Antibiotika-Therapie. Dr. Martin Mengel Dr. Christoph Coch. Institut für Klinische Chemie und Pharmakologie
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- Annegret Küchler
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1 Antibiotika-Therapie Dr. Martin Mengel Dr. Christoph Coch Institut für Klinische Chemie und Pharmakologie
2 Überblick Grundlagen Leitsätze der Antibiotika-Therapie Fallbeispiele und Vorstellung der Antibiotika-Klassen Die häufigsten Fehler der Antibiotika-Therapie
3 Grundlagen I Bakterizide Antibiotika -Laktam-AB (Penicilline, Cephalosporine, Carbapeneme, Monobaktame) Aminoglykoside (z.b. Gentamicin) Gyrasehemmer / Chinolone Glykopeptidantibiotika (z.b. Vancomycin) Fosfomycin Rifampicin Keimabtötung MBK = min. bakterizide Konzentration (min. AB-Konz. mit bakterizider Wirkung) Bakteriostatische Antibiotika rev. Hemmung der Bakterienvermehrung MHK = minimale Hemmkonzentration (min. AB-Konz. mit bakt.-stat. Wirkung) Tetracycline Makrolide Lincosamine (z.b. Clindamycin) Cotrimoxazol (Trimethoprim + Sulfomethoxazol) Tigecyclin Nitroimidazole (z.b. Metronidazol) Oxazolidinone (z.b. Linezolid) Daptomycin
4 Grundlagen II Wirkung der Antibiotika ist abhängig vom körpereigenen Immunsystem - durch bakteriostatische Therapie im Wachstum gehemmte Erreger müssen abgetötet werden (Cave: bei Immunsuppression bakterizide AB bevorzugen) - abgetötete Keime müssen phagozytiert werden - Abtötung von Persistern: sensible, aber trotz wirksamer AB-Therapie überlebende Erreger (Ruhestoffwechsel), können sonst zu Rezidiven führen (Persister Resistenz) Abtötungskinetik: - konzentrationsabhängig: je höher die AB-Konzentration, desto stärker ist der antibakterielle Effekt (z.b.: Aminoglykoside, Gyrasehemmer) - zeitabhängig: Sättigung der Absterbekinetik, nahe der MHK. Die Dauer der AB-Exposition ist die determinierende Größe, eine weitere Dosissteigerung bringt keine Wirkungssteigerung (z.b.: -Laktam-AB, Vancomycin, Makrolide, Clindamycin)
5 Grundlagen III Resistenz: Definition: Erregervermehrung trotz wirksamer Konzentration des Antibiotikums am Wirkort 1) natürliche R.: genetisch bedingt ( nicht im Wirkspektrum des Antibiotikums ) 2) Mutations-R.: a) spontan: ohne Einwirkung der antibiotischen Therapie b) sekundär: unter Selektionsdruck einer Therapie eintretend (= erworben) 3) R-Plasmid- und Transposon-bedingte Resistenz: a) Plasmid: extrachromosomale ringförmige genetische Elemente, vermehren sich unabhängig von der Teilung des Bakteriums; können zwischen Stämmen gleicher und unterschiedlicher Art übertragen werden b) Transposon: können von einem Plasmid auf ein anderes oder auch auf das Chromosom übertragen überspringen (Insertion); rasche Veränderung der genetischen Information möglich. Plasmid- / Transposon-bedingte und sekundäre Resistenzen nehmen unter dem Selektionsdruck einer AB-Therapie sprunghaft zu
6 Leitsätze der AB-Therapie I Vermeidung unnötiger antibiotischer Therapie: ein Antibiotikum ist kein Antipyretikum Möglichst gezielte Therapie - Immer Erregerisolation versuchen (wenn möglich vor Beginn der AB-Therapie) - Schmalspektrum -Antibiotika sog. Breitspektrum -Antibiotika vorzuziehen - ggf. Umsetzen nach Erhalt des Antibiogramms (von breit auf gezielt) Ausreichend hohe Dosierung Dosisanpassung bei z.b. Leber-/Niereninsuffizienz Spiegelbestimmung bei Antibiotika mit geringer therapeutischer Breite
7 Leitsätze der AB-Therapie II Therapiedauer: - Bis 3-5 Tage nach Entfieberung - Therapiedauer 7-10 Tagen bedarf einer Begründung Antibiotika nicht zu häufig umsetzen; auch bei richtiger Therapie tritt Entfieberung häufig erst nach 2-3 Tagen ein Wenn AB nach 3-4 Tagen noch nicht anspricht, überlegen: falsches AB?, falscher Erreger (Viren, Pilze?), Substanz erreicht Infektionsort nicht?, Abszess?, Fremdkörper? (Katheter), Drug-Fever? Die meisten Lokalantibiotika können durch Antiseptika ersetzt werden.
