Weniger Fläche mehr Ertrag
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- Luisa Geisler
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1 6/2015 Juni ,00 Euro. 61. Jahrgang. H 30859F OST WEST CONTACT Das Wirtschaftsmagazin für Ost-West-Kooperation Ukraine Weniger Fläche mehr Ertrag Polen Mehr Innovation mit deutschen Partnern Russland Investitionsbedingungen 2015 Bulgarien Passender Rahmen für die IT-Branche Osteuropaverein Investitionsstandort St. Petersburg
2 Die Anbaufläche für Getreide schrumpfe 2014 stark. [ Branchenreport ] Weniger Fläche, mehr Ertrag Agrarwirtschaft: Auswirkungen der Annexion der Krim und des Krieges im Osten auf die Landwirtschaft Von Dr. Oleksandr Perekhozhuk, Dr. Ivan Djuric und Dr. Linde Götz Die russischen Interventionen auf der Krim im März 2014 und in der Ostukraine hatten deutliche Konsequenzen für die Agrarwirtschaft der Ukraine. Der Ausfall der von Russland annektierten Autonomen Republik Krim und der von den Separatisten kontrollierten sechs von 18 Rayons im Gebiet Luhansk sowie fünf von 18 Rayons im Gebiet Donezk haben zu spürbaren Veränderungen in der Produktion von Agrar- und Nahrungsmitteln geführt. Vor allem konnte in diesen Regionen die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln nicht aufrechterhalten werden. X Die Autoren Dr. Oleksandr Perekhozhuk, Dr. Ivan Djuric und Dr. Linde Götz forschen am Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO) in der Abteilung Agrarmärkte. 66 Foto: Olia Gozha/ flickr.com Ost-West-Contact 6/2015
3 2014 schrumpfte nach Angaben des Staatlichen Statistikamtes der Ukraine (DerschKomStat) die gesamte Anbaufläche um zirka 1,1 Millionen Hektar oder 3,8 Prozent und zwar ohne die vorübergehend besetzten Territorien der Autonomen Republik Krim und Sewastopol sowie der Zone der antiterroristischen Operation. Besonders stark sind die Anbauflächen von Getreide und Hülsenfrüchten (-8,7 Prozent) sowie Futterpflanzen betroffen. Demgegenüber wuchsen die Anbauflächen von technischen Pflanzen, also Zuckerrüben, Ölsaaten und Sojabohnen, um 7,2 Prozent. In der Struktur der ukrainischen Anbauflächen gab es im Vergleich zum Vorjahr insgesamt deutliche Veränderungen (vgl. Tabelle. Ungeachtet des Ausfalls von Anbauflächen im vorübergehend besetzten Territorium der Krim und der einzelnen Teilregionen im Osten des Landes ist die Produktion der wichtigsten landwirtschaftlichen Erzeugnisse wie Getreide, Zuckerrüben, Sojabohnen, Kartoffeln und Gemüse gestiegen im Jahresvergleich besonders stark bei Zuckerrüben (46 Prozent) und Sojabohnen (40 Prozent) (vgl. Tabelle 2). Dieser Anstieg geht auf eine bemerkenswert starke Steigerung der Ernteerträge im Jahr 2014 gegenüber dem Vorjahr zurück. Laut DerschKomStat stieg der durchschnittliche Hektarertrag von Getreide und Hülsenfrüchten in diesem Zeitraum um 9,5 Prozent auf 43,7 Dezitonnen, bei Zuckerrü- Tabelle 1. Landwirtschaftliche Anbauflächen in der Ukraine Jahr Maßeinheit Gesamt Getreide und Hülsenfrüchte Technische Pflanzen Kartoffeln, Gemüse und Kürbispflanzen Futterpflanzen Tsd. ha Tsd. ha % 3) Tsd. ha % 3) Tsd. ha % 3) Tsd. ha % 3) 2013 Tsd. ha , ,9 57, ,4 27, ,3 6, ,7 6, Tsd. ha , ,6 56, ,0 28, ,9 7, ,6 7,0 % 2) 97,3 96,7 98,1 97,9 98, Tsd. ha , ,8 54, ,4 31, ,7 7, ,2 7,0 % 2) 96,2 91,3 107,2 96,9 91,8 Die Angaben sind ohne vorübergehend besetztes Territorium der Autonomen Republik Krim und Sewastopol; im Jahr 2014 sind die Angaben auch ohne Berücksichtigung der Zone der antiterroristischen Operation. 2) Die Angaben in Prozent sind im Vergleich zum Jahr 2013 berechnet worden. 3) Die Angaben in Prozent sind im Vergleich zum Gesamt berechnet worden. Quelle: Statistisches Jahrbuch Pflanzenbau der Ukraine des Staatlichen Statistikamtes der Ukraine, Ost-West-Contact 6/
