ist.

3.4 Trigonometrische und hyperbolische Funktionen 63 Satz 3.4.4 Es ist cos π = 0, sin π = und für z C gilt sin ( z + π ) = cos z, cos ( z + π ) = sin z, sin (z + π) = sin z, cos (z + π) = cos z, sin (z + π) = sin z und e z+πi = e z. Beweis. Nach Definition von π gilt cos π = 0. Wegen cos π + sin π = und sin π > 0 folgt hieraus sin π =. Für z C ist ( sin z + π ) = sin z cos π + cos z sin π = cos z. Analog beweist man cos ( z + ) π = sin z. Hieraus folgen die weiteren Gleichungen leicht. Bei der letzten benutze man e z = cos z + i sin z. i i Da der Cosinus im Intervall [0, π] streng monoton fallend ist und cos x+sin x und sin x 0 für 0 x π gilt, folgt, dass der Sinus in diesem Intervall streng monoton steigend ist. Wegen sin 0 = 0 und sin( x) = sin x folgt, dass der Sinus sogar im Intervall [ π, π] streng monoton steigend ist. Wegen sin ( π ) = und sin ( ) [ π = ist damit durch x sin x eine bijektive Funktion von π, π ] nach [, ] definiert; vgl. Satz 3..3. Ihre Umkehrfunktion heißt Arcus Sinus und wird mit arcsin bezeichnet, also arcsin : [, ] [ π, π ], mit sin(arcsin(x)) = x für x [, ] und arcsin(sin(x)) = x für x [ π, π ]. Man beachte, dass die letzte Gleichung nicht für x R\ [ π, π ] gilt. Aus Satz 3..3 folgt, dass arcsin stetig ist. Ähnlich sieht man, dass der Cosinus sogar auf dem Intervall [0, π] streng monoton fallend ist. Durch x cosx wird also eine bijektive Funktion von [0, π] nach [, ] definiert. Ihre Umkehrfunktion heißt Arcus Cosinus und wird mit arccos bezeichnet. 3 arccos 0 arcsin Abbildung 7: Die Graphen des Arcus Sinus und Arcus Cosinus. Zur Definition von zwei weiteren Funktionen Tangens und Cotangens benötigen wir noch folgenden Satz.

64 3 STETIGKEIT UND GRENZWERTE VON FUNKTIONEN Satz 3.4.5 Sei z C. Es gilt cosz = 0 genau dann, wenn k Z mit z = π + kπ existiert, und es gilt sin z = 0 genau dann, wenn k Z mit z = kπ existiert. Beweis.. Dies ist klar nach Satz 3.4.4. Sei cosz = 0, z = x+iy, x, y R. Nach Definition des Cosinus folgt dann e iz = e iz =, also (e iz ) =, insbesondere e iz =. Wegen e iz = e ix y = e iz e ix e y = e ix e y = e y folgt e y =, also y = 0. Damit ist z = x R. Sei nun k := max{j Z : jπ x} und t := x kπ. Dann gilt 0 t < π und cost = cos(t + π) = cos(t + π) = = ( ) k cos(t + kπ) = ( ) k cosx = 0. Nach Definition von π folgt t π. Wegen cos(π t) = cos( t) = cost = 0 folgt aber auch π t π, insgesamt also t = π und damit x = π + kπ. Die entsprechende Aussage für den Sinus folgt wegen sin z = cos ( z + ) π. Definition 3.4.3 Die durch tan z := sinz cos z und cot z := definierten Funktionen cos z sinz tan : C\ { π + kπ : k Z} C und cot : C\ {kπ : k Z} C heißen Tangens und Cotangens. Die Funktionen tan und cot sind