8 Fallbeispiel 1 Anamnese: 66-jähriger Mann mit zunehmender AZ-Minderung seit 2 Tagen, seit gestern Fieber, Husten Vorerkrankungen: Diabetes mellitus II Medikation: Protaphane 30/70, Ramipril, HCT Weitere Anamnese? Untersuchungen? Verdachtsdiagnose?
9 Beta-Lactam-Antibiotika 4 Klassen: Penicilline, Cephalosporine, Carbapeneme, Monobaktame Einheitliches Merkmal: Beta-Lactam-Ring als aktives antibakterielles Zentrum Pharmakodynamik: Bakterizid (Hemmung der bakt. Zellwandsynthese) Pharmakokinetik: Elimination vorwiegend unverändert renal Beta-Lactamasen: > 340 verschiedene -Lactamasen -> zunehmende Problematik, siehe ESBL Allergie: Allergierate bei Penicillinen am höchsten, meist Kreuzallergie unter den Penicillinen; in 5-8% Kreuzallergie zu Cephalosporinen Sensibilisierung: oral < parenteral < lokal (obsolet!)
10 Penicilline 1 Vorteile: bakterizide Wirkung, gute Verträglichkeit, große Dosierungsspanne, Wirkungssteigerung durch -Lactamasehemmer, keine oder nur langsame Resistenzentwicklung unter der Therapie Nachteile: Lückenhaftes Wirkspektrum bei ungezielter Therapie, geringe Stabilität gegen verschiedene -Lactamasen, Sensibilisierungsgefahr, kurze Halbwertzeit Allgemeines: bei hoher Dosis neurotoxische Reaktionen / epileptischer Anfall möglich (Cave: Meningitis (erhöhte Permeabilität der Blut-Hirn-Schranke), Niereninsuffizienz, Epilepsie)
11 Penicilline 2 Penicillin-Klassen Säure stabil Penicil linase stabil Gute Wirksamkeit / Besonderheiten Schmalspektrum-P. Benzyl-P.: Penicillin G Phenoxy-P.: Penicillin V Isoxazolyl-P.: (Oxacillin), Flucloxacillin Streptokokken, Meningokokken, Pneumokokken, Gonokokken, Treponemen, Borrelien, (zunehmende Resistenz von Pneumo- + Gonokokken) Oralpenicillin ; Wirkspektrum entspricht Penicillin G ausschl. penicillinase-bildende Staphylokokken (bis zu 80% der Staph.); pharmakokinetisch ungünstig nur historisch bedeutsam (Methicillin -> MRSA) Breitspektrum-P. Amino-P.: Amoxicillin (Ampicillin) Acylamino-P.: Piperacillin P. / Lactamaseinhibitor: Amoxicillin/Clavulansäure Ampicillin/Sulbactam Piperacillin/Tazobactam + - +/+ +/- -/ Spektrum wie Penicillin G plus Enterokokken, Listerien, Proteus, E. coli, Haemophilus influenzae NW: häufig Störung der Darmflora -> Diarrhoe, cave: C. diff.! Amoxicillin gut oral wirksam bes. im gramnegativen Bereich (einschließlich Pseudomonas), jedoch unvollst. Staphylokokken-Wirksamkeit, daher nur in Kombination einsetzen (s.u.) Indikationserweiterung um -Lactamasebildner Cave: nur ein Teil der -Lactamasen können gehemmt werden!
