Übergang Sek I Sek II Früherfassung Einführung in die pädagogische Diagnostik
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- Anke Fried
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1 Übergang Sek I Sek II Früherfassung Einführung in die pädagogische Diagnostik Andreas Grassi, Projektleiter IFM CAS PFM Basel-Landschaft 15. September 2008
2 Inhaltsverzeichnis Grundvoraussetzungen Auftrag und Begriffsklärung Zwei Definitionen Anforderungen und Bezugsnormen Formelle und informelle Diagnoseleistungen Wahrnehmung, Beobachtung, Beurteilung, Interpretation Beobachtungsprobleme und Beurteilungsfehler und deren Vermeidung Andreas Grassi 2
3 Begriffsklärung Diagnose Das Wort Diagnose leitet sich aus dem Wort diagnosis ab, das heisst so viel wie auseinander halten oder unterscheiden. Das heisst, eine möglichst genaue Einschätzung des Ist-Zustandes. Andreas Grassi 3
4 Quellenverzeichnis Standesregeln und Berufsleitbild Oser, F. (2004). Standardbasierte Evaluation der Lehrerbildung. In Handbuch Lehrerbildung S Münster: Waxmann. Ingenkamp, K. & Lissmann, U. ( ) Lehrbuch der Pädagogischen Diagnostik. Weinheim und Basel: Beltz Verlag (UTB). Helmke, A. ( ) Unterrichtsqualität erfassen, bewerten, verbessern. Seelze: Kallmeyer. Krapp, A./Weidenmann, B. (Hrsg.) ( ) Pädagogische Psychologie. Weinheim und Basel: Beltz Verlag (PVU). Andreas Grassi 4
5 Begriffsklärung Prognose Zutreffende Einschätzung und Gewichtung entwicklungsrelevanter Personen- und Kontextmerkmale. Das heisst, eine Einschätzung der künftigen Entwicklung einer Person in Bezug auf (beispielsweise weitere Entwicklung im Fachgebiet oder einen Berufswahlentscheid). Andreas Grassi 5
6 Auftrag der Lehrpersonen Berufsleitbild LCH These 2 Lehrerinnen und Lehrer sind Fachleute für das Lehren und Lernen. Die Hauptaufgabe von Lehrerinnen und Lehrern ist das Unterrichten. Sie leiten die Lernenden im Erwerb von Kompetenzen an: Wissen, Fertigkeiten, Fähigkeiten und Haltungen. Eine anspruchsvolle Aufgabe in einem spannungsreichen Feld. Berufsleitbild LCH Leitsatz 1 Andreas Grassi 6
7 Auftrag der Lehrpersonen Berufsleitbild LCH These 2 Lehrerinnen und Lehrer stellen sich der Herausforderung von heterogenen Lerngruppen. Lehrerinnen und Lehrern wissen um die Unterschiede in den Voraussetzungen, Erwartungen und Ansprüchen bei den Lernenden. Diese Vielfalt ist auf allen Stufen und in allen Schulformen gross und eine zu akzeptierende Herausforderung für den Unterricht. Berufsleitbild LCH Leitsatz 2 Andreas Grassi 7
8 Auftrag der Lehrpersonen Die Lehrperson kann frühzeitig erkennen, ob die Lernenden die grundlegenden Voraussetzungen für die Berufsbildung erfüllen und einschätzen, bei wem Fördermassnahmen angebracht sind. Standardkonzept Oser Ausbildung von Lehrpersonen auf Sek-Stufe II Andreas Grassi 8
9 Definition 1: Pädagogische Diagnostik Definition Pädagogisch Diagnostik Definition pädagogische Diagnostik Pädagogische Diagnostik ist ein Arbeitsfeld, das sich mit der Beschaffung und Bewertung von Informationen befasst, die zu einer möglichst akkuraten Einschätzung der aktuellen Ausprägung von Personenmerkmalen (Fähigkeiten, Fertigkeiten, Einstellungen, Verhaltensgewohnheiten) oder der aktuellen Ausprägung einer pädagogisch relevanten Entwicklungsumwelt (Schule, Eltern, Freundeskreis, Freizeit, ) führen und zu einer besseren Prognose in pädagogisch relevanten Problemfeldern beitragen. Definition Weidenmann, B. & Krapp A. (2001) Pädagogische Psychologie, S. 516 Andreas Grassi 9
10 Definition 2: Pädagogische Diagnostik Definition Pädagogisch Diagnostik Definition pädagogische Diagnostik Pädagogische Diagnostik umfasst alle diagnostischen Tätigkeiten, durch die bei einzelnen Lernenden und den in einer Gruppe Lernenden Voraussetzungen und Bedingungen planmässiger Lehrund Lernprozesse ermittelt, Lernprozesse analysiert und Lernergebnisse festgestellt werden, um individuelles Lernen zu optimieren. Zur pädagogischen Diagnostik gehören ferner die diagnostischen Tätigkeiten, die die Zuweisung zu Lerngruppen oder zu individuellen Förderprogrammen ermöglichen sowie die mehr gesellschaftlich verankerten Aufgaben der Steuerung des Bildungsnachwuchses oder die Erteilung von Qualifikationen zum Ziele haben. Definition Ingenkamp, K. & Lissmann, U. (2005) Lehrbuch der Pädagogischen Diagnostik, S. 13 Andreas Grassi 10
