BALANCED SCORECARD FÜHRUNG MIT KENNZAHLEN IN KLEIN- UND MITTELSTÄNDISCHEN UNTERNEHMEN
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- Silke Busch
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1 BALANCED SCORECARD FÜHRUNG MIT KENNZAHLEN IN KLEIN- UND MITTELSTÄNDISCHEN UNTERNEHMEN NEWSLETTER MAI 2003
2 1. ALTER WEIN IN NEUEN SCHLÄUCHEN? Die Balanced Scorecard (BSC) von Kaplan/Norton ist ein modernes Führungs- und Controllinginstrument, das die Unternehmensmission und -strategie in ein übersichtliches System zur Leistungsmessung übersetzt. Die BSC beschreibt ein Modell der Unternehmensführung und -steuerung, in dem strategische und operative sowie finanzwirtschaftliche und nicht finanzwirtschaftliche Faktoren verzahnt werden. Im Gegensatz zu den gebräuchlichen Steuerungsinstrumenten mit einseitiger Ausrichtung auf die finanziellen Ziele des Unternehmens ist die BSC ein geeignetes Instrument für die Umsetzung der Unternehmensstrategie in operative Maßnahmen. Mit der BSC soll einerseits die Komplexität des Betriebsgeschehens erfasst und andererseits in für alle Mitarbeiter transparente Teilaspekte reduziert werden, mit denen folgende Intentionen verfolgt werden: Die strategischen Ziele sollen messbar gemacht werden, indem jede verwendete Kennzahl einen Teil der Strategie widerspiegelt. Der aktuelle Zustand des Unternehmens wird durch Aufzeigen der Abhängigkeit verschiedener Messgrößen abgebildet. Mittels der Kommunikation der Strategie über alle Ebenen des Unternehmens kann jeder Mitarbeiter seinen Beitrag zum Unternehmenserfolg nachvollziehen und verstehen. 2. VIER PERSPEKTIVEN DER BSC Die BSC fasst die Informationen eines Unternehmens zusammen, die für die strategische Entwicklung wirklich wichtig sind und bedeutet Ausgewogenheit in der Darstellung des Unternehmens, in der Einbeziehung der wesentlichen Organisationseinheiten und der Kommunikation mit allen Mitarbeitern. SEITE 1 - Balanced Scorecard
3 3. WARUM BALANCED SCORECARD ALS FÜHRUNGSINSTRUMENT? Die gebräuchlichen Kennzahlensysteme basieren auf einem System des Rechnungswesens, das vor Jahrhunderten für kleine Transaktionen zwischen unabhängigen Organisationen entwickelt wurde und insbesondere vergangene Ereignisse misst, aber nicht die Potenziale, die in Zukunft noch wertschöpfend sein werden. Die Kollision zwischen der begrenzten Aussagefähigkeit dieser Kennzahlensysteme und dem Zwang zur Schaffung von Wettbewerbsvorteilen hat eine neue Synthese hervorgebracht: die Balanced Scorecard. Die BSC ergänzt finanzielle Kennzahlen vergangener Leistungen um die treibenden Faktoren zukünftiger Leistungen, deren Ziele und Kennzahlen von der Vision und Strategie des Unternehmens abgeleitet werden. Die BSC ist mehr als ein taktisches oder operatives Messsystem. Innovative Unternehmen sollten sie als ein strategisches Managementsystem nutzen, um ihre Ziele und die daraus abgeleitete Strategie langfristig verfolgen zu können. Ziel ist es, die Werttreiber eines Unternehmens zu identifizieren und in das Messsystem der BSC zu integrieren. 4. KONZEPT UND AUFBAU EINER BSC Jede konkrete Balanced Scorecard ist ein Unikat und nur für das spezielle Unternehmen entwickelt und gültig! Die Implementierung der BSC soll die derzeit praktizierte Trennung zwischen der üblichen und meist nur kurzfristigen, aus dem Ist abgeleiteten Steuerung und einer notwendigen langfristigen strategischen Ausrichtung des Unternehmens (zukunftsorientiert) beheben. Wir sind es gewohnt, Unterschiede zwischen Strategie und dem in Budgets gefassten Alltag zu machen. Hierfür sind zwei Gründe erkennbar: a) Strategien haben Veränderungen zum Inhalt; Budgets beinhalten das Bestehende. b) Visionen und die daraus abgeleiteten Strategien sind überwiegend verbal bzw. mit schwammigen Zahlenangaben formuliert, weil Zukunft unwägbar ist. Wir müssen aber mit Szenarien, Wahrscheinlichkeiten und Unschärfen leben, Budgets hingegen sind harte Fakten. Diese Gegensätzlichkeit soll durch die Führungsmethode mit der BSC überwunden werden! Es soll eine Balance zwischen Zukunft und gegenwärtigem Alltag hergestellt werden. Dazu sind die wichtigen Prozesse dahingehend zu analysieren, welche Schritte in der Gegenwart zu welchen Resultaten in der Zukunft führen werden. SEITE 2 - Balanced Scorecard