stetig. Für z aus dem entsprechenden Definitionsbereich gilt sin(z + π) tan(z + π) = cos(z + π) = sin z cosz = tan z und analog cot(z + π) = cot z. Viele weitere Eigenschaften von Tangens und Cotangens lassen sich leicht aus denen von Cosinus und Sinus ableiten. Insbesondere sieht man leicht, dass der Tangens streng monoton steigend im Intervall ( π, π ) ist und dieses Intervall auf R abbildet. Die Umkehrfunktion heißt Arcus Tangens und wird mit arctan bezeichnet. Es gilt also arctan : R ( π, π). Schließlich ist der Cotangens streng monoton fallend im Intervall (0, π) und er bildet dieses Intervall auf R ab. Die Umkehrfunktion heißt Arcus Cotangens und wird mit arccot bezeichnet. 3 3 tan cot 3 0 3 3 arctan arccot 4 4 Abbildung 8: Der Tangens, Cotangens und ihre Umkehrfunktionen. Definition 3.4.4 Die durch cosh z := (ez + e z ), sinh z := (ez e z ), sowie tanh z := sinhz cosh z und coth z := definierten Funktionen cosh : C C, sinh : cosh z sinhz C C, tanh : C\ { i ( π + kπ) : k Z } C und coth : C\ {ikπ : k Z} C heißen Cosinus hyperbolicus, Sinus hyperbolicus, Tangens hyperbolicus und Cotangens hyperbolicus.

3.5 Polarkoordinaten 65 8 cosh 6 coth 4 tanh 3 0 3 4 sinh 6 8 Abbildung 9: Die Graphen der hyperbolischen Funktionen. Die in Definition 3.4. und 3.4.3 definierten Funktionen heißen trigonometrische Funktionen. Die in Definition 3.4.4 definierten Funktionen heißen hyperbolische Funktionen. Auch die hyperbolischen Funktionen sind wieder stetig. Es gilt cosh z = cosiz, sinh z = i sin iz, tanh z = i tan iz und coth z = i cot iz. Wir verzichten hier auf eine Diskussion der Umkehrfunktionen der (auf geeignete Intervalle eingeschränkten) hyperbolischen Funktionen. Diese werden Area sinus hyperbolicus, Area cosinus hyperbolicus, usw., genannt und mit arsinh, arcosh, artanh, arcoth bezeichnet. 3.5 Polarkoordinaten Mit Hilfe der Umkehrfunktionen der trigonometrischen Funktionen kann man folgenden Satz beweisen. Satz 3.5. Sei z C \ {0}. Dann existiert genau ein ϕ ( π, π] mit z = z e iϕ. Beweis. Sei z/ z = u + iv mit u, v R. Dann gilt u + v = und daher u und v. Wir setzen ψ := arccosu und ϕ := ψ falls v 0 und ϕ := ψ falls v < 0. Nun gilt cosϕ = cosψ = u. Außerdem gilt sin ψ = cos ψ = u = v und daher sin ψ = sin ψ = v. (Man beachte, dass sin ψ 0 wegen 0 ψ π.) Dies liefert sin ϕ = v. Es folgt z = z (u + iv) = z (cosϕ + i sin ϕ) = z e iϕ. Umgekehrt folgt aus e iϕ = u + iv mit u, v R sofort dass cosϕ = u, und hieraus folgt leicht, dass ϕ = arccosu falls ϕ [0, π] und ϕ = arccos u sonst. Damit ist also ϕ eindeutig bestimmt. Man nennt dies die Darstellung z = z e iϕ = z (cos ϕ + i sin ϕ) aus Satz 3.5. die Polarkoordinatendarstellung von z und nennt ϕ das Argument von z.