12 Cephalosporine (parenteral) Gruppe 1 Cefazolin Gruppe 2 Cefuroxim (Zinacef ) Gruppe 3a Cefotaxim, Ceftriaxon (Rocephin ) Gruppe 3b Ceftazidim (Fortum ) beste Staphylokokkenaktivität unter Cephalosporinen Wirksamkeit: nicht gegen Enterokokken und Pseudomonas Indikation: Ersatz von Penicillin G bei Allergie, Staphylokokken-Infektion (bessere Alternative zu Flucloxacillin!) breites Spektrum (grampositiv und gramnegativ), gute Pharmakokinetik; weitgehend lactamasefest Wirksamkeit: nicht gegen Enterokokken und Pseudomonas Indikationen: perioperative Prophylaxe, Organinfektionen, bei denen mit grampositiven und gramnegativen Bakterien gerechnet werden muss (z.b. Pyelonephritis) sehr breites Spektrum (zunehmend gramnegativ), weitgehend -lactamasefest Wirksamkeit: nicht gegen Enterokokken und Pseudomonas, schwächer gegen Staphylokokken Indikation: (un)gezielte Therapie schwerer lebensbedrohlicher Infektionen (Sepsis, Pneumonie, Wundinfektionen) sehr breites Spektrum, ähnlich Ceftriaxon, -lactamasefest Wirksamkeit: nicht gegen Enterokokken, gut gegen Pseudomonas!, schwach gegen Staphylokokken) Indikation: bei schweren Infektionen mit der Möglichkeit einer Pseudomonasinfektion (Kombinations-Therapie!); Fieber in Neutropenie, Mukoviszidose
13 Cephalosporine (oral) Gruppe 1 Cefachlor Cefalexin Weitgehend überholte Gruppe durch Loracarbef, ähnliches Wirkspektrum wie Cefazolin Wirksamkeit: nicht gegen Enterokokken und Pseudomonas Indikation: Staphylokokken-Infektionen (bessere Alternative zu Flucloxacillin) Gruppe 2 Loracarbef Derivat von Cefachlor, aber bessere Pharmakokinetik, zunehmend gramnegativ Wirksamkeit: nicht gegen Enterokokken und Pseudomonas, gut gegen Hämophilus infl., Pneumokokken, Streptokokken, Staphylokokken, E. coli Indikationen: leichte Atemwegs- (incl. HNO), Harnwegs-, Weichteilinfektionen Gruppe 3 Cefpodoxim Ceftibuten Erweitert im gramnegativen Bereich, aber z.t. verminderte Staphylokokken-Wirksamkeit Wirksamkeit: nicht gegen Enterokokken und Pseudomonas Indikation: leichte Atemwegs-, Harnwegs-, Weichteil-Infektionen
14 Carbapeneme (Imipenem, Meropenem) Erregerspektrum: fast das gesamte Erregerspektrum (incl. Pseudomonas, Anaerobier, ESBL-Bildner) Reserveantibiotikum mit derzeit breitestem Spektrum! Lücken im Erregerspektrum: MRSA, C. diff., Legionellen, Chlamydien, Mycoplasmen Unterschiede Meropenem vs. Imipenem: Meropenem: verbesserte Aktivität gegen gramnegative Bakterien (u.a. Pseudomonas), aber schwächere Aktivität gegen grampositive Bakterien Indikationen: Initialtherapie schwerer lebensbedrohlicher Infektionen (vor Erregernachweis); Mischinfektionen; Sepsis; Meningitis (nur Meropenem); Infektionen mit Acinetobacter baumanii oder ESBL-Bildnern Wichtige Kombinationspartner (synergistische Wirkung): Gentamicin oder Ciprofloxacin Pseudomonas Vancomycin Staph. Aureus Metronidazol Anaerobier
15 Monobactame (Aztreonam) Allgemeines theoretisch interessant, aber insgesamt geringe klinische Bedeutung; einzige Substanz dieser Klasse unübliches -Lactam-Antibiokum (besteht nur aus halbem -Lactamring) Pendant zu Vancomycin im gramnegativen Bereich Erregerspektrum: Fast alle gramnegativen Stäbchen (incl. Pseudomonas) Wirkt nicht gegen grampositive Bakterien, wirkt nicht gegen Anaerobier Indikationen: Komplizierte Harnwegsinfektionen durch sonst resistente Keime; in Kombination zur Pseudomonas-Therapie Reservepräparat für Kombinationstherapie
16 Fallbeispiel 1 Anamnese: 66-jähriger Mann mit zunehmender AZ-Minderung seit 2 Tagen, seit gestern Fieber, Husten Vorerkrankungen: Diabetes mellitus II Medikation: Protaphane 30/70, Ramipril, HCT Einteilung Pneumonie? Therapie?
