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$Id: funktion.te,v.5 00//09 7:37:49 hk Ep $ $Id: reell.te,v.3 00//09 7:38:03 hk Ep hk $ 3 Funktionen In der letzten Sitzung hatten wir injektive, surjektive und bijektive Funktionen definiert, und zwar war eine Funktion f : M N injektiv, wenn f() = für jedes N höchstens eine Lösung M hat, surjektiv, wenn f() = für jedes N mindestens eine Lösung M hat, bijektiv, wenn f() = für jedes N genau eine Lösung M hat. Äquivalent konnte man sagen das die Funktion f genau dann bijektiv ist wenn sie surjektiv und injektiv ist. Auch die Injektivität einer Funktion f : M N hatte verschiedene gleichwertige Umformulierungen f ist injektiv (, M) : f() f() (, M)f() = f() =. Um diese Begriffe etwas einzuüben wollen wir jetzt ein grundlegendes Lemma über sie beweisen. Lemma 3. (Grundeigenschaften von Injektivität und Surjektivität) Seien f : A B und g : B C zwei Funktionen. (a) Sind f und g injektiv, so ist auch g f injektiv. (b) Ist g f injektiv, so ist auch f injektiv. (c) Sind f und g surjektiv, so ist auch g f surjektiv. (d) Ist g f surjektiv, so ist auch g surjektiv. Beweis: (a) Seien, A mit. Da f injektiv ist, ist dann f() f() und da auch g injektiv ist, haben wir (g f)() = g(f()) g(f()) = (g f)(). Somit ist auch g f injektiv. (b) Seien, A mit. Dann g(f()) = (g f)() (g f)() = g(f()) und insbesondere muss f() f() sein. Damit ist f injektiv. (c) Sei z C. Da g surjektiv ist, eistiert ein B mit z = g(). Da weiter auch f surjektiv ist, eistiert auch ein A mit = f() und wir haben (g f)() = g(f()) = g() = z. Damit ist g f surjektiv. 5-

(d) Sei z C. Da g f surjektiv ist, eistiert ein A mit (g f)() = z. Damit haben wir das Element f() B mit g(f()) = (g f)() = z. Somit ist auch g surjektiv. Wie schon früher angekündigt wollen wir den Begriff der Umkehrfunktion eine Funktion untersuchen. Ist f : M N eine Funktion, so soll die Umkehrfunktion von f bei gegebenen Wert = f() N aus das Argument rekonstruieren, es ist also die Gleichung f() = nach aufzulösen. Dass dies überhaupt möglich ist, bedeutet das es für jedes N auch genau eine Lösung M von f() = gibt, das also die Funktion f bijektiv ist. In diesem Fall können wir die Lösung von f() = als Funktion von auffassen, und erhalten Definition 3.3 (Umkehrfunktionen) Seien M, N zwei Mengen und f : M N eine bijektive Abbildung. Dann gibt es für jedes N genau ein Element f () M mit f(f ()) =, und wir nennen f : N M; f () die Umkehrfunktion von f. Eplizit ist dabei f = {(, ) (, ) f}. Letztere Formel kann man dann auch so interpretieren das die Umkehrfunktion f aus f durch Spiegeln an der Diagonalen entsteht. Das Wort Spiegeln muss man hierzu allerdings recht großzügig auslegen, um eine wirkliche geometrische Spiegelung handelt es sich nur im Fall M, N R, im allgemeinen Fall muss man sich halt das Vertauschen der beiden Komponenten eines Paares als Spiegelung denken. Wir wollen nun ein paar einfache Beispiele besprechen, bei denen wir keine wirklichen Rechnungen durchführen müssen.. Wie schon früher in einem Beispiel bemerkt ist die Funktion f : R 0 R 0 ; bijektiv. Zum Bestimmen der Umkehrfunktion muss die Gleichung = f() = gelöst werden, und dies geschieht durch =. Die Umkehrfunktion des Quadrierens auf R 0 ist also die Wurzelfunktion. 5-

