Anleitung zu Blatt 3 Analysis I für Studierende der Ingenieurwissenschaften
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1 Department Mathematik der Universität Hamburg WiSe 2011/2012 Dr. Hanna Peywand Kiani Anleitung zu Blatt 3 Analysis I für Studierende der Ingenieurwissenschaften Reelle Zahlenfolgen Die ins Netz gestellten Kopien der Anleitungsfolien sollen nur die Mitarbeit während der Veranstaltung erleichtern. Ohne die in der Veranstaltung gegebenen zusätzlichen Erläuterungen sind diese Unterlagen unvollständig (z. Bsp. fehlen oft wesentliche Voraussetzungen). Tipp oder Schreibfehler, die rechtzeitig auffallen, werden nur mündlich während der Veranstaltung angesagt. Eine Korrektur im Netz erfolgt NICHT! Eine Veröffentlichung dieser Unterlagen an anderer Stelle ist untersagt!
2 Konvergenz von Folgen in R : Reelle Zahlenfolge : f : N R, n a n = f(n). Schreib- bzw. Sprechweise: (a n ) n N. Eine Folge (a n ) n N konvergiert gegen eine Zahl a R, wenn es zu jedem ǫ > 0 ein N N gibt, so dass a n a < ǫ n N Schreibweise: lim a n = a oder a n a (n ) ACHTUNG: ± sind keine Zahlen aus R. 2
3 Rechenregeln/bekannte Folgen : Die Folgen (a n ) n N und (b n ) n N seien konvergent mit lim a n = a, lim b n = b. Dann gilt: a) Linearität : lim (a n+b n ) = lim a n + lim b n lim λa n = λ lim a n λ R b) lim (a n b n ) = lim a n lim b n lim ( an b n ) = lim a n lim b n b n 0 3
4 c) Seien a n 0 n N und m N. Dann gilt lim m a n = m lim a n = m a d) Sei (x n ) n N konvergent. Für stetige Funktionen f (insbesondere für die elementaren Funktionen sin, cos, ln, exp, ) gilt in ihren Definititionsbereichen ( ) lim f (x n) = f lim x n e) Monoton wachsende (fallende) nach oben (unten) beschränkte Folgen sind konvergent. f) Die geometrische Folge a n = q n konvergiert nur für 1 < q 1. { 0 falls 1 < q < 1 lim (qn ) = 1 falls q = 1 4
5 g) lim nk = falls k > 0 1 falls k = 0 0 falls k < 0 h) lim ( 1 + p n ) n = e p p R Beispiele: Untersuchung auf Konvergenz und ggf. Grenzwert ( 1 n 3 3n 2 ) +3 ( ) a n := n 2 n2 3n 2, c n := sin +2 n 2 4n+1 π, b n := n 2 +1 n 1(Klausur Feb. 2000, Aufg. 1a) d n := (a n,c n ), e n = ( ) 2n 3, s n = ( 3 4n i) n, i 2 = 1. (Ausführliche Berechnung aller Beispiele vor Ort.) 5
6 Zur Folge a n = 1 n 2 +2 ( n 3 3n 2 +3 n ) n2 2 Die Rechenregeln a) und b) sind nicht direkt anwendbar! Rationale Funktion : bei Bedarf z.b. bei etc. erst gemeinsamer Nenner, dann durch höchste Zähler- oder Nennerpotenz von n teilen. a n = 1 n 2 +2 = 1 n 2 +2 ( n 3 3n 2 ) +3 n2 n 2 ( 2n 3 6n 2 +6 n 3 ) 2n = = Damit erhalten wir lim a n =
7 Zur Folge b n = n 2 +1 n 1 Wie wäre es mit lim lim n2 +1 = (wg. a, b und c) n+1 = (wg. a und b) lim b n = lim völliger Blödsinn! Betrachte z.b. n 1 2n, n 2 n+1, n 1 n 2 n2 +1 lim (n+1) = 0? Die Regeln a) b) und c) gelten nur im Falle der Konvergenz der einzelnen beteiligten Folgen gegen endliche Zahlen. 7
