REACh Workshop in der Handelskammer Hamburg 15.04.2016 Dr. Oliver Rohling
REACh-Verordnung (EC) No 1907/2006 Als Verordnung direkt gültig in allen EU- Staaten sowie in Island, Liechtenstein und Norwegen Am 01. Juni 2007 in Kraft getreten 2
REACh bedeutet Registration (Registrierung) Evaluation (Bewertung) Authorisation of Chemicals (Zulassung) Nicht Teil des Akronyms ist die Beschränkung 3
Situation vor Inkrafttreten von REACh Für EINECS-Stoffe* keine Datenanforderungen und daher lückenhafte Kenntnisse über Stoffeigenschaften Neustoffe** müssen angemeldet werden *: EINECS: European Inventory of Existing Chemical Substances (geschlossen am 18.09.1981) **: Datenanforderungen gemäß 67/548/EWG 4
Situation vor Inkrafttreten von REACh EINECS-Inventar umfasst ca. 100.000 Stoffe Anzahl der Neustoffe ca. 4000 (bis 2007) Das Ziel, ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt sicherzustellen lässt sich nur dann erreichen, wenn auch umfassende Kenntnisse über die Stoffeigenschaften der Altstoffe (EINECS-Stoffe) vorliegen! 5
Der Paradigmenwechsel unter REACh Artikel 1(3) Hersteller, Importeure und nachgeschaltete Anwender müssen sicherstellen, dass sie Stoffe herstellen, in Verkehr bringen und verwenden, die die menschliche Gesundheit oder die Umwelt nicht nachteilig beeinflussen. Artikel 5 Ohne Daten kein Markt 6
Die REACh-Idee Registrierung nur mit einem vollständigen Datenpaket*** Wenn die Stoffdaten eine Gefahr beweisen, muss eine Expositionsbetrachtung durchgeführt werden und mit der Registrierung eingereicht werden. Registrant muss über sichere Handhabungsbedingungen informieren. Nachgeschaltete Anwender müssen dokumentieren, dass sie einen Stoff sicher handhaben können. ***: phys./chem., Humantox., Ökotox. etc. 7
Welche Stoffe müssen nicht registriert werden? Nicht-isolierte Zwischenprodukte Wirk- und Hilfsstoffe in Human- und Tierarzneimitteln Pflanzenschutzmittelwirkstoffe Biozidwirkstoffe Lebens- und Futtermitteladditive (soweit es nicht auch technische Verwendungen gibt) Per Annex IV und V der REACh-VO davon ausgenommene Stoffe 8
Wer muss/kann registrieren? Hersteller in der EU müssen registrieren oder die Produktion einstellen! EU-Importeure können registrieren ermöglicht den Import von Stoffen, die nicht vom außereuropäischen Hersteller registriert wurden Nicht-EU-Hersteller können mittels eines Alleinvertreters (Only Representative: in der EU ansässiges Dienstleistungsunternehmen) registrieren der EU-Kunde wird dadurch zum Downstream user ohne eigene Registrierungspflicht Grundsätzlich besteht eine Registrierungspflicht aber erst ab 1 mt Herstellungs- bzw. Importmenge des Stoffes pro Jahr 9
Der Only Representative Supplier Y substance XX Non-EC Supply of 1400 t/a XX to EC EC bilateral contract Only representative Reg. dossier ECHA import of 500 t/a XX MSDS Import of 900 t/a XX MSDS Registration of1400 t/a latest December 2010 Downstream user A Downstream user B The former importer takes to role of a downstream user 10
Ablauf der Stoffregistrierung Gemeinsame Registrierung (Joint Registration) ist gesetzl. Vorgabe Registranten schließen sich zusammen (Bildung eines Konsortiums etc.), um das Registrierungsdossier zu erstellen/erstellen zu lassen Recherche zu verfügbaren Stoffdaten, ggf. Erwerb von Datennutzungsrechten sowie Durchführung von Studien Ableitung einer Einstufung (gemäß CLP-Verordnung) Ableitung von Grenzwerten für Mensch und Umwelt sowie Beschreibung sicherer Verwendungen Jeder Registrant erstellt auf der Basis dieses gemeinsamen Dossierteils sein individuelles Registrierungsdossier und reicht es elektronisch bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) ein. Nach erfolgreicher elektronischer Prüfung und Zahlung der Registrierungsgebühr wird eine Registriernummer erteilt. 11
Zeitleiste für Registrierungen Quelle: ECHA
Was gilt für Mischungen, Polymere und Erzeugnisse? Mischung: Gemenge, Gemische oder Lösungen, die aus zwei oder mehr Stoffen bestehen (z.b. Lacke u. Reinigungsmittel) für jeden einzelnen Stoff gelten die Registrierungsanforderungen Polymer: Stoff der aus Molekülen besteht, die durch eine Kette einer oder mehrerer Arten von Monomereinheiten gekennzeichnet sind (z.b. PET-Granulat, Polyethylenglykol u. Fettalkoholethoxylate) für die Monomere (ab 2 % Massenanteil) gelten die Registrierungsanforderungen 13
Was gilt für Mischungen, Polymere und Erzeugnisse? Erzeugnis: Gegenstand, der bei der Herstellung eine spezifische Form, Oberfläche oder Gestalt erhält, die in größerem Maße als die chemische Zusammensetzung seine Funktion bestimmt (z.b. Kunststofffasern, Reifen u. Schuhe) Enthält das Erzeugnis Stoffe, die unter normalen oder vernünftigerweise vorhersehbaren Verwendungsbedingungen freigesetzt werden, so gelten auch hier Registrierungsanforderungen bei Überschreiten der Mengenschwelle (bezogen auf den Stoff) von 1 mt / Jahr 14
Chemikaliengesetz 27b Verstöße gegen die Registrierungspflicht werden in drei Straftatbeständen zusammengefasst. 1. Herstellung und Import von Stoffen, die nicht registriert sind 2. Falsche Angaben bei der Registrierung 3. Nicht zugelassenes Inverkehrbringen eines zulassungspflichtigen Stoffes 15
Chemikaliengesetz - Strafvorschriften Strafen: bis zu 2 Jahren Gefängnis oder Geldstrafe bis zu 5 Jahren Gefängnis bei Handlung, die das Leben oder die Gesundheit eines anderen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährden Der Versuch ist strafbar 16
Veröffentlichte Informationen der ECHA http://echa.europa.eu/information-on-chemicals/registered-substances Welche Stoffe hat eine bestimmte EU-Firma registriert?