.8.8.6.6.4.4.. 0.8 0.8 0.6 0.6 0.4 0.4 0. 0. 0 0. 0.4 0.6 0.8..4.6.8 f() = 0 0. 0.4 0.6 0.8..4.6.8 f () =. Als nächtes wollen wir den Sinus betrachten, nur ist dieser leider weder injektiv noch surjektiv. Dabei können wir die Surjektivität leicht erreichen indem wir die Menge N = [, ] = { R } als Zielmenge verwenden. Um den Sinus auch injektiv zu machen schauen wir uns nur Argumente zwischen π/ und π/ an. Wie schon früher einmal bemerkt, geben wir die Argumente der trigonometrischen Funktionen immer im Bogenmaß an. Dann ist die Funktion [ sin : π, π ] [, ]; sin bijektiv, und ihre Umkehrfunktion arcsin : [, ] wird als der Arcus Sinus bezeichnet. [ π, π ].5.5 0.5 0.5.5 0.5 0 0.5.5 0.5.5 0.5 0 0.5.5 0.5.5 f() = sin.5 f () = arcsin 3. Beim Cosinus sind die Verhältnisse weitgehend analog, nur müssen wir eine andere Menge als Definitionsbereich verwenden, zwischen π/ und π/ ist der 5-3

Cosinus nicht inkjektiv. Die übliche Wahl ist die Menge der Winkel zwischen 0 und π, d.h. wir betrachten die bijektive Funktion und ihre Umkehrfunktion wird als der Arcus Cosinus bezeichnet. cos : [0, π] [, ]; cos arccos : [, ] [0, π] 3 3 3 0 3 3 0 3 3 f() = cos 3 f () = arccos 4. Als letztes nehmen wir den Tangens. Dieser als Abbildung nach R surjektiv, und betrachten wir ihn nur zwischen π/ und π/ so ist er auch injektiv. Wir nehmen also die bijektive Funktion tan : ( π, π ) := [ π, π ] { \ π, π } R; tan und ihre Umkehrfunktion arctan : R ( π, π ) heißt der Arcus Tangens..5.5 0.5 0.5.5 0.5 0 0.5.5 0.5.5 0.5 0 0.5.5 0.5.5 f() = tan.5 f () = arctan 5-4

Wir kehren jetzt zu unseren theoretischen Überlegungen zurück. Die Umkehrfunktion einer bijektiven Funktion f : M N ist wieder bijektiv mit (f ) = {(, ) (, ) f } = {(, ) (, ) f} = f. Die definierende Eigenschaft der Umkehrfunktion einer Funktion f : M N war die Gleichung f(f ()) = für alle N und diese kann man auch als f f = id N lesen, wobei id N die sogenannte identische Funktion auf N ist, d.h. id N : N N;. Die identische Funktion auf einer Menge ist also die Funktion, die mit den Elementen der Menge überhaupt nichts macht. Diese Funktion taucht überraschend häufig auf, und erhält daher auch ihr eigenes Smbol. Ist jetzt wieder M, so ist f (f()) M dasjenige Element u von M mit f(u) = f(), also u = und dies bedeutet f (f()) =. Somit haben wir auch f f = id M. Wir wollen diese Überlegungen jetzt zu einem Lemma über eine alternative Kennzeichnung der Umkehrfunktion ausbauen. Um den Nutzen des folgenden Lemmas zu rechtfertigen, machen wir uns erst einmal klar was zu tun ist, um die Umkehrfunktion f : M N zu behandeln. Im ersten Schritt muss man sich überlegen, dass es überhaupt eine Umkehrfunktion gibt, d.h. man muss zeigen, dass die Funktion f bijektiv, also sowohl injektiv als auch surjektiv, ist. Ist dies erledigt, so gibt es überhaupt eine Umkehrfunktion und diese können wir durch Auflösen der Gleichung f() = nach ermitteln. Hier gibt es oft eine gewisse Überlappung, die Rechnungen zum Auflösen von = f() sind häufig genau dieselben die schon zum Nachweis von Surjektiv und Injektiv verwendet wurden. Das folgende Lemma stellt jetzt ein alternatives Vorgehen bereit. Angenommen wir haben schon einen Kandidaten h : N M für die Umkehrfunktion. Wie man auf solch einen Kandidaten kommt, hängt an der speziellen Situation, man kann beispielsweise f() = zumindest teilweise lösen oder oft kann man auch einfach geschickt raten. Haben wir den Kandidaten h so reicht es f(h()) = für alle N und h(f()) = für alle M nachzurechnen. Ist dies getan, so folgt sowohl das f bijektiv ist als auch das h die Umkehrfunktion von f ist. Lemma 3.3 (Kennzeichnung der Umkehrfunktion) Seien M, N zwei Mengen und f : M N eine Funktion. Dann ist f genau dann bijektiv, wenn es eine Funktion g : N M mit g f = id M und f g = id N gibt. In diesem Fall ist g = f. Beweis: = Dass f f = id N und f f = id M gelten, haben wir bereits oben eingesehen. 5-5

