Hilfsmittel aus der Kombinatorik, Reelle Zahlenfolgen, Vollständige Induktion

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Transkript:

3. Vorlesung im Brückenkurs Mathematik 2018 Hilfsmittel aus der Kombinatorik, Reelle Zahlenfolgen, Vollständige Induktion Dr. Markus Herrich Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 1

Hilfsmittel aus der Kombinatorik Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 2

Problemstellungen in der Kombinatorik Gegeben seien n Objekte (z.b. n Kugeln, n Geräte, n Personen). In der (abzählenden) Kombinatorik werden unter anderem folgende Problemstellungen untersucht: 1. Wie viele verschiedene Möglichkeiten gibt es, diese Objekte anzuordnen? Zur Beantwortung dieser Frage kommt es unter anderem darauf an, ob alle Objekte voneinander verschieden oder ob einige Objekte untereinander gleich sind. 2. Wie viele verschiedene Möglichkeiten gibt es, von den n Objekten nacheinander k Objekte zu entnehmen? Hier kommt es unter anderem darauf an, ob die Reihenfolge, in der die k Objekte entnommen werden, relevant ist oder nicht. Außerdem kommt es in beiden Fällen auch noch darauf an, ob die Objekte jeweils mit Zurücklegen oder ohne Zurücklegen entnommen werden. Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 3

Problemstellungen in der Kombinatorik Drei Fälle/Probleme werden wir im Folgenden etwas genauer diskutieren. Anzahl der Möglichkeiten, n Objekte anzuordnen, wenn diese alle voneinander verschieden sind Anzahl der Permutationen ohne Wiederholung Anzahl der Möglichkeiten, n Objekte anzuordnen, wenn von diesen einige untereinander gleich sind Anzahl der Permutationen mit Wiederholung Anzahl der Möglichkeiten, von n Objekten k Objekte ohne Zurücklegen zu entnehmen, wenn die Reihenfolge der entnommenen Objekte bedeutungslos ist Anzahl der Kombinationen k-ter Ordnung ohne Wiederholung Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 4

Permutationen ohne Wiederholung Gegeben seien n Objekte. Auf wie viele verschiedene Arten lassen sie sich anordnen, wenn alle Objekte voneinander verschieden sind? Antwort: Die Anzahl aller möglichen Anordnungen ist n! =n (n 1)... 2 1 (n! wird als n Fakultät gesprochen). Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 5

Permutationen ohne Wiederholung Beispiel: Bei einer Leichtathletik-EM starten im Finale des 100- Meter-Laufs acht Läufer. Wie viele verschiedene Reihenfolgen für den Zieleinlauf gibt es? In diesem Beispiel ist n = 8, es gibt also 8! =40320 mögliche Reihenfolgen für den Zieleinlauf. Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 6

Permutationen mit Wiederholung Gegeben seien wiederum n Objekte. Auf wie viele verschiedene Arten lassen sie sich anordnen, wenn unter den n Objekten einige untereinander gleich sind? Einführendes Beispiel: Gegeben seien sechs Kugeln: drei rote, zwei blaue und eine gelbe. Um diese 6 Kugeln auf 6 Plätze zu verteilen, gibt es zunächst 6! Möglichkeiten. Wenn aber bei einer gewissen Anordnung die beiden blauen Kugeln miteinander vertauscht werden, dann entsteht in Wirklichkeit keine neue Anordnung. Halbierung der Anzahl der Anordnungen Entsprechend entsteht keine neue Anordnung, wenn die 3 roten Kugeln untereinander vertauscht werden. weitere Reduzierung der Anzahl um den Faktor 3! 6! Insgesamt gibt es also nur 3! 2! = 60 mögliche Anordnungen. Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 7

Permutationen mit Wiederholung Zurück zum allgemeinen Fall. Angenommen, unter den n Objekten gibt es k Sorten, wobei n 1 Objekte zur ersten Sorte gehören, n 2 Objekte zur zweiten usw. Im einführenden Beispiel gab es unter den n = 6 Kugeln drei Sorten: drei rote (n 1 = 3), zwei blaue (n 2 = 2) und eine gelbe (n 3 = 1). Die Anzahl aller möglichen Anordnungen ist dann n! n 1! n 2!... n k! Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 8

Permutationen mit Wiederholung Beispiel: Bei einer Leichtathletik-EM starten im Finale des 100- Meter-Laufs acht Läufer. Davon kommen drei aus Großbritannien, zwei aus Deutschland, zwei aus Frankreich und einer aus Polen. Wie viele verschiedene Reihenfolgen für den Zieleinlauf gibt es, wenn man sich nicht für die Läufer selbst, sondern nur für die Nationen interessiert? In diesem Beispiel ist n = 8 (acht Läufer) und außerdem n 1 = 3 (drei aus Großbritannien), n 2 = 2 (zwei aus Deutschland), n 3 = 2 (zwei aus Frankreich) und n 4 = 1 (einer aus Polen). Hinsichtlich der Nationen gibt es demnach 8! 3! 2! 2! 1! = 1680 mögliche Reihenfolgen für den Zieleinlauf. Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 9

