Lösung zu Fall 1 Hundeliebe

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Transkript:

Lösung zu Fall 1 Hundeliebe Aufgabe 1: Rechtsnatur des Schreibens Das Schreiben, in welchem O zur Zahlung von Hundesteuer aufgefordert wird, könnte ein Verwaltungsakt gem. 35 S. 1 VwVfG i. V. m. 1 SächsVwVfZG sein. Anmerkung: Handelt eine Behörde des Freistaates Sachsen oder einer der Aufsicht des Freistaates unterstehenden juristischen Person des öffentlichen Rechts (z. B. Gemeinden, Landkreise, Hochschulen), so findet das VwVfG nur i. V. m. 1 SächsVwVfZG Anwendung. Denn das (Bundes-)VwVfG ist nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des 1 VwVfG einschlägig, d. h. es findet Anwendung auf die Verwaltungstätigkeit der Bundesbehörden oder der Aufsicht des Bundes unterstehender juristischer Personen des öffentlichen Rechts ( 1 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG) oder auf die Bundesauftragsverwaltung der Länder ( 1 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG). Ein Verwaltungsakt ist nach 35 S. 1 VwVfG jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. I. Behörde Die Aufforderung, Hundesteuer zu zahlen, müsste zunächst auf dem Handeln einer Behörde beruhen. Hierbei wird an den Behördenbegriff des 1 Abs. 4 VwVfG angeknüpft, wonach als Behörde jede Stelle anzusehen ist, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt (sog. funktioneller Behördenbegriff). Das Schreiben wurde von der Abteilung für örtliche Aufwandsteuern der Stadtkämmerei der Stadt K erstellt. Die Abteilung der Stadtkämmerei nahm dabei die Aufgabe der Abgabenverwaltung wahr, welche als Teil der öffentlichen Verwaltungstätigkeit anzusehen ist. Es hat somit eine Behörde gehandelt. Anmerkung: Sonderfälle stellen die sog. Beliehenen Privatpersonen, die durch Hoheitsakt für einen bestimmten Zeitraum die Befugnis zur Wahrnehmung von Verwaltungskompetenzen im eigenen Namen und auf eigene Verantwortung übertragen bekommen haben (z. B. Sachverständiger des TÜV) und die sog. Verwaltungshelfer Privatpersonen, die lediglich im Auftrag und nach Weisung einer Behörde tätig sind und deren Handeln dem beauftragenden Verwaltungsträger zugerechnet wird (z. B. Schülerlotse) dar. II. Hoheitliche Maßnahme Das Schreiben könnte eine hoheitliche Maßnahme darstellen. Ein hoheitliches Tätigwerden liegt bei einem zweckgerichteten Handeln kraft hoheitlicher Gewalt vor; hoheitlich verlangt also einseitiges behördliches Handeln im Über-Unterordnungs-Verhältnis. Anmerkung: Die in 35 S. 1 VwVfG aufgeführten Maßnahmen der Verfügung und der Entscheidung stellen Unterformen der hoheitlichen Maßnahme dar, welche daher der allgemeinere Begriff ist.

