Die meisten Menschen sterben an ihren Arzneien, nicht an ihren Krankheiten
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- Julius Hermann
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1 Differentialindikationen für Medikamente -Applikationen und Anwendungsrichtlinien- Moliére Priv.-Doz. Dr. med. Norbert Zoremba Ph.D. Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie St. Elisabeth Hospital Gütersloh Die meisten Menschen sterben an ihren Arzneien, nicht an ihren Krankheiten Systematik der Analgetika Wirkorte der Analgetika Opioide - Reine Agonisten (Morphin, Fentanyl, Tramdol, ) - Gemischtwirkende Agonist-Antagonisten (Buprenorphin, Nalbuphin, ) - Reine Antagonisten (Naloxon) Nichtopioid-Analgetika - Nichtsteroidale Antiphlogistika / Analgetika (NSAR) Salicylsäurederivate (Acetylsalicylsäure) Essigsäurederivate (Indometacin, Diclofenac) Propionsäurederivate (Ibuprofen, Naproxen) Oxicame (Piroxicam) - Coxibe (Paracoxib) - Anilinderivate (Paracetamol) - Pyrazolone (Metamizol) Gabapentoide Ketamin Myotonolytika (Gabapentin, Pregabalin)
2 COX1/COX2-Hemmer Wirkmechanismus Nicht-Opioid Analgetika Prostazyklin COX1/COX2-Hemmer Nebenwirkungen Nichtsteroidale Antiphlogistika/Analgetika (NSAR)?? Salicylsäurederivate Essigsäurederivate Propionsäurederivate Jage et al. Anaesthesist 2008;57:382-90
3 Salicylsäurederivate Essigsäurederivate Wirkungsmechanismus: Irreversible Hemmung der Cyclooxygenase durch Acetylierung eines Serin-Restes im aktiven Zentrum des Enzyms. Indikation: Leichte bis mittelschwere Schmerzen, Fieber Thrombocytenaggregationshemmung Dosierung: 500 mg analgetisch, antipyretisch bis 4 g antiphlogistisch-antirheumatisch mg thrombocytenaggregationhemmend (irreversible Hemmung der Thrombocyten-COX) Asprin Kontraindikationen: Magenulcera, Asthma, schwere Nierenfunktionsstörungen, hämorrhagische Diathese, Schwangerschaft 3.Trimenon CH 2 COOH CH 3 O O N C CH 3 Diclofenac (Voltaren ) Indometacin (Amuno ) Wirkungsmechanismus: Reversible Hemmung der COX durch kompetitive Hemmung (COX2>COX1) Pharmakokinetik: Hoher first pass effect, BV: 30-80% interindividuell variabel, HWZ1-2h, hepatische Metabolisierung, biliäre und renale Elimination, Indikationen: starke akute und chronische Schmerzen Cl Diclofenac Diclofenac - Myokardiales Risiko Deutsches Ärzteblatt 2013, 29-30
4 Diclofenac Diclofenac Der Nutzen von Diclofenac überwiegt die Risiken. Allerdings weisen die derzeit verfügbaren Daten darauf hin, dass die Therapie mit Diclofenac mit einem erhöhten Risiko arterieller thrombotischer Ereignisse, vergleichbar mit dem von selektiven COX2-Hemmern, assoziiert ist. Diclofenac ist jetzt kontraindiziert bei Patienten mit bestehender Herzinsuffizienz (NYHA II-IV), ischämischer Herzerkrankung, peripherer Arterienerkrankung oder zerebrovaskulärer Erkrankung. Bei Patienten mit dieser Erkrankung sollte die Behandlung überprüft werden.. Die Behandlung mit Diclofenac sollte bei Patienten mit signifikanten Risikofaktoren für kardiovaskuläre Ereignisse (z.b. Hypertonie, Hyperlipidämie, Diabetes mellitus, Rauchen) nur nach sorgfältiger Abwägung begonnen werden. Bei allen Patienten sollte die niedrigste wirksame Dosis über den kürzesten zur Symptomkontrolle erforderlichen Zeitraum angewendet werden. Propionsäurederivate Wechselwirkung ASS - Ibuprofen Catella-Lawson et al., NEJM 2001; 345:
5 Ibuprofen Ibuprofen Erhöhung des kardiovaskulären Risikos bei hohen Dosierungen. Dosierungen von 2400 mg pro Tag oder mehr sollten bei Patienten mit schwerwiegenden Herz- Kreislauf-Erkrankungen vermieden werden. Nebenwirkungen: ZNS-Funktionsstörungen 22,4 % Psychiatrische Störungen 13,1 % COX2 Hemmer Coxibe Celecoxib Celebrex Etoricoxib Arcoxia Parecoxib Dynastat Rofecoxib Vioxx (außer Handel)