4 Tabelle 2. Produktion der wichtigsten Pflanzenerzeugnisse in der Ukraine Jahr Maßeinheit Zuckerrüben Sonnenblumen Sojabohnen Raps Kartoffeln Gemüse 2013 Tsd. t , , , , , ,7 659, , Tsd. t , , , , , ,3 653, ,1 % 2) 98,8 100,0 99,0 99,0 98,8 99,3 99,1 96, Tsd. t , , , , , ,0 758, ,3 % 2) 101,3 145,8 100,6 91,7 139,9 93,5 115,1 115,7 Die Angaben sind ohne vorübergehend besetztes Territorium der Autonomen Republik Krim und Sewastopol; im Jahr 2014 sind die Angaben auch ohne Berücksichtigung der Zone der antiterroristischen Operation. 2) Die Angaben in Prozent sind im Vergleich zum Jahr 2013 berechnet worden. Quelle: Statistisches Jahrbuch Pflanzenbau der Ukraine des Staatlichen Statistikamtes der Ukraine, Tabelle 3. Ausländische Direktinvestitionen in der Ukraine am Jahresanfang Zum Vorjahr Mio. USD % Mio. USD % Mio. USD % Mio. USD % Mio. USD % Getreide und Hülsenfrüchte Ölpflanzen Gesamt ,4 100, ,3 100, ,4 100, ,0 100, ,4 80,5 Landwirtschaft 725,3 1,5 717,8 1,3 776,9 1,4 594,1 1,3-182,8 76,5 Industrie ,7 29, ,4 30, ,5 31, ,1 32, ,4 82,0 Bergbau 1 136,0 2, ,5 2, ,1 3, ,2 3,2-491,9 74,8 Verarbeitungsindustrie ,8 26, ,7 25, ,6 26, ,5 27, ,1 84,4 Lebensmittel, 2 194,2 4, ,6 5, ,0 5, ,4 6,0-495,6 84,6 Tabak Bau 1 176,8 2, ,5 2, ,0 2, ,9 2,8-290,1 81,6 Groß-und Einzelhandel 5 367,6 11, ,1 11, ,3 12, ,2 13,1-810,1 88,1 Finanzen und 16329,2 33, ,8 30, ,9 26, ,4 25, ,5 76,7 Versicherungen andere ,8 22, ,8 23, ,7 25, ,5 25, ,2 79,0 Die Angaben sind ohne vorübergehend besetztes Territorium der Autonomen Republik Krim und Sewastopol. Quelle: Statistisches Jahrbuch Ausländische Investitionen der Ukraine des Staatlichen Statistikamtes der Ukraine, ben sogar um 19,5 Prozent auf 476,5 Dezitonnen. Dem entgegen sanken im selben Zeitraum die Durchschnittsernteerträge von Ölpflanzen und Sonnenblumen um 5,6 Prozent respektive 10,6 Prozent. Dennoch liegen die Ernteerträge noch immer unter dem Niveau der EU-Landwirtschaften. Viehbestände verringert Der Russland-Ukraine-Konflikt im Osten und Süden des Landes hat zu einem starken Rückgang der Bestände in der Vieh- und Geflügelwirtschaft geführt. Laut DerschKomStat verringerte sich ohne Berücksichtigung dieser Teilregionen der Rinderbestand um 14,3 Prozent auf knapp 3,9 Millionen. Bei Schweinen, Pferden sowie Schafen und Ziegen waren innerhalb Jahresfrist Minderungen ähnlicher Größenordnung zu verzeichnen. Demzufolge sanken nicht nur die Schlachtmengen, sondern auch die Produktion weiterer tierischer Erzeugnisse wie Milch (-3,1 Prozent), Eiern und Wolle sowie Honig ging zurück. Starker Rückgang ausländischer Direktinvestitionen Noch zum Jahresbeginn 2014 verzeichnete die Ukraine einen Zufluss ausländischer Direktinvestitionen (FDI) von rund 3,3 Milliarden US-Dollar. Der FDI-Anteil in der Landwirtschaft betrug zirka 1,4 Prozent. Hier investierten