Die Abteilung für örtliche Aufwandsteuern der Stadtkämmerei hat bei Erstellung der Zahlungsaufforderung die Hundesteuersatzung angewandt. Die Steuererhebung zählt zur klassischen Eingriffsverwaltung, wonach eine hoheitliche Maßnahme vorliegt. III. Auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts Auch müsste das Schreiben (bzw. die darin liegende hoheitliche Maßnahme) auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts liegen. Eine Maßnahme liegt nach der sog. modifizierten Subjekttheorie dann auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, wenn die für sie maßgeblichen Rechtsnormen dem öffentlichen Recht zugehören, weil sie einen Hoheitsträger als solchen gerade in seiner hoheitlichen Eigenschaft berechtigen und verpflichten. Maßgeblich für das Schreiben der Stadtkämmerei ist die Hundesteuersatzung; diese Satzung berechtigt die Stadt gerade als Hoheitsträgerin zur Erhebung von Steuern und gehört damit dem öffentlichen Recht zu. Folglich liegt auch das Schreiben auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts. Anmerkung: Neben der sog. modifizierten Subjekttheorie werden weitere Theorien zur Abgrenzung des öffentlichen Rechts vom Privatrecht vertreten (vgl. 40 Abs. 1 S. 1 VwGO); diese verschiedenen Theorien sind jedoch nur dann näher darzustellen, wenn nicht bereits unter Anwendung der modifizierten Subjekttheorie eindeutige Ergebnisse zu erzielen sind. Zwischen dem Begriff der hoheitlichen Maßnahme und dem Begriff auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts besteht zudem weitgehend Deckungsgleichheit, sodass es auch gerechtfertigt erscheint, beide Begriffe gemeinsam zu prüfen und jedenfalls vorliegend zu bejahen. IV. Regelung Das Schreiben müsste eine Regelung enthalten. Dies ist die Setzung einer verbindlichen Rechtsfolge, d. h. die Begründung, Änderung, Aufhebung, Feststellung oder Verneinung von Rechten oder Pflichten des Betroffenen. In dem Scheiben wird O zur Zahlung von Hundesteuer in Höhe von 53 aufgefordert. Ihm werden also seine Steuerpflicht und die genaue Höhe des Steuersatzes mitgeteilt. Das Schreiben enthält folglich eine Regelung. Anmerkung: Von der Regelung ist eine rein tatsächliche Maßnahme abzugrenzen (sog. Realakt), der keine Rechtswirkungen erzeugen soll (z. B. Auskunft, Belehrung, Mitteilung). Des Weiteren fehlt der Regelungsgehalt bei behördlichen Maßnahmen, die einen VA-Erlass nur vorbereiten oder das Verwaltungsverfahren lediglich fördern. V. Einzelfall Die schriftliche Aufforderung, Hundesteuer zu entrichten, könnte als Regelung eines Einzelfalls zu qualifizieren sein. Eine Einzelfallregelung liegt jedenfalls dann vor, wenn die handelnde Behörde einen nach Ort, Zeit und sonstigen Umständen bestimmten Sachverhalt regelt, der lediglich eine bzw. mehrere, zahlenmäßig bestimmte Personen betrifft (sog. konkrete-individuelle Entscheidung). Das Schreiben ist nur an O gerichtet (individuelle Regelung) und fordert diesen wegen des Haltens eines älter als zweijährigen und mittelgroßen Bernhardiners zur

Zahlung von Hundesteuer auf (konkrete Regelung). Demnach stellt das Schreiben die Regelung eines Einzelfalls dar. Anmerkung: Anhand dieses Kriteriums erfolgt eine Abgrenzung zu materiellen Gesetzen (Rechtsverordnungen, Satzungen), da diese für eine unbestimmte Anzahl von Fällen und Personen gelten (sog. abstrakt-generelle Regelungen). 35 S. 2 VwVfG normiert, dass auch sog. Allgemeinverfügungen als Verwaltungsakte anzusehen sind. Es lassen sich unterscheiden: 1. Personenbezogene Allgemeinverfügungen ( 35 S. 2 Var. 1 VwVfG): eine konkret-individuelle Regelung liegt auch vor, wenn eine Maßnahme einen bestimmten Sachverhalt für eine Vielzahl von Personen regelt, diese aber individuell bestimmbar sind (z.b. Auflösung einer gerade stattfindenden Versammlung, Verbot des Handelns mit Endiviensalat [BVerwGE 12, 87]); eine konkret-generelle Regelung ist hingegen gegeben, wenn ein bestimmter Sachverhalt geregelt wird und die Regelungsadressaten nur anhand eines Merkmals potenziell und (noch) nicht aktuell abgegrenzt werden können (z.b. Verbot geplanter Versammlung). 2. Sachbezogene Allgemeinverfügungen ( 35 S. 2 Var. 2 VwVfG): solche Verwaltungsakte regeln öffentlichrechtliche Eigenschaften von Sachen, wodurch zumindest mittelbar auch Rechte und Pflichten von Personen begründet werden (z.b. Straßenwidmung, Platzbenennung). 3. Benutzungsregelnde Allgemeinverfügungen ( 35 S. 2 Var. 2 VwVfG): diese Verwaltungsakte regeln die Benutzung einer Sache durch die Allgemeinheit, d. h. Rechte und Pflichten der Benutzer. VI. Außenwirkung Das Schreiben müsste schließlich auch auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet sein gem. 35 S. 1 VwVfG. Hierzu muss die Regelung den verwaltungsinternen Bereich tatsächlich überschreiten und diese Wirkung muss nach dem objektiven Sinngehalt der Regelung auch bezweckt sein. Die schriftliche Aufforderung zur Zahlung von Hundesteuer ist gegenüber O, der ein Bürger ist, ergangen. Die Regelungswirkung des Schreibens ist demnach nicht auf den verwaltungsinternen Bereich begrenzt. Es ist davon auszugehen, dass diese Wirkung auch absichtlich erzielt wurde. Die Außenwirkung ist mithin gegeben. VII. Ergebnis Aufgabe 1 Das Schreiben, welches O zur Zahlung von Hundesteuer auffordert, ist ein Verwaltungsakt gem. 35 S. 1 VwVfG.