6 Studienlage VIGOR VIOXX Gastroint. Outcomes Research Studies CLASS Celecoxib Long-Term Arthritis Safety Study Durchführung Vergleich der Magenverträglichkeit von Rofecoxib u. Naproxen bei Patienten mit chron. rheum. Arthritis Vergleich kardioprotektiver Wirkung von Celecoxib, Ibuprofen, Diclofenac bei Patienten mit Osteoarthritis. Ergebnis Höheres Risiko für Myokardinfarkt bei Rofecoxib- Patienten! (2-4x) Kein Unterschied zwischen Celecoxib und NSAID`S! CONDOR Studie CONDOR Studie Screening 1:1 Randomisierung Celecoxib 2x200mg Diclofenac SR 2x75mg Omeprazol 1x20mg 6 Monate Therapie 14 Tage 1 Mo. 1 Mo. 2 Monate 2 Monate 6 Monate Visite 1 Visite 2 Visite 3 Visite 4 Visite 5 Visite 6 Follow-up Erfassung unerwünschter Ereignisse Behandlungsende Behandlungsbeginn Telefon- Interview CSULGIE = klinisch signifikante Ereignisse im oberen und/oder unteren GI-Trakt Chan FK et al., Lancet 2010; 376: Chan FK et al., Lancet 2010; 376:
7 COX1/COX2 Hemmer - Myokardiales Risiko Odds Ratio - Myokardiales Risiko Jage et al. Anaesthesist 2008;57: Graham et al. Lancet 2005; 365: Coxibe Parecoxib Dosis Wirkzeit Tageshöchstdosis Celecoxib (Celebrex ) mg 12 h 400 mg Etoricoxib (Arcoxia ) mg 24 h 120 mg Dosisreduktion bei: Alter > 65 Jahre Komedikation mit Fluconazol Eingeschränkte Leberfunktion Gewicht < 50 kg
8 Anilinderivate Paracetamol (Ben-u-ron ) Anilinderivate Pyrazolone Paracetamol / Codein: Codein wird im Körper u.a. in Morphin metabolisiert. Bei ultra-rapid-metabolizer -Patienten starker Anstieg des Morphinspiegels Paracetamol Paracetamol Inaktivierung von Paracetamol in der Leber durch Glucuron- und Schwefelsäurekonjugation Ein geringer Anteil wird durch Cytochrom-P-450-Oxygenasen zu N-Acetyl-p-benzochinonimin metabolisiert Inaktivierung durch Gluthation und renale Ausscheidung Bei Überschreiten der Gluthationkapazität führt N-Acetyl-p-Benzochinonimin zu Leberzellnekrosen. Cave: Überschreitung der Höchstdosis von Paracetamol! 100 mg/kg KG und Tag (Gefahr der terminalen Leberschädigung bei Intoxikation) Therapie: Gabe von Acetylcystein (300 mg /kg KG/ 24 h)
9 Paracetamol Dosierungsempfehlung Paracetamol Analgetische Potenz: NNT = 4 nur jeder vierte Patient erfährt durch Paracetamol eine ausreichende Schmerzreduktion, definiert als 50% vom Ausgangswert Zwischen 2 Gaben muss mindestens ein Zeitraum von 4 Stunden liegen Bei schwerer Niereninsuffizienz (CK<30 ml/min) alle 6 Stunden Nicht mehr als 4 Einzeldosen in 24 Stunden Orale Bioverfügbarkeit 60-90%; Proteinbindung 5-50% In Kombination mit einem Opioid deutliche niedrigere NNT In Kombination mit einem weiteren NSAR?. Pyrazolone Pyrazolone Metamizol (Novalgin ) Metamizol Novalgin Injektionslösung: 1g (2 ml); 2,5g (5 ml) Tablette: 500 mg Suppositorium: 1000 mg Novaminsulfon Tropfen: 20 = 500mg
10 Metamizol und Agranulozytose Metamizol Inzidenz 1-5 pro 1 Million Anwendungswochen Nicht vorhersehbar, da am ehesten allergisch und nicht toxisch bedingt Prinzipiell reversibel, Spontanverlauf 8-10 Tage Kein unkritischer Gebrauch, ggf. Blutbildkontrollen Klinische Relevanz: - Anaphylaktoide Reaktionen bei schneller Infusion - Schwere Hypotonien bei Hypovolämie Zugelassen für: Kontraindiziert: Akute starke Schmerzen nach Operationen Kolikschmerzen Tumorschmerzen Hohes Fieber (wenn andere Maßnahmen ohne Erfolg) Störungen der Knochenmarksfunktion Erkrankungen des hämatopoetisches Systems Bei Einnahme von Methotrexat Hypotonie und Kreislaufinstabilität Gabapentine Gabapentine Gabapentin Neurontin Pregabalin Lyrica Gehören zur Gruppe der Antikonvulsiva Indikationen: Epilepsien, neuropathische Schmerzen (z.b. nach Zosterinfektionen), generalisierte Angststörungen Pregabalin entsteht durch Biotransformation aus Gabapentin Pregabalin ist strukturell, aber nicht funktionell mit GABA verwandt
