Schaltalgebra und kombinatorische Logik
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- Tristan Stein
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Transkript
1 Schaltalgebra und kombinatorische Logik. Digitale elektrische Schaltungen 2. Beschreibung durch logische Ausdrücke 3. Boolesche Algebra 4. Schaltfunktionen 5. Synthese von Schaltungen 6. Schaltnetze Wintersemester 4/5
2 Analogtechnik und Digitaltechnik bei analoger Technik kontinuierliche Signale bei digitaler Technik diskrete, i.a. binäre Signale (Bilder aus: Clements, The Principles of Computer Hardware) Wintersemester 4/5 2
3 Analogrechner: Meda 42A + Meda 42B Hersteller: Aritma AT, Prag, Baujahr: ab 968, Serienfertigung bis Ende der 7er Jahre Prof. M. Ludwig (TU Dresden), T. Falk Die Eingabe erfolgte durch Stecken des Analogprogramms mittels Programmierschnüre, Kurzschlussstecker und Rechenimpedanzen (Widerstände für die Summatoren und Integratoren) auf einer Programmiertafel; die Einstellung der Konstantenpotentiometer wurde durch ein Digitalvoltmeter unterstützt. Zur Auswertung stand zur Verfügung: * 6-Strahl-Oszilloskop OPD 28 U * X-Y-Schreiber BAK 5 T * Digitalvoltmeter Wintersemester 4/5 3
4 Digitale elektrische Schaltungen eine einfache Schaltung: Schalter Spannungsquelle Lichquelle Strom fließt nur bei geschlossenem Stromkreis! zwei Zustände Strom fließt Lampe leuchtet Strom fließt nicht Lampe leuchtet nicht Wintersemester 4/5 4
5 Digitale elektrische Schaltungen eine einfache Reihenschaltung: Lampe leuchtet, wenn der erste und der zweite Schalter geschlossen werden eine einfache Parallelschaltung: Lampe leuchtet, wenn der erste oder der zweite Schalter geschlossen wird Wintersemester 4/5 5
6 Digitale elektrische Schaltungen eine komplexe(re) Schaltung: wann leuchtet die Lampe? wie kann man eine solche Schaltung beschreiben? Wintersemester 4/5 6
7 Beschreibung durch logische Ausdrücke bei Betrachtung aus Sicht der Logik ergeben sich 2 Zustände: Strom fließt / Strom fließt nicht Lampe leuchtet / Lampe leuchtet nicht an / aus wahr / falsch / / im folgenden Betrachtung der Zustandsmenge {,} Zustände werden elektronisch realisiert: Stromfluß / kein (oder ein sehr geringer) Stromfluß Spannung / keine (oder eine sehr geringe) Spannung Wintersemester 4/5 7
8 Beschreibung durch logische Ausdrücke Wie können logische Schaltungen beschrieben werden? Welche logischen Grundverknüpfungen können identifiziert werden? Logische Variablen nehmen den Wert wahr oder falsch an. Andere Werte gibt es nicht: Tertium non datur Verknüpfung von Variablen: A B A UND B falsch falsch falsch falsch wahr falsch wahr falsch falsch wahr wahr wahr Wahrheitstafel Wintersemester 4/5 8
9 Entwicklung: Aristoteles v.chr. begründet Syllogistik Lehre von den logischen Schlußformen Später bilden die Stoiker die Syllogistik als Aussagenlogik weiter aus. Im Mittelalter à Scholastik George Boole (85-864) à 854 mathematische Formalisierung in An Investigation of the Laws of Thought on which are founded the Mathematical Theories of Logic and Probabilities". Claude Shannon (96-2) hat im Rahmen seiner Diplomarbeit: On the Symbolic Analysis of Relay and Switching Circuits (94), gezeigt, dass man die Boolsche Algebra zur Beschreibung von Schaltkreisen anwenden kann. Wintersemester 4/5 9 Bild:
10 Wie realisiert man die Funktionen, die durch eine Wahrheitstafel beschrieben werden? Realisierung einer UND-Funktion durch Gatter mit Relais: V+ A B A UND B A B C elementare Funktionen auf {,} werden durch Gatter realisiert, komplexe Funktionen durch eine geeignete Verschaltung von mehreren Gattern Wintersemester 4/5 GND
11 Realisierung durch elektronische Schaltkreise: klein sparsam schnell zuverlässig billig Power PC Wintersemester 4/5
12 Logische Schaltungen ein Gatter ist eine (elektrotechnische) Black Box mit einem, zwei oder mehreren Eingängen A,B,C,... {,} und genau einem Ausgang Y {,} zur Realisierung einer Funktion Y = f (A,B,C,...) eine Wahrheitstabelle legt jeweils die Funktion fest. Wintersemester 4/5 2
13 Elementare Gatter ein UND-Gatter realisiert eine Konjunktion: für zwei Eingänge: Y=A B für k Eingänge: Y=A A 2... A k Andere äquivalente Notationen: Y = A B Y = AB Y = A & B Wintersemester 4/5 3
14 Elementare Gatter ein ODER-Gatter realisiert eine Disjunktion: für zwei Eingänge: Y=A+B, für k Eingänge: Y=A +A A k andere äquivalente Notationen: Y=A B Wintersemester 4/5 4
15 Elementare Gatter ein NICHT-Gatter realisiert eine Negation: Y=A andere äquivalente Notationen: Y=A' Y= A Wintersemester 4/5 5
16 Beispiel einer logischer Schaltung Gesucht ist eine Schaltung, die eine logische generiert, wenn höchstens einer von drei Eingängen A,B,C den Wert aufweist. erste Lösungsvariante: Wintersemester 4/5 6
17 Beispiel einer logischen Schaltung Gesucht ist eine Schaltung, die eine logische generiert, wenn höchstens einer von drei Eingängen A,B,C den Wert aufweist. erste Lösungsvariante: Wintersemester 4/5 7
18 Beispiel einer logischer Schaltung zweite Lösungsvariante: Wintersemester 4/5 8
19 Beispiel einer logischer Schaltung zweite Lösungsvariante: welche Variante ist besser? Wintersemester 4/5 9
20 Äquivalenz von Schaltnetzen A B C D?? A B C D Wintersemester 4/5 2
21 Boolesche Algebra Problem: Gibt es ein Verfahren, um die Äquivalenz zweier Schaltungen formal nachzuweisen? um Schaltungen auf einfache Weise zu transformieren? um minimale Schaltungen zu entwerfen? Lösung: Boolesche Algebra von G. Boole im Jahre 854 entwickelt zwei Werte: und drei Boolesche Operationen: +, sowie " " vier Axiome... Wintersemester 4/5 2
22 Boolesche Algebra Eine Algebra besteht aus einer Tägermenge, Operationen über dieser Menge, für die bestimmte Axiome gelten neutralen Elementen für die Operationen. Sei B eine Menge und seien, Elemente aus B. Seien zweistellige Operationen und +, sowie eine einstellige Operation auf B erklärt. Die neutralen Elemente seien: für die Operation " " und für die Operation "+". Dann heißt (B,,+,,,) eine Boolsche Algebra, wenn für beliebige X, Y, Z B folgende Axiome gelten: Wintersemester 4/5 22
23 Axiome der Booleschen Algebra Kommutativität: A+B = B + A A B = B A Assoziativität: A+(B+C) = (A+B)+C = A+B+C A (B C) = (A B) C = A B C Distributivität: A (B+C) = (A B)+(A C) A+(B C) = (A+B) (A+C) Neutrales Element: +A = A A = A Komplementarität: A + A = A A = Wintersemester 4/5 23