66 3 STETIGKEIT UND GRENZWERTE VON FUNKTIONEN Die Polarkoordinaten liefern eine geometrische Interpretation der Multiplikation komplexer Zahlen: mit z = r e it und z = r e it ist z z = r r e i(t +t ). Im Abbildung 0 etwa ist z = e iπ/3 = + i 3, z = 3 eiπ/4 = 3 4 ( + i) und z z = 3e i7π/. Abbildung 0: Geometrische Interpretation der Multiplikation komplexer Zahlen. Satz 3.5. Für n N hat die Gleichung z n = genau n Lösungen, nämlich z = ω k := exp(πik/n), wobei k {0,,,..., n }. Beweis. Wegen ωk n = (exp(πik/n))n = exp(πi) = leisten die ω k das Verlangte. Da ein Polynom vom Grad n nicht mehr als n Nullstellen haben kann, folgt die Behauptung. Bemerkung. Die ω k heißen n-te Einheitswurzeln. Wir können jetzt Satz.9. über die Existenz von Quadratwurzeln wie folgt verallgemeinern. Satz 3.5.3 Sei w C \ {0} und n N. Dann hat die Gleichung z n = w eine Lösung. Ist ζ eine Lösung, so ist {ζω 0, ζω,...,ζω n } die Lösungsmenge der Gleichung. Beweis. Nach Satz 3.5. existiert ϕ [ π, π) mit w = w e iϕ. Damit erhalten wir eine Lösung ζ := n w e iϕ/n. Dass die Lösungsmenge die angegebene Form hat, folgt leicht aus Satz 3.5.. 3.6 Kompakte Mengen Definition 3.6. Sei K C. Dann heißt K kompakt, falls jede Folge in K eine konvergente Teilfolge besitzt, deren Grenzwert in K liegt. Beispiel. Abgeschlossene Intervalle sind kompakt, d. h., sind a, b R mit a < b, so ist das Intervall [a, b] kompakt.

3.6 Kompakte Mengen 67 Beweis. Sei (x n ) Folge in [a, b]. Nach dem Satz von Bolzano-Weierstraß hat (x n ) eine konvergente Teilfolge, etwa x nk x. Nach Satz..4 (man vgl. den im Anschluss an Satz..4 betrachteten Spezialfall) folgt a x b, das heißt, x [a, b]. Beispiel. Für R > 0 ist {z C : z R} kompakt. Der Beweis ist analog zu Beispiel, wenn man noch Satz..3 beachtet. Beispiel 3. A := { : n N} ist nicht kompakt, da ( ) n n Folge in A, 0, aber n 0 / A. Es ist aber A {0} kompakt. Beispiel 4. Endliche Teilmengen von C sind kompakt. Satz 3.6. Kompakte Mengen sind beschränkt. Beweis. Sei K C kompakt. Wir nehmen an, dass K nicht beschränkt ist. Dann existiert zu jedem n N ein x n K mit x n > n. Es ist dann jede Teilfolge von (x n ) unbeschränkt und damit divergent. Also hat (x n ) keine konvergente Teilfolge, ein Widerspruch. Satz 3.6. Kompakte Teilmengen von R haben ein Minimum und ein Maximum. Beweis. Sei K R kompakt. Nach Satz 3.6. ist K beschränkt und damit existiert sup K R. Desweiteren existiert eine Folge (x n ) in K mit x n sup K. Da K kompakt ist, folgt supk K, das heißt, K hat ein Maximum. Analog sieht man, dass K ein Minimum hat. Satz 3.6.3 Sei K C kompakt und sei f : K C stetig. Dann ist f(k) kompakt. Beweis. Sei (y n ) Folge in f(k). Dann existiert eine Folge (x n ) K mit f(x n ) = y n für alle n N. Da K kompakt, existiert eine Teilfolge (x nk ) und ξ K mit x nk ξ. Da f stetig in ξ, folgt y nk = f(x nk ) f(ξ) f(k). Ist K M C und f : M C stetig in K, so ist auch f K stetig; vgl. Übung. Für kompaktes K kann dann Satz 3.6.3 auf f K angewandt werden, und man erhält, daß f(k) kompakt ist. Eine analoge Bemerkung gilt für den folgenden Satz. Satz 3.6.4 Sei K C kompakt und sei f : K R stetig. Dann nimmt f auf K sein Minimum und Maximum an, d. h., es existieren α, β K mit f(α) = min f(k) und f(β) = maxf(k). Beweis. Es ist f(k) kompakt nach Satz 3.6.3 und damit folgt die Behauptung aus Satz 3.6.. Mit Hilfe von Satz 3.5.3 und Satz 3.6.4 können wir einen Beweis des Fundamentalsatzes der Algebra (Satz.9.) geben. Beweis des Fundamentalsatzes der Algebra. Sei n N und sei p ein Polynom vom Grad n, etwa p(z) = n j=0 a jz j mit a 0, a,...,a n C, a n 0. Wir können ohne Beschränkung der Allgemeinheit a n = annehmen. Wir werden zuerst zeigen, die Funktion p ihr Minimum in einem Punkt z annimmt, und wir zeigen dann, dass p(z ) = 0 gilt.

