2 Geschichte der Fachlaufbahn
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- Fritz Kirchner
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1 2 Geschichte der Fachlaufbahn Die Fachlaufbahn hat bei Bosch eine lange Tradition: Bereits 1972 wurde die Möglichkeit geschaffen, auf allen Ebenen auch in Fachfunktionen tätig zu sein und beruflich aufzusteigen. Die damals für den außertariflichen Bereich eingeführten und auch heute in der deutschen Version noch verwendeten Funktionsbezeichnungen lauten: Fachreferent, Referent, Hauptreferent und Direktionsberater. Die vertraglichen Regelungen, Einkommensbandbreiten und Nebenleistungen sind seitdem für Mitarbeiter in Fach- und Führungsfunktionen auf den jeweiligen Ebenen identisch. Aufgrund der zunehmenden Arbeit in Projekten wurde 1997 als dritte Säule die Projektlaufbahn eingerichtet (siehe Abb. 1). Projektlaufbahn Führungslaufbahn Fachlaufbahn SL 5 SL 4 Direktionsberater Geschäftsleitungen SL 3 SL 2 Leitungen Bereichsleiter Abteilungsleiter Hauptreferent Referent SL 1 Fachreferent Gruppenleiter Abb. 1: Laufbahnmodell (1997) Im Tarifbereich in Deutschland sind mit Ausnahme der Meister- und einiger Teamleiterfunktionen (überwiegend fachliche, keine disziplinarische Führung) die meisten Mitarbeiter in Fachaufgaben tätig. Der außertarifliche Bereich ist weltweit in drei Ebenen (Führungskreise: OFK, MFK, UFK) und fünf Vergütungsgruppen (Salary Levels 1 5) gegliedert und umfasst in Deutschland etwa Mitarbeiter (weltweit ca ). Der Anteil der Fachstellen beträgt in Deutschland 52 Prozent in SL 1, 24 Prozent in SL 2, 14 Prozent in SL 3 und wenige Funktionen in SL 4 (siehe Abb. 2). Hierbei handelt es sich aber nur zum geringeren Teil um echte Fachstellen mit längerfristigen Besetzungen (vgl. Kapitel 3), sondern überwiegend um Fachfunktionen, auf denen auch temporär Mitarbeiter eingesetzt sein können, die sich in der Führungslaufbahn (Linie oder Projekt) befinden. 74
2 Karrieremöglichkeiten für Experten Abb. 2: Global Management Level Eine zentrale Vorgabe für die Anzahl der Fachstellen (im Verhältnis zu Linienpositionen) gibt es nicht, dies ist eine Entscheidung der jeweiligen Geschäftseinheiten unter Bedarfs- und Kostengesichtspunkten. Der Anteil der Frauen liegt bei Fachstellen etwa auf der gleichen Höhe wie bei Führungspositionen, die insgesamt niedrige Quote hängt mit der geringeren Absolventinnenquote in technischen Disziplinen zusammen, aus denen sich insgesamt die Mehrheit unserer Neueinstellungen rekrutiert. Außerhalb Deutschlands sind Fachfunktionen hauptsächlich auf der Ebene SL 1 vorhanden; SL 2-Fachstellen finden sich nur in den großen Entwicklungszentren sowie den Landeszentralen. 3 Fachstellen und Fachlaufbahn: eine wichtige Unterscheidung Fachstellen sind Positionen im außertariflichen Bereich (SL 1 5), denen keine Mitarbeiter (disziplinarisch) zugeordnet sind; fachliche Führung von bis zu fünf Mitarbeitern kann im Einzelfall vorkommen. Bei Bosch wird unterschieden zwischen Fachstellen, die zum Aufbau und zur Sicherung von unternehmensrelevantem Know-how eine langfristige Besetzung mit derselben Person erfordern ( echte Fachstellen ) und solchen, auf denen (wie auch bei Führungspositionen) geplante Wechsel stattfinden. Diese auf den ersten Blick spitzfindig anmutende Differenzierung ist für Personalplanung und Mitarbeiterentwicklung bedeutsam (siehe Abb. 3). 75
