Kapitel 21 Externe Effekte und Umweltpolitik
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- Kevin Schmitz
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1 Kapitel 21 Externe Effekte und Umweltpolitik Lernziele Warum bewirken externe Effekte wie Verschmutzung Marktversagen? Welche Alternativen stehen dem Staat zur Korrektur von Marktversagen zur Verfügung? Welches sind die Marktkräfte, die zu einer effizienten Nutzung der natürlichen Ressourcen einer Gesellschaft führen? Was hindert Märkte an der effizienten Nutzung knapper natürlicher Ressourcen? 21.1 Negative externe Effekte und Überangebot Güter mit negativen externen Effekten werden am Markt zuviel angeboten. Die Tatsache, dass die Kosten und Nutzen einer Transaktion nicht vollständig im Marktpreis enthalten sind, stellt ein Beispiel für Marktversagen dar. Beim Vorliegen von negativen externen Effekten sind die sozialen Grenzkosten, d.h. die Grenzkosten, die von der Gesellschaft insgesamt getragen werden müssen, höher als die privaten Grenzkosten, die nur beim Hersteller anfallen. Es wird zu viel vom Gut hergestellt. Die Nachfrage der Unternehmung nach schadstoffreduzierenden technischen Ausrüstungen ist zu gering, da diese Ausgaben positive externe Effekte verursachen. Der Nutzen sauberer Luft kommt hauptsächlich anderen und nicht der Unternehmung zugute. Ohne staatliche Umweltschutzgesetzgebung ist das Ausgabenniveau für Umweltschutzmassnahmen zu gering. Eine der wichtigsten Aufgaben des Staates in der Wirtschaft ist die Korrektur von Ineffizienzen, die durch externe Effekte entstehen. Die auffälligste Art negativer externer Effekte ist die Umweltverschmutzung Umweltpolitik Eigentumsrechte Umweltauflagen Steuern und Subventionen Handelbare Emissionsrechte M. Lüthi / VWL / Kap. 21 Seite 1
2 Eigentumsrecht Nach dem Coase-Theorem kann der Markt bei gut definierten Eigentumsrechten ohne weiteres mit externen Effekten umgehen. So wird Überfischung eines Teiches vermieden, wenn die Eigentumsrechte einem Einzelnen vergeben werden. Die Überweidung von Pachtland durch Rinderpächter würde vermieden, wenn man ihnen das Land verkauft. Nichtraucher entschädigen Raucher für ihr Nichtrauchen oder umgekehrt, wenn die Rechte klar definiert sind. Die Ergebnisse sind effizient, die Art und Weise der Zuweisung beeinflusst aber die Einkommensverteilung. Der Staat muss nur die Eigentumsrechte klären, sonst ist er überflüssig. Allerdings gilt es kritisch anzumerken, dass die Verhandlungs- und Einigungskosten recht hoch sein können, vor allem wenn die Zahl der Beteiligten gross ist. Es besteht Einigkeit darüber, dass die Zuweisung von Eigentumsrechten nur in wenigen Situationen eine Lösung sein kann und insbesondere bei der Problematik der Umweltverschmutzung ein aktiveres Eingreifen des Staates fordert. Umweltauflagen Hier geht es um Vorschriften und Auflagen (Kommando- und Kontrollpolitik). Dies brachte Probleme: Der gleiche Nutzen kann mit viel geringeren Kosten erreicht werden als durch die oft sehr spezifischen Auflagen. Dies deshalb, weil die unterschiedlichen technischen und organisatorischen Bedingungen der Unternehmen nicht berücksichtigt werden können. Zum Teil fliessen auch neue Technologien nur langsam ein. Die Auflagenpolitik erstickt zudem jeden Anreiz zur Entwicklung neuer Technologien. Die Formulierung von Auflagen unterliegt der politischen Beeinflussung. Steuern und Subventionen Steuern erhöhen die Kosten und machen umweltschädigendes Verhalten weniger attraktiv. Wenn sie richtig bemessen werden (genau da liegt dann aber das Problem), reduzieren sie die Gesamtverschmutzung. Unternehmen haben bei Steuern Anreize, Emissionen zu reduzieren und durch neue Methoden Kosten zu sparen. Subventionen bewirken Ähnliches, haben aber die Folge, dass ein Teil der Kosten vom Staat Übernommen und somit die Umweltbelastung immer noch zu hoch sein wird. M. Lüthi / VWL / Kap. 21 Seite 2
