Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland Workshop. Michael Hüther, 22. Februar 2018
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- Curt Becker
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1 Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland Workshop Michael Hüther, 22. Februar 2018
2 Gliederung 1 Methoden/Befunde 2 Forschungshypothesen/Leitfragen
3 Einkommensdisparitäten nach Regionen Einkommensarmut ohne Preisbereinigung, nach Regionen im Jahr 2014, in Prozent der Bevölkerung Kaufkraftarmut mit Preisbereinigung, nach Regionen im Jahr 2014, in Prozent der Bevölkerung Quellen: Röhl/Schröder, 2016; FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, 2016; eigene Berechnungen
4 Entwicklung der Einkommen nach Regionstypen BIP/EW relativ zu BIP Deutschlands Entwicklung des BIP je Einwohner in Euro seit 2000 BIP je Einwohner nach Regionstyp in Euro, Veränderung in Prozent Euro Prozent ,9 47,6 50,0 45,0 40, ,5 34,3 34,5 35,0 30,0 25,0 20,0 15, ,0 5, , Städte ab Einwohner Ländliche Kreise Deutschland Veränderung in Prozent Quelle: Röhl 2017
5 Veränderung Industriebeschäftigungsanteil Industriewachstum im Süden, Reindustrialisierung im Osten Die GRW-Investitionsförderung zeigt offenbar Wirkung (vgl. auch Demary/Röhl, 2009) Freie Fachkräftepotenziale auch in Ostdeutschland perspektivisch nahezu ausgenutzt Regionalpolitisches Hauptziel der Schaffung von Arbeitsplätzen ab 2020 ablösen durch Innovations-, Technologieund Produktivitätsförderung? Quelle: SVR JG 2017/2018, S. 352
6 IW-Regionalindex: Methodische Vorüberlegungen Quelle: eigene Darstellung
7 Methodische Vorüberlegungen Regionalindex zur Ableitung eines einheitlichen Sets von Regionen, die strukturelle Probleme aufweisen Demografie Ausgangsfrage für Empirie: Soll die Konstruktion des Regionalindex eine empirische Grundlage besitzen? 1. Nein Gleichgewichtung o. Expertenmeinungen 2. Ja Ableitung der Indexgewichte aus den Eigenschaften der verfügbaren Daten Ökonomie Infrastruktur
8 Methodische Vorüberlegungen Nutzung der Hauptkomponentenanalyse (Principal Component Analysis) zur Ableitung der Indexgewichte In der wissenschaftlichen Praxis als gängiger Standard etabliert Methode findet breite Anwendung: OECD: Product Market Regulation Indices, Service Trade Restrictiveness Index World Economic Forum: Global Competitive Index Yale University & Columbia University: Environmental Sustainability Index European Commission: Business Climate Indicator, Internal Market Index Quelle: OECD, EC
9 Methodische Vorüberlegungen Umfangreiche Datenbasis T = 9 (2007 bis 2015) Alle 402 kreisfreie Städte und Landkreise 27 Variablen, die die Lebenssituation in jeweiligen Regionen kennzeichnen Demographie (z.b. Altenquotient, Wanderungen nach Altersgruppen, etc.) Wirtschaftsstruktur (z.b. BIP, Ausbildungsplatzversorgung, Wissensintensive Dienstleistungen, etc.) Infrastruktur (z.b. Arztdichte, Mieten, Versorgung mit Kitaplätzen, etc.)
