Beitrag: Private Drohnen Schnüffeln für jedermann

Transkript

1 Manuskript Beitrag: Private Drohnen Schnüffeln für jedermann Sendung vom 25. Juni 2013 von Andreas Halbach und Ulrich Stoll Anmoderation: Was geht ab in Nachbars Garten? Sollte Sie das interessieren, lässt die moderne Technik Sie nicht im Stich. Mit Kamera- Fluggeräten kann heute eigentlich jedermann spähen. Natürlich beachten Sie dabei die Privatsphäre! Solche zivilen Drohnen können aber auch richtig sinnvoll sein: Sie überwachen Baustellen, Waldbrände oder Staus. Doch ganz leise und unauffällig werden die harmlos scheinenden Geräte auch von Polizei und Grenzschutz eingesetzt. Über rechtliche Grauzonen Andreas Halbach und Ulrich Stoll. Text: Drohnen. Fliegende Roboter, die Ziele aus großer Höhe erspähen und ferngesteuert töten. Inzwischen werden sie auch zivil genutzt. Sie können mit ihren Videokameras an unzugänglichen oder gefährlichen Orten eingesetzt werden. Hilfe im Notfall. So auch die Roboter- Hubschrauber der Firma Microdrones. Unsere Systeme werden natürlich auch im Rahmen der Feuerwehr eingesetzt, immer wenn irgendwelche Großbrände dann leider Gottes irgendwo existieren, um einfach quasi wirklich im wahrsten Sinne den Überblick behalten zu können, brauchen Sie eben das Auge im Himmel. Microdrones drängt wie weitere Hersteller auf den nichtmilitärischen Markt für unbemannte Fluggeräte. Jeder kann jeden aus der Luft unbemerkt beobachten und filmen. Datenschützer sind besorgt. O-Ton Peter Schaar, Bundesdatenschutzbeauftragter: Bei den zivilen Drohnen geht es ja in erster Linie um Überwachung, und zwar um eine Überwachung, die für die Überwachten im Prinzip nicht erkennbar ist. Und gerade diese heimliche Überwachung mittels Videokameras ist ein

2 neuer, auch schwerwiegender Eingriff in Persönlichkeitsrechte. Drohnen, ob vom Staat oder von Privaten gesteuert, können aus der Luft in das Privatleben der Bürger eindringen, mit Bild und Ton. O-Ton Peter Schaar, Bundesdatenschutzbeauftragter: Mit großer Sorge muss man diese Jedermann-Überwachung schon sehen. Und das Datenschutzrecht greift hier in den meisten Fällen nicht, denn das Datenschutzrecht beschränkt sich ja auf die kommerzielle Datenverarbeitung einerseits und auf die staatliche Datenverarbeitung. Wenn jemand also in seinem privaten Umfeld diese Technik nutzt, dann ist das erst mal nicht eine Frage, mit der sich die Datenschutzbehörden befassen dürfen. Eine Grauzone kaum geregelt und schwer zu kontrollieren. Schon für wenige hundert Euro kann jedermann eine Drohne kaufen, die mit einer Kamera Überwachungsbilder in bester Qualität liefert. Doch auch der Staat rüstet auf, will mehr und mehr Drohnen für die Polizeiarbeit einsetzen zur Überwachung und Gefahrenabwehr. Wieder sind Bürgerrechte bedroht in ganz Europa. Die Europäische Kommission sieht in der Grenzüberwachung auch einen Wachstumsmarkt für die Drohnenindustrie, weil die Industrie momentan Drohnen herstellt für den militärischen Markt, aber der ist zu klein, da kann man nur wenige Drohnen absetzen. Und stattdessen versucht man jetzt, Drohnen auch an Staaten zu verkaufen, für zivile Zwecke, nämlich der Grenzüberwachung, weil da kann man noch viel mehr Drohnen absetzen. In einem Strategiepapier der Europäischen Kommission mit dem Titel Eine Industriepolitik für die Sicherheitsbranche heißt es: In der Forschung und Entwicklung werden von der Europäischen Verteidigungsagentur (EDA) derzeit Synergien zwischen zivilem und militärischem Bereich angestrebt. Die Rüstungshersteller sehen ihre Aufklärungsdrohnen bereits als mögliche Überwachungsdrohnen im Bereich Homeland Security - Innere Sicherheit. Für diese EU-Forschungsprogramme arbeitet auch die polnische Firma PIAP. Bisher stellt sie Roboterfahrzeuge für die