3 Handelbare Emissionsrechte Die Unternehmungen erhalten vom Staat eine Lizenz für eine bestimmte Menge an Emissionen. Die Gesamtmenge an Emissionen, die man tolerieren will, wird dabei nicht Überschritten. Die Unternehmen können diese Lizenzen verkaufen, wenn es ihnen gelingt, durch technische Innovationen die Schadstoffemissionen zu reduzieren. Da dies die Kosten reduziert, erreicht man einen Anreiz für technologische Entwicklungen und dadurch reduzierte Emissionen, die im Zeitablauf durch den Staat erst noch weiter gesenkt werden können. Indirekte Anreize wie Steuern und Emissionsrechte haben den Vorteil, dass sie die Umweltverschmutzung einschränken ohne sie gänzlich zu unterbinden (was unsäglich wäre). Grenzkosten und Grenznutzen können gegeneinander abgewogen werden, was bei Auflagen nicht möglich wäre. Regierungen bevorzugen Vorschriften und Auflagen, weil sie glauben, die Ergebnisse besser kontrollieren zu können. Dies kann aber wegen der politischen Einflussnahme eine Illusion sein. Zudem ist der Staat bei der Ausgestaltung der Gesetze und Verordnungen auf die Mithilfe der Fachkräfte aus der Wirtschaft angewiesen, die dann entsprechend Einfluss nehmen können. Die Wahl der effizienten Technik ist wesentlich einfacher als die Bestimmung des richtigen Verschmutzungsniveaus. Der Wert einer Tierart, die bedroht ist oder einer gefährdeten Landschaft, ist immer umstritten. Die Folgen und Bewertung von Umweltbeeinträchtigungen sind es ebenfalls (bspw. Streit um Erwärmung des Erdklimas). Dies ist hinderlich bei den steuerlichen Lösungen oder der Umsetzung der Emissionsrechte Natürliche Ressourcen Erdölvorräte und andere natürliche Ressourcen schwinden und werden in erschreckend kurzer Zeit verbraucht. Einerseits findet man Forderungen, der Staat müsse intervenieren, andererseits die Meinung, die Preise als Mass für Knappheit und Märkte würden dies regulieren (sofern Konsumenten und Unternehmen gut informiert sind und keine anderen Anzeichen von Marktversagen vorhanden). Preise sind dann Knappheitssignale, wenn es nicht zu Marktversagen kommt. Angenommen ein Bauxitvorkommen habe einen klar definierten Eigentümer und er bezahle über Steuern die verursachte Umweltschädigung. Private und soziale Kosten sind also im Preis seines Produktes enthalten. Die Frage des Raubbaus lässt sich dann auf die Frage reduzieren, ob das Bauxit mehr wert ist, wenn es heute verkauft wird oder in weiter Zukunft. Ist das Bauxit in 30 Jahren mehr wert als heute (einschliesslich einer Kompensation für das Warten), wird der Eigentümer es im Boden belassen, auch wenn er dann nicht mehr lebt. Er maximiert den Wert des Eigentums und kann es verkaufen, um seinen Ruhestand zu geniessen. Der Verkaufspreis sollte den abdiskontierten Gegenwartswert des Bauxits widerspiegeln. M. Lüthi / VWL / Kap. 21 Seite 3
4 Wenn die Vorkommen heute zu schnell abgebaut werden gilt, dass die Gesellschaft die Bauxitvorkommen höher bewertet als morgen. Oder die zukünftigen Preise werden unterschätzt. Eine Fehleinschätzung müsste als Marktversagen bezeichnet werden. Eine staatliche Bürokratie wäre aber wohl bei der Einschätzung der künftigen Preise auch nicht besser. Es gibt zwei plausible Gründe für eine Fehleinschätzung künftigen Nutzens durch die Privateigentümer. Erstens könnte in einem Land mit unsicheren Eigentumsrechten eine Enteignung folgen (Revolution). Die Förderung der Ressource könnte aber auch durch künftige staatliche Vorschriften oder durch höhere Steuern verteuert werden. Zweitens