Internationales und Europäisches Finanz- und Steuerrecht
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- Stanislaus Brauer
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1 Internationales und Europäisches Finanz- und Steuerrecht 01. Juni 2017 Dr. Stephan Schauhoff von Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht Prof. Dr. Stephan Schauhoff Rechtsanwalt/Fachanwalt für Steuerrecht
2 4 Ertragsteuerrecht (Schaumburg, Kapitel 5 8; Tipke/Lang, 1) 2
3 I. Unbeschränkte Steuerpflicht 1 Abs. 1 Satz 1 EStG Wohnsitzprinzip Welteinkommen Steuersubjekt mit allen steuerbaren Einkünften definiert (dualistischer Steuertatbestand) 3
4 1. Wohnsitz ( 8 AO) Wohnung Innehaben eigene oder abgeleitete Verfügungsmacht Umstände, dass Wohnung beibehalten und benutzt werden soll Unterbrechung der Nutzung von nicht mehr als 6 Monaten noch vorübergehend 9 Abs. 2 AO analog bei vorübergehender Anmietung 4
5 2. Gewöhnlicher Aufenthalt 9 AO Körperliche Anwesenheit von geplant 6 Monaten, vorübergehende Unterbrechungen sind unbeachtlich Gefängnis/Krankenhaus kann auch zu gewöhnlichem Aufenthalt führen Geplanter vorübergehender Aufenthalt: 9 Satz 3 AO 5
6 3. Ort der Geschäftsleitung Körperschaften: 1 KStG, 10 AO Insbesondere Kapitalgesellschaften, Subjektqualifikation ausländischer Körperschaften: Bei deutschen Personengesellschaften Gesellschafter, bei dt. Kapitalgesellschaften ähnlich. Trusts mit eigener Rechtspersönlichkeit, auch wenn nach dt. int. Privatrecht in D nicht anerkannt Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung, nicht Ausübung Gesellschafterrechte, wo wichtigste Geschäftsführungsentscheidungen getroffen werden. Board und besonderer Vertreter Auch bei polyzentrischen Unternehmen nur ein Ort der Geschäftsleitung 6
7 4. Sitz 11 AO: statuarischer Sitz 7
8 5. Erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht 1 Abs. 2 EStG: dt. Staatsangehörige, die Arbeitslohn aus einer inl. öffentl. Kasse beziehen Zweck: Besteuerungslücken wegen WÜD/WÜK (Diplomaten/Konsum) schließen. Bei von öff. Kasse finanzierten Tätigkeiten, GIZ/Goethe Institut etc., ggfs. beschränkte Steuerpflicht, wenn bspw. wegen Technischer Abkommen Steuerfreiheit im EZ-Staat gegeben 8
9 6. Fingierte unbeschränkte Steuerpflicht 1 Abs. 3, 1a EStG: Grenzpendler, Inländern gleichstellen, um Berücksichtigung persönlicher Lebensumstände zu berücksichtigen Auf Antrag EuGH v , C-425/11: auch bei Wohnsitz in der Schweiz, da Freizügigkeitsabkommen EU/CH v Erweiterung gebietet 9
10 II. Welteinkommensprinzip löst Doppelbesteuerung auslösendes Nebeneinander mit Quellenprinzip aus Gleichbehandlung inländischer und ausländischer Einkünfte; im Land Ansässige nehmen auch dessen Leistungen in Anspruch und müssen zur Finanzierung beitragen Beispiel: BFH v I R /10: D besitzt Ferienhaus auf Mallorca in spanischer SL. Fortlaufend Dividendeneinkünfte in D aus vga, wenn an SL unangemessen niedrige Miete ohne Gewinnmöglichkeit für SL gezahlt wird 10