Aufgabe 2: Rechtmäßigkeit des Schreibens Das Schreiben, in welchem O zur Zahlung von Hundesteuer aufgefordert wird (Hundesteuerbescheid) ist rechtmäßig, wenn es auf einer Ermächtigungsgrundlage beruht sowie formell und materiell mit dieser und sonstigem höherrangigen Recht vereinbar, also rechtmäßig ist. I. Ermächtigungsgrundlage des Hundesteuerbescheids Zunächst müsste für den Erlass des Hundesteuerbescheids eine Ermächtigungsgrundlage gegeben sein. In Betracht kommt die Hundesteuersatzung der Stadt K, welche die Voraussetzungen und den Umfang der Hundesteuerpflicht regelt. Die Hundesteuersatzung müsste hierzu ihrerseits auf einer verfassungsmäßigen formellgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage beruhen sowie formell und materiell rechtmäßig sein. Anmerkung: Dass ein Verwaltungsakt auf ein Gesetz zurückführbar sein muss, ergibt sich aus dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG). Dieser Grundsatz besagt, dass die Exekutive nur aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung in die Rechte des Bürgers eingreifen darf. Diesem Erfordernis genügt auch eine materielle Rechtsnorm (Rechtsverordnung, Satzung), deren Erlass jedoch einer formell-gesetzlichen Ermächtigung bedarf (Übertragung der Rechtssetzungsbefugnis durch die Legislative auf Organe der Exekutive). Ob und inwieweit ein Träger öffentlicher Gewalt im Rahmen der sog. Leistungsverwaltung einer Ermächtigung durch Gesetz bedarf, ist umstritten, da die Gewährung staatlicher Leistungen i.d.r. nicht in Rechte des Bürgers eingreift (zum Meinungsstand: Maurer, Allg. VwR, 18. Aufl. 2011, 6 Rn. 19 ff.; Detterbeck, Allg. VwR, 15. Aufl. 2017, Rn. 285 ff. 1. Ermächtigungsgrundlage der Hundesteuersatzung Als formell-gesetzliche Rechtsgrundlage für den Erlass der Hundesteuersatzung kommen 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 sowie 7 Abs. 2 SächsKAG in Betracht. 7 Abs. 2 SächsKAG ermächtigt die Gemeinden, örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern zu erheben, und 2 Abs. 1 SächsKAG bestimmt, dass hierfür eine Satzung erforderlich ist. Da das SächsKAG laut Bearbeiterhinweis zudem verfassungsgemäß ist, stellt es eine verfassungsmäßige Rechtsgrundlage für den Satzungserlass dar. 2. Formelle Rechtmäßigkeit der Hundesteuersatzung Von der formellen Rechtmäßigkeit der Hundesteuersatzung ist laut Bearbeiterhinweis auszugehen. 3. Materielle Rechtmäßigkeit der Hundesteuersatzung In Frage steht, ob die Hundesteuersatzung auch materiell rechtmäßig ist. Erforderlich wäre zunächst, dass die Anforderungen eingehalten wurden, die das SächsKAG an den Erlass einer entsprechenden Satzung stellt. Des Weiteren dürfte die Satzung nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen.