8 richtig wäre: Behebe Problem mittels 3. binomischer Formel lim b n = lim [ n2 +1 (n+1)] = lim [ ( n 2 +1 (n+1)) ( ] n 2 +1+(n+1)) n2 +1+(n+1) = lim = lim n 2 +1 (n+1) 2 n2 +1+(n+1) = n 2 n 8
9 Zur Folge c n = sin ( lim c n = sin ( 3n 2 lim 4n+1 ): π ( 3n 2 4n+1 π )) = sin ( lim ( 3 2 n 4+ 1 n π )) = sin ( ) π Zur Folge d n = (b n,c n ) T : komponentenweise betrachten! 9
10 Zur Folge e n = ( ) 2n 3 TYP: 4n ( a + b ) cn+d n e n = ( n ) 2n ( n ) 3 = ( 1 2 (1 3 2n ) ) 2n ( n ) 3 Teilfolgenlösung oder: = = [( 1 2 (1 3 ) n ] 2 2n ) ( ) 2n [( n ( ) 3 4n ) n ] 2 ( ) 3 4n lim e n = lim ( ) 1 2n ( e 2) ( ) 3 1 =
11 Zur Folge s n = ( i) n, i 2 = 1. komplexwertig: betrachte Real- und Imaginärteil (hier zu kompliziert) oder Betrag und Argument. s n = ( ) n i n 9 = ( ) n lim s n = lim = 100 Die folge divergiert. Geometrische Folge a n = z n in C konvergiert genau dann, wenn z < 1 oder z = 1 gilt. 11
12 Direkter Nachweis der Konvergenz: Beispiel: Gegeben ist die Folge a 1 = 0, a n = 2n2 (2 n +7 n ) 2 n+1 +7 n n 7 n n 2 7 n für n 2. Vermutet wird, dass die Folge gegen 2 konvergiert. Nachweis: für n 2 gilt a n 2 = 2n 2 (2 n +7 n ) 2 n+1 +7 n n 7 n n n = 2 n+1 n n n2 2 n+1 +7 n n 2 7n n n 7 n n 2 7 n = 2 n+1 (n2 1)+7 n (n+2) 7 n (n 2 1) = 12
13 Beispiel: Divergenz/Häufungspunkte Untersuchung auf Konvergenz und ggf. Häufungspunkte [ ( nπ )] ( ) ( ) 2 n ) n 59 a n = sin sowie b n = ( 1) (1 n, n N 0. 4 n+2 17 Aus der Vorlesung: a ist ein Häufungspunkt der Folge, wenn eine Teilfolge existiert, die gegen a konvergiert. Wie sehen die a n aus? Zunächst die Sinus-Terme [ sin = 0 ( )] 2 0, 4 [ ( [ π 2, sin sin 4)] 1 2 ( )] 2 2π, 1 4 [ sin ( )] 2 3π, [ sin ( )] 2 4π,
14 Für die a k ergibt sich also: wobei lim a 4k a 4k+1 a 4k+2 a 4k+3 k = 0 0 (1/2)(1/3) 1(2/4) (1/2)(3/5) k = 1 0 (1/2)(5/7) 1(6/8) (1/2)(7/9) k = 2 0 (1/2)(9/11) 1(10/12) (1/2)(11/13)..... n n+2 = Konvergenz der Teilfolgen: (a 4k ) k N0 konvergiert gegen 0 (a 4k+2 ) k N0 konvergiert gegen 1 (a 2k+1 ) k N0 konvergiert gegen 1/2 Es gibt drei Häufungspunkte. Die Folge konvergiert NICHT! 14
15 ************************************************************************* Zur Folge b n = ( 1) n (1 lim ( ) n 59 = = lim 17 ) n ) lim ( 1)n ( 1 ( ( ) n ). ( 1 ( ) n ) = existiert nicht. Auch nicht uneigentlich! Es gibt keine Häufungspunkt, denn ± sind keine Punkte aus R. ( ) n r 1 Übung: Wo konvergiert die Folge: b n =. 17 Fallunterscheidung nach Größe von r! 15
16 Rekursiv definierte Folgen a n+1 = R(n,a n ) a n+1 wird nicht allein durch n bestimmt, sondern hängt vom Vorgänger (gelegentlich auch von mehreren Vorgängern ab). Eine gelegentlich erfolgreiche Strategie bei rekursiven Folgen: Bestimme Kandidaten für Grenzwerte Weise Beschränktheit und Monotonie (z.b. per vollständiger Induktion) nach. Als obere (untere) Schranke bietet sich der größte (kleinste) Kandidat für ein Grenzwert an. 16