3 Entwicklung im gleichen Bereich (z. B. R&D, IT, Legal, Tax) Dauerhafte Besetzung mit derselben Person Vertiefung der fachlichen Expertise Know-how schwer ersetzbar Wechsel in andere Bereiche, Querversetzung (z. B. CTR, PER, MFG) Temporär, keine Dauerbesetzung erforderlich Verbreiterung der Erfahrung, Überblick Kein Spezialwissen erforderlich Abb. 3: Unterschied Fachlaufbahn/Fachaufgabe Echte Fachstellen mit Entwicklungsmöglichkeiten nach SL 2 und SL 3 finden sich grundsätzlich in allen Funktionsbereichen, mit Schwerpunkt in Forschung und Entwicklung sowie zentralen Geschäftsbereichs- und Konzernfunktionen (z. B. Controlling, Steuern, Recht, Marketing). Bei den übrigen Fachstellen, die ab SL 2 aufwärts die Mehrheit bilden, stehen die Nutzung von im operativen Geschäft erworbenen Erfahrungen und die Vorbereitung auf Führungsfunktionen in der Linie oder in Projekten im Vordergrund. Der Personalaustausch zwischen Stab und Linie (bzw. Geschäftsbereich und Zentrale) hat bei Bosch aufgrund der sehr hohen internen Besetzungsquote (mehr als 90 Prozent aller Führungsfunktionen ab SL 2) eine große Bedeutung, da die erforderliche Erfahrungsbreite für Führungsaufgaben im mittleren/oberen Management im Weiteren durch Rotationen im Konzern erworben wird. Für die echten Fachlaufbahn-Stellen werden Mitarbeiter berücksichtigt, deren Eignung und Neigung für fachliche Aufgaben höher ist als ihr Potenzial für die Wahrnehmung von Führungsaufgaben. Wenn ein Mitarbeiter z. B. Führungsaufgaben als Gruppenleiter (SL 1) in Projekt oder Linie bewältigen könnte, als Experte jedoch für eine Fachaufgabe in SL 2 geeignet erscheint, würde die Entwicklung in der Fachlaufbahn empfohlen werden (vgl. Abb. 4). Wenn jedoch das Potenzial und das Interesse für Führungsaufgaben mindestens gleich oder höher sind, wird der Mitarbeiter dem Entwicklungspfad Führungslaufbahn zugeordnet. Hintergrund ist, dass ab der Ebene SL 2 (Abteilungsleiter) 76
4 Karrieremöglichkeiten für Experten Nobelpreis CEO Fach- und Führungspotenzial sind kein Widerspruch Viele (erfolgreiche) Führungskräfte hätten auch exzellente Fachleute werden bzw. bleiben können Kandidaten für die Fachlaufbahn: Mitarbeiter, deren Potenzial (und Neigung) für Fachaufgaben deutlich höher ist als für Führungsaufgaben (in Linie oder Projekt) Abb. 4: Fach- und Führungspotenzial die Anzahl und damit der Bedarf an Mitarbeitern für Führungspositionen deutlich überwiegt und weiterführende Karrieren möglich sind. Auch diese Mitarbeiter werden im Laufe ihrer Karriere durchaus temporär (auch mehrmals) Fachstellen wahrnehmen, ohne dadurch der Fachlaufbahn zugeordnet zu werden. So absolvieren fast alle Kandidaten für den oberen Führungskreis (SL 4-, zumindest aber SL 5-Potenzial) eine Fachstation in einer zentralen Aufgabe, z. B. in der Unternehmensplanung, im zentralen Controlling, in der Fertigungs- und Qualitätskoordination. Auch die Personalchefs der 14 Geschäftsbereiche haben zuvor meist eine Fachaufgabe im Zentralbereich Personal durchlaufen. Dies dient zum einen dem notwendigen beidseitigen Austausch und der Vernetzung zwischen Zentrale und Geschäftsbereichen, zum anderen auch dem Test der Kandidaten im Hinblick auf höherwertige Verwendungen. Maßgeblich für die Entscheidung zwischen Fach- und Führungslaufbahn ist also eine Prognose über die Potenzialhöhe für beide Laufbahnen, die im Rahmen der entsprechenden Personalprozesse getroffen wird (vgl. Kapitel 4.4). 77
