Klinik für Anästhesiologie, Intensiv-, Notfall-, Schmerzund Transfusionsmedizin (Gilead) Prof. Dr. med. F. Mertzlufft. Postoperatives Delir
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- Krista Thomas
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Transkript
1 Durch den Wind Postoperatives Delir
2 Allgemeines Geschichte des Begriffs Häufigkeit, Verlauf Definition Klinik (Symptome, Diagnose, Screening) Ursachen Prävention Therapie
3 Bevölkerungsentwicklung Das Statistische Bundesamt rechnet für 2050 mit 27,5 Mio. über 65-jährigen Menschen. In der Altersgruppe 80-jährige und älter (Hochbetagte) steigt die Zahl relativ von 3,8% im Jahr 2008 auf 15% im Jahr 2050, absolut von 3,1 auf 10 Mio. Menschen
4 Dadurch kommt es zu einer zunehmenden Anzahl von deliranten Patienten auf Intensivund Normalstationen
5 Kurze Geschichte des Begriffs Aulus Cornelius Celsus(25 v. Chr. 50 n. Chr.) prägte den Begriff Delirium (Verwirrtheit bei hohem Fieber oder Kopfverletzungen) deliraire= aus der Furche / aus der Spur gehen, übertragen: abseits des Pfades unterschied es von Mania, Hysteria und Melancholia.
6 Kurze Geschichte des Begriffs Karl Ludwig Bonhoeffer( ) prägte mit seinen akuten exogenen Reaktionstypen(1917): Delir, Amentia, Halluzinose, Dämmerzustand und epileptische Erregung den Delirbegriff der klassischen deutschen Psychiatrie. fand das Gesetz der Unspezifität
7 Kurze Geschichte des Begriffs Deutsche Tradition: Delir bei Suchtkrankheiten, Verwirrtheit, Amentia bei anderen Ursachen Die exogenen Reaktionstypen. Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten. 1917, 58: Karl Ludwig Bonhoeffer Heute nach ICD-10 / DSM-IV nur noch ein einheitlicher Begriff: Delir Aber verschiedene ICD-10 Nummern, bei Suchterkrankungen: F1x.4 bei anderen Ursachen: F05.x
8 postoperative delirium (POD) postoperative cognitive dysfunction (POCD) andere Ausdrücke für das Delir Durchgangssyndrom Psychosyndrom akutes hirnorganisches Psychosyndrom (HOPS) akuter Verwirrtheitszustand acute brain failure, acute brain syndrome akuter exogener Reaktionstyp (Bonhoeffer, 1908) körperlich begründbare Psychose (Schneider, 1948)
9 Das Bild kann nicht angezeigt werden. Dieser Computer verfügt möglicherweise über zu wenig Arbeitsspeicher, um das Bild zu öffnen, oder das Bild ist beschädigt. Starten Sie den Computer neu, und öffnen Sie dann erneut die Datei. Wenn weiterhin das rote x angezeigt wird, müssen Sie das Bild möglicherweise löschen und dann erneut einfügen. Klinik für Anästhesiologie, Intensiv-, Notfall-, Schmerzund Durchgangssyndrom ist ein inadäquater Begriff, da es einen vorübergehenden Zustand suggeriert.
10 Hirnorganisches Psychosyndrom HOPS obsoleter Begriff, der nicht genügend differenziert!
11 Inzidenz des POD Delir Inzidenz bei verschiedenen Operationen insgesamt: 10 60% 20 80% abdominalchirurgischeeingriffe 24% hüftchirurgische Eingriffe 45% alte Patienten -73% nach Op. eines grauen Stars <5% Vergleich mit anderen postoperativen Komplikationen 0.1% tödliche Lungenembolien innerhalb von 3 Monaten nach einer Hüftoperation 1% signifikante Wundinfektionen nach elektiven Hüft-und Knieoperationen
12 Unfallchirurgische Operationen die zu einem Delir führen können (in absteigender Häufigkeit) proximaler Femur proximaler Humerus distaler Radius Becken
13 POD zeitlicher Verlauf Auftreten bis zum dritten Tag nach der Operation am häufigsten am zweiten postoperativen Tag Dauer im Mittel sieben Tage kürzere und längere Verläufe zirka 10 % der Patienten benötigen bis zu einem Monat zur Überwindung des Delirs alle Verwirrtheitsphasen länger als vier Wochen hinterfragen (chronische Ursachen, z.b. Demenz, abgelaufene zerebrale Hypoxie?). Beginn des POD erst nach mehreren Tagen? andere Ursache als die Operation, z.b. postoperativer Infekt? Exsikkose?
