Kurs 3424 Arbeitspsychologie
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- Bella Ursler
- vor 8 Jahren
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1 4 Arbeitsbedingungen Klassifikationen, nach denen Arbeitsbedingungen systematisch betrachtet werden können DIN EN ISO Ergonomische Grundlagen bezüglich psychischer Arbeitsbelastung unterteilt psychische Belastungsfaktoren anhand verschiedener Quellen bzw. Arbeitsbedingungen, aus denen diese Belastungen entstehen können Beispiel: Unterscheidung von Arbeitsbedingungen und Aufgaben als Kontext- und Kontentfaktoren der Arbeit Kontextfaktoren Arbeitsplatz, Mittel, Werkzeuge ergonomieorientiert Arbeitszeit, Kollegen, Führung, Kultur, Entlohnung organisationspsychologisch orientiert Kontentfaktoren Arbeitsaufgabe, Aufgabenarten, Auftrag, Segmentierung, Arbeitsmenge und güte, Handlungsspielraum arbeitspsychologisch orientiert Erforschung der Arbeitsbedingungen abhängig von historischen Strömungen und Paradigmenwechseln 1
2 4.1 Formen von Arbeit und Arbeitsanforderungen Beachtung der Wechselwirkungen zwischen Arbeitsbedingungen und personalen Leistungsvoraussetzungen Arbeitsbedingungen wirken nicht nur objektiv, sondern in dem Sinne subjektiv als die Bedingungen eines Arbeitsauftrags vom Arbeitenden wahrgenommen und re-definiert werden. Beispiel: Menge-Güte-Abgleich: Entscheidungshandeln im Fadenbruch-Beispiel nach Hacker Beispiel für eine subjektive Interpretation der Anforderung Sind in solchen Zweifelsfällen die Entscheidungskriterien oder der Verfahrensweg nicht exakt vorgegeben, ist die Entscheidung davon abhängig, welche Forderungen das Individuum als an sich gestellt wahrzunehmen glaubt und welche persönlichen Motive, Werte und Einstellungen es mit der Aufgabenerledigung verbindet. transaktionaler Charakter von Arbeitshandlungen Beachtung der Wechselwirkung zwischen verschiedenen Arbeitsbedingungen Negative Auswirkungen von hohen Selbstkontrollanforderungen nur bei gleichzeitig geringen Handlungsspielräumen Untersuchung Neubach & Schmidt (2006) Altenpflegekräfte, gestiegene Selbstkontrollanforderungen (z.b. Emotionskontrolle) Grundlage: Demands-Control-Modell von Karasek Frage: Werden die beanspruchenden Wirkungen dieser Form der Arbeitsbelastung durch situative Spielräume der Kontrolle und Einflussnahme abgeschwächt bzw. moderiert? Ergebnis: Der Zusammenhang zwischen geforderter Selbstkontrolle und Beanspruchungsindikatoren (= emotionale Erschöpfung, gesundheitliche Beschwerden, Fehltage und Fehlzeitenereignisse) wird durch große Kontrollmöglichkeiten moderiert Tatsächlich konnte gezeigt werden, dass zunehmende Selbstkontrollanforderungen nur mit einer signifikanten Abnahme der Arbeitszufriedenheit sowie mit einem signifikanten Anstieg der emotionalen Erschöpfung und der gesundheitlichen Beschwerden einhergehen, wenn die situativen Spielräume der Kontrolle und Einflussnahme gering ausgeprägt sind. Bei großen situativen Spielräumen wird dieser ungünstige Beanspruchungseffekt der Selbstkontrollanforderungen wiederum aufgehoben. 2
3 Grobschema der Ausführungsbedingungen von Arbeitstätigkeiten aus psychologischer Sicht (Hacker, 2005) 3
4 4.2 Arbeitsinhalte Arbeitsaufgaben Arbeitsaufgabe = Schnittpunkt zwischen Organisation und Individuum Arbeitsaufgaben = herausragende Bedeutung in der AP stellen dem Individuum konkrete Handlungsanforderungen Primat der Aufgabe nicht auf handlungsregulationstheoretische Tradition begrenzt Konzept der Aufgabenorientierung auch im soziotechnischen Systemansatz und MTO-Ansatz Zentrale Dimensionen, nach denen Arbeitsaufgaben differenziert werden können verschiedene Formen von Freiheitsgraden, die mit der Aufgabe verbunden sind (Autonomie, Variabilität, Zeitelastizität) Ganzheitlichkeit Vollständigkeit Sinnhaftigkeit Zitat Die Möglichkeit, Einfluss auf seine Angelegenheiten zu nehmen, über möglichst viele Aspekte seines Lebens und somit auch seiner Arbeit selbst zu entscheiden oder zumindest mit zu entscheiden, zählt zu den Kriterien einer menschenwürdigen Lebensführung im allgemeinen wie einer persönlichkeitsförderlichen Arbeitsgestaltung im besonderen. (Semmer, 1990) 4
