Die Entscheidung Grauzementkartell des BGH und ihre Folgen für die kartellrechtliche Bußgeldberechnung
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1 Die Entscheidung Grauzementkartell des BGH und ihre Folgen für die kartellrechtliche Bußgeldberechnung Kölner Seminar des FIW 4. Juli 2013 Dr. Justus Herrlinger
2 Hat der BGH solche Kartellbußgelder gemeint? Aktuelles Beispiel: Procter & Gamble: Umsatz 2012 ca. 65 Mrd. Bußgeldobergrenze: 6,5 Mrd. Mittelschwerer Verstoß: 3,3 Mrd.? Laut Fallbericht Drogerieartikel haben P&G und Gilette Einsprüche zurückgenommen Praktisch alle großen Unternehmen der Welt sind in Deutschland tätig: kleinstes der Fortune 500 Global erzielt ca. 17 Mrd. Umsatz Noch Rangnr. 130 der aus Deutschland stammenden Unternehmen erzielt ca. 5 Mrd. Grauzementkartell -Beschluss des BGH und Folgen für kartellrechtliche Bußgeldberechnung White & Case 1
3 1. Vorgeschichte
4 Bußgeldberechnung vor Grauzement 81Abs.4,7GWB Seit 2005: Geldbuße darf 10 % des Gesamtumsatzes nicht übersteigen BKartA kann allg. Verwaltungsgrundsätze zur Bußgeldbemessung festlegen Seit 2007: Gesamtumsatz ist weltweiter Umsatz der wirtschaftlichen Einheit Bußgeldleitlinien 2006 Grundbetrag: bis 30% des tatbezogenen Umsatzes für gesamte Dauer des Verstoßes Erschwerende / mildernde Umstände 10% des Gesamtumsatzes als Kappungsgrenze Grauzementkartell -Beschluss des BGH und Folgen für kartellrechtliche Bußgeldberechnung White & Case 3
5 Bußgeldberechnung vor Grauzement Motivation der GWB-Änderungen 2005 und 2007 war Anpassung an EU Recht (VO 1/2003, Bußgeldleitlinien 2006 und EU Rechtsprechung) Beschlussempfehlung Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (BT-Drs. 15/5049, S. 50): Um der dezentralen Anwendung des europäischen Wettbewerbsrechts praktische Wirksamkeit ( effet utile ) zu verschaffen, wird die Bußgeldbemessung nach deutschem Recht der europäischen Regelung angepasst. ( ) Im Rahmen einer teleologischen Auslegung sind daher auch die von der Europäischen Kommission praktizierten Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen mit heranzuziehen. Beschlussempfehlung Ausschuss für Wirtschaft u. Technologie (BT-Drs.16/7156, S. 11): durch die Neuregelung wird klargestellt, dass eine solche Umsatzzurechnung im Konzern auch im Rahmen der Kappungsgrenze des 81 Abs. 4 GWB zu erfolgen hat und hierzu entsprechend der europäischen Rechtslage auf den Begriff der wirtschaftlichen Einheit abzustellen ist Grauzementkartell -Beschluss des BGH und Folgen für kartellrechtliche Bußgeldberechnung White & Case 4
6 Bußgeldberechnung vor Grauzement Kappungsgrenze von Anfang an umstritten Analogie zur verfassungswidrigen Vermögensstrafe (BVerfGE 105, 135 ff) Praktische Anwendungsschwächen der Leitlinien Häufig rechnerisch zu hohe Bußgelder mehrjährige Verstöße Keine Berücksichtigung der Wertschöpfung des Umsatzes Unbestimmter Verstoß (z. B. Informationsaustausch) (Nahezu) Monoprodukt-Unternehmen Wenig vorhersehbare Anpassungen durch BKartA auf dem Verhandlungswege Grauzementkartell -Beschluss des BGH und Folgen für kartellrechtliche Bußgeldberechnung White & Case 5
7 Das Grauzementkartell Von 1991 bis 2001 mehrere Regionalkartelle für den Vertrieb von Grauzement Bußgeldbescheide des BKartA (März/April 2003, B1-100/02) 660 Mio. gegen sechs Unternehmen auf Grundlage einer Mehrerlösberechnung OLG Düsseldorf ( , VI-2a Kart 2-6/08) Milderes Gesetz ( 4 Abs. 3 OWiG): Gesetzesänderung zwischen Tatbeendigung und Entscheidung 81 Abs. 4 GWB 2005/07 regelt Obergrenze, nicht Kappungsgrenze Obergrenze in (fast) allen Fällen höher als höchstes Bußgeld nach GWB 1999 Abweichende Mehrerlösberechnung: Reduzierung der Bußgelder um mehr als 50% Grauzementkartell -Beschluss des BGH und Folgen für kartellrechtliche Bußgeldberechnung White & Case 6