11 1. Grundsatz Ergebnis fiskalischer Zweckmäßigkeitsüberlegungen; andererseits: Gegenseitigkeit und Verteilungsgerechtigkeit zwischen den Staaten gebietet Territorialitätsprinzip mit Quellenbesteuerung Ausnahmen von Steuerpflicht der weltweiten Einkünfte können geregelt sein unilateral durch nationales EStG/KStG bilateral durch DBA mit einem anderen Staat europaweit durch Berufung auf Grundfreiheiten oder Richtlinien mit Umsetzung/Geltung für das nationale Recht 11
12 2. Ausnahmen Fiskalimmunität für Diplomaten etc., aber: 3 Nr. 29 EStG, Objektbefreiung (Diplomatengehalt) Verlustausgleichsbeschränkungen Steuerfreistellung von Ausschüttungen aus inländischen wie ausländischen Gesellschaften: 3 Nr. 40 EStG, 8b KStG Doppelbesteuerung nach nationalem Recht vermeiden Auslandstätigkeitserlass DBA-Freistellung 12
13 III. Beschränkte Steuerpflicht 49 ff. EStG Welche Einkünfte der inländischen Besteuerung unterliegen: eine Einkunftsart des 2 Abs. 1 EStG und spezielle Anknüpfungsmerkmale, wenn Einkünfte vorliegen Objektsteuercharakter: Persönliche Verhältnisse bleiben unberücksichtigt, kein Sonderausgabenabzug 50, 50a EStG: Art der Steuerermittlung und erhebung (Veranlagung / Quellensteuerabzug) 13
14 1. Territorialitätsprinzip Völkerrechtliche Minimalschranke, dass Bezug zum Inland durch Einkunftsquelle des Steuerausländers bestehen muss, um besteuern zu dürfen, wie Belegenheit (Grundstück, Betriebsstätte, ständiger Vertreter) Verwertung/Ausübung Tätigkeit im Inland inländischer Schuldner, inländische Besicherung etc. Betriebsstätte ( 12 AO) weiter gefasst als entsprechende DBA-Regelung Ständiger Vertreter ( 13 AO): FG Rhld.-Pf. V K 1685/14: Organe von Kapitalgesellschaften, die im Inland agieren, können auch bei nachhaltiger Tätigkeit im Inland nicht deren ständiger Vertreter sein. Weisungsgebundenheit nicht möglich 14
15 2. Objektsteuercharakter Bruttobesteuerung bei Abzugssteuern: 50a EStG Objektives und subjektives Nettoprinzip eingeschränkt, Ungleichbehandlung zu unbeschränkt Stpfl., Verwaltungsvereinfachung; je nach Einkunftsart unterschiedlich behandelt Antrag zur Veranlagung stellenweise aus europarechtlichen Gründen geregelt, Ungleichbehandlung von Ansässigen und europäischen Steuerausländern ist europarechtswidrig Beschränkung Spendenabzug nach 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG verfassungsgemäß, auch soweit Betriebsausgaben nicht geltend gemacht werden können, sondern Er-stattungsverfahren für Steuerausländer aus Natur Quellensteuerabzug: FG Düsseldorf v K 1802/09 E 15
16 3. Einkünftequalifikation Inlandsbezogene Qualifikationsmerkmale: Ltd. verkauft in D belegenes Grundstück, welches über 10 Jahre im Eigentum war: Einkünfte aus Gewerbebetrieb? Betriebsstätte?: Buchführungspflicht einer ausländischen Immobilienkapitalgesellschaft: 49 Abs. 1 Nr. 2 f. Satz 2 EStG: Gewerbliche Einkünfte sind fingiert, offen ob Bilanzierung wegen 141 AO oder Überschussrechnung Spekulationsgeschäft? 49 Abs. 1 Nr. 2 f), bb) EStG + 49 Abs. 1 Nr. 8a EStG Isolierende Betrachtungsweise: 49 Abs. 2 EStG Vor- und nachträgliche Einkünfte im Ausland: Promotionsstipendium in GB: BFH v , III R 13/12 16