11 Formelle und informelle Diagnoseleistungen Formelle Diagnoseleistungen Beruhen auf Testverfahren, die wissenschaftlich abgesichert sind. - smk 72 (Instrument im Internet) - Fragen zum Lernen FzL (Papier und Bleistift-Instrument) - Wie lerne ich WLI (Papier und Bleistift Instrument) - Normierte Einstufungstests in den Sprachen. (Wie gut ist mein Deutsch?) Informelle Diagnoseleistungen Beobachtungen und Einschätzungen im Rahmen des alltäglichen unterrichtlichen Handelns. Andreas Grassi 11
12 Was müssen Lehrpersonen wissen und können? Die wichtigsten Gütekriterien diagnostischer Leistungen kennen. Typische und häufige Fehler und Verzerrungen von Lehrerurteilen kennen. Fähigkeit im Unterricht selbst einen Leistungstest ad hoc entwickeln ihn einsetzen und die Ergebnisse zurückmelden. Über ausgewählte Test- und Fragebogenverfahren für schulische Zwecke orientiert sein, die Quellen kennen, die Test beschaffen und durchführen können. Andreas Grassi 12
13 Gütekriterien diagnostischer Leistungen Objektivität Reliabilität: Validität: Beobachterunabhängigkeit Zeigt er/sie dieses Merkmal/Verhalten nur in meinem Fach, nur bei mir oder sehen es Kolleginnen und Kollegen ähnlich? Ist es generalisiert oder ist es bereichsspezifisch? Wiederholbarkeit Ist das Merkmal/Verhalten zu verschiedenen Zeitpunkten zu beobachten? Zeigt es sich gleich? Beobachte ich, was ich zu beobachten vorgebe? Welches sind meine Kriterien an denen ich ein Merkmal beobachte? Andreas Grassi 13
14 Wahrnehmung Beobachtung Beurteilung - Interpretation Wahrnehmung Ist unreflektiert; ich sehe, was ich sehe. Beobachtung Ist gerichtet und reflektiert. Die Beobachterin/der Beobachter ist das Messinstrument, das festlegt, was es registrieren will. Beurteilung Wir messen unsere Beobachtungen an Normen und Werten. Grundfrage: Ist das noch normal? (Gauss sche Normalverteilung) Interpretation Suchen nach Erklärungszusammenhängen. Was könnten Gründe sein, dass es so ist wie es ist? Andreas Grassi 14
15 Beobachtungsprobleme Differenzierung Die Beobachtungsfähigkeit unterliegt Kapazitätsgrenzen. Ich bin überfordert, wenn ich einer zu grosse Anzahl Merkmalen meine Aufmerksamkeit schenken will. Definition Der Gegenstand der Beobachtung muss ausreichend definiert sein. Was verstehe ich unter Anstrengungsbereitschaft? Zuverlässigkeit der Beobachtung Wann will ich beobachten? Wie halte ich meine Beobachtungen fest? Unvertrautheit mit den zu beobachtenden Personen Kultur, Normen und Werte der zu beobachtenden Person sind mir zu wenig vertraut. Andreas Grassi 15
16 Beobachtungsfehler Selektive Wahrnehmung Beobachter sieht auf Grund seiner Persönlichkeit und Erfahrung, seinen Vorlieben und Abneigungen immer nur einen Ausschnitt des Geschehens. (Yohari-Fenster Blinder Fleck) Sequentielle Wahrnehmung Frühere Wahrnehmung beeinflusst spätere. (Wiedererkennungseffekt Training) Physiologische Parameter zur Zeit der Beobachtung Wie fühle ich mich? Ausgeglichenheit - Gereiztheit Gesundheit Krankheit, u.a.m Abhängigkeit zwischen Beobachterin/Beobachter und beobachteter Person Beispiele: Die eignen Kinder, die eigenen Lernenden. Andreas Grassi 16
17 Beobachtungsfehler Pygmalion Effekt Die Ereignisse treffen auf Grund einer Erwartung, einer Wunschvorstellung ein. Sich Selbst Erfüllende Prophezeiung. Andreas Grassi 17
18 Beurteilungsfehler Subjektive Faktoren Meine Persönlichkeit, Erfahrungen, Werte, Haltungen, Interessen, Bedürfnisse und Stimmungen. Erster Eindruck Erste Eindrücke prägen die folgenden Eindrücke. Vorinformationen belasten die Eindrucksbildung. Revisionen bedingen Reflexion. Halo- (Hof) Effekt Hervorstechendes Merkmal überstrahlt andere Merkmale. Gute Bewertung in einer Situation führt zur Bereitschaft in anderen Situationen auch hoch zu bewerten und umgekehrt. Gesamteindruck. Andreas Grassi 18