= Sei g : N M eine Funktion mit g f = id M und f g = id N. Wir zeigen zunächst das f injektiv ist. Seien also, M mit f( ) = f( ) gegeben. Dann folgt = id M ( ) = (g f)( ) = g(f( )) = g(f( )) = (g f)( ) = id M ( ) =. Damit ist f zumindest injektiv. Sei jetzt N. Dann haben wir das Element g() M mit f(g()) = (f g)() = id N () =. Dies zeigt zum einen, dass f surjektiv, und damit sogar bijektiv, ist, und zum anderen das f () = g() für jedes N gilt, es ist also g = f. Wir wollen das Lemma einmal anwenden um eine Formel für die Umkehrfunktion einer Hintereinanderausführung zu beweisen. Lemma 3.4 (Hintereinanderausführungen bijektiver Funktionen) Seien f : A B und g : B C zwei bijektive Funktionen. Dann ist auch g f : A C bijektiv und es gilt (g f) = f g. Beweis: Wir betrachten die Abbildung h := f g : C A. Mit dem Assoziativgesetz der Hintereinanderausführung Lemma ergibt sich (g f) h = g (f h) = g (f (f g )) = g ((f f ) g ) = g (id B g ) = g g = id C, und analog folgt auch h (g f) = id A. Nach Lemma 3 ist g f bijektiv mit (g f) = h = f g. Das g f bijektiv ist, folgt natürlich auch aus Lemma, wir wollten hier aber einen davon unabhängigen Beweis vorführen. 4 Die reellen Zahlen In den bisherigen drei Kapiteln haben wir einige mathematische und logische Grundbegriffe eingeführt, beispielsweise Mengen, Aussagen, Quantoren und so weiter, einige mathematische Objekte definiert, beispielsweise konnten wir den Funktionsbegriff vollständig auf den Begriff der Menge zurückführen, und wir haben auch schon einige Aussagen über unsere mathematischen Begriffe festgehalten. Wie schon bemerkt sind mathematische Definitionen letztlich immer nur Abkürzungen und genau aus diesem Grund kann man Dinge über sie beweisen. Über die Grundbegriffe kann man 5-6