3 Grenzüberwachung her. Jetzt will sie die Luft erobern mit dem Aeroceptor. O-Ton Agnieszka Skronska, PIAP: Beim Aeroceptor geht es darum, neue Konzepte für Polizei und Grenzsicherungskräfte zu entwickeln. Wir erforschen, wie man mit Hilfe einer ferngesteuerten Drohne und verschiedenen Ausrüstungen an Bord Autos oder Boote stoppen kann, die nicht mit den Behörden kooperieren. Nicht-kooperative Fahrzeuge, das sind Boote oder Autos, in denen jemand vor der Polizei flüchtet. Der Aeroceptor soll sie stoppen und zwar durch: - elektromagnetische Störungen zur Blockierung der Motorelektronik - Netze, in denen sich Räder von Fahrzeugen oder Propeller von Booten verwickeln - Vorrichtungen zum Durchstechen der Reifen Auch größere Militärdrohnen sollen jetzt der Inneren Sicherheit dienen. Mit einer solchen Heron-Drohne wird bereits die Überwachung der EU-Außengrenze geübt. Steuern darf den Flugroboter nur das Militär. Wir müssen ganz stark aufpassen, dass sich das Militärische und das Zivile nicht vermischt. Wenn es dazu kommt, dass Armeeangehörige Drohnen fliegen, die dem Militär gehören, aber dann für zivile Einsätze wie bei der Grenzüberwachung, dann wird für meine Begriffe ganz klar eine Grenze überschritten. Das würde bedeuten: Einsatz des Militärs im Innern. Nicht in Deutschland, betont das Bundesinnenministerium. Die Bundespolizei setze aber eigene Drohnen bereits ein - unter anderem für die - Überwachung/Aufklärung im Rahmen von Schleusungen im Grenzbereich. Drohnen zur Überwachung von Bürgern. Wie weit das gehen darf, da sind sich die Bundesländer nicht einig. In Niedersachsen präsentiert man uns Drohnen als harmlose Helfer. Beispielsweise bei Katastrophen wie dem Hochwasser. Hier dürften auf keinen Fall Menschen damit ausspioniert werden. O-Ton Karsten Wolff, Polizei Niedersachsen: Erkennungsdienstliche Zwecke und dieses unbemannte

4 Flugsystem sind ein Tabu in Niedersachsen. Das war von Anfang an klar. Es eignet sich auch rein technisch nicht dazu, weil ab einer gewissen Höhe die Bilder verschwimmen, wir können es gar nicht dazu einsetzen. Also zu erkennungsdienstlichen Zwecken benutzen wir dieses Gerät nicht. Doch genau dafür sind die Flugroboter gedacht. Das bestätigt Microdones, der Hersteller der Polizeidrohnen. Mit Microdrones können wir aus 100, 150 Metern Höhe problemlos Nummernschilder aufnehmen. Fotos und Videos von Nummernschildern, die wir dann entsprechend auf PCs, auf Smartphones streamen können und in Sekundenschnelle hat der Operator am Boden sofort die Informationen. O-Ton Frontal21: Das heißt, das ist ne Aufklärungstechnik? Es ist natürlich auch ne Aufklärungstechnik, natürlich. Und genau die setzt die sächsische Polizei ein, etwa um Menschenansammlungen zu überwachen. Das dokumentiert dieses private Handy-Video von einer Neonazi-Demo 2011 in Dresden. In einer Antwort an Frontal21 bestätigt die Polizei Sachsen: Der Einsatz des SensoCopters kann auch für erkennungsdienstliche Maßnahmen erfolgen. Und für die Dokumentation von Störerhandlungen. Die Überwachung durch die Polizei unter freiem Himmel das ist erst der Anfang, fürchten Kritiker. Ich glaube, es dreht sich auch sehr stark um eine schleichende Akzeptanz der Drohnen. Man setzt erst kleine Drohnen ein zur Lageüberwachung, zu allgemeinen Bildern. Und später setzt man einfach mehr Technologie drauf, die es ermöglicht, Gesichter zu erkennen et cetera, wenn wir uns alle dran gewöhnt haben, dass es sowieso Drohnen in unserem Umfeld gibt. Und diese Drohnen werden immer kleiner und unauffälliger. Sie können in Innenräume eindringen, alles belauschen. Roboter- Vögel, die alles sehen, alles hören. Der Große Bruder überall. Schöne neue Drohnenwelt.

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