17 Ambulant erworbene Pneumonie 1 (CAP = community aquired pneumonia) Definition: Jede nicht im Krankenhaus erworbene Pneumonie, dies gilt auch für Diagnosen im Krankenhaus innerhalb von 48 Stunden nach Krankenhausaufnahme. (Infiltrate in Rö-Thorax + Infektzeichen + 2 Zeichen einer Atemwegsinfektion) Risikostratifizierung: C[U]RB-65-Index: (Confusion, [Urea], Respiratory Rate, Blood Pressure, Age) CRB-65-Index 0 stationäre Einweisung empfohlen Diagnostik: Röntgen Labor Mikrobiologie Ambulant Stationär + + +/- ICU + + +
18 Ambulant erworbene Pneumonie 2 (CAP = community aquired pneumonia) Antibiotika [Alternative] Erregerspektrum Besonderheiten CAP ohne RF Amoxicillin p.o. [Azithromycin p.o., Doxycyclin p.o.] Pneumokokken (25-45%), Mykoplasmen, Chlamydien, Viren Keine Gyrasehemmer: zu breit, Gefahr von Resistenzen (Ciprofloxacin hat nur unzureichende Pneumokokken- Aktivität!) CAP mit RF CAP mit Pseudomonas -Risiko Sultamicillin p.o. [Laevofloxacin p.o./moxifloxacin p.o.] Piperacillin/Tazobactam i.v. ± Ciprofloxacin p.o. [Carbapenem i.v. + Ciprofloxacin] Pneumokokken, Haemophilus influenzae, Staphylococcus aureus, Enterobakterien, Mykoplasmen, Chlamydien Pneumokokken, H. influenzae, Staph. aureus, Enterobakterien, Pseudomonas ggf. Mykoplasmen, Chlamydien, Legionellen Bei V.a. atyp. P.: -Lactam + Makrolid Bei V.a. Aspiration zusätzlich Metronidazol (Anaerobier) Risikofaktoren: COPD, Alter, Rauchen, Herz-/Leber-/Niereninsuffizienz, Diabetes mellitus, Aspirationsgefahr, Z.n. Influenza- Infektion, Malnutrition Pseudomonas-Risiko: Steroidbehandlung, Intensivbehandlung, strukturelle Lungenerkrankung, vorhergehende stat. Behandlung (< 30d), antibiotische Vorbehandlung, Malnutrition
19 Nosokomiale Pneumonie 1 (HAP = hospital aquired pneumonia) Definition: Jede Pneumonie, die sich im Krankenhaus später als 48h nach Aufnahme erstminfestiert, ist eine nosokomiale Pneumonie. Man unterscheidet in frühe (early onset < 4d) und späte (late onset ab d5) HAP. Letalität 30-50%. Risikofaktoren: Alter > 65 Jahre Strukturelle Lungenerkrankung Antimikrobielle Vorbehandlung Late onset (ab dem 5. KH-Tag) Schwere respiratorische Insuffizienz Extrapulmonales Organversagen 1 Pkt 2 Pkt 2 Pkt 3 Pkt 3 Pkt 4 Pkt
20 Nosokomiale Pneumonie 2 (HAP = hospital aquired pneumonia) Therapie: Gruppe Antibiotika [Alternative] Erregerspektrum Besonderheiten I ( 2 Pkt.) Ampicillin/Sulbactam i.v. [Moxifloxacin] Early onset: Pneumokokken, H. influenzae, Staph. aureus (MSSA), Enterobakterien II (3-5 Pkt.) III ( 6 Pkt.) Piperacillin/Tazobactam i.v. [Chinolon] Piperacillin/Tazobactam i.v. + Chinolon wenn möglich p.o. sonst i.v. [Carbapenem i.v. + Chinolon] Late-onset-HAP : Pneumokokken, H. influenzae, Staph. aureus (MRSA) Klebsiellen, Enterobacter, Stenotrophomonas Pseudomonas, Acinetobacter baumanii ggf. Mykoplasmen, Chlamydien, Legionellen Bei Nachweis Pseudomonas oder Acinetobacter immer Komb.-Therapie Legionellen-Pneum. Therapie-Dauer mind. 3 Wochen MRSA-Risiko: Diabetes mellitus, Niereninsuffizienz, Koma Pseudomonas-Risiko: Steroidbehandlung, Intensivbehandlung, strukturelle Lungenerkrankung Leitlinien Innere I, UKB
21 Fallbeispiel 2 Anamnese: 24-jährige Frau, seit gestern Übelkeit/Erbrechen, Kopfschmerzen, Fieber bis 39,5 C, Rückenschmerzen Vorerkrankungen: keine Medikation: Pille Untersuchungen? Verdachtsdiagnose?