14 Definition Das Delir ist eine Veränderung des Zentralnervensystems, charakterisiert durch einen akuten Beginn und Fluktuieren der Störungen der geistigen Fähigkeiten, der Psychomotorik, der Affektivität und der Bewusstseinslage. Die Störung der Bewusstseinslage weist auf eine hirnorganische Störung hin. Das Delir ist ein ätiologisch unspezifisches hirnorganisches Syndrom.
15 Delir-Subtypen hypoaktives Delir Müdigkeit, Antriebslosigkeit, pflegeabhängiger, funktionell schlechter, im Alter schlechtere Prognose? eher übersehen hyperaktives Delir Halluzinationen, Wehrigkeit, Agitiertheit, Aktivität selten übersehen Mischtypen keine psychomotorischen Veränderungen subsyndromales Delir
16 Heutige diagnostische Kriterien des Delirs: nach ICD-10: Bewusstseinsstörung Globale kognitive Störungen Psychomotorische Störungen Schlaf-Wach-Rhythmus gestört Affektive Störungen Entwickelt sich in kurzer Zeit Fluktuiert im Tagesverlauf Gesamtdauer < 6 Monate
17 ScrenningTest: Nursing Delirium Screening Scale
18 Multifaktorielles Modell
19 Multifaktorielles Modell
20 Einige das postoperative Delir begünstigende Faktoren Einflüsse von Seiten der Operation lange andauernde chirurgische Eingriffe extrakorporaler Kreislauf bei Herz-Lungen-Maschine Notfall- vs. elektive Operation Medikamente (vor allem mit zentraler oder anticholinerger Wirkung) postoperative Tramadolgabe postoperative Aufnahme auf eine Intensivstation hypotone Werte intraoperativ hoher APACHE II-Score bei Aufnahme in die Chirurgische ICU hoher Cortisolspiegel am ersten postoperativen Tag schweres Trauma bei Unfallpatienten unzureichend therapierte Schmerzzustände Fixierungsmaßnahmen iatrogene Maßnahmen (z.b. Blasenkatheter).
21 Einige das postoperative Delir begünstigende Faktoren Einflüsse von Seiten des Patienten hohes Alter und höhere ASA-Klasse 3-4 eingeschränkte Mobilität vor der Operation arterieller Hypertonus kognitive Einschränkungen ein erhöhter präoperativer Hilfebedarf im Alltag ein früheres postoperatives Delir ein früherer Schlaganfall mangelnde Ernährung eine hohe Zahl an diagnostisch-therapeutischen Prozeduren schwere Erkrankungen (Sepsis, Schock) Infektionskrankheiten Elektrolytstörungen (z.b. Hyponatriämie) Atemstörung (z.b. Hypoxämie) Anämie.
22 Symptomatik: Innerhalb von Stunden nach delirogener Medikation oder Vergiftung. Innerhalb von 48 Stunden nach Operation. BeiEntzugsdelirienabhängigvon Halbwertszeitder Substanz Alle Symptome kommen und gehen oder verändern sich in ihrer Ausprägung im Tagesverlauf. Luzide Intervalle kommen vor. Vorsicht bei der Beurteilung aufgrund nur kurzer oder einmaliger Untersuchung!
23 Diagnostik: Fremdanamnese ist zentral cerebrale Vorschädigung (z.b. Demenz)? Medikamentenanamnese neu an- und abgesetzte Medikation? Dosisänderungen Verlässlichkeit der Einnahme langjährige Schlafmittelgewöhnung/-abhängigkeit Körperliche, neurolog.-psychiatr. Untersuchung...
24 apparative Diagnostik Zusätzliche Untersuchungen: Herzfrequenz, Blutdruck, Flüssigkeitshaushalt EKG, Rö-Thoraxaufnahme Blutwerte (z.b. Blutbild, Natrium, Kalium, Mg, Calcium, Harnstoff, Kreatinin, CRP, Blutzucker, GOT, AP, LDH, γgt, Bilirubin, CK, Blutfette, Gesamteiweiß und Eiweißelektrophorese, TSH basal, Blutgasanalyse, ggf. Toxikologie, Digitalisspiegel) weiterführende Untersuchungen je nach Fall cct, cmrt, EEG, Lumbalpunktion...