streng genommen zunächst nichts beweisen. Daher werden einige Aussagen über die Grundbegriffe von vornherein als wahr angenommen, und derartige Aussagen deren Wahrheit als Grundannahme der Mathematik vorausgesetzt wird, sind die sogenannten Aiome. Zusätzlich benötigt man je nach gewählten Aufbau der mathematischen Theorie auch noch Aiome über definierte Begriffe. Manchmal ergeben sich die Aiome für einen Grundbegriff aus seiner beschreibenden Erklärung. Wir haben beispielsweise schon mehrfach verwendet das zwei Mengen genau dann gleich sind wenn sie dieselben Elemente haben. Schauen wir uns noch einmal die Cantorsche Definition einer Menge zu Beginn von an, so erscheint die Aussage über Mengengleichheit als Selbstverständlichkeit, daher haben wir sie ja auch einfach ohne weitere Skrupel benutzt. Streng genommen handelt es sich hier um eines der Aiome der Mengenlehre, das sogenannte Etensionalitätsaiom. Wir wollen die üblichen Aiome der Mengenlehre hier nicht weiter diskutieren, da dies für Anfänger eher verwirrend als hilfreich ist. Genau wie die Wahl der Grundbegriffe letzten Endes willkürlich ist, ist es auch recht beliebig welche Aiome man verwendet. Es gibt eine übliche minimale Wahl, also ein Aiomensstem das versucht mit möglichst wenig Aiomen und Grundbegriffen auszukommen. Dieses Sstem werden wir aber nicht benutzen, da wir dann zum Anfang beispielsweise nicht einmal wüssten was + 3 sein soll, tatsächlich wären noch nicht einmal und 3 selbst definiert. Wir wählen ein reichhaltiger ausgestattetes Aiomensstem als unseren Startpunkt. Die folgenden Grundbegriffe und Aiome seien gegeben:. Der Mengenbegriff als einer der Grundbegriffe. Die Aiome für Mengen wollen wir wie gesagt nicht hinschreiben, wir sehen einfach alles was wir nicht beweisen können das aber plausibel klingt als Aiom an. Dieser Standpunkt wird manchmal etwas euphemistisch als naive Mengenlehre bezeichnet.. Weiter denken wir uns die reellen Zahlen R und ihre Arithmetik als gegeben und bekannt. Was damit genau gemeint ist, also was die Aiome für reelle Zahlen sind, werden wir in diesem Kapitel noch näher besprechen. 3. Schließlich nehmen wir noch die übliche elementare Geometrie als bekannt an, wir gehen also davon aus das wir wissen was Winkel, Flächen, Volumina, π und die trigonometrischen Funktionen sind. Dies ist eigentlich überflüssig und streng genommen auch keine besonders gute Idee, es erlaubt uns aber schon früh vernünftige Beispiele zu haben, und auch die Einführung der kompleen Zahlen läßt sich dann auch gleich etwas reichhaltiger durchführen. Hierfür werden wir später einen Preis bezahlen müssen, aber dazu kommen wir wenn es soweit ist. 4. Die Arithmetik der reellen Zahlen Wie gesagt denken wir uns die Menge R der reellen Zahlen als einen vorhandenen Grundbegriff. Außerdem sollen die Grundrechenarten gegeben seien. Dies meint das 5-7

wir zwei Abbildungen + : R R R und : R R R mit noch zu spezifizierenden Eigenschaften als gegeben annehmen. Dass hier Subtraktion und Division fehlen ist beabsichtigt, diese zählen wir nicht zu den vorgegebenen Grundoperationen sondern wir werden sie definieren. Die Aiome für Addition und Multiplikation werden als die sogenannten Körperaiome bezeichnet, das Wort Körper hat hier aber nichts mit irgendwelchen geometrischen Objekten zu tun. Wir listen die Körperaiome jetzt auf: Die Körperaiome: (A) Das Assoziativgesetz der Addition: Für alle,, z R gilt ( + ) + z = + ( + z). (A) Das Kommutativgesetz der Addition: Für alle, R gilt + = +. (A3) Es gibt ein Element 0 R mit 0 + = für alle R. (A4) Für jedes R gibt es ein Element R mit ( ) + = 0. (M) Das Assoziativgesetz der Multiplikation: Für alle,, z R gilt ( ) z = ( z). (M) Das Kommutativgesetz der Multiplikation: Für alle, R gilt =. (M3) Es gibt ein Element R mit 0 und = für alle R. (M4) Für jedes R mit 0 eistiert ein R mit =. (D) Das Distributivgesetz: Für alle,, z R gilt ( + z) = + z. Im Distributivgesetz, und natürlich auch sonst, verwenden wir hier die übliche Konvention Punkt vor Strich. Diese ist allerdings kein Aiom, ja nicht einmal eine mathematische Aussage, sondern nur eine Frage der Notation. Auch Multiplikationszeichen werden wir im Folgenden meist weglassen. Im Aiom (M3) ist es übrigens wirklich notwendig 0 zu fordern, lassen wir diese Bedingung weg, so könnte Null die einzige reelle Zahl sein. Aus den Körperaiomen kann man alle arithmetischen Rechenregeln folgern. Diese Tatsache wollen wir hier nicht sstematisch an allen möglichen Regeln durchgehen, sondern wir werden hier nur eemplarisch einige ausgewählten Regeln vorführen. 5-8