24 Sätze der Booleschen Algebra folgende Sätze können aus den vier Axiomen abgeleitet werden: Idempotenzgesetze: A+A = A A A = A Substitutionsregeln: A+ = A = Absorptionsgesetze: Doppelnegation: A+(A B) = A A (A+B) = A A = A Wintersemester 4/5 24
25 Sätze der Booleschen Algebra Komplementäre Werte: = = Tertium non datur: wenn A, dann gilt A =. wenn A, dann gilt A =. Abgeschlossenheit: Boolesche Operationen liefern nur boolesche Werte als Ergebnis. Wintersemester 4/5 25
26 Gesetze der Booleschen Algebra Gesetze der Booleschen Algebra Zusammengefasst: + A = A A = A + A = A = A + A = A A A = A A + A = A A = A = A A + B = B + A A B = B A A + (B + C) = (A + B) + C A (B C) = (A B) C Kommutativges. Ass. Ges. A (B + C) = A B + A C A+(B C) = (A+B) (A+C) Distr. Ges. A + (A B) = A A + (A B) = A + B ( A + B ) ( A + B ) = B Resolutionregel A (A + B) = A Absorptionsges. Wintersemester 4/5 26
27 Das Dualitätsprinzip der Booleschen Algebra + A = A A = A + A = A = A + A = A A A = A A + A = A A = Zahlenalgebra: Boolesche Algebra: A B + A C = A ( B + C) A B + A C = A ( B + C) Distributivges. (A+B) (A+C) = A A + A C + B A + B C (A+B) (A+C) = A + (B C) Distributivges. A+(B+C) = (A+B)+C = A+B+C A+(B+C) = (A+B)+C = A+B+C Assoziativges. A (B C) = (A B) C = A B C A (B C) = (A B) C = A B C A+(B+A) = (A+B)+A = 2 A +B A+(B+A) = (A+B)+A = A+B A (B+A) = (A B)+(A A) = A 2 +A B A (B+A) = A+(B A) = A Absorption Wintersemester 4/5 27
28 Boolesche Algebra / Dualitätsprinzip Ersetzt man gleichzeitig in einem Axiom UND durch ODER und ODER durch UND sowie durch und durch, so erhält man das zu diesem Axiom gehörige duale Axiom. Führt man diese Ersetzung in einem Theorem aus, so erhält man das zu diesem Theorem gehörige duale Theorem. Wintersemester 4/5 28
29 Sätze der Booleschen Algebra Die de Morgan schen Regeln A B A + B A + B A B A B A B A+B = A B = Wintersemester 4/5 29
30 Sätze der Booleschen Algebra Die de Morgan schen Regeln A B A B A B A B A B A+B A B = A + B = Wintersemester 4/5 3
31 Sätze der Booleschen Algebra de Morgansche Regeln: A+B = A B A B = A+B Anmerkung: de Morgansche Regeln ermöglichen eine einfache Negation von Termen durch ) Tausch der Operationen + (ODER) und (UND) 2) Komplementierung aller Variablen de Morgan s Regel erlaubt es, negierte Ausdrücke in einzelne negierte Ausdrücke aufzulösen und Operatoren wechselseitig zu ersetzen. Wintersemester 4/5 3
32 Äquivalent?? Wintersemester 4/5 32
33 Regeln zur Umformung Boolscher Gleichungen: Für zwei Gleichungen sagen wir, dass die erste aus der zweiten ableitbar ist, wenn wir die zweite durch Anwendung einer der folgenden Regeln auf die erste Gleichung erhalten: Unabhängige Auswertung:. Jeder Ausdruck auf der linken oder rechten Seite einer Gleichung kann durch einen anderen ersetzt werden, der mit ihm identisch ist, d.h. man kann die Ausdrücke links und rechtes unabhängig voneinander vereinfachen. Komplementbildung: 2: Die rechte und die linke Seite einer Gleichung können gleichzeitig durch ihre Komplemente ersetzt werden. Erweiterung: 3. Jede Seite einer Gleichung kann mit demselben Ausdruck oder mit einem äquivalenten Ausdruck durch den UND-Operator verknüpft werden. 4. Dual dazu gilt, dass zu jeder Seite äquivalente Ausdrücke durch den ODER-Operator verknüpft werden können. Ersetzung: 5. Eine Gleichung der Form A + B = ist durch zwei Gleichungen A =, B = ersetzbar und umgekehrt. 6. Dual dazu ist eine Gleichung der Form AB = durch zwei Gleichungen A=, B= ersetzbar. Wintersemester 4/5 33