a) Vorliegen der Voraussetzungen des SächsKAG Durch 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 sowie 7 Abs. 2 SächsKAG wird den Gemeinden das Recht eingeräumt, örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern mittels Satzung zu erheben, wenn die genannten Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen. Laut Bearbeiterhinweis liegen die Voraussetzungen von 7 Abs. 2 SächsKAG vor. Die Hundesteuer ist somit eine örtliche Aufwandsteuer, die nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig ist und auch keine Steuer darstellt, die vom Land erhoben wird oder den Kreisfreien Städten und Landkreisen vorbehalten ist. Anmerkung: Eine Aufwandsteuer belastet die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die sich im Aufwand für das Halten bestimmter Ge- und Verbrauchsgegenstände widerspiegelt. Das Halten eines Hundes verursacht insb. finanziellen Aufwand und setzt daher wirtschaftliche Leistungsfähigkeit voraus. Örtlich ist eine Aufwandsteuer, wenn sie an örtliche Gegebenheiten anknüpft (vor allem die Belegenheit einer Sache oder eines Vorgangs im Gemeindegebiet). Bei einer Hundesteuersatzung ist der die Steuerpflicht auslösende Tatbestand das Halten eines oder mehrerer Hunde im Stadtgebiet. 2 Abs. 1 SächsKAG verlangt zudem, dass der Abgabenschuldner, der die Abgabe begründende Tatbestand, der Satz der Abgabe sowie die Entstehung und die Fälligkeit der Abgabenschuld von der Satzung bestimmt werden. Die Hundesteuersatzung benennt in 1 Abs. 1 den Tatbestand, welcher die Steuer begründet und in 1 Abs. 2 den Steuerschuldner. Sie regelt zudem in 2 Abs. 1 die Entstehung und in 2 Abs. 2 die Fälligkeit der Steuer. 2 Abs. 3 der Hundesteuersatzung legt den Steuersatz fest. Die Anforderungen, die das SächsKAG an den Erlass einer Satzung zur Erhebung örtlicher Aufwandsteuern stellt, liegen demnach vor. b) Übereinstimmung mit höherrangigem Recht In Frage steht aber, ob die Hundesteuersatzung mit höherrangigem Recht in Einklang zu bringen ist. Hierzu müsste insb. der Tatbestand, an den die Steuerpflicht anknüpft, dem Bestimmtheitsgebot Genüge tun. Das Bestimmtheitsgebot wird als Teil des in Art. 20 Abs. 2, 3 GG enthaltenen Rechtstaatsgebots verstanden. Es erfordert, dass eine Regelung so klar und unmissverständlich formuliert ist, dass der Normadressat erkennen kann, unter welchen Umständen die Voraussetzungen der Norm vorliegen und deren Rechtsfolgen eintreten. 1 Abs. 1 der Hundesteuersatzung der Stadt K benennt als Gegenstand der Hundsteuer das Halten von uber zwei Jahre alten, mittelgroßen Hunden. Die Hundehaltereigenschaft wird von 1 Abs. 2 der Satzung geregelt. Ein durchschnittlicher Hundehalter hat Kenntnis vom Alter seines Hundes und weiß daher, ab wann dieser altersmäßig den Tatbestand der Hundesteuer erfüllt. Wann ein Hund jedoch mittelgroß und nicht mehr klein bzw. noch nicht groß ist, kann ein Hundehalter nicht zweifelsfrei feststellen. Das Merkmal mittelgroß stellt eine unklare Formulierung dar und ist unbestimmt. 1 Abs. 1 der Hundesteuersatzung der Stadt K verstößt folglich gegen das Bestimmtheitsgebot.

Auch 2 Abs. 1 der Hundesteuersatzung enthält die Formulierung mittelgroßer Hund und ist daher ebenfalls unbestimmt. 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 der Hundesteuersatzung sind aufgrund des Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz rechtswidrig. In Frage steht, ob sich die Rechtswidrigkeit der beiden Normen auf die gesamte Hundesteuersatzung erstreckt. Dies ist insb. anzunehmen, wenn die verbleibenden, an sich mit der Rechtsordnung in Einklang stehenden Regelungen keine selbstständige Bedeutung haben. Ohne 1 Abs. 1 enthält die Hundesteuersatzung keine Regelung zum Tatbestand, der die Steuerpflicht begründet. Die verbleibenden Normen der Hundesteuersatzung knüpfen an eine bestehende Steuerpflicht an bzw. setzen diese voraus und haben keine selbstständige Bedeutung. Die Hundesteuersatzung ist daher im Ganzen rechtswidrig. II. Die Hundesteuersatzung ist materiell rechtwidrig und kann daher nicht als Ermächtigungsgrundlage für den Erlass eines Verwaltungsaktes dienen. Eine andere Ermächtigungsgrundlage für den Hundesteuerbescheid kommt daneben nicht in Betracht. III. Ergebnis Aufgabe 2 Der Bescheid beruht auf einer materiell rechtswidrigen Ermächtigungsgrundlage und ist daher seinerseits rechtswidrig. Aufgabe 3: Rechtsbehelf zur direkten Überprüfung der Hundesteuersatzung Als statthafte Klageart könnte zunächst die Anfechtungsklage nach 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO in Betracht kommen. Mit dieser kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts der Hundesteuerbescheid ist als solcher zu qualifizieren (s. Aufgabe 1) begehrt werden. Gegenstand einer Anfechtungsklage ist jedoch nur der angefochtene Verwaltungsakt. Die dem Verwaltungsakt zugrundeliegende Satzung bei Anfechtung des Hundesteuerbescheids wäre dies die Hundesteuersatzung wird in diesem Verfahren nur inzident überprüft (Prüfungspunkt: Ermächtigungsgrundlage des Verwaltungsakts, s. Aufgabe 2). Zur direkten Überprüfung einer Satzung eignet sich die Anfechtungsklage daher nicht. In Betracht kommt aber ein Normenkontrollverfahren nach 47 VwGO; zum Prüfungsaufbau s. Übersicht Normenkontrollverfahren.