. Das Element 0 in Aiom (A3) ist eindeutig festgelegt. Ist nämlich auch 0 R mit 0 + = für alle R, so folgt 0 = 0 + 0 = 0 + 0 = 0.. Für jedes R ist das Element R in Aiom (A4) eindeutig festgelegt. Ist nämlich R ebenfalls mit + = 0, so folgt = 0 + = + 0 = + (( ) + ) = + ( + ( )) = ( + ) + ( ) = 0 + ( ) =. 3. Während wir bisher jede Anwendung von Kommutativ- und Assoziativgesetz gewissenhaft mit aufgeschrieben haben, wollen wir diese Zwischenschritte ab jetzt fortlassen. Für alle, R ist ( + ) = ( ) + ( ). Wir haben nämlich (( ) + ( )) + ( + ) = ( ) + ( ) + + = ( ) + 0 + = ( ) + = 0, und mit der in Schritt bewiesenen Eindeutigkeitsaussage folgt ( ) + ( ) = ( + ). 4. Für alle R ist 0 = 0, denn wir haben 0 = (0 + 0) = 0 + 0, und somit auch 0 = ( 0 ) + 0 + 0 = ( 0 ) + 0 = 0. 5. Sind, R mit = 0, so ist = 0 oder = 0. Hierzu müssen wir zwei Fälle unterscheiden. Fall. Ist = 0, so sind wir bereits fertig. Fall. Nun nehme 0 an. Mit Schritt (4) folgt dann 0 = 0 = () = ( ) = =. 6. Die Regeln (,,3) gelten analog, und mit denselben Beweisen, auch für die Multiplikation, d.h. das Element R in Aiom (M3) ist eindeutig bestimmt, für jedes 0 R ist das Element R in Aiom (M4) eindeutig bestimmt und für alle, R\{0} ist () =. Beachte dabei das nach (5) überhaupt 0 gilt. 5-9

Dies soll an Beispielen erst einmal reichen. Wie schon bemerkt sind Subtraktion und Division keine eigenständigen Rechenoperationen, sondern sie können in Termen von Addition und Multiplikation definiert werden. Für, R definieren wir und für, R mit 0 sei := + ( ) :=. Als eine Übungsaufgabe werden Sie zeigen, dass dann die üblichen Bruchrechenregeln gelten. Wie schon bemerkt ergeben sich aus den Körperaiomen alle Rechenregeln für die Grundrechenarten. Hiermit sind allerdings nur die Gleichheiten gemeint, also Aussagen der Form =, bei Ungleichheiten sieht alles anders aus. Zum Beispiel reichen die Körperaiome nicht aus um + 0 zu beweisen, man kann mit ihnen nicht einmal zeigen, dass es eine von Null und Eins verschiedene reelle Zahl gibt. 4. Die Anordnung der reellen Zahlen Wir kommen zur nächsten Gruppe von Aiomen für die reellen Zahlen, diese beschäftigen sich nicht mehr nur mit Addition und Multiplikation sondern auch mit der Kleiner- Gleich Beziehung zwischen reellen Zahlen. Neben der Addition und der Multiplikation sei auf den reellen Zahlen noch eine Anordnung gegeben, d.h. für je zwei reelle Zahlen, ist festgelegt ob gilt oder nicht. Diese Anordnung ist für uns ein Grundbegriff, der die folgenden Aiome erfüllen soll: Die Ordnungsaiome: (R) Das Refleivitätsgestz: Für jedes R ist. (T) Das Transitivitätsgesetz: Für alle,, z R gilt (S) Die Antismmetrie: Für alle, R gilt z = z. = =. (V) Die Ordnung ist total, d.h. für alle, R ist stets oder. 5-0