11 Pregabalin Plasmaspiegel Pregabalin/Gabapentin Moduliert die Freisetzung von Neurotransmittern, z. B. Noradrenalin (anxiolytisch) Glutamat (antikonvulsiv) Substanz P (analgetisch) α 2 δ Untereinheit Spannungsabhängiger Ca ++ -Kanal Präsynaptisch Neurotransmitter- Bindungsstelle Postsynaptisch Neurotransmitter- Transporter Gabapentine Pregabalin Lineare Pharmakokinetik weniger (zeit)aufwendige Dosistitration Dosierungsbereich: mg/tag Einfaches Dosisregime: Therapiebeginn mit 150 mg/d Schnelle Dosis-Steigerung nach jeweils 3-7 Tagen auf 300 mg/d Nach 7 Tagen Steigerung auf 600 mg/d möglich, falls erforderlich Cave: ältere Patienten!!! Dosisreduktion Pogatzki-Zahn Schmerz 2008; 22: Klare Dosis-Wirkungs-Beziehung Einfache Anwendung: 2 x tägliche Gabe
12 Pregabalin Pregabalin Keine Dosisanpassung bei Leberinsuffizienz Dosisanpassung nach Kreatininclearance Kreatininclearance (ml/min) Anfangsdosis Tageshöchstdosis mg/die 600 mg/die 30 bis <60 75 mg/die 300 mg/die 15 bis < mg/die 150 mg/die <15 25 mg/die 75 mg/die Nach Hämodialyse mg als Einzeldosis Ausschleichen min. über einen Zeitraum von 1 Woche Freynhagen et al. Pain 2005; 115: Pregabalin Pregabalin Freynhagen et al. Pain 2005; 115: Freynhagen et al. Pain 2005; 115:
13 Ketamin Ketamin Handelsname: Ketanest Wirkeintritt: ~ 1 Minute Wirkungsdauer: Minuten Wirkdosis: Narkose 1-2 mg/kg iv, 4-6 mg/kg im Analgesie 0,25-1 mg/kg iv, 0,5 2mg/kg im S-Ketamin (Enantiomer) 1/2 Dosis Dissoziative Anästhesie Kombination mit Benzodiazepinen Wirkweise von Ketamin Ketamin Glutamat wichtigste exzitatorische Aminosäure Glutamat bindet am NMDA (N-Methyl-D-Aspartat) Rezeptorkomplex Die Wirkung von Ketamin beruht auf einer direkten Bindung am PCP Rezeptor und der daraus resultierenden Kanalbeeinflussung (nichtkompetitiver NMDA-Antagonist) Indikationen: Kleine chirurgische Eingriffe an der Körperoberfläche Narkoseeinleitung bei Schock/Asthma bronchiale Notfalltherapie: Analgesie zur Bergung Phantomschmerzprophylaxe Therapie des Morbus Sudeck Nebenwirkungen: Sensibilisierung des Herzens gegenüber Katecholaminen Zentraler Sympathikotonus Myokardialer Sauerstoffverbrauch Verstärkte Sekretsekretion Steigerung des Muskeltonuses Übelkeit und Erbrechen
14 Phantomschmerzprophylaxe Myotonolytika Myotonolytika Verstärkung der Aktivität der deszendierenden antinozizeptiven Bahnen Indikation: Muskuloskeletaler und/oder neuropatischer Schmerz mit erwünschter Muskelrelaxierung Tetrazepam Musaril Zulassung ruht seit dem 01. August 2013 Dosis Wirkzeit Tageshöchstdosis Flupirtin (Katadolon ) mg po 6-8 h 600 mg Tolperison (Mydocalm ) mg 6-8 h 450 mg Katadolon Flupirtin ist nur zur Behandlung von akuten Schmerzen indiziert, wenn die Behandlung mit anderen Analgetika kontraindiziert ist Die Dauer der Behandlung für orale Darreichungsformen und Zäpfchen darf zwei Wochen nicht überschreiten. Leberwertmessungen müssen in wöchentlichen Abständen während der Behandlung durchgeführt werden.
15 Zusammenfassung Rote Hand Briefe Bei mittelstarke und starken Schmerzen sind Opioide nötig Nichtopioide sind unentbehrliche Analgetika Die Kombination eines Opioids mit einem Nichtopioid ist sinnvoll NSAR oder Coxibe sind nach muskuloskelettalen Eingriffen besonders wirksam Coxibe und Diclofenac sind bei kardio-, zerebro- und periphervaskulären Vorerkrankungen kontraindiziert Bei akuten neuropathischen Schmerzen die Gabe von Gabapentinoiden oder Amiptriptylin eine Therapieoption
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