34 Schaltfunktionen Funktionen f : {,} n {,} m mit n,m werden auch als Schaltfunktionen bezeichnet Eine Schaltfunktion f : {,} n {,} heißt eine n-stellige Boolesche Funktion Jede Schaltfunktion f : {,} n {,} m kann durch m Boolesche Funktionen ausgedrückt werden Jede Boolesche Funktion läßt sich eindeutig beschreiben durch eine Wahrheitstabelle (auch Wahrheitstafel genannt) durch einen booleschen Ausdruck (gebildet durch Boolesche Variablen und Operationen aus der Booleschen Algebra) Es gibt 2 2n verschiedene n -stellige Boolesche Funktionen (also 6 zweistellige, 256 dreistellige, vierstellige,...) Wintersemester 4/5 34
35 Schaltfunktionen vier einstellige Boolesche Funktionen: Name Nullfunktion Identität Negation Einsfunktion Wahrheits- tafel Boolescher Ausdruck x f (x) f (x) f (x) f (x) f (x) = f (x) = x f (x) = x f (x) = Wintersemester 4/5 35
36 Schaltfunktionen: 2-stellige Fkt. - zweistellige Boolesche Funktionen f (x,y) Wahrheits- tafel Name Nullfunktion Konjunktion Boolescher Ausdruck x y f (x,y) f (x,y) f (x,y) f (x,y) f (x,y) = f (x,y) = x y f (x,y) = x y f (x,y) = x Konjunktion: UND-Funktion Wintersemester 4/5 36
37 Schaltfunktionen: 2-stellige Fkt. - 2 zweistellige Boolesche Funktionen f (x,y) Wahrheits- tafel Name exklusives ODER Disjunktion incl. ODER Boolescher Ausdruck x y f (x,y) f (x,y) f (x,y) f (x,y) f (x,y) = x y f (x,y) = y f (x,y) = x y + x y f (x,y) = x + y exklusives ODER wird auch Antivalenz, XOR oder Addition modulo 2 bezeichnet; andere Notation: f (x,y) = x y Disjunktion: ODER-Funktion Wintersemester 4/5 37
38 Schaltfunktionen: 2-stellige Fkt. - 3 zweistellige Boolesche Funktionen f(x,y) Wahrheits- tafel Name Boolescher Ausdruck negiertes ODER Äquivalenz x y f (x,y) f (x,y) f (x,y) f (x,y) f(x,y) = x + y f(x,y) = x y + x y f(x,y) = y f(x,y) = x + y negiertes ODER wird auch als NOR oder Peirce-Funktion bezeichnet andere Notation für Äquivalenz: f (x,y) = x y Wintersemester 4/5 38
39 Schaltfunktionen: 2-stellige Fkt. - 4 zweistellige Boolesche Funktionen f(x,y) Wahrheits- tafel Name Implikation negiertes UND Einsfunktion Boolescher Ausdruck x y f(x,y) f(x,y) f(x,y) f(x,y) f(x,y) = x f(x,y) = x + y f(x,y) = x y f(x,y) = andere Notation für Implikation: f(x,y) = x y negiertes UND wird auch NAND oder Sheffer-Funktion genannt Wintersemester 4/5 39
40 Schaltfunktionen: die 2-stellige Funktionen Universalgatter Die 6 zweistelligen Boolsc he n Funktionen a b f f f2 f3 f4 f5 f6 f7 f8 f9 fa fb fc fd fe ff Impl ika tion f: AND f6: EXOR f7: OR fe: NAND f8: NOR Wintersemester 4/5 4
41 Schalt(er)-Algebra aus: Steinbuch: Automat und Mensch, Springer, Berlin 963 Wintersemester 4/5 4
42 Schaltfunktionen mit NAND-Funktion (bzw. NAND-Gatter) können NICHT, UND und ODER einfach nachgebildet werden: jede Schaltfunktion ist durch ausschließliche Verwendung von NAND- Gattern realisierbar! die gleiche Eigenschaft trifft für NOR-Gatter zu! NAND-Gatter waren sehr einfach in Hardware implementierbar Wintersemester 4/5 42
