TU Darmstadt FB Mathematik, AG 9 WS 2004/2005 Jakob Creutzig (1 + ρ)
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- Jürgen Arnold
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1 TU Darmstadt FB Mathematik, AG 9 WS 2004/2005 Jakob Creutzig Lösungsvorschläge zum 3. Aufgabenblatt der Vorlesung,,Einführung in die Finanzmathematik Gruppenübungen Aufgabe : Es sei Ω = {, +} n, A = P(Ω), P die Gleichverteilung auf Ω und X t : Ω R gegeben durch X t ((ω,... ω n )) = 2 ωt und ρ >. Wir betrachten das n Periodenmodell (S i ) n i=0 definiert durch ( ) ( ) ( + ρ) t S 0 =, S t = t s= X. s a) Skizzieren Sie die möglichen Trajektorien des stochastischen Prozesses Y t = s t X s. Entfällt für s erste. b) Bestimmen Sie die kanonische Filtration ÃY von Y t. Wir betrachten die Projektionen π t : Ω {, +}, ω = (ω,..., ω n ) ω t. Dann behaupten wir, daß { } A Y t = σ(π,..., π t ) = A {, } n t : A P({, +} t ) ( ). Hierzu zeigen wir zunächst, daß σ(y,..., Y t ) = σ(x,..., X t ) ist: Einerseits ist jedes Y s eine meßbare Funktion der X,..., X t, also σ(x,..., X t ) meßbar, und also ist σ(y,..., Y t ) σ(x,..., X t ). Andererseits ist X s = Y s /Y s, und daraus folgt analog σ(x,..., X t ) σ(y,..., Y t ). Nun sind wiederum π t und X t mittels der meßbaren Funktionen exp und log ineinander umrechenbar, und daher ist σ(x,..., X t ) = σ(π,..., π t ), was das erste Gleichheitszeichen in (*) beweist. Das Mengensystem rechts in (*) ist offenbar eine σ Algebra, und die Abbildungen π s sind meßbar bezüglich derselben, was die Relation impliziert. Für die umgekehrte Relation bemerken wir, daß für alle ε i {, +} offenbar gilt {(ε,..., ε t )} {, +} n t = s t π s (ε s ) σ(π,..., π t ). Da aber Mengen dieser Form ein Erzeugendensystem für die σ Algebra rechts in (*) bilden, folgt die zweite Gleichheit in (*). Dann sind X t unabhängig und P (X t = 2) = P (X t = /2) = /2.
2 c) ( ) Gilt A Y t = σ(y t )? Nein, denn z.b. nimmt Y 2 drei mögliche Werte an (/4,, 4), also hat die von Y 2 erzeugte σ Algebra drei Atome und ist daher achtelementig, wohingegen σ(y, Y 2 ) nach dem Ergebnis von Teil b) vier Atome besitzt und daher 5 Elemente hat. d) Bestimmen Sie diejenigen ρ, für die alle reduzierten Perioden Modelle (S 0, S t ) arbitragefrei sind. Notwendig hierfür ist sicherlich, daß d < +ρ < u (betrachte den Fall t = ), wir behaupten, daß dies auch hinreichend ist. Hierzu nehmen wir an daß d < + ρ < u, und daß es trotzdem in einem Modell (S 0, S t ) eine Arbitrage x = (x 0, x ) gäbe mit x S 0 = 0, also x = x 0, und 0 x S = x 0 [( + ρ) t s t X s ] sowie P (x S > 0) > 0. Die möglichen Werte, die das hintere Produkt annehmen kann, sind d t, d t u,..., du t, u t. Falls nun x 0 > 0 ist, so folgte daher insbesondere ( + ρ) t u t 0, also + ρ u, im Widerspruch zur Voraussetzung. Analog folgte im Falle x 0 < 0, daß +ρ u, ebenfalls ein Widerspruch. Also kann im Falle d < +ρ < u keine Arbitrage auftreten. Aufgabe 2: Im Modell aus Aufgabe (mit ρ = /4) wollen wir nun folgende Strategie betrachten: Wir starten mit einer Aktie und verkaufen diese, sobald sie viermal soviel wert ist wie am Anfang, spätestens jedoch am Endzeitpunkt; dann wird der Ertrag in Bonds angelegt bis zum Endzeitpunkt. a) Geben Sie eine passende Stopzeit τ an und weisen Sie nach, daß dies tatsächlich eine Stopzeit bezüglich der kanonischen Filtration ist. Wir setzen τ := inf{{t : Y t = 4} {n}}. Dann ist {τ > t} = s t{y s 4} A Y t, und also auch das Komplement {τ t}. b) Bestimmen Sie den hierbei erzielten (zufälligen) Gewinn (Hinweis: Arbeiten Sie mit Y τ ). ( + ρ) n τ Y τ. 2