22 Harnwegsinfekt / Pyelonephritis Allgemeines: Keine empirische Therapie bei afebrilen, symptomlosen Patienten. Nur Leukozyturie und Keimzahlen > 10 5 /ml deuten auf signifikante Bakteriurie hin Reichlich Flüssigkeitszufuhr für ausreichende Diurese ( wash-out-effect ) Das ideale Antibiotikum zur Behandlung von Infektionen der Nieren und ableitenden Harnwege wird möglichst unverändert renal ausgeschieden Risikofaktoren: Weibliches Geschlecht ( LJ), Geschlechtsverkehr, Schwangerschaft, Diabetes, Harnretention Erreger: Häufig: E. coli, Proteus mirabilis, Klebsiellen Schwere Verläufe: s.o. + Pseudomonas, Staph. Aureus, Enterokokken Sexuell Übertragbar: Gonokokken, Chlamydien, Mycoplasmen, Trichomonas Gynäkologischen Infektionen: zusätzlich Anaerobier
23 Folsäure-Antagonisten (Sulfonamide + Diaminopyrimidine) Wirkstoffe: Sulfonamide: Sulfamethoxazol, Sulfadiazin Diaminopyrimidine: Trimethoprim, Pyrimethamin Kombination: Sulfamethoxazol + Trimethoprim = Cotrimoxazol Wirkung: Hemmung der bakt. Folsäure-Synthese (2 unterschiedliche Schritte) bakteriostatisch synergistischer Effekt und verzögerte Resistenzentwicklung durch Kombination insgesamt breites Wirkspektrum aber zunehmende Resistenzen auch gegen Komb. Nebenwirkung: Nephrothox.: Gefahr der Nierenschädigung durch Auskristallisation im sauren Urin Indikation: 1) Cotrimoxazol: MdW bei unkompl. Harnwegsinfekt und bei Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie (alt: Pneumocystis-carinii-P.) 2) Sulfadiazin + Pyrimethamin: Toxoplasmose
24 Gyrasehemmer / (Fluor)chinolone Pharmakodynamik: Bakterizid (Hemmung der Topoisomerase v.a. II (bakt. Enzym, das DNA in ihre Superhelix-Quartär-Struktur verwandelt)) Pharmakokinetik parenterale und orale Gabe möglich gut gewebegängig Verwendung: sehr breiter Einsatz, da sehr breites Erregerspektrum und orale Gabe möglich Ursachen für Resistenzen (zunehmendes Problem): breiter Einsatz beim Menschen Abusus in der Veterinärmedizin breiter Einsatz von Nalidixinsäure dem ersten Chinolon von 1962 als Diarrhoe-Mittel in Indien bis heute!
25 Gyrasehemmer / (Fluor)chinolone Laevofloxacin Ciprofloxacin Moxifloxacin Erregerspektrum v.a. gramnegativ (incl. Pseudomonas), Chlamydien, Mycoplasmen + Staphylokokken, schlechte Wirksamkeit gegen Pneumokokken! besser grampositiv (Pneumokokken), schwächere Wirkung auf Pseudomonas Gute Wirksamkeit gegen bakt. Erreger von Atemwegs-I. (Pneumokokken, Haemophilus, Chlamydien, Mykoplasmen, Legionellen, Mykobakterien), gute Anaerobier-Wirksamkeit, schlecht wirksam gegen Pseudomonas Indikationen Harnwegs-I., Gallengangs-I., Reisediarrhö, Pseudomonas-I. (z.b. zystische Fibrose) Atemwegs-I., Harnwegs-I., Haut-/Weichteil-I. Atemwegs-I., Haut-/Weichteil-I., Tuberkulose (Reserve) Chinolone sollten wenn möglich nur angewendet werden, wenn andere Antibiotika, die für die initiale Behandlung dieser Infektion üblicherweise empfohlen werden, für ungeeignet erachtet werden -> Resistenzen!