4 Hierzu bedarf es dreidimensionaler Kennzahlen, die verschiedene Perspektiven mit unterschiedlichem zeitlichen Horizont als Früh- und Spätindikatoren betrachten. Dreidimensionalität der Kennzahlen einer BSC Die finanzwirtschaftlichen Kennzahlen der BSC sind für die Beurteilung wirtschaftlicher Konsequenzen zurückliegender Entscheidungen und daraus abgeleiteter Maßnahmen von Bedeutung. Wichtige Zielsetzungen sind Umsatzwachstum, Ertragswachstum, Kostensenkungen und Liquiditätssicherung. Beispiele für Kennzahlen: Betriebsergebnis - Ertragswachstum/-mix - Umsatz/Deckungsbeiträge - Umsatzanteil Neuprodukte, -kunden, -kanäle - Profitabilität Kunden, Produkte Kostensenkung/Produktivität - Kosten relativ zur Konkurrenz - Umsatz pro Mitarbeiter - Stückkosten Potenzialnutzung - Investitionen - F & E-Anteil am Umsatz Cashflow SEITE 3 - Balanced Scorecard
5 Die Kennzahlen der Kundenperspektive sollen die Sicht des Kunden auf das Unternehmen beschreiben. Besondere Bedeutung haben neben der Kenntnis der Kundenzufriedenheit, Kundenbindung und Imageinformationen über Marktanteil und -wachstum. Beispiele für Kennzahlen: Marktanteil - Geschäftsumfang (Kundenanzahl, Umsatz, Absatz), Abdeckung Zielkunden Kundenakquisition - Gewinnung neuer Kunden (in absoluten oder relativen Werten) Kundentreue - Dauerhaftigkeit von Kundenbeziehungen Kundenzufriedenheit - Zufriedenheitsgrad anhand spezifischer Leistungskriterien Kundenrentabilität - Nettogewinn eines Kunden (-segments) Um den Einfluss so groß wie möglich zu gestalten, sollten die Kennzahlen auf die Zielkundengruppen abgestimmt sein, von denen Wachstum und Rentabilität erwartet werden. Die Perspektive der Geschäftsprozesse soll versuchen, die wesentlichen strategischen Punkte folgender vier Hauptkomponenten zu charakterisieren: a) Identifikation und Umsetzung von Kundenwünschen (Innovationsprozess) b) Betriebliche Leistungserstellung (vom Einkauf über die Fertigung bis zum Absatz) c) Kundendienstaktivitäten, die über reine Gewährleistung hinausgehen d) Kommunikation nach innen und außen Während sich herkömmliche Systeme lediglich mit der Überwachung und Verbesserung von Kosten, Qualität und Zeit von existierenden Geschäftsprozessen befassen, soll der BSC-Ansatz es ermöglichen, Anforderungen an die interne Prozessleistung aus den Erwartungen von spezifischen externen Faktoren abzuleiten. Beispiele für Kennzahlen: Innovation - Anzahl neu identifizierter Kundenwünsche - Umsetzungsgrad identifizierter Kundenwünsche - Ideenverwertungsrate - Marktreife Betriebliche Leistungserstellung - Relation von Bearbeitungs- zu Durchlaufzeit - Erfolgsrate im ersten Durchlauf SEITE 4 - Balanced Scorecard
6 Kundendienst - Anteil nachbetreuter Kunden - Reaktionszeit bei Anfragen und Beschwerden - Dauer des Rechnungs- und Inkassozeitraums Mit den Kennzahlen der Mitarbeiterperspektive wird der Blick auf die Fähigkeiten und das Potenzial der Mitarbeiter sowie auf die Nutzung der Informationstechnologie geschärft. Diese Perspektive unterstreicht die Bedeutung motivierter und gut ausgebildeter Mitarbeiter einerseits sowie die ständige Anpassung und Verbesserung des Produkt- und Dienstleistungsangebotes andererseits für den langfristigen Unternehmenserfolg. Beispiele für Kennzahlen: Mitarbeitertreue Mitarbeiterproduktivität Mitarbeiterzufriedenheit Personalpotenziale - Strategische Fähigkeiten, Schulungsebenen, Umfang der Weiterbildung Technologische Infrastruktur - Strategische Technologien, Datenbanken, Erfassung von Erfahrungen, Lizenzen, Softwareeinsatz, Patente Arbeitsklima Ausrichtung am Unternehmensziel, Arbeitsmoral, Teamfähigkeit, Fluktuationsrate Die gedankliche Strukturierung des Unternehmens muss durch das Zusammenführen und Verknüpfen der Kennzahlen ergänzt werden. Das ist die Voraussetzung für das ganzheitliche Führen mit der BSC. Aus der logischen und zeitlichen Verknüpfung der Kennzahlen ergibt sich ihr Charakter als Frühund Spätindikator. Aus der Vielfalt der möglichen Kennzahlen müssen