3 c) Berechnen Sie im Falle n = 3 den zu erwartenden Gewinn. Vergleichen Sie dies mit der Strategie, einen Bond zu kaufen. Was erwarten Sie im allgemeinen Fall? Es läßt sich relativ leicht am Graphen aus Ga) ablesen, daß hier τ < 3 gilt genau dann, wenn X = X 2 = 2, und ansonsten τ = 3. Man erhält somit E( +ρ) 3 τ Y τ = 4( +ρ) /4 + 2 /4 + /2 3/8 + /4 /8 = 25/64. Der Bond erbringt in der gleichen Zeit (5/4) 3 = 25/64 Gewinn, also genau denselben Ertrag. Da E(Y i ) = 5/4 = ( + ρ), könnte man optimistisch vermuten, daß dies allgemein für jdes n gilt. Aufgabe 3: (Das St. Petersburg Paradoxon). Wir betrachten folgendes Spiel: Eine faire Münze wird so oft geworfen, bis das erste Mal Kopf fällt; geschieht dies im i ten Wurf, so erhält der Spieler von Spielanbieter 2 i Euro. a) Geben Sie einen stochastischen Prozeß Ỹ über T = N an sowie eine Stopzeit τ bezüglich der kanonischen Filtration, sodaß der Gewinn gleich Y τ ist. (Sie können das Beispiel 3G hierzu erweitern.) Es sei ε i eine Folge unabhängiger Zufallsvariablen mit P (ε i = ) = /2 = P (ε i = 0); setze Y i = 2 i ε i (Y 0 = 0) und τ = inf{i : X i > 0}. b) Berechnen Sie EY τ. Da P (τ = i) = 2 i, folgt EY τ = n i= P (τ = i)2 i = i =. c) Wenn man das Spiel realen Personen anbietet und sie nach dem maximalen Einsatz fragt, den sie wagen würden, so bieten diese üblicherweise Einsätze zwischen 2 und 5 Euro. Dies widerspricht der naiven Gleichsetzung vom fairen Einsatz als erwarteten Gewinn. Diskutieren Sie mögliche Erklärungen für dies Paradoxon. Eine mögliche Erklärung hierfur ist, daß Menschen intuitiv die Kreditwürdigkeit des Gegenübers als obere Grenze für den möglichen Gewinn ansetzen; beträgt diese zb 2 n, so erhält man als durchschnittlichen Gewinn in diesem Falle (also mit τ n = min{n, τ}) n E(X τn ) = + 2 n+ 2 n = n +. i= 3
4 Umgekehrt hieße also ein Einsatz von 5 Euro, daß dem Spielanbieter eine Kreditwürdigkeit von ca Euro zugetraut würde, was eine recht vernünftige Annahme sein kann. Hausübungen: Aufgabe : Es seien σ und τ zwei Stopzeiten auf T bezüglich der Filtration Ã. Zeigen Sie: a) Die Abbildung σ τ : Ω T, ω min{σ(ω), τ(ω)} ist eine Stopzeit. {σ τ t} = {σ t} {τ t} A t. b) Die Abbildung σ τ : Ω T, ω max{σ(ω), τ(ω)} ist eine Stopzeit. {σ τ t} = {σ t} {τ t} A t. c) (*) Falls T eine additive Halbgruppe ist (also mit t, s auch t + s T gilt), so ist auch σ + τ eine Stopzeit. {σ + τ t} = t {σ = s} {τ t s} A t. s=0 Aufgabe 2: Es seien wieder τ, σ zwei Stopzeiten auf T bezüglich beweise: Ã. Man a) Falls τ konstant gleich t ist, so ist A τ = A t. In diesem Falle ist A {τ s} = für s < t und gleich A für s t, also lautet die Bedingung für A A τ s < t A s, s t A A s, und das ist dasselbe wie die Forderung A A t. b) Falls für alle ω Ω gilt, daß σ(ω) τ(ω), so ist A σ A τ. Sei A A σ, dann ist A {τ t} = A {τ t} {σ t} = (A {σ t}) }{{} A t {τ t} A t. 4
5 c) Eine A meßbare Abbildung X : Ω R ist A τ meßbar genau dann, wenn für jedes t T die Abbildung X {τ t} : Ω R A t meßbar ist. Für B B(R) mit 0 / B und t > 0 gilt {X B} {τ t} = { {τ t} X B}. Nun ist X meßbar genau dann, wenn für alle Mengen B B(R) mit 0 / B die Menge {X B} in A τ ; und wegen obiger Gleichheit ist dies genau dann der Fall, wenn für jedes t und jedes solche B die Menge {X τ t } in A t liegt. Dies aber ist genau dann der Fall, wenn X τ t A t meßbar ist. Aufgabe 3(**): Zeigen Sie, daß für den in Aufgabe 3G eingeführten Prozeß Y (mit ρ = /4) gilt: a) Für jede Stopzeit τ ist E(Y τ /( + ρ) τ ) =. (Hinweis: Arbeiten Sie mit Induktion; führen Sie eine zweite Stopzeit τ n = min{τ, n } ein und zerlegen Sie den Erwartungswert in Erwartungswerte über die Ereignisse τ = τ n, τ τ n. Benutzen Sie ferner τ τ n τ n = n.) Wir betrachten die Stopzeiten und behaupten, daß stets τ i = min{τ, i} E(Y τ i/( + ρ) τ i ) =. Hierfür nutzen wir Induktion: Für i = 0 ist dies offenbar richtig, und nun schreiben wir E(Y τ i+/( + ρ) τ i+ ) = E( {τ i =τ i+ }Y τ i/( + ρ) τ i ) + E( {τ i τ i+ }Y τ i+/( + ρ) τ i+ ). Da aber {τ i τ i+ } = {τ > i} A i, X i+ aber unabhängig von A i ist, und im Falle τ i τ i+ auch sicher τ i+ = τ i + ist, erhalten wir ( ) E( {τ i τ i+ }Y τ i+/( + ρ) τ i+ ) = E [X i+ /( + ρ)] [ {τ i τ i+ } Y τ i/( + ρ) τ i ] = [E(X i+ /( + ρ))] [E( {τ i τ i+ } Y τ i/( + ρ) τ i )] = E( {τ i τ i+ } Y τ i/( + ρ) τ i )). Setzt man dies in die obige Summe ein, ergibt sich E(Y τ i+/( + ρ) τ i+ ) = E(Y τ i/( + ρ) τ i ). b) Die in 3G diskutierte Strategie liefert stets den gleichen erwarteten Gewinn wie die Festanlage, genauso wie jede andere Strategie, die zu einer beliebigen Stopzeit die Aktie verkauft und in Bonds investiert. Die ist eine simple Folgerung aus Teil a). 5
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