10 Ergebnisse Alle Variablen nach Gewichten 0,00% 1,00% 2,00% 3,00% 4,00% 5,00% 6,00% Altenquotient Arbeitskosten Baugenehmigungen BIP Anteil Schulabgänger ohne Schulabschluss Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte Wanderungen (30-50 Jährige) Kitaversorgung (3-6 Jährige) Beschäftigungsanteil Ältere Beschäftigungsanteil Frauen Ausbildungsplatzversorgung Arbeitslosenquote Jüngere Kitaversorgung (unter 3 Jährige) Arbeitsplatzversorgung Arbeitslosenquote Wanderungen (25-30 Jährige) Überschuldung privater Haushalte Wanderungen (gesamt) Kaufkraft Wanderungen (18-25 Jährige) Anteil Hochqualifizierter Abiturquote Insolvenzen Arztdichte Mieten Wissensintensive Dienstleistungen Gewerbeanmeldungen Gleichgewichtung = 3,7 % Quelle: eigene Darstellung
11 IW-Regionalindex: Ergebnisse Variablen mit den höchsten/niedrigsten Gewichten 0,00% 1,00% 2,00% 3,00% 4,00% 5,00% 6,00% Altenquotient Arbeitskosten Baugenehmigungen BIP Anteil Schulabgänger ohne Schulabschluss Insolvenzen Arztdichte Mieten Wissensintensive Dienstleistungen Gewerbeanmeldungen 2,44% 2,42% 2,32% 2,31% 2,29% 5,56% 5,47% 5,14% 5,10% 4,81% Gleichgewichtung = 3,7 % Quelle: eigene Darstellung
12 Index 2015 Strukturschwäche im Norden und Osten Strukturwandel im Westen 1. Indexquintil 2. Indexquintil 3. Indexquintil 4. Indexquintil 5. Indexquintil Quelle: eigene Darstellung
13 Index 2015 bei unterschiedlichen Gewichten Strukturschwäche im Norden und Osten Strukturwandel im Westen Gleichgewichtung Gewichtung aus Hauptkomponentenanalyse 1. Indexquintil 2. Indexquintil 3. Indexquintil 4. Indexquintil 5. Indexquintil Quelle: eigene Darstellung
14 Index 2007, 2011 und 2015 Der Norden und der Osten holen auf 1. Indexquintil 2. Indexquintil 3. Indexquintil 4. Indexquintil 5. Indexquintil Quelle: eigene Darstellung
15 Wachstumsraten Index 2007 bis 2015 Der Osten holt auf 1. Indexquintil 2. Indexquintil 3. Indexquintil 4. Indexquintil Quelle: eigene Darstellung 5. Indexquintil
16 Gliederung 1 Methoden/Befunde 2 Forschungshypothesen/Leitfragen
17 Dynamik der Erwerbspersonen 2012 bis 2035 Veränderung der unter 45-Jährigen Erwerbspersonen in vh Veränderung der über 45-Jährigen Erwerbspersonen in vh Quelle: BBSR Bonn (2014)
18 Demographische Entwicklung der über 80-Jährigen Veränderung der über 80-Jährigen 2012 bis 2035 in vh Relation der über 80-Jährigen zu den 50- bis unter 65-Jährigen im Zeitvergleich 2012 bis 2035 Quelle: BBSR Bonn (2014)
19 Argumente für die Stärkung der ländlichen Regionen Infrastrukturen können besser genutzt werden, wenn die Bevölkerungsdichte auf dem Land nicht weiter schrumpft. Die Raumnutzung in Ballungsräumen ist in der Regel teurer als in der Fläche. Eine bestehende Wirtschaftsstruktur benötigt gut ausgebildete Mitarbeiter auch in der Fläche, bestehende Cluster im ländlichen Raum sollten gestärkt werden. Subsidiäre Hilfen (z.b. in Nachbarschaft) sind in überschaubaren, aber gut (z.b. nach Altersklassen) durchmischten Orten wirkungsvoller. Wenn Menschen immobil sind, werden sie zu Verlierern des Wandels. Bleibeanreize verhindern oder vermindern die Entwertung bestehender Assets.
20 Argumente für die Stärkung der Metropolen Infrastrukturen können langfristig in der Fläche reduziert werden, es entstehen weniger Remanenzkosten. Regionale Spillovers können besser genutzt werden, es entstehen Agglomerationserträge durch economies of scope und economies of scope. Ballungsgebiete befördern die Entstehung von Wissensclustern und werden damit in einer Wissensökonomie noch wichtiger. Die Chancen, sich an den Strukturwandel anzupassen, sind in Agglomerationsräumen größer. Die Konzentration der Bevölkerung in Ballungsräumen erleichtert das Erreichen von Klimazielen.
21 Thesen zur Ausgestaltung von Regionalpolitik (I) Das Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse ist stärker auf die Sicherung von Mindeststandards zu konzentrieren. Der Trend hin zu den Metropolräumen ist durch politische Maßnahmen kaum zu stoppen, er muss aber gestaltet werden, um Strukturbrüche zu vermeiden. Strukturschwache Regionen können durch infrastrukturelle Anbindung an Metropolräume als moderierende Elemente fungieren und damit demografisch und wirtschaftlich deutlich profitieren. Allokative Begründungen für konkrete regionalpolitische Maßnahmen sollen im Vordergrund stehen, aber distributive Maßnahmen können effektiv sein, wenn sie investiv sind. In ausgedünnten Regionen ist das Infrastrukturangebot bedarfsgerecht anzupassen, um Kostenremanenzen zu vermindern (z.b. Schwerpunktkrankenhäuser und Telemedizin, Ruftaxi statt Linienbus, Kleinschulen mit digitalen Lernangeboten etc.).