43 Schaltfunktionen Claude Shannon hat im Rahmen seiner Masterarbeit gezeigt, dass man die Boolsche Algebra zur Beschreibung von Schaltkreisen anwenden kann à Schaltalgebra Claude Shannon: On the Symbolic Analysis of Relay and Switching Circuits, 94 Wintersemester 4/5 43
44 Synthese von Schaltungen jede Boolesche Funktion kann durch Wahrheitstabelle Boolescher Ausdruck Schaltung mit elementaren Gattern dargestellt werden eine Darstellung als Boolescher Ausdruck sowie als Schaltung sind jedoch nicht eindeutig! es werden normierte Ausdrücke (Normalformen) zur Darstellung von Booleschen Funktionen benötigt zunächst einige wichtige Begriffe... Wintersemester 4/5 44
45 ausgezeichnete Terme Produktterm: einfache Variable (ggf. negiert) Konjunktion mehrerer Variablen (ggf. negiert) Beispiele: x, y, x y, x y z Summenterm: wie Produktterm, jedoch Disjunktion statt Konjunktion Beispiele: x, y, x + y, x + y + z Minterm: Produktterm, in dem jede Variable einer booleschen Funktion genau einmal vorkommt (einfach oder negiert) Beispiel: x y z ist ein Minterm der Funktion f(x,y,z) Maxterm: Summenterm, in dem jede Variable einer booleschen Funktion genau einmal vorkommt (einfach oder negiert) Beispiel: x + y + z ist ein Maxterm der Funktion f(x,y,z) Wintersemester 4/5 45
46 Ableitung eines Terms (Summe von Produkten) Die Spezifikation: Eingaben Ausgabe X Y A Ein- Ausgabeverhalten einer Schaltung Erweiterung der Tabelle für Minterme: Eingaben Ausgabe Minterme X Y A X Y X Y XY XY B.-Gleichung XY + XY + XY = A Beweis der Äquivalenz Ableitung: X Y + XY + XY = A XY + X (Y + Y) =A XY + X = A X + Y = A Wahrheitstafel: X Y Y X + Y Wintersemester 4/5 46 X + Y = A
47 Ableitung eines Terms (Summe von Produkten) Wir haben:...aus dem Ein-Ausgabeverhalten einer Schaltung eine Spezifikation in Form einer Wahrheitstafel erstellt. 2...aus der Wahrheitstafel über die Minterme eine Boolsche Gleichung abgeleitet. 3...vereinfacht nach den Regeln der Boolschen Algebra 4...verifiziert durch Wahrheitstabelle Wintersemester 4/5 47
48 Ableitung eines Terms (Produkt von Summen) Dual zur Summe von Produkten Eingaben Ausgabe X Y A Eingaben Ausgabe Maxterme X Y A X + Y X + Y X + Y X + Y Abgeleitete Gleichung: A = X + Y Entsprechend der Dualität werden die Terme ausgewählt, die ergeben. Wintersemester 4/5 48
49 Ableitung eines Terms (Produkt von Summen) Dual zur Summe von Produkten Eingaben Ausgabe X Y A Eingaben Ausgabe Maxterme X Y A X + Y X + Y X + Y X + Y Vergleich mit Minterm-Darstellung A = YX + YX + XY = (X+X)Y + XY = Y + XY = Y + X Abgeleitete Gleichung: A = X + Y Wintersemester 4/5 49
50 Ausgezeichnete Terme Disjunktive Normalform (DNF, Summe von Produkten): Disjunktion von Produkttermen Beispiel: ( x y ) + ( x y z ) Konjunktive Normalform (KNF, Produkt von Summen): Konjunktion von Summentermen Beispiel: w ( x + y ) ( x + y + z ) Kanonische Disjunktive Normalform (KDNF): eindeutige Darstellung einer booleschen Funktion f als Disjunktion von Mintermen Beispiel: ( x y z ) + ( x y z ) + ( x y z ) ist KDNF von f(x,y,z) Kanonische Konjunktive Normalform (KKNF): eindeutige Darstellung einer booleschen Funktion f als Konjunktion von Maxtermen Beispiel: ( x + y ) ( x + y ) ( x + y ) ist KKNF von f(x,y) Wintersemester 4/5 5