Veröffentlichte Informationen der ECHA Welche EU-Firmen haben einen bestimmten Stoff registriert?
REACh, Evaluation (Stoffbewertung) In Zusammenarbeit mit den Mitgliedsstaaten bestimmt die ECHA Stoffe, die im Verdacht stehen, ein Risiko für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt darzustellen. Veröffentlichung in einem Fortlaufenden Aktionsplan der Gemeinschaft => CoRAP Der dazu bestimmte Mitgliedsstaat erstellt ein Dossier, in dem der Verdacht begründet und erläutert wird. Grundlage hierfür: das Registrierungsdossier sowie weitere Quellen Die Registranten werden zur Dossierüberarbeitung (ggf. zur Durchführung von Tests) aufgefordert Konsequenzen: Bedenken können ausgeräumt werden Änderung der Stoffeinstufung und/oder sicheren Verwendungen Initiierung eines Beschränkungs- oder Zulassungsverfahrens 19
REACh, Restriction (Beschränkung) Die Bestimmungen aus RL 76/769/EG (=> ChemVerbotsV) sind nun Teil der REACh-VO Titel VIII: Beschränkungen für die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe, Zubereitungen und Erzeugnisse Anhang XVII listet die Beschränkungsbedingungen für die jeweiligen Stoffe auf Das Prinzip: Der Gesetzgeber erlässt Verbote! Aktuelles Beispiel: beabsichtigte Konzentrationsbegrenzung von Methanol in Windschutzscheibenflüssigkeit
REACh, Authorisation (Zulassung) Besonders besorgniserregende Stoffe sollen möglichst aus dem Verkehr gezogen werden SVHC (Substances of very high concern): krebserregend Kat. 1a oder 1b erbgutverändernd Kat. 1a oder 1b fortpflanzungsgefährdend Kat. 1a. oder 1b Stoffe, die persistent, bioakkumulierbar und toxisch sind (PBT) Stoffe, die sehr persistent und sehr bioakkumulierbar sind (vpvb) endokrine Wirkung Kontinuierliche Aufnahme von Stoffen, welche die SVHC-Bedingungen erfüllen in den sog. Anhang XIV, REACh-VO nach Veröffentlichung auf der Kandidatenliste (prioritäre Aufnahme von PBT- und vpvb-stoffen, Stoffen mit weit verbreiteter Verwendung sowie großen Mengen) 21
REACh, Authorisation (Zulassung) In den Anhang XIV aufgenommene Stoffe dürfen ab einem bestimmten Zeitpunkt nur noch dann verwendet werden, wenn ein Zulassungsantrag positiv beschieden wurde! Hersteller, Importeure oder Verwender können einen Zulassungsantrag stellen Grundvoraussetzung für die Zulassungserteilung: fehlende Alternative und entweder beherrschbares Risiko oder sozioökonomischer Nutzen, der die Risiken überwiegt Die Zulassung wird immer nur befristet und mit Auflagen erteilt! Stand 24.03.16 Kandidatenliste: 168 Stoffe Davon aktuell vorgeschlagen für Anhang XIV: 11 Davon aktuell in Anhang XIV aufgenommen: 31 22
Ausblick Zum 30.11.2010 registrierte Stoffe: ca. 3400 Zusätzlich zum 31.05.2013 registrierte Stoffe: ca. 4000 Zusätzlich zum 31.05.2018 zu registrierende Stoffe:??? Die Instrumente Stoffbewertung, Zulassung und Beschränkung werden weiterhin kontinuierlich eingesetzt. Überprüfungen der betroffenen Marktteilnehmer durch die Aufsichtsbehörden werden nach und nach umfassender und detaillierter. => Ohne Grundkenntnisse des Chemikalienrechts lassen sich die eigene Betroffenheit und die daraus resultierenden Pflichten nicht erkennen, womit ein hohes Risiko verbunden sein kann! http://echa.europa.eu/de/support/getting-started www.reach-clp-biozid-helpdesk.de 23