68 3 STETIGKEIT UND GRENZWERTE VON FUNKTIONEN Dazu wählen wir { } n R > max a j, und betrachten K := {z C : z R}. Dann ist K kompakt. Nach Satz 3.6.4 nimmt p sein Minimum in K in einem Punkt z K an. Für z R gilt nun j=0 n p(z) z n a j z j j=0 n R n a j R j j=0 n R n R n a j j=0 ) n = R (R n a j n > R n a j a 0 = p(0) p(z ) Es folgt z < R und p(z ) = min z C p(z). Wir zeigen nun, dass p(z ) = 0 gilt. Dazu können wir ohne Beschränkung der Allgemeinheit annehmen, dass z = 0 gilt, da wir andernfalls das durch q(z) := p(z + z ) definierte Polynom q statt p betrachten können. (Man überzeugt sich leicht, dass q tatsächlich ein Polynom ist.) Sei l := min{j {,,..., n} : a j 0}. Mit a j := a j /a 0 erhalten wir ) n p(z) = a 0 ( + c j z j. Nach Satz 3.5.3 existiert nun ζ C \ {0} mit ζ l = /a l. Wir erhalten p(ζt) = b 0 ( t l + h(t) ) j=0 j=l j=0 mit Sei h(t) := δ := n j=l+ n j=l+ c j ζ j c j ζ jtj.. +

3.6 Kompakte Mengen 69 Für t (0, δ) gilt dann n h(t) t l+ j=l+ c j ζ j tl δ n j=l+ c j ζ j < tl und damit t l + h(t) Re ( t l + h(t) ) + Im ( t l + h(t) ) Wir erhalten = t l + Re h(t) + Im h(t) t l + h(t) <. p(ζt) = a 0 ( t l + h(t) ) < a 0 = p(0). Da p sein Minimum in z = 0 annimmt, ist dies ein Widerspruch. Definition 3.6. Sei M C und f : M C. Dann heißt f gleichmäßig stetig falls zu jedem ε R + ein δ R + existiert, so daß für alle x, y M mit x y < δ gilt, daß f(x) f(y) < ε ist. Für K M heißt f gleichmäßig stetig in K (oder auf K), falls f K gleichmäßig stetig ist. In Quantorenschreibweise lautet die in der Definition angegebene Eigenschaft wie folgt: ε R + δ R + x, y M : x y < δ f(x) f(y) < ε. Zum Vergleich betrachten wir noch einmal die ε-δ-definition der Stetigkeit im Punkte x (Satz 3..): ε R + δ R + y M : x y < δ f(x) f(y) < ε. Im Unterschied zur gleichmäßigen Stetigkeit darf δ hier also nicht nur von ε, sondern auch noch von x abhängen. Insbesondere erkennt man, daß aus der gleichmäßigen Stetigkeit die Stetigkeit folgt. (Aus der gleichmäßigen Stetigkeit von f in K folgt aber nicht die Stetigkeit von f in K, sondern nur die von f K.) Beispiel. Sei f : R R, x x. Dann ist f stetig, aber nicht gleichmäßig stetig in R. Denn ist ε = und δ > 0, so gilt für y := und x := y + δ, daß x y = δ < δ, δ aber ( f(x) f(y) = δ + δ ) ( ) δ = + δ 4 > = ε. Satz 3.6.5 Sei K C kompakt und f : K C stetig. Dann ist f gleichmäßig stetig. Beweis. Wir nehmen an, daß f nicht gleichmäßig stetig ist. Dann existiert ε R + mit folgender Eigenschaft: δ R + x, y K : x y < δ f(x) f(y) ε. Insbesondere existieren zu jedem n N damit x n, y n K mit x n y n < n und f(x n ) f(y n ) ε. Da K kompakt, existiert eine Teilfolge (x nk ) von (x n ) und ξ K mit x nk ξ. Wegen x n y n < n folgt auch y n k ξ. Wegen der Stetigkeit von f folgt f(x nk ) f(ξ) und f(y nk ) f(ξ), also f(x nk ) f(y nk ) 0, im Widerspruch zu f(x nk ) f(y nk ) ε.