51 Sätze der Schaltalgebra Satz: Jede Boolsche Funktion läßt sich als genau eine KDNF darstellen Bildung der KDNF für n -stellige Boolsche Funktion f : für jede Zeile der Wahrheitstabelle mit f(x, x 2,..., x n ) = wird ein Minterm aufgestellt hierin wird jede Variable x i negiert, wenn in der entsprechenden Zeile der Wert der Variablen ist Beispiel: Darstellung als KDNF ist abgesehen von Reihenfolge eindeutig! Wintersemester 4/5 5
52 Sätze der Schaltalgebra Satz: Jede Boolosche Funktion läßt sich als genau eine KKNF darstellen Bildung der KKNF für n -stellige Boolsche Funktion f : für jede Zeile der Wahrheitstabelle mit f(x, x 2,..., x n ) = wird ein Maxterm aufgestellt hierin wird jede Variable x i negiert, wenn in der entsprechenden Zeile der Wert der Variablen ist Beispiel: Darstellung als KKNF ist abgesehen von Reihenfolge eindeutig! Wintersemester 4/5 52
53 Sätze der Schaltalgebra Satz: Jede KDNF kann in eine KKNF umgewandelt, jede KKNF kann in eine KDNF umgewandelt werden Zwei Darstellungen Boolescher Funktionen sind äquivalent, wenn sie durch Umformungen gemäß den Sätzen der Booleschen Algebra auf die gleiche KDNF bzw. KKNF zurückgeführt werden können Wintersemester 4/5 53
54 Sätze der Schaltalgebra Satz: Jede KDNF kann in eine KKNF umgewandelt, jede KKNF kann in eine KDNF umgewandelt werden Zwei Darstellungen Boolescher Funktionen sind äquivalent, wenn sie durch Umformungen gemäß den Sätzen der Booleschen Algebra auf die gleiche KDNF bzw. KKNF zurückgeführt werden können Wintersemester 4/5 54
55 Synthese Eine Schaltung zur Realisierung einer Booleschen Funktion f kann erzeugt werden durch: ) Aufstellen der Wahrheitstafel von f 2) Bilden der KDNF (oder KKNF) von f 3) Realisierung der KDNF (oder KKNF) mit Gattern KDNF oder KKNF? Wintersemester 4/5 55
56 Synthese eine KDNF ist günstiger als eine KKNF, wenn nur für wenige Kombinationen der Eingabewerte f (x, x 2,..., x n ) = gilt. Umgekehrt, wenn nur für wenige Kombinationen der Eingabewerte f (x, x 2,..., x n ) = gilt, ist die KKNF vorzuziehen. Beispiel : ODER-Funktion Wahrheitstafel x y f(x,y) KDNF: x y + x y + x y KKNF: x + y Wintersemester 4/5 56
57 Minimierung von Schaltfunktionen kanonische Normalformen stellen zwar eine eindeutige, jedoch nicht minimale Darstellung einer Schaltfunktion dar Wann heißt eine Darstellung minimal? kleinste Anzahl an Gattern? kleinste Anzahl an Verbindungsleitungen? kleinste Anzahl an Produkttermen bzw. Summentermen? Unser Ziel: kleinste Anzahl Boolescher Operationen! Lösungsmöglichkeiten: ) geeignetes Umformen mit Gesetzen der Booleschen Algebra 2) Einsatz eines graphischen Verfahrens (z.b. ein Karnaugh-Veith- Diagramm), nur möglich bei Schaltfunktionen mit wenigen Variablen 3) algorithmisches Minimieren (z.b. Verfahren nach Quine-Mc-Cluskey), geeignet auch für Schaltfunktionen mit vielen Variablen Wintersemester 4/5 57
58 Minimierung Boolscher Ausdrücke Verfahren: Anwendung der Gesetze der Boolschen Algebra Beispiel: f(x, x 2, x 3 ) = x x 2 x 3 + x x 2 x 3 + x x 2 x 3 (Idempotenzgesetz) = x x 2 x 3 + x x 2 x 3 + x x 2 x 3 + x x 2 x 3 (Distributivgesetz) = x x 2 (x 3 + x 3 ) + x x 2 x 3 + x x 2 x 3 (Kommutativgesetz) = x x 2 (x 3 + x 3 ) + x x 3 x 2 + x x 3 x 2 (Distributivgesetz) = x x 2 (x 3 + x 3 ) + x x 3 (x 2 + x 2 ) (Komplementäres Element) = x x 2 + x x 3 (Neutrales Element) = x x 2 + x x 3 Wintersemester 4/5 58
