Zum Verhältnis von Energiewirtschaftsrecht ( 46 EnWG) und Vergaberecht
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- Gerda Kranz
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1 Workshop Neues Vergaberecht Zum Verhältnis von Energiewirtschaftsrecht ( 46 EnWG) und Vergaberecht RAin
2 Wegenutzungsverträge in Deutschland Versorgungsunternehmen benötigen von Grundstückseigentümern die Erlaubnis, auf deren Grundstücken Versorgungsleitungen zu verlegen. Wegenutzungsrecht! Rechtegewährung erfolgt grdsl. durch zivilrechtlichen Vertrag. Erteilung von Wegenutzungsrechten für die öffentlichen Straßen und Wege einer Gemeinde erfolgt in der Regel durch sog. Konzessionsverträge. Bezeichnung historisch begründet. Früher Wegenutzung UND Lieferauftrag; heute unzulässig! Anlehnung an Begrifflichkeit aus Konzessionsabgabenverordnung (KAV) Heute Wegenutzungsverträge, so amtl. Überschrift 46 EnWG. Seite 2
3 Hintergründe Hintergrund: Regelungen im öffentlichen Straßenrecht (z.b. 8 Abs. 10 FStrG). Danach richtet sich die Einräumung des Rechts zur Benutzung des Eigentums der Straßen nach bürgerlichem Recht, wenn Gemeingebrauch nicht beeinträchtigt wird. Unbeachtlich: Beeinträchtigung von nur kurzer Dauer für Zwecke der öffentlichen Versorgung. Die Wegenutzung für solche Zwecke erfolgt auf der Grundlage zivilrechtlicher Nutzungsverträge und grdsl. gegen Zahlung eines entsprechenden Entgeltes. Pachtähnliche Situation! Seite 3
4 Vertragspartner Konzessionsverträge werden von Gemeinden mit Versorgungsunternehmen abgeschlossen. Versorgungsunternehmen privat oder staatlich, das heißt, gemeindeeigen oder einer anderen staatlichen Einheit angehörend. Verträge in jedem Fall üblich, da Rechtsgrundlage für die Zahlung von Konzessionsabgaben. Seite 4
5 Wegenutzungsverträge Regeln das Recht eines Versorgungsunternehmens, die öffentlichen Straßen und Wegegrundstücke einer Gemeinde zu nutzen. Nicht geregelt die Versorgung der Kunden Fragen der Betriebsführung. Im Bereich der Strom- und Gasversorgung eindeutige gesetzliche Regelung: 46 EnWG. Seite 5
6 46 Abs. 1 EnWG Gemeinden haben ihre öffentlichen Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, einschließlich Fernwirkleitungen zur Netzsteuerung und Zubehör, zur unmittelbaren Versorgung von Letztverbrauchern im Gemeindegebiet diskriminierungsfrei durch Vertrag zur Verfügung zu stellen. Unbeschadet ihrer Verpflichtungen nach Satz 1 können die Gemeinden den Abschluss von Verträgen ablehnen, solange das Energieversorgungsunternehmen die Zahlung von Konzessionsabgaben in Höhe der Höchstsätze nach 48 Abs. 2 verweigert und eine Einigung über die Höhe der Konzessionsabgaben noch nicht erzielt ist. Wegenutzungsverträge nicht exklusiv. Jeder Interessent hat einen Anspruch, soweit er der Gemeinde die höchst zulässige Entschädigung zahlt. Keine Ausschließlichkeitsstellung, sondern marktöffnende Funktion. Weitgehend Entsprechung zu 68 ff. TKG Seite 6
7 46 Abs. 2 und 3 EnWG Regeln Fragen zum Verfahren, um ein transparentes und diskriminierungsfreies Verfahren sicherzustellen. Parallele in 68 Abs. 3 TKG. Frage der Entschädigung der Gemeinde ist in 48 EnWG und der KAV geregelt. Seite 7
8 Vergaberechtliche Eckpfeiler Richtlinie 2014/23/EU über die Vergabe von Bau- und Dienstleistungskonzessionen vom Regierungsentwurf zur Modernisierung des Vergaberechts vom 8. Juli 2015 BR-Drs. 367/15 vom , Nr. 1: Vereinbarungen über die Gewährung von Wegerechten hinsichtlich der Nutzung öffentlicher Liegenschaften für die Bereitstellung oder den Betrieb fester Leitungen oder Netze, über die eine Dienstleistung für die Allgemeinheit erbracht werden soll, gelten nicht als Konzession, sofern derartige Vereinbarungen weder eine Lieferpflicht auferlegen noch den Erwerb von Dienstleistungen durch den öffentlichen Auftraggeber oder den Auftraggeber für sich selbst oder für Endnutzer vorsehen. Seite 8
9 Erwägungsgrund 16 KVRL (2014/23/EU) Außerdem sollten Vereinbarungen über die Gewährung von Wegerechten hinsichtlich der Nutzung öffentlicher Liegenschaften für die Bereitstellung oder den Betrieb fester Leitungen oder Netze, über die eine Dienstleistung für die Allgemeinheit erbracht werden soll, ebenfalls nicht als Konzessionen im Sinne dieser Richtlinie gelten, sofern derartige Vereinbarungen weder eine Lieferverpflichtung auferlegen, noch den Erwerb von Dienstleistungen durch den öffentlichen Auftraggeber oder den Auftraggeber für sich selbst oder für Endnutzer vorsehen. Seite 9