25 Potentiell delirogene Medikamente: Neuroleptika Trizyklische Antidepressiva Spasmolytika Antihistaminika H 2 -Blocker Ophtalmologica Antiparkinsonmittel Analgetika Antikonvulsiva Antibiotika Benzodiazepine andere z.b. Chlorpromazin, Promethazin z.b. Amitryptilin, Doxepin z.b. Butylscopolamin z.b. Diphenhydramin z.b. Cimetidin, Ranitidin z.b. Atropin-haltige Augentropfen z.b: Anticholinergika, Dopaminagonisten, L-Dopa z.b. generell Opioide und Opiate, Azetylsalizylsäure in höherer Dosierung, NSAR z.b. Phenytoin, Valproinsäure, Carbamazepin z.b. Gyrasehemmer, Sulfonamide, Tuberkulostatika z.b. der Entzug von Benzodiazepinen z.b. Kortikosteroide, Lithium, Digitalisglykoside, Propanolol, Clonidin, Chinidin, Ciclosporin, Theophyllin, Lidocain, Mexiletin
26 Maßnahmen zur Prophylaxe des POD kurze, schonende Anästhesie und Operation Behandlung der zugrundeliegenden Ursachen des Delirs Weglassen/Reduktion delirträchtiger(vor allem zerebral wirksamer) Medikamente ausreichende Flüssigkeits- und Kalorienzufuhr Blutdruck- und Herzfrequenz einstellen Ausgleich von Elektrolyt-und Stoffwechselstörungen (z.b. Hyperglykämie, Hyponatriämie)
27 Prophylaxe / supportive Therapie postoperative Mobilisierung und Aktivierung tagsüber ruhige, klar strukturierte Umgebung, konstante Bezugspersonen Orientierungshilfen (z.b. Hörgerät, Brille, Uhr, Kalender, Bezugsperson oder rooming in für Angehörige) Schulung der Mitarbeiter zur Früherkennung und im Umgang mit dem Delirpatienten Information der Angehörigen biographiegestützteinterventionen (z.b. Photos, persönliche Gegenstände) engere Überwachung
28 Prophylaxe: Frühzeitige Bewegung: frühzeitige OP-Versorgung, rasche Mobilisation, belastungsstabile OP-Verfahren Krankengymnastik Training Bett-Stuhl Transfer adäquate Hilfsmittel (Gehstock, Rollator...) Förderung der Autonomie
29 Prophylaxe: Förderung Tag/Nacht-Rhythmus Licht tagsüber, nachts ruhig morgens waschen, normale Kleidung, essen am Tisch, abendliches Training für eine entspannte Schlafatmosphäre sorgen...
30 Prophylaxe: adäquate Schmerztherapie z.b. Novalgin/ Ibuprofen in ausreichender Dosierung z.b. Oxycodon 10 2x1 Tabl. p.o. (Opiate wenn möglich vermeiden)
31 Pharmakologische Therapie symptomatisch: Haloperidol 10 mg initial, 1-2 mg/die (i.v. nur mit EKG-Monitoring, da QT-Zeit Verlängerung) Seroquel (Quetiapin) Melperon Saft Pipamperon, Dipiperon Risperidon off label Dominal forte (nicht für ältere Pat.)
32 das bedeutet praktisch: Haloperidol < 3 mg/die keine Benzodiazepine, nur bei Entzugsdelir Distraneurin (Clomethiazol) hat viele Nachteile kein Chloralhydrat Clonidin verschlechtert die Kognition Anwendung bei C 2 -Entzugsdelir Dexdor ist besser, jedoch sehr teuer, nur auf ITS Physostigmin (Anticholium) nur bei anticholinergem Delir
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34 Prognose beim postoperativen Delir: Mortalität auf etwa das 2-3fache erhöht z.b. bei abdominal-chirurgischen Patienten 3,3% vs. 14% Häufigkeit postoperativer Komplikationen ist bei POD größer höheren Ressourcenverbrauch längeren Verweildauer auf einer Intensivstation oder im Krankenhaus längeren Aufenthalt auf der Intensivstation längere Beatmungsdauer längeren Krankenhausaufenthalt höhere Kosten Bis zu 3-fach höheres Sterblichkeitsrisiko
35 Zusammenfassung: Das postoperative Delir (POD) ist die häufigste postoperative Komplikation (im Alter). Auftreten in den ersten drei postoperativen Tagen Alter und OP-Dauer wichtige Risikofaktoren Screening mit verschiedenen Instrumenten Ursachen: Neurotransmitterungleichgewicht Interventionsprogramm denkbar Risikoreduktion möglich Therapie mit Neuroleptika Haloperidol neuere Neuroleptika (z.b. Risperdal, Seroquel)
36 Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
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Delir u.a. am Beispiel des postoperativen Delirs (Definition, Formen, Ursachen und Behandlung) Zercur Hannover, 2013 K. Hager
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