17 Beispiel: a 1 = 1, a n+1 = 1 4 (2+a n), n N Falls die Folge konvergiert, dann gegen a R mit a = 1 4 (2+a) a = 2 3. Um die Konvergenz der Folge zu zeigen, beweisen wir mittels vollständiger Induktion: 1) Die Folge ist nach unten beschränkt durch 2 3. Indunktionsanfang : Für n = 1 ist 2 3 < a 1 = 1. Indunktionsannahme : Für ein N N gelte 2 3 < a N. Indunktionsschritt : Zu zeigen ist, dass dann 2 3 < a N+1 gilt. 17
18 Beweis: a N+1 = 1 4 (2+a N) > 1 4 (2 3 +2) = ) Die Folge ist monoton fallend also a n+1 < a n. Indunktionsanfang : Für n = 1 gilt: a 2 = 1 4 (2+a 1) = 3 4 < a 1 Indunktionsannahme : Für ein N N gelte a N > a N+1. Indunktionsschritt : Dann gilt auch a N+1 > a N+2. 18
19 Beweis: a N > a N+1 2+a N > 2+a N (2+a N) > 1 4 (2+a N+1) a N+1 > a N+2. Die Folge konvergiert also gegen 2 3. Merkregel bei rekursiven Folgen a n+1 = f(a n ): Setze (noch unbekannten) Grenzwert (hier a) auf beiden Seiten der Rekursionsformel ein. Also a n+1 := f(a n ) a = f(a) = a. Falls diese Gleichung keine Lösung besitzt, kann die Folge nicht konvergieren. 19
20 Beispiel: Klausur 06 Struckmeier/Kiani: Gegeben sei f: R R f(t) = t 2 5t+4. a) Leiten Sie die Rekursionsformel, die das Newton Verfahren zur Bestimmung einer Nullstelle der Funktion f mit dem Startwert t 0 = 5 erzeugt, her. b) Zeigen Sie, dass die Folge t 0 = 5, t n+1 = t2 n 4 2t n 5 ; N 0 nach unten beschränkt ist. n c) Beweisen Sie die Konvergenz und bestimmen Sie den Grenzwert. 20
21 Lösung: Zunächst allg. Definition des Newtonverfahrens: Gesucht Nullstelle der Funktion f : D R nahe einer vorgegebenen Zahl t 0 D R Iteration: so lange f (t n ) > ǫ > 0, und f(t n ) > Tol, und n < maximale Schrittzahl t n+1 = t n f(t n) f (t n ) n 0 21
22 Konkrete Aufgabe; a) t 0 = 5, t n+1 := t n f(t n) f (t n ) = t n t2 n 5t n +4 2t n 5 = t2 n 4 2t n 5. b) Falls die Folge gegen ein t R konvergiert, dann gilt: lim t n+1 = lim t n = t aber auch: t = lim t n+1 = lim t n t2 n 5t n +4 2t n 5 = t t2 5t+4 2t 5 t 2 5t+4 = (t 1)(t 4) = 0 Als Grenzwert kommen also nur die Zahlen 1 oder 4 in Frage. 22
23 Monotonie + Beschränktheit: Teste ob die Werte monoton steigen oder fallen natürlich muss i. A. weder das Eine noch das Andere der Fall sein. Hier gilt: t 0 = 5, t 1 = = 4.2 < 5. Wir versuchen zu zeigen, dass die Folge fällt und nach unten durch 4 beschränkt ist. Beschränktheit nach unten: Induktionsbehauptung t n > 4. Anfang: t 0 = 5 > 4. Voraus.: Es gelte t n > 4 für ein beliebiges, festes n N 0. Behauptung : Dann gilt auch t n+1 > 4. 23
24 Beweis : t n+1 > 4 t2 n 4 2t n 5 t 2 n 4 > 8t n 20 > 4 (Nenner > 0) t 2 n 8t n +16 = (t n 4) 2 > 0 Die letzte Ungleichung ist für alle t n 4 erfüllt. Es folgt die Behauptung. 24
25 Monotonie: t n t n+1 = t2 n 5t n +4 2t n 5 t 2 n 5t n +4 > 0 ( t n 5 ) > 0 Nach Teil b: t n > 4 damit gilt > 0 (Nenner > 0) t n 5 2 > 3 ( 2 oder t n 5 ) 2 > Monotonie + Beschränktheit = Konvergenz. Es gilt t n 4 25
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