19 Beurteilungsfehler Logische Fehler Meist auf Grund impliziter unreflektierter Persönlichkeitstheorien. Beispiel: Wer viele Rechtschreibefehler macht, ist dumm. Tendenzfehler Beurteilungstendenzen des Beurteilers: Tendenz zur Mitte oder zu den Extremen. Milde / Strengefehler Tendenz zu mildem oder strengem Urteil. Reihungsfehler Der Massstab der Beurteilung verändert sich im Laufe des Beurteilungsvorganges. Stereotyp und Vorurteil Vorgefasste Meinungen gegenüber bestimmten Personengruppen. Andreas Grassi 19
20 Vermeidung von Beobachtungs- und Beurteilungsfehlern Beobachten beurteilen und interpretieren bewusst trennen. Beobachtungen in unterschiedlichen Situationen sammeln auf den Kontext der Beobachtung achten. Klar definieren, was ich beobachten will. Klarheit der Kriterien für das einzelne Merkmal. Was will ich beobachten? Beobachtungen nach dem Unterricht präzis und in geeigneter Weise festhalten. Was habe ich wann beobachtet? Fehlerbewusstsein entwickeln seine eigenen, empfindlichen Stellen kennen Könnte es sein, dass ich einem Beobachtungsoder Beurteilungsfehler unterliege? Andreas Grassi 20
21 Vermeidung von Beobachtungs- und Beurteilungsfehlern Die eigenen Beobachtungen und Beurteilungen mit denen der Kolleginnen und Kollegen austauschen. Könnte es sein, dass ich einem Beobachtungsoder Beurteilungsfehler unterliege? Bereichsspezifische und generelle Beobachtungen trennen. Andreas Grassi 21
22 Früherfassungskonzept Schule Abteilung Persönlich jede Lehrperson Andreas Grassi 22
23 Die vier Säulen des Früherfassungskonzepts Methodenkompetenz Selbst- und Sozialkompetenz Bereichsrelevantes Vorwissen Erste Leistungsmessungen Andreas Grassi 23
24 Beispiel: Sprachkompetenz einschätzen im ABU mündlich schriftlich Produktive Sprachkompetenz sprechen schreiben Rezeptive Sprachkompetenz Hörverstehen Text verstehen - lesen Normative Sprachkompetenz Wortschatz Grammatik und Sparachnormen Andreas Grassi 24
25 Beispiel: Früherfassung im Fachunterricht Welche Gebiete der Mathematik sind für den Beruf relevant? Welche überfachlichen methodischen Kompetenzen sind für den Beruf wichtig? Welches Verhalten/welche Haltungen sind für den gewählten Beruf grundlegend? (Selbst- und Sozialkompetenz) Andreas Grassi 25
26 Früherfassung an Berufsfachschulen Die Lehrperson kann frühzeitig erkennen, ob die Lernenden die grundlegenden Voraussetzungen für die Berufsbildung erfüllen und einschätzen, bei wem Fördermassnahmen angebracht sind. Standardkonzept von Oser (Standards: Kompetenzen von Lehrpersonen) Andreas Grassi 26
27 Konzept Früherfassung Verantwortlichkeit der Lehrpersonen Lehrpersonen können auf Grund von erhobenen Informationen die Lernenden ihrer Klasse nach 6-8 Schulwochen einteilen in a. Leistungsstarke, die evtl. im Berufsfeld unterfordert sind. b. Lernende, die die Anforderungen des gewählten Berufes voraussichtlich erfüllen können. c. Lernende, die Unterstützung brauchen, um die Anfordeungen des gewählten Berufes erfüllen zu können. d. Lernende, die die Lernvoraussetzungen für den gewählten Beruf nicht mitbringen. Andreas Grassi 27
28 Eintrittstests an Berufsfachschulen Die an den Berufsfachschulen verwendeten Eintrittstests sind nicht valide (aussagekräftig) und erfüllen ihren Zweck oft nur mangelhaft. Einmalmessungen machen keine zuverlässigen Aussagen über die Leistungsfähigkeit der Lernenden. In der Regel sind die gestellten Aufgaben im Fach Deutsch stark normorientiert und betonen einseitig die linguistische Kompetenz. Die Aufgaben in der Mathematik sind meist rückwärts auf den Stoff der Abschlussklasse bezogen und nicht auf den zukünftigen Beruf. Nonverbale Problemlöseaufgaben und eine Erhebung der strategischen Kompetenzen der Lernenden fehlt meist ganz. Andreas Grassi 28
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