26 Aminoglykoside (Gentamicin, Amikacin) Pharmakodynamik: bakterizid (Hemmung der bakt. Proteinsynthese) Besonderheiten: Als Monotherapeutikum nur relativ schlecht wirksam, daher in erster Linie Kombinations-Antibiotikum Bei oraler Gabe kaum Resorption -> Darmsterilisation Geringe therapeutische Breite (Oto-/Nephrotoxizität): - regelmäßige Spiegelkontrollen - tgl. Einmalgabe (siehe auch Abtötungskinetik konzentrationsabhängig) Wirkspektrum: Gut wirksam gegen: E. coli, Klebsiellen, Proteus, Pseudomonas, Staphylokokken Schlecht wirksam gegen: Streptokokken, Haemophilus, Anaerobier Indikationen: i.v.: Kombinationspartner bei schweren Infektionen (Pneumonie, Harnwegs-I., Endokarditis, Sepsis) Lokal: infizierte Wunden, Augeninfektionen, Knochen-/Weichteil-I.
27 Harnwegsinfekt / Pyelonephritis Antibiotika [Alternative] Erregerspektrum Besonderheiten Unkomplizierte Zystitis Cotrimoxazol [Chinolon, Nitrofurantoin, Fosfomycin] (alles oral) E. coli (60-80%), Klebsiellen, Proteus Therapiedauer: Einmalgabe bis zu 3 Tagen Unkomplizierte Pyelonephritis Sultamicillin [Chinolon] (meist orale Therapie ausreichend) s.o. plus Staphylokokken Komplizierte Pyelonephritis Urosepsis Cefuroxim oder Ceftriaxon i.v. [Ampicillin/Sulbactam i.v.] Piperacillin/Tazobactam i.v. + Chinolon i.v. oder p.o. [Ceftazidim + Amikacin i.v.] s.o. plus Staphylokokken, Pseudomonas, Enterokokken (bei Sepsis v.a. E. coli, Klebsiellen oder Proteus) Bei Pseudomonas immer Kombinationstherapie Leitlinien Innere Medizin I, UKB; Leitlinien Paul-Ehrlich-Gesellschaft
28 Fallbeispiel 3 Anamnese: 68-jähriger Mann; seit 2 Stunden Fieber 38,7 C; AZ-Minderung Vorerkrankungen: Magen-Carcinom, Z.n. 3 Zyklen Chemotherapie (zuletzt bis vor 5 Tagen) Medikation: Pantoprazol, Furosemid, MCP Untersuchungen? Verdachtsdiagnose?
29 Fieber in der Neutropenie Definition: Fieber > 38,5 C (oral) bei neutrophilen Granulozyten < 500/ l o. Leukozyten < 1000/ l Je länger die Neutropenie, desto höher das Letalitäts-Risiko für Patienten bei Fieber! Diagnostik: Klinik (!), Blutkulturen, Urikult, Rö-Thorax, ggf. CT-Thorax, ggf. Stuhlkultur, ggf. Abstriche Häufige Erreger: Staphylokokken, Streptokokken, Enterokokken, E. coli, Klebsiellen, Pseudomonas, Clostridium difficile, Candida, Aspergillus Therapie-Leitlinie (vereinfacht) Innere I, UKB: 1) Piperacillin/Tazobactam i.v. wenn nach 72-96h nicht fieberfrei dann 2) Vancomycin i.v. + Meropenem i.v. + ggf. Voriconazol bei Thearpieversagen, dann 3) Vancomycin i.v. + Ceftazidim i.v. + Ciprofloxacin p.o. + Antimykotikum
30 Glykopeptide (Vancomycin, Teicoplanin) Pharmakodynamik: Bakterizid (Hemmung der Zellwandsynthese) Pharmakokinetik: Bei oraler Gabe kaum Resorption Elimination: v.a. renal (Cave: Niereninsuffizienz -> Spiegelbestimmung) Gute Penetration in Leber, Herz, Niere, Lunge, auch Abszesse; nicht in Knochen! Wirkspektrum: Ausschließlich grampositiv (Strepto-, Staphylo-, Enterokokken, Clostridien) Indikationen: i.v.: Schwere Staphylokokken-Infektionen (auch MRSA), Reserve-AB gegen Enterokokken (Cave: VRE), Fremdkörper-Infektionen oral: C.-diff.-assoziierte Diarrhö, pseudomembranöse Enterokolitis