59 Schaltnetze Ein Schaltnetz ist eine schaltungstechnische Realisierung einer Schaltfunktion f : {,} n {,} m mit n, m f ist zerlegbar in m Boolesche Funktionen mit den gleichen n Eingangsvariablen : f (x, x 2,..., x n ), f 2 (x, x 2,..., x n ),..., f m (x, x 2,..., x n ) Schaltnetz ein Schaltnetz bezeichnet man auch als kombinatorische Logik Wintersemester 4/5 59
60 Schaltnetze Schaltnetze können einstufig (eine Gatterebene), zweistufig (zwei Gatterebenen) oder mehrstufig sein; jedes Schaltnetz ist als gerichteter, ayzklischer Graph darstellbar: Gatter, Ein- und Ausgänge sind die Knoten Verbindungsleitungen entsprechen den gerichteten Kanten Zyklen (Rückkopplungen) sind nicht zulässig! aus der Darstellung als kanonische Normalform resultiert, daß jede Schaltfunktion f (x, x 2,..., x n ) durch ein zweistufiges Schaltnetz realisierbar ist, wenn alle Eingangssignale x i sowohl einfach als auch negiert vorliegen Gatter mit einer ausreichenden Größe (d.h. Anzahl an Eingängen) zur Verfügung stehen Wintersemester 4/5 6
61 Schaltnetze bei Realisierung einer KDNF werden benötigt: je Minterm ein UND-Gatter ein ODER-Gatter zur Disjunktion aller Minterme bei Realisierung einer KKNF werden benötigt: je Maxterm ein ODER-Gatter ein UND-Gatter zur Konjunktion aller Maxterme Anzahl der benötigten Gatter zur Realisierung der KDNF (bzw. KKNF) einer n-stelligen Schaltfunktion: je Boolescher Funktion max. 2 n UND-Gatter (bzw. ODER-Gatter) mit jeweils max. n Eingängen je Boolescher Funktion ein ODER-Gatter (bzw. UND-Gatter) mit max. 2 n Eingängen Minimierung der Booleschen Funktionen reduziert Anzahl und Größe der benötigten Gatter Wintersemester 4/5 6
62 Schaltnetze Jedes Schaltnetz kann nur mit UND- oder ODER- und NICHT-Gattern aufgebaut werden. Es ist allerdings kompakter, auch andere Gatterbausteine zu verwenden. Gängige Bausteine sind: Wintersemester 4/5 62
63 Typische Schaltnetze n-zu-k Dekodierer: n Eingänge x, x,..., x n- k = 2 n Ausgänge y, y,..., y k- wenn (x n-,..., x, x ) 2 = i, dann ist y i = und y j i = für jede Eingangskombination wird genau Ausgang aktiviert. benötigt z.b. zur Dekodierung von Adressen oder Instruktionen Wintersemester 4/5 63
64 Beispiel: Realisierung eines 3-zu-8 Dekodierers: Eingaben Ausgaben x2 x x y y y2 y3 y4 y5 y6 y7 y = x 2 x x y = x 2 x x y 2 = x 2 x x y 3 = x 2 x x y 4 = x 2 x x y 5 = x 2 x x y 6 = x 2 x x y 7 = x 2 x x Wintersemester 4/5 64
65 Dekodierer A7 A6 A5 A4 A3 A2 A A S2 S S Wintersemester 4/5 65
66 Typische Schaltnetze -zu-k Demultiplexer: n Steuerleitungen s n-,..., s, s ein Eingang x k = 2 n Ausgänge y, y,..., y k- y i = x für (s n-,..., s, s ) 2 = i Beispiel: Realisierung eines -zu-4 Demultiplexers: y = s s x, y = s s x, y 2 = s s x, y 3 = s s x. Die Belegung des Eingangs wird zu genau einem Ausgang propagiert. Der Ausgang wird über die Selektionseingänge ausgewählt. benötigt z.b. zur Auswahl einer Datensenke (E/A-Gerät, Speicherzeile) Wintersemester 4/5 66
67 Demultiplexer Dekoder A7 A6 A5 E A4 A3 A2 A A S2 S S Wintersemester 4/5 67