22 Thesen zur Ausgestaltung von Regionalpolitik (II) Die Verzahnung der Regionalpolitik mit anderen Programmen (Bildung, Städtebau, Gründungsförderung) sollte vorangetrieben werden. Innovationen, Hochschulen und digitale Infrastrukturen sollten verstärkt gefördert werden. Digitalisierung / Breitbandinfrastruktur sind ein Schlüsselfaktor für Wissensdiffusion in den ländlichen Raum (für flächen- und wissensintensive Wirtschaft im Industriesektor). Regionale Produktionsverbünde sollten unterstützt werden. Die Regionalförderung in Ostdeutschland sollte sich auf Regionen mit stark unterdurchschnittlichen Lebensverhältnissen konzentrieren, aber westdeutsche Regionen sollten einbezogen werden. Zivilgesellschaftliche Institutionen und Bildungseinrichtungen in Ostdeutschland sollten gestärkt werden (siehe dazu Zweiter Engagementbericht).
23 Mögliche Leitfragen für die Ausgestaltung von Regionalpolitik (I) Welche Anhaltspunkte für die Vitalisierung/Revitalisierung von Regionen gibt es international? Welche gelungenen Beispiele gibt es? Können Erfolgsfaktoren identifiziert werden und sind diese übertragbar? Wie stark ist der Einfluss der Demografie auf die Gleichwertigkeit von Lebensverhältnissen? Ist (Über-)Alterung eher Ursache oder eher Wirkung uneinheitlicher Lebensverhältnisse? Was sind die endogenen Entwicklungspotenziale einer Region? Können fehlende endogene Potenziale mittelfristig durch exogene Maßnahmen entwickelt werden oder bestehende endogene Potenziale durch exogene Maßnahmen gestärkt werden? Welche Rolle spielen Pfadabhängigkeiten für die Regionalentwicklung? Welche Bedeutung haben Unternehmensansiedlungen für die Entwicklung von Regionen? Welchen Einfluss haben Infrastrukturen und wie demografiesensitiv sind diese?
24 Mögliche Leitfragen für die Ausgestaltung von Regionalpolitik (II) Wie kann die Regionalpolitik mit der absehbaren Mittelknappheit durch Ausweitung der GRW auf (mehr) Westregionen und Kürzung der EU-Mittel umgehen? Wie lassen sich durch eine Verknüpfung mit Innovationsförderung, Bildungsmaßnahmen, Gründungsförderung und Städtebauförderung am besten Synergien heben? Welche Rolle können distributive neben allokativen Maßnahmen in den schwächsten Regionen spielen? Sind distributive Maßnahmen über das gesamtstaatlich vorgegebene Maß hinaus zu rechtfertigen? Gibt es innerhalb distributiver Maßnahmen bessere und weniger gute Maßnahmen? Können technische Entwicklungen z.b. Digitalisierung - den Trend zu Agglomerationen stoppen und umkehren? Welche Bedeutung haben Distanzkosten einerseits und Agglomerationskosten andererseits für Wohnsitzwahl und Arbeitsplatzansiedlungen? Welche Bedeutung haben nicht-ökonomische Faktoren auf Lebenszufriedenheit und Wellbeing?
25 Backup
26 Die GRW als Kern der Regionalpolitik GRW Fördergebiete GRW auf Regionen mit 25,85 Prozent der Bevölkerung beschränkt (C-Fördergebiet) Während 1991 noch 6 Milliarden Euro GRW-Mittel ausgegeben wurden, sind es seit 2007 nur ca. 1,5 Milliarden Euro p.a. Davon entfallen Prozent auf Investitionszuschüsse, der Rest auf wirtschaftsnahe Infrastruktur Konzentration auf ostdeutsche Regionen Quelle: BBSR
27 Die Indikatorik der GRW auch zukünftig geeignet? Ranking der Arbeitsmarktregionen Quellen: IAB, BMWi, IW
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