5 4 Einführung und Gestaltung der Fachlaufbahn In den letzten drei Jahren wurde deutlich (u. a. bei den jährlich durchgeführten Mitarbeiterbefragungen), dass die Entwicklungsmöglichkeiten in der Fachlaufbahn insbesondere im technischen Bereich nicht mehr die Erwartungen der Mitarbeiter erfüllten, die mit diesem Konzept verbunden waren. Entsprechende Auswertungen haben ergeben, dass ab SL2 der Anteil der Fachstellen in kaufmännischen Funktionsbereichen größer ist als in technischen Funktionen, obwohl die Mitarbeiter mit technischem Hintergrund bei Bosch in der Mehrheit sind (ca. zwei Drittel). Aus dieser Situation heraus wurde ein Projekt gestartet, das sich inhaltlich mit dem Titel Revitalisierung der Fachlaufbahn im technischen Bereich umschreiben lässt. Die folgenden Abschnitte beschäftigen sich hauptsächlich mit den sogenannten echten Fachstellen, die Aussagen können jedoch auch auf die übrigen Fach- 1 Einführung der Fachlaufbahn 2 Festlegung von Fachstellen 3 Definition der Rollen Fachstellen auf allen Ebenen mit voller vertraglicher Gleichstellung sind möglich (HR Policy). Personalabteilungen können über Laufbahnoptionen beraten. Vorgesetzte und Mitarbeiter sind über die Möglichkeiten ausreichend informiert. Ausgehend vom strategischen Bedarf sind entsprechende Stellen auf den jeweiligen Ebenen definiert. Stellenbewertung und Einstufung sind nach den im Unternehmen geltenden Regeln vorgenommen worden. Die Bewertung der Fachstellen ist bereichsübergreifend grundsätzlich vergleichbar. Aufgaben und Verantwortlichkeiten sowie die sich daraus ergebenden Anforderungen sind beschrieben. Die Rollen sind in den entsprechenden Prozessen im Unternehmen verankert. Die Rollen und Rolleninhaber sind in der Organisation bekannt. 4 Kompetenz- und Potenzialbewertung 5 Gezielte Förderung 6 Sicherstellung der ( gefühlten ) Gleichwertigkeit Die fachlichen Kompetenzen (Kenntnisse, Fähigkeiten, Erfahrung) der Mitarbeiter sind ermittelt und dokumentiert (Kompetenzmanagement). Überfachliche Kompetenzen werden in einem transparenten Prozess bewertet. Eignung und Neigung für die Laufbahntypen werden diskutiert und im Konsens vereinbart. Entwicklung und Förderung erfolgen laufbahnspezifisch und zielgerichtet. Für Fach und Projektlaufbahn existieren auf die jeweiligen Anforderungen zugeschnittene Entwicklungsmaßnahmen. Mitarbeiter im Förderkreis nehmen ebenenspezifisch an laufbahnübergreifenden Veranstaltungen teil. Einbeziehung in Verteiler, Informationsrunden, Führungskräftemeetings Dienstbezeichnungen auf Visitenkarten, Titel Büroausstattung Einfahrgenehmigung, Parkplatz Bericht über erfolgreiche Expertenkarrieren (role models) Budget für Weiterbildung Berichtsweg, Vortragsrecht Wettbewerbsvereinbarung Abb. 5: Vorgehensweise 78
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