5 4.2.2 Produktion vs Dienstleistung Dienstleistung = Interaktion zwischen Anbieter und Kunde immateriell (Immaterialitätsprinzip, Intangibilitätsprinzip) nicht lager- oder transportfähig, werden zum Zeitpunkt ihrer Erstellung konsumiert (Uno-actu- Prinzip) Herstellung bedarf der Beteiligung des Kunden Merksatz Dienstleistungen sind i.d.r. nur in einem Interaktionsprozess erstellbar und zudem durch soziale Handlungen begleitet. Theorien zur Interaktion Gap-Modell SERV-QUAL-Fragebogen Arten von Dienstleistungen unterstützend-interaktive Dienstleistungen problemorientiertinteraktive Dienstleistungen persönlich-interaktive Dienstleistungen z.b. bei Reparaturen oder produktbezogenen Serviceleistungen Dienstleistungscharakter ist z.b. auf die Auftragsannahme bzw. den Kundenkontakt beschränkt. z.b. Anwälte, Agenturen etc. i.d.r. intensiver kommunikativer Austausch erforderlich, da der Kunde seine Vorstellungen und Wünsche in die Produktion der Dienstleistung interaktiv mit einbringt. z.b. therapeutische Behandlungen, Schulungen oder Seminare. Kunde selbst ist das Objekt der Leistungserstellung. Diese Dienstleistungsart ist besonders interaktiv, da sie auf den intellektuellen, emotionalen oder physischen Bereich des Kunden einwirken muss. mit steigendem Interaktionsgrad steigt die Anforderung an den Dienstleister. Emotionsarbeit = spezifische Form von Arbeitsanforderung, bei der durch die eigene Tätigkeit bei einer anderen Person ein positiv bewerteter Gefühlszustand erzeugt und erhalten werden soll. Begriff geprägt von Arlie Hochschild zentrales Merkmal für personenbezogene Dienstleistungen Problem = emotionale Dissonanz, d.h. man soll positive Gefühle nach außen zeigen, fühlt sich selbst aber gerade ganz anders nicht gut für Psyche und Gesundheit! Beispiel: Call Center 5
6 4.3 Arbeitsteilung und Kooperation Grundprinzipien zur Aufgabenteilung von Mensch und Maschine Gestaltung der Aufgabenteilung zwischen Mensch und Mensch wie auch zwischen Mensch und Maschine = zentraler Gegenstand der AP Fallbeispiel: Eine Projektmitarbeiterin schildert Konsequenzen der tayloristischen Arbeitsorganisation für die Person wie für die Organisation! In dem Maße wie der Grad der Arbeitsteilung zunimmt und die Arbeit für den Mitarbeiter vereinfacht wird, steigt durch den erhöhten Koordinationsaufwand der Grad der Organisationskomplizierung und die Tendenz zur Perfektionalisierung der zentralen Steuerung. Damit erhöhen sich gleichermaßen die Erwartungen an die Führungskräfte. Führung hat indirekten Einfluss auf das Wohlbefinden transformationaler Führungsstil führt über eine bessere Vermittlung der Bedeutung der Arbeit zu einem höheren Wohlbefinden Dilemma der "kontrollierten Autonomie" = Missverhältnis zwischen Verantwortungszuschreibung für die Zielerreichung und einem Mangel an Einflussmöglichkeiten bei der Setzung der Ziele bzw. einem Mangel an notwendigen Mitteln zur Zielerreichung Gegenstück zu personaler Führung 6
