5.3 Typen und Klassifikation affiner Abbildungen
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- Jacob Giese
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1 53 Typen und Klassifikation affiner Abbildungen Definition 531 Sei A ein AR und Aff(A) die Gruppe der Affinitäten von A τ Aff(A) heißt Translation falls p, q A gilt: pτ(p) = qτ(q) Der dann von der Wahl p A unabhängige Vektor t = pτ(p) V A wird Translationsvektor der Translation τ genannt Satz 532 Sei A ein AR, α Aff(A) Dann sind äquivalent: (i) α ist eine Translation; (ii) p, q A: pq = α(p)α(q); (iii) Für die zu α gehörige lineare Abbildung α End K (V A ) gilt: α = id Definition und Bemerkung 533 (i) Für einen affinen Raum A definieren wir AEnd(A) := {α : A A α affin} Wir nennen die Elemente in AEnd(A) affine Endomorphismen von A (Beachte: Aff(A) AEnd(A)) (ii) Sei dim A = n < und P ein KS von A Dann ist die Abbildung ϕ : AEnd(A) AM n (K) : α M P P (α) bijektiv und es gilt für alle α, β AEnd(A): ϕ(α β) = ϕ(α)ϕ(β) (Dies folgt sofort aus 529(iii) und 528) Definition und Satz 534 Sei A ein AR, α AEnd(A) p A heißt Fixpunkt von α falls α(p) = p Fix(α) = {p A α(p) = p} bezeichnet die Menge der Fixpunkte von α Fix(α) ist ein affiner Unterraum von A und, falls Fix(α), so gilt V Fix(α) = Eig( α, 1) Satz 535 Sei A ein AR, α AEnd(A), p A Dann existiert eine eindeutig bestimmte Translation τ und ein eindeutig bestimmtes β AEnd(A) mit β(p) = p und α = τ β (Es gilt dann sicher: α(p) = τ(p)) Satz 536 Sei A ein AR mit dim A = n < und KS (p 0,, p n ) Seien σ, τ AEnd(A) (i) τ ist eine Translation mit Translationsvektor t = n i=1 t ip 0 p i genau dann, wenn MP P (τ) = 133 I n t 1 t m
2 (ii) p 0 Fix(σ) (also σ(p 0 ) = p 0 ) genau dann, wenn es ein T M n (K) gibt mit MP P T (σ) = 0 0 ( ) T S Bemerkung 537 (i) Sei AM n (K) Dann gilt: ( T S ) = ( In S ) ( T 0 Diese Zerlegung ist eindeutig im folgenden Sinn: Gilt ebenfalls für T M n (K) und S K n, dass ( ) ( ) ( ) T S In S = T 0 dann gilt notwendigerweise T = T und S = S (ii) Sei nun A ein AR mit dim A = n < und KS P = (p 0,, p n ), und sei α AEnd(A) und ( ) T S MP P (α) = Wir wissen nach 535 dass es eindeutig bestimmte β, τ AEnd(A) gibt mit β(p 0 ) = p 0 und wo τ eine Translation ist, sodass α = τ β Wir wissen nach 528 (oder 533(ii)), dass MP P (α) = M P P (τ)m P P (β) Damit folgt wegen 536 (das uns sagt, wie MP P (τ) und M P P (β) auszusehen haben) und Teil (i) dieser Bemerkung, dass Folgendes gilt: ( ) ( ) MP P In S T 0 (τ) =, MP P (β) = Definition und Bemerkung 538 Sei A ein euklidisch-affiner Raum (K = R) oder ein unitär-affiner Raum (K = C) mit Skalarprodukt, auf V A, wobei der Abstand zweier Punkte p, q A wie üblich definiert sei: pq = pq = pq, pq ) (i) α Aff(A) heißt Isometrie (oder Kongruenz) falls für alle p, q A gilt: pq = α(p)α(q) (dh α ist abstandserhaltend) 134