diejenigen herausgefiltert werden, die sich gegenseitig beeinflussen bzw. aufeinander aufbauen. Ergebnis- und Leistungstreiberkennzahlen sind durch eine Reihe von Ursache-Wirkungsbeziehungen miteinander zu verknüpfen. Wenn Kennzahlen genutzt werden, die Aussagen zur Finanz-, teilweise auch zur Kundenperspektive ermöglichen, sind sie eher als Spätindikatoren anzusehen. Frühindikatoren lassen sich stärker in den Perspektiven zu Geschäftsprozessen und Mitarbeitern ausmachen. Frühindikatoren werden landläufig als weiche Kennzahlen bezeichnet, weil sie entweder nicht finanzieller Natur sind oder man nicht gewohnt ist, sie in Zahlen zu fassen. Deren Erkennung macht aber einen Großteil der innovativen Arbeit aus, die mit der BSC verbunden ist. SEITE 5 - Balanced Scorecard
7 So wichtig Maßnahmen sind, die wir über Frühindikatoren für den strategischen Prozess messen, operativ werden sie bislang wenig berücksichtigt. Diese Maßnahmen kosten Geld, der Ertrag ist kurzfristig gesehen eher unbedeutend. 5. BALANCED SCORECARD, MITTELSTAND UND KLEINERE UNTERNEHMEN Abgesehen von der Tatsache, dass es in den meisten mittelständischen Unternehmen an einer eindeutigen Definition der Vision und der daraus abgeleiteten Strategie fehlt, beschränken sich die in der Praxis genutzten Steuerungs- und Informationssysteme in der Regel auf die finanziellen Aspekte des Unternehmens. Ausgehend von dieser Erkenntnis lassen sich im Rahmen der Unternehmensanalyse, deren Vorgehensweise bereits Prozesse zur Identifizierung von Verbesserungspotenzialen beinhaltet, erfolgskritische Faktoren benennen. Neben den notwendigen und auch kurzfristig umzusetzenden Maßnahmen zur Konsolidierung und Verbesserung der Marktchancen des Unternehmens, sind zwischen Unternehmer und Berater bereits während der Analysephase die Unternehmensziele zu überdenken, eventuell neu zu definieren und im Sinne der BSC als geeignete Strategien abzuleiten. Wichtiger Partner bereits zu diesem Zeitpunkt ist die Hausbank, die von der "Story" und der BSC des Unternehmens zur Sicherung der langfristig erfolgreichen Existenzfähigkeit des Unternehmens zu überzeugen ist. Die Komplexität der Geschäftsprozesse mittelständischer Unternehmen ist im Vergleich zu Großunternehmen geringer, jedoch ist deren relativer Einfluss auf den Unternehmenserfolg als gleichwertig zu betrachten. Gerade die Struktur eines mittelständischen Unternehmens schafft die Möglichkeit, mit einem wirtschaftlich vertretbaren Aufwand die BSC einzuführen. Großunternehmen sind ihrerseits bemüht, die BSC von der Ebene der strategischen Geschäftseinheiten auf kleinere operative Einheiten herunterzubrechen. Die Einführung einer BSC erfolgt top-down und ist somit in der Verantwortung der Geschäftsleitung angesiedelt. Zu Beginn der Einführung einer BSC sollte die Geschäftsleitung folgende Hauptziele festlegen: a) Zielsetzungen und Kennzahlen der BSC b) Gewinnung des Engagements aller Teilnehmer c) Abstecken des Rahmens für die Umsetzung der Managementprozesse, die der Konzeption der ersten BSC folgen sollen SEITE 6 - Balanced Scorecard
8 In der betrieblichen Praxis ist zu prüfen, ob alle strategierelevanten Aspekte durch die vier Perspektiven der BSC abgedeckt werden oder ob es in Einzelfällen notwendig ist, ggf. eine weitere Dimension zur exakten Abbildung der Unternehmensstrategie einzufügen. Autor: NORCONTROL GmbH Walter Holberg Betriebswirt (FH) Berater Literatur Friedag, Herwig R./Schmidt, Walter Balanced Scorecard - Mehr als ein Kennzahlensystem, Freiburg i. Br. 1999, 1. Auflage Dipl.-Kfm. Horstmann, Walter Der Balanced Scorecard-Ansatz als Instrument der Umsetzung von Unternehemnsstrategien, in: Controlling Heft 4/5. April/Mai 1999 Kaplan, R.S./Norton, D.P. Balanced Scorecard. Strategien erfolgreich umsetzen (aus dem Amerikani-schen von P. Horváth), Stuttgart 1997 Für Richtigkeit und Vollständigkeit kann keine Haftung übernommen werden. NORCONTROL Gesellschaft für Telefon: angewandte Mittelstandsberatung mbh Telefax: Rendsburger Straße 18 mailto:info@norcontrol.de Hannover SEITE 7 - Balanced Scorecard
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