31 Weitere Antibiotika-Klassen 1 Makrolide (Roxithro-, Azithro-, Clarithromycin): PD: bakteriostatisch (Hemmung der bakt. Proteinsynthese) Bes.: intrazelluläre Wirkung, Cyt.-P450-abh. Metabolisierung; Anwendung v.a. ambulant (Resistenzen!); breite Anwendung in der Pädiatrie Wirkspektrum: Staphylokokken, Streptokokken, Pneumokokken, Haemophilus, Chlamydien, Mykoplasmen, Legionellen, Helicobacter Indikationen: CAP, atyp. Pneumonie, HNO-Infektionen (Roxithro- o. Azithromycin) H.p.-Eradikation (Clarithromycin in Komb.) Tetrazykline (Doxycyclin, Minocyclin): PD: bakteriostatisch (Hemmung der bakt. Proteinsynthese) Bes.: identisches Wirkungsspektrum aller Tetrazykline, extra- + intrazelluläre Wirkung, Ablagerung in wachsenden Knochen und Zähnen -> (KI Pädiatrie) Indikationen: MdW intrazelluläre Infektionen (z.b. Chlamydien), Borreliose, Lues, Akne, Brucellose, Ornithose
32 Weitere Antibiotika-Klassen 2 Lincosamide (Clindamycin): PD: bakteriostatisch (Hemmung der bakt. Proteinsynthese) Bes.: gut gewebegängig, gut knochengängig; Anreicherung in Makrophagen und Granulozyten -> gute Wirkung im Abszess häufig Störung der Darmflora -> Diarrhoe, cave: C. diff.! Wirkspektrum: Staphylokokken, Streptokokken, Pneumokokken, Anaerobier Indikationen: schwere Anaerobier- + Staphylokokken-Infektionen (Abszesse, Zahn-I., Osteomyelitis), nekrotisierende Fasziitis Nitroimidazole (Metronidazol): PD: bakterizid (Hemmung der Nukleinsäuresynthese obligat anaerober Bakterien) Indikationen: Anaerobier-Infektionen (meist Mischinf. Komb. mit aerobierwirksamem Breitspektrum-AB) ( Abszess, Peritonitis, Aspirationspneumonie, ) Trichomonaden-I., Amöben-I H.p.-Eradikation (in Kombination) proph. vor großen Darm- o. gyn. Operationen (in Kombination) C.-diff.-assoziierte Diarrhoe / pseudomembranöse Kolitis
33 Weitere Antibiotika-Klassen 3 Rifampicin PD: bakterizid (Hemmung der bakt. RNA-Polymerase) Bes.: immer in Kombination einsetzen, da sonst schnelle Resistenzentwicklung nicht antibiotische Wirkung: Stimulation der Cholorese (-> Ikterus) Indikationen: Tuberkulose, Lepra, Fremdkörperinfektionen durch Staphylokokken
34 Reserve-Antibiotika 1 Carbapeneme (Meropenem, Imipenem) Monobactam (Aztreonam) Siehe oben Aminoglykoside (Gentamicin, Amikacin) Glykopeptide (Vancomycin, Teicoplanin)
35 Reserve-Antibiotika 2 Oxazilodinone (Linezolid) PD: bakteriostatisch (Hemmung der bakt. Proteinsynthese) Bes.: wirkt ausschließlich grampositiv; orale Applikation Indikationen: Pneumonie + Haut-/Weichteilinfektionen mit MRSA oder VRE Daptomycin: PD: bakterizid (Hemmung der Zellwandsynthese) Bes.: wirkt ausschließlich grampositiv Indikationen: Haut-/Weichteilinfektionen durch MRSA oder VRE Glycylcycline (Tigecyclin): PD: bakteriostatisch (Hemmung der bakt. Proteinsynthese) Bes.: Breitspektrum-AB, auch wirksam gegen MRSA + VRE, nicht wirksam gegen Pseudomonas Indikationen: komplizierte Haut-/Weichteil-I. und intraabdominelle Infektionen
36 Reserve-Antibiotika 3 Fosfomycin PD: bakterizid (Hemmung der bakt. Zellwandsynthese) Bes.: gut gewebegängig, keine Kreuzresistenzen oder -allergien, da keine chemische Verwandtschaft mit anderen Antibiotika immer in Kombination einsetzen (rasche Resistenzentwicklung) -> Einsatz meist erst nach Vorliegen des Antibiogramms Wirkspektrum: Staphylokokken, Streptokokken, E. coli, Klebsiellen, Proteus Indikationen: bei Unwirksamkeit/Unverträglichkeit von Erstwahl-Antibiotika: Osteomyelitis, Meningitis, Staphylokokken-I. (auch MRSA)