17 3. Einkünftequalifikation Aktuelle Beispiele: Ungarisches Fleischzerlegungsunternehmen (T hüringer FG v K 646/12, NZB eingelegt): Fleischzerlegung mit 50 Mitarbeitern in deutscher Fleischfabrik, Räume, Geräte etc. kostenlos zur Verfügung gestellt: 12 AO: Feste Geschäftseinrichtung, Verfügungsbefugnis, Dauerhaftigkeit Software: Standardsoftware: Übertragung des Urheberrechtes steht nicht im Vordergrund, kein 49 Abs. 1 Nr. 6, Nr. 2 f. EStG Individualsoftware: Dauerhaftes, ausschließliches Nutzungsrecht beschränkte Steuerpflicht Customized programs, Abgrenzung? 17
18 3. Einkünftequalifikation Wesentlich Recht zur wirtschaftlichen Weiterverwertung und Rechte, die Endnutzer zum bestimmungsgemäßen Gebrauch eingeräumt werden: Softwarekauf Technische Dienstleistung: 3$) Abs: 1 Nr. 2a) EStG, kein Quellensteuerabzug Softwarekauf: Rechteveräußerung, Recht erschöpft sich in inländischer Betriebsstätte ( 49 Abs. 1 Nr. 2 f. EStG), aber kein Quellensteuerabzug Software (vgl. auch Rn. 13.1, 14.4 Musterabkommenskommentar zu Art. 12 OECD-MA): Vergütung für Download, Erwerb der Kopien von Software für persönlichen Gebrauch fallen unter Art.7 OECD-MA, nicht Art. 12 OECD-MA; anders bei Erwerb des Rechtes, Software zu vervielfältigen oder zu verändern. Folge? 18
19 4. Qualifikationskonflikt US-Bürger Jim zieht 2003 nach Köln. Ist Alleingesellschafter von US-S-Corporation, die in den USA nach Option durch Gesellschafter transparent besteuert wird. FinAmt möchte Gewinn der S-Corporation bei Jim in D besteuern, Jim meint, wegen US-Betriebsstätte steuerfrei. S-Corporation hat in 2003 nicht ausgeschüttet BFH v I R 48/12 FG Köln v K 4480/07: S-Corporation aus dt. Sicht KapGesellschaft, nach 20 EStG erst bei Dividendenzufluss Besteuerung. Allerdings: Doppelbesteuerung des erzielten Gewinns in USA, der ausgeschütteten Dividende in D, Betriebsstättenzuordnung, Teileinkünfteverfahren. Auslegung DBA, sofern nicht eigenständig aus dem Abkommen heraus, durch jeweiligen Anwenderstaat nach nationaler Rechtsordnung (Art. 3 Abs. 2 OECD-MA) Wer Nutzungsberechtigter der Dividende ist (Art. 10 Abs. 2 DBA-USA) bestimmt sich aus Sicht nationalen Steuerrechts der ausschüttenden Kapitalgesellschaft 19
20 5. Einkunftsarten LuF Belegenheit Gewerbebetrieb Betriebsstätte; ständiger Vertreter ( 12, 13 AO) Geschäftsleitungsbetriebsstätte; Verfügungsmacht Ausnahme Künstler/Sportler; Grundstücke; Anteilsveräußerung Immobilien Belegenheit (Veräußerung, Vermietung, Verpachtung) Rechte Überlassung an inl. Betriebsstätte eines anderen Tätigkeit im Inland Selbständige, Ausübung/Verwertung: zusätzliche Handlung erforderlich (Recht geschaffen, Gutachten wird verwertet, nicht Auskunft) Unternehmensberater gewerblich in eigener Betriebsstätte; Freiberufler Verwertung Nichtselbständige Tätigkeit Ausübung, subsidiär Verwertung, wo Arbeitsergebnisse Arbeitgeber zugute kommen; Besonderheiten: Kassenstaatsprinzip, Geschäftsführung, Luftverkehr Einkünfte aus Kapitalvermögen Sitz Schuldner Sonstige Einkünfte 20