70 3 STETIGKEIT UND GRENZWERTE VON FUNKTIONEN 3.7 Folgen stetiger Funktionen Wir betrachten für n N die Funktionen f n : [0, ] R, x x n. Dann gilt f n (x) f(x) für alle x [0, ], wobei f : [0, ] R, { 0 falls 0 x <, f(x) = falls x =. Es ist hier f unstetig, aber alle f n sind stetig. Definition 3.7. Sei M C, f : M C und sei (f n ) eine Folge von Funktionen von M nach C. Dann heißt (f n ) punktweise konvergent gegen f, falls f n (x) f(x) für alle x M gilt, d. h., falls x M ε R + N N n N : f n (x) f(x) < ε. Die Folge (f n ) heißt gleichmäßig konvergent gegen f, falls für alle ε R + ein N N existiert, so dass für alle x M und für alle n N mit n N die Abschätzung f n (x) f(x) < ε gilt, d. h. falls ε R + N N x M n N : f n (x) f(x) < ε. Wir schreiben auch f n f gleichmäßig (bzw. punktweise). Für K M heißt f gleichmäßig (bzw. punktweise) konvergent in K, falls f K gleichmäßig (bzw. punktweise) konvergiert. Der Unterschied zwischen den beiden Konvergenzbegriffen ist, dass bei punktweiser Konvergenz die Zahl N nicht nur von ε, sondern auch von x abhängen darf, während sie bei gleichmäßiger unabhängig von x gewählt werden kann. Seien f n, f, g n, g : M C und c C. Aus den Rechenregeln für Grenzwerte folgt unmittelbar, dass aus der punktweisen Konvergenz von (f n ) gegen f und der der punktweisen Konvergenz von (g n ) gegen g auch die punktweise Konvergenz von (f n +g n ) gegen f +g, die von (cf n ) gegen cf und die von (f n g n ) gegen f g folgt. Die dortigen Beweise zeigen, dass aus der der gleichmäßigen Konvergenz von (f n ) gegen f und (g n ) gegen g auch die gleichmäßige Konvergenz von (f n + g n ) gegen f +g und die von (cf n ) gegen cf folgt. Das entsprechende Resultat für (f n g n ) gilt nicht, wie das Gegenbeispiel f n = g n = id R + zeigt. Die entsprechende Aussage n gilt aber, falls f und g beschränkt sind. Den folgenden Satz beweist man genauso wie bei Zahlenfolgen (vgl. Satz.3.5). Satz 3.7. (Cauchykriterium für Funktionenfolgen) Sei M C und sei (f n ) eine Folge von Funktionen von M nach C. Dann konvergiert (f n ) genau dann gleichmäßig, wenn für alle ε R + ein N N existiert, so dass für alle x M und für alle m, n N mit n N und m N die Abschätzung f m (x) f n (x) < ε gilt, d. h. falls ε R + N N x M m, n N : m N n N f m (x) f n (x) < ε. Satz 3.7. Sei M C, f : M C und sei (f n ) eine Folge von Funktionen von M nach C. Es gelte f n f gleichmäßig. Sind dann alle f n stetig (in ξ M), so ist f stetig (in ξ M).

