Beitrag: Radikale Fans Der Kampf gegen Fußballgewalt

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1 Manuskript Beitrag: Radikale Fans Der Kampf gegen Fußballgewalt Sendung vom 12. Februar 2013 von Joachim Bartz und Thomas Reichart Anmoderation: Sich anlegen mit Polizisten: anscheinend eine Art Wochenendspaß für immer mehr gewaltfreudige Fußballfans - außerhalb des Stadions. Um innen mehr Kontrolle zu haben, hatte die Deutsche Fußball Liga ja vor zwei Monaten mit großem Brimborium ein Sicherheitskonzept vorgestellt. Doch aus wachsender Randale draußen wollen sich die Vereine schön raushalten - organisatorisch und finanziell. Mit den Chaoten kann sich ja die Polizei rumschlagen. So sind an Spieltagen Tausende Beamte im Einsatz. Joachim Bartz und Thomas Reichart zeigen, wie viel Geld und Energie der sinnlose Fußball-Krieg kostet. Text: Wir haben euch was mit gebracht, Hass, Hass, Hass! Es ist Sonntag 11 Uhr. Noch gut vier Stunden bis zum Spiel Hamburg gegen Bremen. Scheiß HSV! Scheiße-Scheiße HSV! Der Hass sitzt tief. Hamburger Hurensöhne! Fast Tausend Beamte von Bund und Land sind heute im Einsatz. Die Bundespolizei muss für Sicherheit auf den Bahnhöfen sorgen. Lagebesprechung. O-Ton Rüdiger Carstens, Bundespolizeiinspektion Hamburg: Unklare Lage, circa 20 Personen Schlägerei, S-Bahnhof Holstenstraße.

2 Überwachungsbilder vom S-Bahnhof Holstenstraße. Zuerst randalieren HSV-Fans. Aus der S-Bahn stürmen dann ihre Gegner. Manche sind vermummt, gar bewaffnet. Und einer kann froh sein, dass er überlebt. Am Stadion haben die Sicherheitskräfte alles im Griff. Erst hier fühlen sich die Vereine für die Sicherheit verantwortlich. Doch gewaltbereite Fans suchen sich ihr Schlachtfeld anderswo. O-Ton Rainer Wendt, Bundesvorsitzender Deutsche Polizeigewerkschaft: Die Gewalt ist eindeutig, in zunehmendem Maße, außerhalb des Stadions. Nicht nur auf dem Weg zum Stadion, sondern auch an verabredeten Treffpunkten, in denen diese Krawallmacher aufeinander losstürmen oder die Polizei aufsuchen, die Polizei förmlich suchen und die gezielte Konfrontation mit den Einsatzkräften suchen. Auch wir bekommen die Aggressivität zu spüren. Im Hamburger Hauptbahnhof geht es inzwischen rund. Unsere Kamera ist unerwünscht. O-Ton Fußballfan: Hey, mach aus. Auch in der S-Bahn. O-Ton Fußballfan: Pack die Kamera weg, Mann, Wixer! Verpiss Dich! Erkannt werden wollen sie nicht. Kamermann, Arschloch! Kamermann, Arschloch! Gut, dass die Bundespolizei mit dabei ist. Für alle Fälle, falls Flaschen fliegen. Tausende Beamte muss die Polizei jedes Wochenende einsetzen, um irre geleitete Fans unter Kontrolle zu halten. Für den Chef der Bundespolizei die Grenze der Belastbarkeit erreicht. Randalierer müssten zu Hause bleiben. Und so fordert er: O-Ton Dieter Romann, Präsident Bundespolizei: Dass Kommunen erkannte Rädelsführer im Bereich der Fußballstörer durch Meldeauflagen zwingen, sich zu Spielbeginn zum Beispiel auf der örtlichen Polizeiwache zu melden. Melden sie sich zu Spielbeginn oder zur Halbzeit auf der Polizeiwache, können sie im Zusammenhang mit Fußballspielen keine Straftaten oder sonstige Störungen mehr begehen.