21 6. Veranlagung und Steuerabzug Steuerabzug, Bruttobesteuerung teilweise mit Veranlagungswahlrecht: KapertSt Lohnsteuer 50a EStG (Auftrittsgage, Lizenzen) Steuerabzug hat abgeltende Wirkung; 50d EStG : Freistellung oder Erstattung Veranlagung: Gewerbebetrieb, Freiberufler etc. 50 EStG: Nettobesteuerung, aber nicht subjektives Nettoprinzip Gewinnzurechnung Betriebsstätte? 21
22 7. Erweiterte beschränkte Steuerpflicht 2 AStG: 10 Jahre nach Wegzug in Niedrigsteuerland werden inländische Einkünfte auf Basis deutschen Steuerniveaus besteuert, abgeltende Wirkung Steuerabzug durchbrochen Verfassungswidrige Ungleichbehandlung wegziehender deutscher Staatsangehöriger? BVerfG v , 2 BvL 2/83, BStBl. II 1986, 628 hat verhaltenslenkende Wirkung gebilligt, heute umstritten 22
23 IV. Wechsel zwischen unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht Schlussbesteuerung in D, da letztmals stille Reserven in D besteuert werden können? Verhältnis zur Niederlassungsfreiheit EU/EWR? Dazu EuGH, Urteil v RS.C-503/14 Europäische Kommission./. Portugiesische Republik: Gleichbehandlung natürlicher und juristischer Personen nach National-Grid-Indus-Rechtsprechung (EuGH v Rs.C-371/10) Nachlaufende Einkünfte bei Zufluss nach Übersiedlung in das Ausland, aber Tätigkeit zuvor im Inland? 23
24 1. Steuerentstrickung BFH v I R 99/08 Keine Finale Betriebsaufgabe, aber 4 Abs. 1 Satz 3 EStG; Rückausnahme: 4g EStG Ausgleichsposten 16 Abs. 3a EStG, Stundung für EWR/EU-Fälle nach 36 Abs. 3 ESTG Liquidationsfiktion 12 Abs. 3 KStG Wegzug in DBA-Staat, Ausnahme EU/EWR-Staat Wegzug natürliche Person erfordert Aufschub Besteuerung wie 6 Abs. 5 AStG nach 16 Abs. 3a EStG 24
25 2. Gewinnrealisierung 4 Abs. 1 Nr. 3 EStG: Verlegung in ausländische Betriebsstätte: Maschine wird aus Deutschland in polnische Niederlassung gebracht und fortan dort genutzt 4g EStG: über 5 Jahre gewinnerhöhend auflösen 25
26 3. Wegzugsbesteuerung 6 AStG Kapitalgesellschaftsanteile i.s.d. 17 EStG Fiktive Veräußerung Stundung in EU/EWR-Fällen Auch bei unentgeltlicher Übertragung/Wegzug Jetzt: 50 i EStG für Verhaftung Kapitalgesellschaftsanteile, um Wegzugbesteuerung zu vermeiden, in GmbH & Co. KG EuGH v Rs. C-164/12 DMC Beteiligungsgesellschaft: ögesmbh bringen Anteile an dt. KG in dt. GmbH ein. Nach 20 Abs. 6 UmwStG a.f. Aufdeckung stiller Reserven, da Besteuerungsrecht D verloren geht, aber Stundung und Streckung über 5 Jahre, laut EuGH i.o. 26
27 5. Zuzug von Kapitalgesellschaften 8 Abs. 1 KStG i.v.m. 4 Abs. 1 Satz 7 EStG: Begründung deutschen Besteuerungsrechtes, Einlage mit gemeinem Wert ( 6 Abs. 1 Nr. 5a EStG) Anteile an Kapitalgesellschaft BV Einlage Anteile Privatvermögen: 17 Abs. 2 Satz 3 ff. EStG: wenn im Ausland Wegzugsteuer, im Inland gemeiner Wert. Ansonsten historische AK, auch bei beschränkt Stpfl. 27
28 V. Vermeidung der Doppelbesteuerung im nationalen Recht Verweis auf 34c EStG, 26 KStG etc. 28
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