8 2. Die Methodik der Bußgeldbemessung des BGH
9 Der Beschluss Grauzementkartell des BGH Beschluss vom , KRB 20/12 Grauzementkartell Verwerfung der Rechtsbeschwerden der Betroffenen bei mildernder Berücksichtigung der Verfahrensdauer Zentrale Aussagen: 1. 10%-Grenze ist Ober-, nicht Kappungsgrenze für Bußgeldhöhe 2. Berechnung der 10%-Grenze anhand der Konzernumsätze (auch nach GWB 2005) 3. Sanktionsfindung durch eigenständigen Erkenntnisakt des Gerichts anhand der gesetzlich vorgegebenen Bemessungskriterien ( 17 Abs. 3 OWiG) Grauzementkartell -Beschluss des BGH und Folgen für kartellrechtliche Bußgeldberechnung White & Case 8
10 Was bedeutet Ober- statt Kappungsgrenze? Die 10%-Grenze des 81 Abs. 4 S. 2 GWB ist in verfassungskonformer Auslegung als Obergrenze zu verstehen Bisherige Praxis BKartA Methode Grauzementkartell Gesamtumsatz Gesamtumsatz tatbezogener Umsatz ggf. Kappung 10% 10% 30% Grauzementkartell -Beschluss des BGH und Folgen für kartellrechtliche Bußgeldberechnung White & Case
11 Was bedeutet Ober- statt Kappungsgrenze? (Forts.) Nur Maximalbußgeld ihv 10% identisch War für diversifizierte, internationale und Großunternehmen bisher kaum relevant Einerseits: umso größer Differenz Gesamtumsatz tatbetroffener Umsatz desto weiter kann Obergrenze des BGH 30% von tatbezogenem Umsatz übersteigen Andererseits: Berücksichtigung mehrerer Tatjahre nach Leitlinien, ist nach nach BGH nicht mehr relevant (Jahresumsatz vor Bußgeldbescheid) Nicht vergleichbare Berechnungswege mit nicht vergleichbaren Ergebnissen Grauzementkartell -Beschluss des BGH und Folgen für kartellrechtliche Bußgeldberechnung White & Case 10
12 Begründung der Obergrenze BGH: Keine Verfassungswidrigkeit gem. Art. 103 Abs. 2 GG, weil verfassungskonforme Auslegung möglich Lesart als Obergrenze wahrt Bestimmtheitserfordernis Gewollte Anpassung an EU-Recht bleibt unklar Begriff der Kappungsgrenze nur in Materialien (Tz. 53) Gesetzgeberischer Wille bzgl. paralleler Regelung zu EU-Recht kann offenbleiben, denn Kappungsgrenze wäre verfassungswidrig (Tz. 55 f.) Unter- und Obergrenze ist unverzichtbarer Orientierungsrahmen für Richter Kappungsgrenze entspricht nicht einmal annähernd denkbar schwerstem Fall Kartellbehördliche Leitlinien können gesetzlichen Maßstab nicht ersetzen In Owi-Verfahren kommt Gericht eigentliche Untersuchung und Aufklärung der wahren Beschaffenheit der Tat inkl. Ahndung zu: eigenständiger Erkenntnisakt Grauzementkartell -Beschluss des BGH und Folgen für kartellrechtliche Bußgeldberechnung White & Case 11
13 Weitere Elemente der verfassungsgemäßen Obergrenze Kombination dreier Aspekte führt teilweise zu sehr zweifelhaften Ergebnissen der 10%-Obergrenze 1. Nicht weiter differenzierter Bezug allein auf Umsatzerlöse 2. Konzernbetrachtung / wirtschaftliche Einheit 3. Trotz Lesart als Obergrenze fehlt absolute, betragsmäßige Begrenzung (gegen rechnerische Exzesse) Grauzementkartell -Beschluss des BGH und Folgen für kartellrechtliche Bußgeldberechnung White & Case 12
14 Umsatzerlöse als Maßstab der Obergrenze Laut BGH sind Umsätze geeigneter Maßstab (Tz. 62 f.), weil aussagekräftig im Hinblick auf die Größe des Unternehmens lassen Rückschlüsse auf Stellung [des Unternehmens] am Markt zu relativ leicht feststellbar starre Obergrenze wäre nicht gleichzeitig für kleinere und sehr große Unternehmen geeignet zusätzliche, betragsmäßig feststehende Grenze (wie für Tagessätze, 40 Abs. 2 S. 2 StGB) weder zweckmäßig noch verfassungsmäßig geboten Grauzementkartell -Beschluss des BGH und Folgen für kartellrechtliche Bußgeldberechnung White & Case 13