ausländische Gesellschaften vor allem in die Getreideproduktion und in neue Maschinen. Die Lebensmittelindustrie attrahierte bis zu fünf Prozent der FDI. Im Verlauf des Kriegsjahres 2014 sanken der FDI-Zufluss wie auch der FDI-Bestand erheblich: Bis Anfang 2015 wurde ausländisches Kapital in Höhe von 180 Millionen US-Dollar aus dem Agrarsektor und damit gut ein Viertel des vorherigen Werts abgezogen, in der Lebensmittelindustrie sogar eine halbe Milliarde US-Dollar. In allen Wirtschaftssektoren summierte sich der Abzug ausländischen Kapitals auf 45,9 Milliarden US-Dollar. Erschwerend kommt hinzu, dass die Verringerung des Kapitalzuflusses beziehungsweise der starke Kapitalabfluss in Verbindung mit der Abwertung der ukrainischen Hrywnja um 50 Prozent binnen Jahresfrist einen Anstieg des ohnehin schon hohen Zinsniveaus verursachten. Neuinvestitionen sind dadurch stark verteuert. Die starke Abwertung machte ukrainisches Getreide gegenüber dem Angebot von Wettbewerbern billiger. Somit überrascht der starke Anstieg Foto: Cargill 68 Ost-West-Contact 6/2015
5 Zusammenfassung und Schlussfolgerung Für 2015 ist damit zu rechnen, dass die gestiegenen Kosten für landwirtschaftliche Produktionsfaktoren und die ebenfalls stark gestiegenen Kosten für Kredite zu einem Rückgang der Agrarproduktion, insbesondere der Getreideproduktion, führen werden. Der Russland-Ukraine-Konflikt wird die Agrar- und Ernährungswirtschaft der Ukraine noch auf Jahre beeinträchtigen. KONTAKT Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO), Halle (Saale) Die Anbauflächen und die Produktion von Soja haben zugelegt. der ukrainischen Getreideexporte im Wirtschaftsjahr 2014/2015 auf über 22,6 Millionen Tonnen keineswegs. Ein Anstieg von Agrarexporten sowie die höheren Importpreise verringern jedoch gleichzeitig das Angebot auf dem heimischen Markt. Erhöhungen der Nahrungsmittelpreise sind die Folge; 2014 stiegen sie um 43 Prozent gegenüber dem Vorjahr, wie Dersch- KomStat im April 2015 berechnete. Betriebsschließung infolge des Krieges im Osten Infolge der kriegerischen Auseinandersetzungen wurden mit dem Stirol-Werk in Horliwka bei Donezk und dem Azot- Werk in Sjewjerodonezk (Luhansk) die zwei größten Anlagen zur Düngerproduktion geschlossen. Beide Fabriken gehören zum Unternehmen Ostchem der Unternehmensgruppe Group DF, die im Besitz des ukrainischen Oligarchen Dmytro Firtasch ist. Ende Mai 2015 hat Group DF angekündigt, zwei weitere Düngemittelwerke bei Tscherkassy und bei Rivne zu schließen. Sie begründete diesen Schritt mit dem systematischen Druck auf das Unternehmen durch die heutige ukrainische Regierung. In der Folge verringerte sich das Angebot auf dem heimischen Markt und die Preise für Düngemittel zogen extrem an. Auch der transnationale Agrarkonzern Cargill schloss seinen Ölextraktionsbetrieb in Donezk. Handelsgeschäfte und die Produktionsprozesse in Teilregionen der Gebiete Donezk und Luhansk wurden stark eingeschränkt. Dieser Artikel ist im Projekt Agricistrade entstanden, das von der Europäischen Kommission im Rahmen des 7. Rahmenforschungsprogramms gefördert wird ( Der Agrarkonzern Cargill musste seinen Ölextraktionsbetrieb in Donezk schließen. Im Bild: Cargill-Werk in Warschau/Polen Ost-West-Contact 6/
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