3 Aber das geschieht zu selten. Und so kann die Polizei nur dokumentieren, dass die Gewalt bei Fußballeinsätzen immer mehr zunimmt. Der aktuelle Jahresbericht zur Fußballgewalt stellt fest: Die Zahl der Verletzten hat sich in den vergangenen zwölf Jahren vervierfacht. Die Zahl der Straftaten verdreifacht gewaltbereite Fans gibt es inzwischen, die meisten in der Ersten Bundesliga. Auf Bahnhöfen droht der meiste Zoff. Denn hier begegnen sich die verfeindeten Fans. Arbeitsloses Gesindel! Die Lage ließe sich entschärfen, meint der Chef der Bundespolizei, wenn die Vereine für ihre Anhänger mehr Sonderzüge organisieren und bezahlen. O-Ton Dieter Romann, Präsident Bundespolizei: Wer durchaus horrende Summen an Vereinsangehörige oder Spieler zahlt oder im Managementbereich, der kann auch einen wesentlich geringeren Beitrag mal in die Hand nehmen, um für die eigenen Anhänger Sonderzüge oder Entlastungszüge bei den Verkehrsunternehmen zu bestellen. O-Ton Polizei: Pyrotechnik, bengalisches Feuer aus dem Waggon! Durch randalierende Fußballfans entstehen der Deutschen Bahn pro Saison Millionenschäden. So sehen Bahnsteige und Züge nach einem Bundesligawochenende aus. Dennoch will auch die Bahn mehr Fanzüge, um die normalen Fahrgäste zu schützen. Voraussetzung: Die Vereine machen mit, tun viele aber nicht. O-Ton Heribert Bruchhagen, Vorstandsvorsitzender Eintracht Frankfurt Fußball: Letztlich reicht als Eintracht Frankfurt unser Arm nicht so weit, dass wir unseren Fans die Art und Weise der Mobilität vorschreiben können. Das gelingt nicht. Die Polizei hätte es gerne, aber für uns als Verein ist es auch schwierig, das Ganze zu organisieren und durchzuführen. Bullenschweine, Bullenschweine! So bleibt die Polizei auf sich allein gestellt. Rauf auf die Bullenschweine!

4 Statt hier den Kopf hinzuhalten, müssten die Bundespolizisten eigentlich Grenzen schützen und Kriminalität bekämpfen. Doch fast jeder Zehnte von ihnen muss zum Fußball. Das sind Fanvertreter der Nordwestkurve, einem Zusammenschluss von Eintracht Frankfurt-Fans. Ratssprecher Ziegra nimmt die Randalierer, wie hier vor dem Eintracht-Stadion, in Schutz. Schuld sei die Polizei. O-Ton Dominik Ziegra, Sprecher Nordwestkurve - Fans von Eintracht Frankfurt: Also ich kritisiere daran, dass die Polizeikräfte eskalativ handeln, dass man oft mit einem viel geringeren Einsatz an Polizeikräften, mit einer deeskalierenden Strategie wesentlich weniger Vorfälle zu verzeichnen hätte. Dass es dabei auch immer mal wieder zu Zwischenfällen kommen kann, dass Rückschläge dabei gibt, dass immer mal wieder was passiert, das bleibt bei einem Phänomen, was mehrere Jahrzehnte besteht, natürlich nicht aus. Dumm nur, dass es immer mehr Rückschläge gibt und immer mehr Polizeieinsätze. Die sind teuer - kosten über 100 Millionen Euro im Jahr - bezahlt vom Steuerzahler. O-Ton Rainer Wendt, Bundesvorsitzender Deutsche Polizeigewerkschaft: Wir sind als deutsche Polizeigewerkschaft der Auffassung, dass die Deutsche Fußball-Liga, die ein Milliardengeschäft mit den Fernsehrechten und mit anderen Werbeeinnahmen macht, sich mindestens zu 50 Millionen Euro an den Einsatzkosten beteiligen muss. Die einen kassieren die Prügel, die anderen die Millionen, das kann so nicht bleiben, das muss die Politik korrigieren. Die Forderung gibt es schon lange. Der Bundesinnenminister aber ist nach einer Aussage sehr skeptisch, will sich offenbar nicht mit DFL und Vereinen anlegen. Die lehnen eine Kostenbeteiligung an Polizeieinsätzen ab. O-Ton Heribert Bruchhagen, Vorstandsvorsitzender Eintracht Frankfurt Fußball: Wenn man die nach dem Verursacherprinzip bezahlen lassen müsste, dann müsste natürlich auch der Sauerländische Gebirgsverein, der Sonntagsnachmittags seinen Festmarsch macht, müsste den Polizist, der vorangeht oder hinterhergeht, ebenfalls auch bezahlen. Nur dass beim Sauerländischen Gebirgsverein nicht massenhaft Krawallmacher unterwegs sind mit Böllern und Pyrotechnik. Eine Woche nach der Hamburg-Bremen-Partie, eine Raststätte an der A 3.

5 50 vermummte Hooligans haben Fan-Busse des Bundesligisten Greuther Fürth angegriffen. Die Polizei schickt 60 Beamte, eine Hundestaffel und einen Hubschrauber. - Wieder bindet ein Großeinsatz Polizeikräfte, die woanders fehlen. Zur Beachtung: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Der vorliegende Abdruck ist nur zum privaten Gebrauch des Empfängers hergestellt. Jede andere Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtgesetzes ist ohne Zustimmung des Urheberberechtigten unzulässig und strafbar. Insbesondere darf er weder vervielfältigt, verarbeitet oder zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden. Die in den Beiträgen dargestellten Sachverhalte entsprechen dem Stand des jeweiligen Sendetermins.