68 Typische Schaltnetze -aus-k Multiplexer: n Steuerleitungen: s n-,..., s, s k = 2 n Eingänge: x, x,..., x k- ein Ausgang: y y = x i für (s n-,..., s, s ) 2 = i Beispiel: Realisierung eines -aus-4 Multiplexers KDNF: y = s s x + s s x + s s x 2 + s s x 3 Binärzahl Negation Genau ein durch die Belegung der Selektionseingänge gewählter Eingang wird zum Ausgang propagiert. benötigt z.b. zur Auswahl einer Datenquelle Wintersemester 4/5 68
69 Multiplexer Dekodierer E7 A7 E6 A6 E5 A5 E4 A4 E3 A3 A E2 A2 E A E A S2 S S Wintersemester 4/5 69
70 Typische Schaltnetze k-zu-n Kodierer: n Ausgänge y,y,...,y n- k = 2 n Eingänge x, x,...,x k- nur genau eine Eingangsleitung darf auf sein: x i =, x j i = (y n-,..., y, y ) 2 = i Jeder Eingangsleitung ist genau eine Kombination der möglichen Belegungen der Ausgangsleitungen zugeordet, z.b. ihre binäre Repräsentation. Wintersemester 4/5 7
71 Beispiel: Realisierung eines 8-zu-3 Kodierers: Eingaben Ausgaben x x x2 x3 x4 x5 x6 x7 y2 y y Unvollständige Wahrheitstafel! y = x + x 3 + x 5 + x 7 y = x 2 + x 3 + x 6 + x 7 y 2 = x 4 + x 5 + x 6 + x 7 Wintersemester 4/5 7
72 Beispiel: Realisierung eines 8-zu-3 Kodierers: y = x + x 3 + x 5 + x 7 y = x 2 + x 3 + x 6 + x 7 y 2 = x 4 + x 5 + x 6 + x 7 Wintersemester 4/5 72
73 Realisierung eines Schaltnetzes Ein Schaltnetz wird heute nicht mehr mit diskreten Gattern aufgebaut, statt dessen verwendet man: integrierte Bausteine (ICs) Standardfamilien in TTL (Transistor-Transistor-Logik) oder CMOS ( Complementary Metal Oxide Semiconductor ): bei SSI (Small Scale Integration) mehrere Gatter des gleichen Typs je Baustein programmierbare Logikbausteine PROM PLA PAL/GAL FPGAs ( Field-Programmable Gate Arrays ) hochintegrierte Schaltkreise (ASICs = Application-Specific Integrated Circuits ) in VLSI-Technologie (VLSI = Very Large Scale Integration ) Wintersemester 4/5 73
74 Ziel: Universalgatter Das universelle programmierbare Gatter Die 6 zweistelligen Boolsc he n Funktionen a b f f f2 f3 f4 f5 f6 f7 f8 f9 fa fb fc fd fe ff Impl ika tion f: AND f6: EXOR f7: OR fe: NAND f8: NOR Wintersemester 4/5 74
75 Wintersemester 4/5 75
76 Wintersemester 4/5 76
77 Wintersemester 4/5 77
78 Strukturvergleich Eingänge Eingänge PAL-Struktur Ausgänge programmierbare Verbindung feste Verbindung Wintersemester 4/5 78 PROM-Struktur Ausgänge
79 Einige charakteristische Merkmale für PALs: Die Anzahl der Eingänge bestimmt die Anzahl der möglichen Variablen. Die Anzahl der ODER-Verknüpfungen bestimmt die Anzahl der möglichen Terme in der disjunktiven Normalform. PAL, wenn viele Variablen und relative wenige Terme. Viele Eingangsbelegungen werden auf dieselbe Ausgangsbelegung abgebildet. ROM, wenn jede Eingangsbelegung auf eine individuelle Ausgangsbelegung abgebildet werden muss. Wintersemester 4/5 79
80 Lernziele Begriffe: Schaltfunktion, Schaltnetz, Minterm, Maxterm, DNF, KNF, KDNF, KKNF, (De-)Multiplexer, (De-)Kodierer,... Transformation Boolescher Ausdrücke gemäß den Axiomen und Sätzen der Booleschen Algebra, z.b. zum Nachweis der Äquivalenz zweier Schaltnetze Systematischer Entwurf eines Schaltnetzes aus einer Problembeschreibung Aufstellen der Wahrheitstabelle Bildung der KDNF oder KKNF Realisierung des Schaltnetzes mit Gattern aus einer vorgegeben Menge oder mit programmierbaren Logikbausteinen Wintersemester 4/5 8
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