15 Konzernumsätze als Maßstab für Obergrenze Konzernverbund Kartell 10% des Konzernumsatzes A B C D 10% des Gesellschaftsumsatzes BGH: gilt auch für GWB 2005: Gesamtumsatz des Unternehmens (ohne wirtschaftliche Einheit) Für GWB 2005 insoweit anders: OLG Düsseldorf v , V-1 Kart 1-6/12 (OWi) Silostellgebühren I Grauzementkartell -Beschluss des BGH und Folgen für kartellrechtliche Bußgeldberechnung White & Case 14
16 Wer zählt zum Konzernverbund? Für GWB 2005 (ohne wirtschaftliche Einheit ) Positiv entschieden (Tz. 71): 100%-Beteiligungen 89%-Beteiligung + Gewinnabführungsvertrag + einheitliche Geschäftsleitung Weitere Formulierungen im Beschluss: sämtliche Umsätze der isd 36 Abs. 2 GWB verbundenen Unternehmen (Tz. 66) wirtschaftliche Einheit, zu der die verbundenen Unternehmen hinzuzurechnen sind, die in einem Konzernverbund ( 18 AktG) unter einheitlicher Leitung stehen (Tz. 69) Umsätze der zu ihr im Konzernverbund stehenden Gesellschaften (Tz. 69) Gesamtunternehmen, Gesamtkonzern (Tz. 70) Grauzementkartell -Beschluss des BGH und Folgen für kartellrechtliche Bußgeldberechnung White & Case 15
17 Wer zählt zum Konzernverbund? Grenzfälle zwischen 36 Abs. 2 GWB und wirtschaftlicher Einheit Paritätische GU BGH: Paritätische GU bei einheitlicher Leitung + gleichgerichteten Interessen (?) ( 17 AktG) EuG v , T-76/08 EI DuPont, Tz. 63 ff.: gemeinsame Kontrolle (50/50 GU) bewirkt wirtschaftliche Einheit Sperrminoritäten AktG: (-) Wirtschaftliche Einheit : wohl (+) Grauzementkartell -Beschluss des BGH und Folgen für kartellrechtliche Bußgeldberechnung White & Case 16
18 3. Kritik der Methodik nach Grauzement
19 Kritische Ergebnisse der Obergrenze 1. Ausreichend gerechtfertigte Ungleichbehandlung? Gleicher Verstoß bei gleichem betroffenen Umsatz: sehr ungleiche Bußgelder a) b) Konzernverbund Gesamtumsatz 20 Mrd. A B 500 Mio. Bußgeld: 25 Mio.(?) 500 Mio. Bußgeld: 1 Mrd. (?) Bloße Umsatzgröße des Gesamtkonzerns als ausreichendes tertium comparationis? Aber gesetzgeberische Grundentscheidung für Umsätze und wirtschaftliche Einheit Vergleich mit Geldstrafe Grauzementkartell -Beschluss des BGH und Folgen für kartellrechtliche Bußgeldberechnung White & Case 18
20 Kritische Ergebnisse der Obergrenze 2. Bußgeldexzesse 5 Mrd. Umsatz + Preis- oder Gebietsabsprachen Bußgeld Mio. (?) Kumulierung im Falle mehrerer aufeinander folgender Verstöße? Keine absolute, betragsmäßige Begrenzung (siehe 40 Abs. 2 S. 2 StGB) Unverhältnismäßig verfassungskonform? Fehlen jeglichen Problembewusstseins bzw. Korrektivs in Entscheidung Drohmittel für BKartA im Rahmen von Kooperation und Settlements ( 136a StPO), Sanktionsschere Grauzementkartell -Beschluss des BGH und Folgen für kartellrechtliche Bußgeldberechnung White & Case 19
21 Kritische Ergebnisse der Obergrenze 3. Grenzen der verfassungskonformen Auslegung (BVerfGE 54, 277, 299): Wortlaut und gesetzgeberische Grundentscheidung (Auslegung darf dessen Ziel nicht in wesentlichen Punkten verfälschen) Gesetzgeber hat Ziel der Anpassung an EU-Recht (inkl. Kappungsgrenze) eindeutig formuliert (s.o.) Sanktionshöhe kann sich sehr wesentlich unterscheiden Wille des Gesetzgebers zu so starker Ahndung von Großunternehmen nicht erkennbar Grenzen der Auslegung bei Mängeln der Gesetzestechnik und unverhältnismäßigen, wenn nicht sinnlosen Ergebnissen Keine Rettung einer Vorschrift um jeden Preis Grauzementkartell -Beschluss des BGH und Folgen für kartellrechtliche Bußgeldberechnung White & Case 20
22 4. Woran orientiert sich der eigenständige Erkenntnisakt?