3 (ii) α Aff(A) heißt Ähnlichkeit (oder Similarität) falls es ein c R >0 gibt, sodass für alle p, q A gilt: c pq = α(p)α(q) c heißt dann Ähnlichkeitsfaktor (oder Similaritätsfaktor) von α (iii) Wir schreiben für die Mengen der Isometrien bzw Ähnlichkeiten: Iso(A) = {α Aff(A) α ist eine Isometrie} Sim(A) = {α Aff(A) α ist eine Ähnlichkeit} Dies sind Untergruppen von Aff(A): Iso(A) Sim(A) Aff(A) Man nennt Iso(A) die Isometriegruppe (oder Kongruenzgruppe) von A, und Sim(A) die Ähnlichkeitsgruppe (oder Similaritätsgruppe) von A Satz 539 Sei A ein EAR oder UAR, und sei α Aff(A) Dann gilt: α Sim(A) genau dann, wenn es ein β O n (V A,, ) (falls EAR) oder β U n (V A,, ) (falls UAR) und ein c R >0 gibt mit α = c β In diesem Fall gilt α Iso(A) genau dann, wenn c = 1 gilt Beispiel Eine Translation τ eines EAR/UAR ist immer eine Isometrie, denn nach 532 gilt (τ) = id O n (V A,, ) bzw U n (V A,, ) Bemerkung und Definition 5310 Sei A ein euklidisch-affiner oder unitär-affiner Raum mit dim A = n < Im euklidischen Fall ist also der Grundkörper K = R, im unitären Fall K = C (i) Ein KS P = (p 0,, p n ) in A nennt man kartesisch falls die Basis P = ( p 0 p n,, p 0 p n ) von V A eine Orthonormalbasis ist (bzgl des auf V A gegebenen Skalarprodukts) (ii) Sei P = (p 0,, p n ) ein kartesisches ( KS (KKS) ) und sei nun α Aff(A) mit affine Darstellungsmatrix M p T S P (α) = AM n (K) Dann wissen wir: T GL n (K) ist die zu α : V A V A gehörige Darstellungsmatrix bzgl der ONB P : T = M P P ( α), Dann gilt: { On (R) im Fall EAR α ist eine Isometrie T U n (C) im Fall UAR { α ist eine Ähnlichkeit λ R On (R) im Fall EAR >0 : λt U n (C) im Fall UAR 135
4 (iii) In einem euklidisch-affinen Raum A können wir den Winkel ϕ [0, π] (ohne Orientierung) zwischen 3 Punkten p 0, p 1, p 2 (mit p 1 p 0 p 2 ) definieren mittels ϕ := arccos p 0 p 1, p 0 p 2 p 0 p 1 p 0 p 1, p 0 p 2 = arccos p 0 p 2 p 0 p 1 p 0 p 2 (man vergleiche dies mit 4211) Wir schreiben ϕ = (p 0, p 1, p 2 ): p 2 (p 0, p 1, p 2 ) p 1 p 0 Ähnlichkeiten lassen Winkel invariant: für eine Ähnlichkeit α gilt: (p 0, p 1, p 2 ) = (α(p 0 ), α(p 1 ), α(p 2 )) Definition 5311 (i) Seien A und B nicht-leere ARs und α AEnd(A), β AEnd(B) Wir nennen α konjugiert zu β, in Zeichen α β, falls es eine bijektive affine Abbildung ϕ : A B gibt mit α = ϕ 1 β ϕ Wir schreiben dann α β (ii) Wir nennen zwei Matrizen L 1, L 2 AM n (K) affin ähnlich, in Zeichen L 1 a L 2, wenn es C AGL n (K) gibt mit L 1 = C 1 L 2 C Bemerkung (i) Damit α β überhaupt möglich ist, muss natürlich notwendigerweise dim A = dim B gelten (ii) α = ϕ 1 β ϕ bedeutet, dass das folgende Diagramm kommutiert: A α A ϕ B β B ϕ 1 (iii) Es gilt offenbar (wieso?): α β β α Satz 5312 (i) Sei A ein AR Dann definiert die Konjugation eine Äquivalenzrelation auf AEnd(A) (ii) Affine Ähnliichkeit a definiert eine Äquivalenzrelation auf AM n(k) 136