7 Folgen partialisierter Arbeit für Persönlichkeits- und Gesundheitsentwicklung Längsschnittstudien psychosomatische Beschwerden, Qualitätsverluste der Freizeit, beeinträchtigtes Gesundheitsund Planungs-/Zielstzungsverhalten im höheren Lebensalter 4.4 Arbeitplatzbezogene Arbeitsbedingungen Arbeitsplatz Arbeitsplatz = Ort, an dem die Arbeitsaufgabe erledigt wird. Quellen psychischer Belastung auch in der DIN ISO EN physikalische Bedingungen (Lärm etc.) chemische Bedingungen (Gerüche, Gefahrenstoffe u.ä.) räumliche Bedingungen (Einzel- vs. Großraumbüro, Farbgebung usw.) soziale Bedingungen (Betriebsklima usw.) Frieling & Sonntag: Arbeitsumweltgestaltung beeinflusst die Struktur von Arbeitstätigkeiten nicht nur indirekt, sondern sehr direkt Beispiel: Büroumgestaltung räumliche Bedingungen können Kommunikationsstrukturen verändern Meist nur Optimierung unter fertigungstechnischen Gesichtspunkten Großraumbüros und Gestaltung von Call-Center-Arbeitsplätzen Das Silent-Room -Konzept im Call Center (Krajewski und Wieland) Merkmale abschließbare Kabinen medial vermittelte Entspannungsinstruktionen medizinische Liegen Wirksamkeit hinsichtlich Beanspruchungsreduktion mehrfach feldexperimentell nachgewiesen Telearbeit forciert Aufhebung der raum-zeitlichen Trennung von Beruf, Familie und Freizeit Gestaltung von Telearbeit nicht ohne ganzheitliche Systembetrachtung 7
8 4.4.2 Arbeitsmittel Ziel: Sicherheit, Verlässlichkeit und Fehlerfreiheit 3 Bereiche Werkzeuge Bedienelemente Anzeigen Ausgangspunkt ist Mensch-Maschine-Schnittstelle je nach Grade der Automatisierung unterschiedlich komplex Handarbeit (1. Stufe) handgeführte Werkzeuge, Schnittstelle ist der Griff schlecht gestaltete Werkzeuge können auch psychisch belastend sein, weil sie die schnelle und korrekte Arbeitsausführung behindern Regulationsbehinderungen Einfache Maschinen (2. Stufe) Bearbeitungsprozesse werden durch die Maschine ausgeführt Bearbeitungsfunktionen werden durch Bedienteile in Gang gesetzt Bearbeitungsvorgang wird vom Menschen beobachtet, Eingreifen erfolgt jedoch nur indirekt (Knöpfchen drücken) Anzeigen müssen fehlerfrei abgelesen und interpretiert werden. Problem: zunehmende Indirektheit, d.h. der Abstand zwischen Mensch und Prozesseingriff bzw. der unmittelbaren Gegenstandsveränderung wird größer (Servo-Prinzip) 8
9 Maschine über Computer gesteuert (3. Stufe) Maschine wird nur noch über einen oder mehrere Rechner und vernetzte Systeme gesteuert Verschiebung der Schnittstelle Mensch-Maschine zu Mensch-Computer ferngesteuerte Prozesse Systemergonomie nicht mehr ausschließlich anthropometrische Arbeitsplatzgestaltung auch der Informationsfluss muss in diesem Sinne ergonomisch sein Software Ergonomie untersucht unter informationstheoretischen und organisationspsychologischen Aspekten, die Gestaltung / Implementierung von Software Arbeitsmittel gehören zu den Hygienefaktoren schlechte Arbeitsmittel werden als mangelnde Wertschätzung für die übertragene Arbeit wahrgenommen gehören im Sinne der Zweifaktorentheorie zu den Hygienefaktoren, die Unzufriedenheit auslösen können oder auch echte Aggressionen 9
10 4.4.3 Arbeitszeit eines der zentralen Themen der AP Arbeitszeitbezogene Problembereiche Dimensionen der Arbeitszeitgestaltung Flexibilität zentraler Begriff im Zusammenhang mit neuen Organisationsformen der Arbeit Unterscheidung: interne, externe, numerische und funktionale Flexibilität Flexible Arbeitszeitmodelle, Teilzeitarbeit wie auch variierende Mitarbeiterzahl sind Aspekte der numerischen Flexibilität, die sich definitionsgemäß auf personbezogene Maßnahmen der zeitlichen und räumlichen Arbeitsverteilung bezieht. Zeitsouveränität wichtiges persönlichkeitsförderliches Merkmal von Arbeit, ähnlich wie Autonomie etc. Gefahr: Überforderung, z.b. bei Telearbeitsformen Einfluss auf die psychische Ermüdung Gestaltung der Arbeitszeit = stärkster Einfluss auf die psychische Ermüdung Risikofaktoren: überlange tägliche Arbeitszeiten, fehlende oder ungünstig gelegene pausen, Schichtarbeit ebenso: variable, flexible Arbeitszeiten bei gleichzeitig eingeschränkter Zeitautonomie (Unvorhersehbarkeit der Arbeitszeiten, keine Mitsprachemöglichkeit) Arbeitszeitgesetz! 10
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