37 Problemkeime 1 MRSA (methicillin-resistenter Staph. aureus): Infektionsquelle: Staph. aureus Normalflora der Haut und Nasenvorhöfe bei 10-30% Klinik: Pneumonie, Sepsis, Wundinfektion, Endokarditis Therapie: Zimmer-Isolation im Krankenhaus a) Infektion: Vancomycin (+ Fosfomycin), Linezolid, Daptomycin, Tigecyclin b) Kolonisation: evtl. Mupirocin-Nasensalbe VRE (vancomycin-resistente Enterokokken): Bes.: vana-typ -> Resistenz gegen Vancomycin + Teicoplanin vanb-typ -> Resistenz nur gegen Vancomycin Infektionsquelle: Enterokokken Normalflora des Gastrointestinaltrakts Klinik: Harnwegsinfekt, Endokarditis, Sepsis, Wundinfektion Therapie: Zimmer-Isolation im Krankenhaus a) Infektion: Linezolid, Daptomycin, Tigecyclin, Doxycyclin, (Teicoplanin) b) Kolonisation: keine Therapie
38 Problemkeime 2 ESBL-Bildner (extended spectrum -lactamase) Bes.: Resistenz gegen alle -Lactam-Antibiotika Vorkommen bei Enterobakterien (v.a. E. coli + Klebsiellen) ESBL-Bildner entstehen durch Mutation aus klass. -Lactamasen auf Plasmiden lokalisiert -> Austausch mit anderen gramnegativen Bakt. möglich Infektionsquelle: Flora des Gastrointestinaltrakts Klinik: Harnwegsinfekt, intraabdominelle I., Pneumonie, Therapie: mind. Kontaktisolation im Krankenhaus a) Infektion: Meropenem, Tigecyclin b) Kolonisation: keine Therapie Acinetobacter baumanii: Bes.: Vorkommen ubiquitär klin. Problematisch v.a. auf Intensivstationen (beatmete Patienten) Multiresistenzen häufig bei verwundeten US-Soldaten aus Irak/Afghanistan Klinik: Pneumonie, Wundinfekte, Harnwegsinfekte, Sepsis Therapie: Carbapeneme (auch hier Resistenzen schon vorhanden)
39 Problemkeime 3 Clostridium difficile Infektionsquelle: Flora des Gastrointestinaltrakts Pathopysiologie: Keimvermehrung von C. diff. unter antibiotischer Therapie durch Floraverschiebungen -> erhöhte Toxinproduktion -> sekret. Diarrhö häufig unter Ampicillin/Sulbactam und Clindamycin Klinik: C.-diff.-assoziierte Diarrhö, pseudomembranöse Enterokolitis Therapie: Metronidazol p.o. oder i.v. [Alternative: Vancomycin p.o.]
40 Fallbeispiel 4 Anamnese: 45-jährige Frau, seit gestern Abend Fieber mit Schüttelfrost, Husten, plötzlicher Beginn, vor 8 Tagen aus Argentinien zurückgekommen Vorerkrankungen: Arterielle Hypertonie Medikation: HCT Untersuchungen? Verdachtsdiagnose?
41 Fieber unklarer Ursache Definition: >3 Wochen Dauer; T >38,3 C; unklare Ursache nach 3 Tagen Klinik Achtung: ~30% sterben an dieser Diagnose Ursachen: 25% Infektionen; 15% Neoplasmen; 25% Immunolog.; 30% unklar; 5% div. Fieber allein auch über längere Zeit ist keine Indikation zur Antibiotikagabe bei stabilen Patienten besteht initial keine Therapieindikation das gleiche gilt für HIV-Patienten wegen der Vielfalt der Fieberursachen Lediglich bei Dialyse-, Intensiv-, transplantierten und neutropenischen Patienten sollte empirische AB-Therapie erwogen werden Empirische AB-Therapie bei stabilen Patienten (AB-Leitlinien Innere I UKB): Sultamicillin, Alternative Ciprofloxacin
42 Die häufigsten Fehler der AB-Therapie Falsche Indikation: z.b. bei viralen Erkrankungen, Drug-Fever, etc. Zu breite Therapie, wenn spezifische Therapie möglich ist Keine Umstellung der Therapie, wenn Antibiogramm bekannt ist Zu lange Therapie Keine Dosisanpassung Falsche antibiotische Therapie bei Unkenntnis der aktuellen Resistenzsituation (Leitlinien werden regelmäßig adaptiert!) Intravenöse Therapie wenn gleichwertig oral möglich Kombinationstherapie wenn ein AB ausreicht oder umgekehrt
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