10 Definition Konzession Art. 5 KVRL und 105 Abs. 1 GWB-E Konzessionen sind entgeltliche, schriftlich geschlossene Verträge zwischen einem Wirtschaftsteilnehmer und einem öffentlichen Auftraggeber bzw. einem Sektorenauftraggeber. Dabei wird der Konzessionär mit der Erbringung von Bauarbeiten oder Dienstleistungen betraut. Die Gegenleistung besteht im Recht des Konzessionärs zur Nutzung des Bauwerks oder der Dienstleistung (ggf. zuzüglich einer Zahlung). Wichtig: Übergang des Betriebsrisikos auf den Konzessionär. Seite 10
11 Vergabegrundsätze DLK Bisher: Primärrechtliche Grundsätze sind einzuhalten Transparenz Nichtdiskriminierung Gleichheit DLK-RL und 105 GWB-E: Bau- oder DL-Konzession setzen stets eine Betrauung durch eine staatliche Stelle voraus. Die DL muss im öffentlichen Interesse liegen ; der Staat muss sie per Gestattung von Dritten ausführen lassen. Seite 11
12 Betrauung? Bestimmte Aufgaben sind ausdrücklich der öffentlichen Hand zugewiesen (z.b. Hausmüllbeseitigung, 17 KrWG). Öffentliche Hand hat hier eigene Erfüllungsverantwortung. 97 Abs. 4 GWB-E mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut Überträgt die zur Erfüllung zuständige staatliche Stelle diese Aufgabe auf einen Privaten, z.b. die Hausmüllentsorgung, so ist eine Betrauung zu bejahen. Betrauung als Indienstnahme für eine öffentliche Aufgabe. Seite 12
13 Betrauung? Öffentlich/Privat-rechtliche Gestattung mit Bedürfnisprüfung Tätigkeit nicht im Sinne eigener Erfüllungsverantwortung zwingend dem Staat zugewiesen; Tätigkeit steht privater Initiative offen. Präventive staatliche Zugangskontrolle. Bsp.: Recht zur Grundwasserentnahme, Bewirtschaftungsermessen gem. 46, 50 ff. WHG. Zwar keine Indienstnahme des Privaten, aber der Private erhält besondere und ausschließliche Rechte ; im Gegenzug besondere Betriebspflichten. Privilegierte Marktstellung; daher Betrauung ja! Seite 13
14 Verträge gem. 46 EnWG Verträge vermitteln keine besonderen oder ausschließlichen Rechte mehr. EnWG- und GWB-Novelle 1998: die zuvor üblichen ausschließlichen Wegerechte für Strom und Gas wurden verboten (anders als für Wasser). EnWG-Novelle 2005: Inhalt der Verträge in Umsetzung der EU- Entflechtungsvorgaben noch weiter reduziert; die Einräumung des Rechts zur Benutzung öffentlicher Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, die der unmittelbaren Versorgung von Letztverbrauchern im Gemeindegebiet mit Energie dienen ( 48 EnWG). Betrauung: nein! Seite 14
15 Verträge gem. 46 EnWG Kein Versorgungsauftrag in Wegenutzungsverträgen Vertragsgegenstand: die Wegenutzung für die Verlegung und den Betrieb von Strom- oder Gasverteilungsleitungen im Gemeindegebiet; Def. Betreiber von Energieverteilernetzen ( 3 Nr. 3 EnWG): Betrieb, Wartung und ggf. Ausbau des Verteilernetzes. Verteilung wiederum umfasst gem. 3 Nr. 37 EnWG nur Energietransport über Leitungsnetze, um die Versorgung von Kunden zu ermöglichen; nicht die Belieferung der Kunden selbst. Seite 15
16 Fazit Keine Betrauung, keine Beschaffung einer Leistung am Markt; Anders auch nicht BGH, , NZBau 2014, 514 Rz. 45 Stromnetz Berkenthin "Mit der Konzessionsvergabe befriedigt die Gemeinde nicht nur - als Nachfrager - den Bedarf nach einem sicheren und preisgünstigen Netzbetrieb im Gemeindegebiet, sondern sie verwertet gleichzeitig auch - als marktbeherrschender Anbieter - die kommunalen Wegerechte. Es war hier überhaupt nicht entscheidungserheblich, ob die Gemeinde als Nachfrager von Netzinfrastrukturdienstleistungen zu behandeln sei. Gegenstand war nur die bestmögliche Verwertung des Wegerechts. Frage der Betrauung war nicht entscheidungserheblich. Seite 16
17 Fazit Versorgungsauftrag kann nicht geregelt werden; wäre Frage der Belieferung, nicht der Energieverteilung. Die Versorgungspflicht nach 36 Abs. 1 EnWG obliegt nach 36 Abs. 2 EnWG nicht dem Wegnutzungsberechtigten, sondern dem Energievertriebsunternehmen in dem Gebiet, das die meisten Kunden beliefert. 46 EnWG dient der Begrenzung der Marktmacht der Gemeinde als Anbieterin eines Wegenutzungsrechts. Seite 17
18 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! RAin, LL.M. (UC Davis) Reinhardtstraße Berlin Telefon +49 (0) Seite 18
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