Wann braucht der Hausarzt den Spezialisten und das Spital. Dr.med. Thomas Gygli, Allg. Innere Medizin FMH
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- Helene Fried
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1 Wann braucht der Hausarzt den Spezialisten und das Spital Dr.med. Thomas Gygli, Allg. Innere Medizin FMH
2 «Soll ich mich operieren lassen, ich spür ja nichts!!»
3 Herausforderungen in der Hausarztpraxis Umgang mit Zufallsbefunden Umgang mit Statistik und Normwerten im Einzelfall Umgang mit Ängsten des Patienten Umgang mit eigenen Ängsten
4 Inhalt Fallvorstellung aus der Praxis Formulierung von Fragen und Dilemmatas im hausärztlichen Alltag Erwartungen an die Spezialisten/Spital
5 Fall 1: Mann, 1957 Büroarbeit, Nichtraucher, Sportler (Rudern) Anlass der Konsultation: Bruder (1956) hatte inflammatorisches Bauchaortenaneurysma (62mm), Y-Graft, vorgängig KHK mit Stents versorgt; Vater sei vor Jahren notfallmässig an der Aorta operiert worden (Dissektion?) Wunsch nach kardialer Abklärung, asymptomatisch, überdurchschnittliche Leistungsfähigkeit Echokardiographie: bicuspide Aortenklappe ohne relevante Stenose/Insuffizienz, Ektasie der Aorta ascendendes 42mm
6 Fragen des Patienten Zeitbombe? Kann ich weiter Sport machen? Muss der Befund regelmässig kontrolliert werden, in welchem Intervall? Wann wäre eine Operation notwendig? Was passiert, wenn ich nichts mache? Schmerzen?
7 Fragen des Arztes Durchmesser der Aorta als wichtigstes Kriterium? Wie genau sind die Messungen? Welche Untersuchungsmethoden bieten sich an? Sind weitere Abklärungen nötig? Müssen Sohn (Jg.1991) und Tochter (Jg.1995) auch schon kontrolliert werden?
8 Dilemma Asymptomatischer Zufallsbefund mit potentiellem Risiko Individuelle Beratung: Abwägen zwischen «Gutes Tun» versus «Nicht schaden»
9 Bio-ethische Prinzipien nach Beauchamp/Childress (1977) Gutes Tun Nicht schaden Autonomie Gerechtigkeit
10 Dilemma Asymptomatischer Zufallsbefund mit potentiellem Risiko Individuelle Beratung: Abwägen zwischen «Gutes Tun» versus «Nicht schaden» Kriterien für Beratung: Kenntnis der Persönlichkeit, der familiären Ressourcen, soziale Situation. Beurteilen wir Zufallsbefunde gleich wie erwartete Befunde?
11 Dilemma gegenüber Spezialisten: «Normative Kraft des Faktischen» Durchmesser der Aorta Risikotabellen
12 Wunsch an Spezialisten/Spital Keine Argumentation nur mit Fakten
13 Fall 2 Frau, (71-jährig): Zufallsbefund, infrarenales Aneurysma, ca. 40mm halbjährliche Kontrollen 2008: endovaskuläres Stenting (47mm) 2010: Endoleck Typ II (51cm) 2013: Embolisation und Coiling der Lumbalarterien (61mm) 2014: 2. Coiling durch Direktpunktion des Aneurysmasackes 65mm 2014: Hüft-TP links 2015: Adeno-Ca Colon Transversum pt3 pn0 cm0, Resektion 2016: 69mm
14 Therapieoptionen Komplette Sanierung durch offene Operation 3. Coiling über Direktpunktion Patientin entscheidet sich für Variante 2, aber nicht sofort!
15 Ueberlegungen Patientin seit der ersten Operation 10 Jahre älter Herzinsuffizienz, Dekonditionierung haben zugenommen Kognitive Fähigkeiten (Wertungs- und Entscheidungsfähigkeit) haben abgenommen Lebt vorwiegend im Südtirol
16 Dilemma Postoperative Komplikation, welche behandelbar wäre: Soll alles was machbar, ist auch getan werden? Haben Folgen eines früheren Eingriffs einen neuen Stellenwert? Autonomiefähigkeit nimmt ab Fürsorge müsste mehr gewichtet werden, d.h. der Entscheid sollte der Patientin abgenommen werden
17 Wunsch an Spezialisten Unterstützung bei der Entscheidungsfindung, v.a. wenn Autonomiefähigkeit abnimmt Machbarkeit nicht zu hoch werten Erklärung von neuen Begriffen, resp. Abkürzungen
18 Fall 3 Mann, 1972 St. n. Polytoxikomanie, abstinent seit 2 Jahren HIV-Infektion Stadium A2, chronische Hepatitis C, JL: plötzlicher Thoraxschmerz und Unwohlsein, NFS STZ: Troponin- Anstieg, unspez. EKG-Veränderungen, Koronarangiographie: normale Koronarien! Beurt: Perimyokarditis Nebenbefund: Aneurysma der Aorta ascendens 52x54mm (CT-Angio), Aortenklappe nicht betroffen Patient lehnt primär weitere Abklärungen und wird gegen ärztlichen Rat entlassen
19 Fragen an Spezialisten Welche Zusatzabklärungen sind nötig, um das Risiko abschätzen zu können? Welche Verlaufskontrollen bieten sich an, wenn kein Eingriff mittelfristig in Frage kommt? Wieviel Compliance ist nötig im Hinblick auf die Nachsorge?
20 Erwartungen an Spital/Spezialist Entscheidungsfindung immer komplex und individuell Interdisziplinäre Besprechung nötig Abwägen zwischen zwingender Indikation und Machbarkeit Risiko/Angst nicht als Schlüsselargument einsetzen Verständliche Begriffe verwenden Einfache Nachkontrollen (Intervalle, Art der Untersuchung) festlegen
21 Informationen vom Hausarzt/ärztin Zusatzinformationen über: Persönlichkeit Compliance Familiäre Strukturen Soziale Vernetzung Resourcen Kognitive Fähigkeiten Krankheits- resp. Gesundheitsverständnis
22 Alternativen zu Fakten
23 Danke für die Aufmerksamkeit
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