23 BGH hat (nur) richterliche Entscheidung im Blick BGH beschränkt sich auf Gerichtsentscheidung nach Einspruch im Sinne des EGMR (Menarini) wg Art.6 EMRK reduziert Bußgeldbescheid tendenziell auf Anklageschrift BGH blendet Bedeutung des BKartA in der Praxis aus Eigentliche Untersuchung von Verstößen soll auch auf Amtsebene stattfinden Richterlicher Erkenntnisakt lässt sehr lange auf sich warten Häufige Settlements und bestandkräftige Bescheide Bedeutung einer praktikablen Verwaltungspraxis auch im europäischen Rahmen Anerkennung durch Gesetzgeber in 81 Abs. 7 GWB: Rechtsgrundlage für Leitlinien Grauzementkartell -Beschluss des BGH und Folgen für kartellrechtliche Bußgeldberechnung White & Case 22
24 Zumessungskriterien Eigenständiger Erkenntnisakt des Gerichts (und des BKartA) anhand der gesetzlich vorgegebenen Bemessungskriterien ( 17 Abs. 3 OWiG) Ausgangspunkt ist Bußgeldrahmen Obergrenze für denkbar schwerste Fälle ohne jegliche Milderungsgründe Begründete Einordnung aller anderen Fälle darunter ( kontinuierliche Schwereskala der Begehungsformen, OLG Köln, NJW 1988, 1606) Praktisch vorkommende Durchschnittsfälle liegen regelmäßig weit unter dem Mittelwert (OLG Köln, a.a.o.) Kriterien für die Einordnung im GWB ( 81 Abs. 4 S. 6 GWB) Schwere der Zuwiderhandlung Dauer der Zuwiderhandlung und in 17 Abs. 3 OWiG (siehe sogleich) Anwendung des 17 Abs. 3 OWiG irv 30 OWiG (Unternehmensbußen)? Grauzementkartell -Beschluss des BGH und Folgen für kartellrechtliche Bußgeldberechnung White & Case 23
25 Zumessungskriterien gemäß 17 Abs. 3 OWiG 1. Bedeutung der Ordnungswidrigkeit Kriterien nach Mitsch, Karlsruher Kommentar, OWiG, 17, Rn. 38 ff. (Auswahl) Art der Ausführung / Tatbeitrag / Dauer Gefährdung der geschützten Rechtsgüter Auswirkungen / Schadensverursachung General- /Spezialprävention Speziell im Kartellrecht Art des Kartellverstoßes Gesamtwirtschaftliche Bedeutung Auswirkungen auf Markt, Wettbewerb und Verbraucher tatbetroffener Umsatz als Korrektiv für (exzessiv) weiten Bußgeldrahmen Grauzementkartell -Beschluss des BGH und Folgen für kartellrechtliche Bußgeldberechnung White & Case 24
26 Exkurs: die neuen Bußgeldleitlinien Berücksichtigen Gesamtumsatz und tatbezogenen Umsatz Bußgeldobergrenze: Abhängig von Gesamtumsatz steigender Prozentsatz vom tatbezogenen Umsatz Für Gesamtumsatz 100 Mio.: 30% (wie bisher) Darunter: 20-30% Darüber: 100 Mio. 1Mrd. 10Mrd. 100Mrd % % % Progressive Obergrenze anwendbar, wenn niedriger als 10% vom Gesamtumsatz Bemessung innerhalb jeweiligen Rahmens gem. 17 Abs. 3 OWiG Leitlinien nicht bindend für Gerichte! Grauzementkartell -Beschluss des BGH und Folgen für kartellrechtliche Bußgeldberechnung White & Case 25