3.7 Folgen stetiger Funktionen 7 Beweis. Sei ξ M und seien alle f n stetig in ξ. Zu zeigen ist, dass f stetig in ξ ist. Sei dazu ε > 0. Da f n f gleichmäßig, existiert N N mit f n (x) f(x) < ε 3 für alle n N. Da f N stetig in ξ, existiert δ > 0 mit f N (x) f N (ξ) < ε für alle 3 x M mit x ξ < δ. Es folgt für x M mit x ξ < δ, dass f(x) f(ξ) = f(x) f N (x) + f N (x) f N (ξ) + f N (ξ) f(ξ) = f(x) f N (x) + f N (x) f N (ξ) + f N (ξ) f(ξ) < ε 3 + ε 3 + ε 3 = ε. Definition 3.7., Satz 3.7. sowie obige Bemerkungen gelten analog für Reihen (denn diese sind ja nichts anderes als Folgen). Sind also etwa die Funktionen f k : M C stetig für alle k N und ist die Reihe k= f k gleichmäßig konvergent, so ist auch die durch x k= f k(x) definierte Funktion von M nach C stetig. Insbesondere erhält man auch den folgenden Satz (vgl. Satz.6.4). Satz 3.7.3 (Cauchykriterium für Funktionenreihen) Sei M C und sei (f k ) eine Folge von Funktionen von M nach C. Dann konvergiert k= f k genau dann gleichmäßig, wenn m ε R + N N x M m, n N : m > n N f k (x) < ε. k=n+ Satz 3.7.4 (Majorantenkriterium) Sei M C und sei (f k ) eine Folge von Funktionen von M nach C. Sei k= c k eine konvergente Reihe nichtnegativer reeller Zahlen. Existiert dann L N mit f k (x) c k für alle k L und alle x M, so konvergiert k= f k gleichmäßig. Beweis. Sei ε > 0. Da k= c k konvergiert, existiert N N mit m für m > n N. Es folgt m m f k (x) m f k (x) c k < ε k=n+ k=n+ k=n+ k=n+ c k < ε für m > n max{n, L} und x M. Die Behauptung folgt aus dem Cauchykriterium für Funktionenreihen. Satz 3.7.5 Sei k=0 a k(z z 0 ) k Potenzreihe mit Konvergenzradius r. Es sei 0 < r. Dann ist die durch z k=0 a k(z z 0 ) k definierte Funktion f : U(z 0, r) C stetig. Ist 0 < ρ < r, so konvergiert die Potenzreihe gleichmäßig in U(z 0, ρ). Für r = ist dabei U(z 0, ) := C zu setzen. Beweis von Satz 3.7.5. Es genügt die zweite Aussage zu beweisen, da hieraus die erste leicht mit Satz 3.7. folgt.

7 3 STETIGKEIT UND GRENZWERTE VON FUNKTIONEN Sei dazu 0 < ρ < s < r. Dann gilt lim sup k k a k <. Damit existiert s K N mit k a k für k K. Für z U(z s 0, ρ) und k K folgt damit a k (z z 0 ) k = ak z z 0 k ( ) k ( ρ ) k ρ k =. s s Die Behauptung folgt nun mit c k := ( ρ s) k aus Satz 3.7.4. Zum Beispiel folgt aus obigem Satz, dass die Funktion exp : C C stetig ist. (Dies wurde bereits im Beweis von Satz.9.5 benutzt.) Allgemeiner sieht man, dass für a R + die durch z a z := exp(z ln a) definierte Funktion von C nach C stetig ist.