5 (iii) Seien A und B nicht-leere ARs mit dim A = dim B = n < und KS P auf A und KS Q auf B Seien α AEnd(A), β AEnd(B) Dann gilt: α β M P P (α) a M Q Q (β) Ein generelles Ziel ist nun, affine Endomorphismen bis auf Konjugation zu klassifizieren Im Wesentlichen entspricht dies dem Problem, ein Koordinatensystem so zu wählen, dass die Darstellungsmatrix einer affinen Abbildung bzgl dieser Basis eine gewisse Normalform annimmt, wobei diese Normalformen die Eigenschaft haben sollen, dass affine Abbildungen genau dann konjugiert sind, wenn ihre Normalformen in gewisser Weise übereinstimmen Dies ist also ganz in Analogie zu unserem früheren Versuch, Normalformen für lineare Abbildungen zu finden (Stichwort: Jordansche Normalform) Wir erinnern uns daran, dass wir dazu bei linearen Abbildungen in der Lage waren, vorausgesetzt, ihre charakteristischen Polynome zerfielen in Linearfaktoren Für affine Abbildungen ist das Problem noch ein bisschen schwieriger Satz 5313 Seien A und B nicht-leere ARs, α AEnd(A), β AEnd(B) Angenommen α und β sind konjugiert zueinander, also α β, dh es gibt eine bijektive affine Abbildung ϕ : A B mit α = ϕ 1 β ϕ Dann gilt ϕ(fix(α)) = Fix(β) Insbesondere ist ϕ Fix(α) : Fix(α) Fix(β) eine bijektive affine Abbildung und dim Fix(α) = dim Fix(β) Bestimmung von Fixpunkten affiner Abbildungen 5314 Sei A ein AR mit dim A = n, P = (p 0,, p n ) ein KS auf A, und sei α AEnd(A) Wie üblich sei dann P = ( p 0 p 1,, p 0 p n ) die zugehörige Basis von V A Wir wollen die Fixpunkte von α bestimmen Mit anderen Worten, wir wollen die Koordinaten (bzgl P ) der Punkte q A bestimmen für die α(q) = q Sei zunächst q A ein beliebiger Punkt mit Koordinaten x 1,, x n, dh p 0 q = n i=1 x i p0 p i Seien ferner y 1,, y n die Koordinaten von α(q): p 0 α(q) = n i=1 y i p0 p i ( ) T S Sei ferner MP P (α) = AM n (K) die zu α gehörende Darstellungs- 137
6 matrix bzgl P Sei X := x 1 x n und Y := y 1 y n Nach 526 gilt dann: Y = T X + S Dies lässt sich nach 527 auch als Matrizenmultiplikation ausdrücken: ( ) ( ) ( ) Y T S X = 1 1 Damit gilt für q A mit Koordinatenvektor X: q ist Fixpunkt T X + S = X (T I n )X = S X ist Lösung des LGS (T I n S) Für endlich-dimensionale ARs liefert dieses Argument zusammen mit 5115 einen neuen Beweis, dass Fix(α) ein AUR ist Außerdem folgt aus 5115 (also eigentlich aus der Theorie der LGS): Falls α einen Fixpunkt hat, dh falls das LGS (T I n S) eine Lösung hat, so gilt: dim Fix(α) = n Rang(T I n ) Wir nehmen nun an, dass Fix(α) gelte Wir erinnern daran, dass T = M P P ( α) (T ist also die Darstellungsmatrix der linearen Abbildung α bzgl der Basis P von A, siehe 527) Ferner gilt: V Fix(α) = Eig( α, 1) (534) Dh, die Vektoren x V Fix(α) sind dann genau die Vektoren mit α(x) = x Schreiben wir x als Linearkombination der Basis P, also x = n i=1 x ip 0 p i, so gilt aufgrund unserer Theorie aus Kapitel 3 (und mit X = x 1 x n wie zuvor): α(x) = x T X = X (T I n )X = 0, dh V Fix(α) = {x V A X ist Lösung des homogenen LGS (T I n 0)} 138
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