27 Exkurs: die neuen Bußgeldleitlinien (Forts.) Gesamtumsatz ( ) Faktor (% von tatbezogenem Umsatz) tatbezogener Umsatz (Bsp.) Szenario 1 50 Mio. 2,5 (25%) 20 Mio. 40 Mio. Gesetzliche Obergrenze 5 Mio. Neue Leitlinien 5 Mio. 10 Mio. Alte Leitlinien 6 Mio. 12 Mio. Szenario 2 1 Mrd. 4 (40%) 20 Mio. 200 Mio. Gesetzliche Obergrenze 100 Mio. Neue Leitlinien 8 Mio. 80 Mio. Alte Leitlinien 6 Mio. 60 Mio. Szenario 3 10 Mrd. 5 (50%) 20 Mio. 500 Mio. Gesetzliche Obergrenze 1 Mrd. Neue Leitlinien 10 Mio. 250 Mio. Alte Leitlinien 6 Mio. 150 Mio. Für mittlere und große Unternehmen höhere Bußgelder als früher Dort praktisch nur reduzierte Obergrenze Ist dies im Sinne des BGH bzw. der verfassungskonformen Auslegung? Grauzementkartell -Beschluss des BGH und Folgen für kartellrechtliche Bußgeldberechnung White & Case 26
28 Zumessungskriterien gemäß 17 Abs. 3 OWiG 2. Den Täter treffender Vorwurf Individuelle Schuld (nicht Vorsatz / Fahrlässigkeit, weil bereits in 17 Abs. 2 OWiG) Erhöhende Umstände, z. B. Rechtsfeindliche Gesinnung, z.b. angesichts Wiederholung Verletzung besonderer Berufspflichten Drahtzieher -Rolle Mindernde Umstände, z. B. Untergeordnete Beteiligung Positives Nachtatverhalten Mitwirkung an Aufklärung Hat Bundeskartellamt grundsätzlich bereits früher berücksichtigt Stärkere Individualisierung im Rahmen des Erkenntnisaktes Gefahr der unzulässigen Sanktionsschere ( 136a StPO)? Grauzementkartell -Beschluss des BGH und Folgen für kartellrechtliche Bußgeldberechnung White & Case 27
29 Zumessungskriterien gemäß 17 Abs. 3 OWiG 3. Wirtschaftliche Verhältnisse kommen in Betracht Gleichberechtigtes Kriterium oder Existenzschutz (s. LL 2006, Rn. 24 )? Schutz vor unverhältnismäßigen Sanktionen Korrektur der formal angezeigten Sanktion Abgrenzung zu tatbetroffenem Umsatz im Rahmen der Tatbedeutung Wirtschaftliche Verhältnisse erlauben u. U. Milliardenbußgeld Tatbetroffener Umsatz ist objektiv korrigierendes Element der Schwere der Tat (s.o.) Gruppen- oder Einzelbetrachtung? Leistungsfähigkeit der wirtschaftlichen Einheit steht im Vordergrund (s.o.) Zivil-/ gesellschaftsrechtl. Ausgleichsansprüche bleiben unberücksichtigt Widerspruch zwischen Bemessung im Konzern und individueller Reduzierung Praxis der EU Kommission zu Inability to pay Grauzementkartell -Beschluss des BGH und Folgen für kartellrechtliche Bußgeldberechnung White & Case 28
30 Ergebnisse BGH rettet 81 Abs. 4 GWB (vorläufig) zu einem hohen Preis Nach BGH drohen Großunternehmen drakonische und verfassungsrechtlich bedenkliche Bußgelder (Art. 19 Abs. 4 GG?) Leitlinien mildern im Widerspruch zu BGH (?) exzessive Bußen, erhöhen sie dennoch für mittlere und Großunternehmen Ahndungspotential kann Betroffene bereits im Verfahren erheblich benachteiligen ( Sanktionsschere ) Unsicherheit und Unberechenbarkeit verbleiben jedenfalls vor Gerichten Was will der Gesetzgeber? Grauzementkartell -Beschluss des BGH und Folgen für kartellrechtliche Bußgeldberechnung White & Case 29
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