sind Haushalte und Unternehmen oft mit begrenzten Verschuldungsmöglichkeiten und hohen Zinssätzen konfrontiert. Somit legen die Kapitalmärkte bei der Abdiskontierung zukünftiger Erträge einen möglicherweise viel höheren Zinssatz zu Grunde als dies die Gesellschaft oder der Staat täten. Höhere Zinssätze führen zu einer schnelleren Erschöpfung natürlicher Ressourcen. Es gibt eine Reihe von Beispielen, die aufzeigen, dass der Staat die Verschwendung natürlicher Ressourcen verschlimmert hat. Private Eigentumsrechte hätten in diesen Fällen zu besseren Lösungen geführt Meritorische Güter Nebst den wirtschaftlichen Aspekten sind auch moralische Fragen zu berücksichtigen. Für bestimmte ausgewählte Bereiche lässt der Staat die Grundprämisse der Konsumentensouveränität, wonach jeder selbst am besten weiss, was für ihn gut ist, nicht gelten. Der Staat handelt dann paternalistisch, er nimmt an, dass er in solchen Fragen bessere Entscheide trifft als der einzelne Bürger. Güter, deren Konsum der Staat verlangt (Schulbesuch), nennt man meritorische Güter. Anmerkung: es ist Sache der demokratischen Auseinandersetzung, die Grundzüge der Moralvorstellungen auszuarbeiten und darüber Konsens zu entwickeln. M. Lüthi / VWL / Kap. 21 Seite 4
5 Begriffsklärung Meritorische Güter (= merit goods) Güter bei denen im Gegensatz zu öffentlichen Gütern der privatwirtschaftliche Ausschliessungsmechanismus funktioniert und der Konsum rivalisiert, bei denen aber private Nachfrage und/oder privates Angebot hinter dem eigentlich gesellschaftlich gewünschten Umfang (merit wants) zurückbleiben, weil die individuellen Präferenzen verzerrt sind. Ein Beispiel für meritorische Güter ist das Gut Bildung. Hier können verzerrte Präferenzen zu einer zu geringen Nachfrage führen, und so gesehen, kann es im wohlverstandenen Interesse der Allgemeinheit liegen, für alle Staatsbürger die Ausbildung durch öffentliches Angebot (zumindest durch öffentliche Kontrolle) zu regeln und die Nachfrage z.b. durch Schulpflicht zu verändern, obwohl der Markt für das Gut Bildung durchaus privatwirtschaftlich organisierbar ist. Da die freiwillige individuelle Nachfrage mit Blick auf die gesellschaftlich gewünschte Nachfrage (Kollektivbedürfnisse) nicht ausreicht, muss man annehmen, dass die Mehrheit der Individuen ein solches Angebot von meritorischen Gütern zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht wünscht. Ein benevolent despot, ein besserwissender Einzelner oder eine kleine informierte Gruppe müsste letztlich zugunsten der Mehrheit über deren aktuelle individuelle Bedürfnisse hinweggehen. Schlüsselbegriffe Marktversagen Eine Situation, in welcher eine Marktwirtschaft keine Effizienz erreicht. Dies führt zum Argument, dass der Staat in solchen Fällen eingreifen solle. Private Grenzkosten Die Grenzkosten der Produktion, die durch den Produzenten des Gutes getragen werden. Wenn eine negative Externalität vorhanden ist, betragen die privaten Grenzkosten weniger als die sozialen Grenzkosten. Soziale Grenzkosten Die Grenzkosten der Produktion einschliesslich der Kosten jeglicher negativer externer Effekte, welche nicht durch die Produzenten, sondern durch andere Individuen getragen werden. Coase-Theorem Die Annahme, dass wenn die Eigentumsrechte sauber definiert werden, die Menschen für jegliche negative Externalität gezwungen werden zu zahlen und Markttransaktionen effizienten Output produzieren. Auflagenpolitik Der Ansatz, Umweltexternalitäten dadurch zu kontrollieren, dass der Staat detaillierte Regelungen vornimmt, was Unternehmen tun dürfen und was nicht einschliesslich der anzuwendenden Technik. M. Lüthi / VWL / Kap. 21 Seite 5
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