Kombinationen ohne Wiederholung Gegeben seien wiederum n unterschiedliche Objekte. Wie viele verschiedene Möglichkeiten gibt es, von diesen nacheinander k Objekte zu entnehmen, wenn die Reihenfolge der entnommenen Objekte keine Rolle spielt, ohne Zurücklegen gezogen wird, das heißt, ein Objekt nicht wieder zurückgelegt wird, nachdem es einmal entnommen wurde? Einführendes Beispiel: Gegeben seien fünf Kugeln ( n = 5), und zwar in den Farben rot, blau, gelb, weiß und schwarz. Es werden nun nacheinander und ohne Zurücklegen zwei Kugeln gezogen ( k = 2). Auf wie viele verschiedene Arten ist das möglich, wenn die Reihenfolge der gezogenen Kugeln keine Rolle spielt? Dieses Problem lässt sich auf das uns mittlerweile bekannte Problem Permutationen mit Wiederholung zurückführen. Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 10

Kombinationen ohne Wiederholung Die insgesamt fünf Kugeln lassen sich in zwei Sorten einteilen: gezogene Kugeln (1. Sorte, dazu gehören zwei Kugeln) und nicht gezogene Kugeln (2. Sorte, dazu gehören drei Kugeln). Unsere Ausgangsfrage könnten wir auch wie folgt formulieren: Wie viele verschiedene Möglichkeiten gibt es, die fünf Kugeln anzuordnen, wobei es unerheblich ist, in welcher Reihenfolge die gezogenen Kugeln angeordnet werden und in welcher Reihenfolge die nicht gezogenen Kugeln angeordnet werden. Nach unserer Überlegung bei den Permutationen mit Wiederholung ergeben sich 5! 2! 3! = 10 Möglichkeiten. Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 11

Kombinationen ohne Wiederholung Zurück zum allgemeinen Fall. Um aus n Objekten nacheinander und ohne Zurücklegen k Objekte zu entnehmen, gibt es ( n k ) = n! k!(n k)! Möglichkeiten, wenn die Reihenfolge der entnommenen Objekte keine Rolle spielt. ( n ) k ist dabei der sogenannte Binomialkoeffizient. Gesprochen wird dieser Ausdruck als n über k. Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 12

Kombinationen ohne Wiederholung Beispiel: Beim Lotto 6 aus 49 werden aus 49 Kugeln (durchnummeriert von 1 bis 49) nacheinander und ohne Zurücklegen sechs Kugeln gezogen. Die Reihenfolge, in der die Kugeln gezogen werden, spielt für das Ergebnis keine Rolle. Wie viele Möglichkeiten gibt es? In diesem Beispiel ist n = 49 und k = 6. Demzufolge gibt es ( ) 49 = 49! = 13 983 816 6 6! 43! Möglichkeiten. Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 13

Ausblick: Anwendung in der Wahrscheinlichkeitsrechnung Gegeben sei ein Zufallsexperiment mit nur endlich vielen Ergebnissen (möglichen Ausgängen). Falls jedes Ergebnis mit der gleichen Wahrscheinlichkeit eintritt, spricht man von einem Laplace-Experiment. Ein Ereignis eines Zufallsexperimentes ist eine Teilmenge der Ergebnismenge, das heißt, eine Menge von Ergebnissen. Bei einem Laplace-Experiment lässt sich die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten eines Ereignisses nach der folgenden Formel berechnen: Anzahl der Ergebnisse, die zum Ereignis gehören Anzahl aller Ergebnisse des Zufallsexperimentes. Die Anzahlen in Zähler und Nenner lassen sich häufig mit Hilfsmitteln aus der Kombinatorik berechnen. Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 14

Ausblick: Anwendung in der Wahrscheinlichkeitsrechnung Beispiel: Bei einer Lotto-Ziehung 6 aus 49 handelt es sich um ein Laplace-Experiment, denn jede Ziehung ist gleichwahrscheinlich. Die Anzahl aller Ergebnisse dieses Zufallsexperiments beträgt ( ) 49 6 = 13 983 816. Mit welcher Wahrscheinlichkeit werden mit einem Tipp sechs Richtige erzielt? Zum Ereignis sechs Richtige gehört nur ein Ergebnis (denn nur eine mögliche Ziehung stimmt mit dem abgegebenen Tipp überein). Die gesuchte Wahrscheinlichkeit beträgt somit 1 ( 49 6 ) 7,15 10 8 = 0,00000715%. Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 15

Ausblick: Anwendung in der Wahrscheinlichkeitsrechnung Mit welcher Wahrscheinlichkeit werden mit einem Tipp genau vier Richtige erzielt? Wir überlegen, wie viele Ergebnisse zum Ereignis genau vier Richtige gehören. D.h., wie viele der möglichen Ziehungen bestehen aus genau 4 der getippten und aus genau 2 der nicht getippten Zahlen? Zunächst gibt es ( 6 4) Möglichkeiten dafür, dass eine Ziehung genau 4 der 6 getippten Zahlen enthält. Für jede dieser Möglichkeiten gibt es ( ) 43 2 Möglichkeiten für die zwei übrigen, nicht getippten Zahlen. Die gesuchte Anzahl beträgt somit ( ( 6 4) 43 ) 2 = 13 545. Die Wahrscheinlichkeit ( dafür, genau vier Richtige zu erzielen, 6 ( 4) 43 ) beträgt somit ( 49 6 2 ) 9,69 10 4 = 0,0969%. Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 16

Reelle Zahlenfolgen Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 17

Definition Eine reelle Zahlenfolge (a n ) ist eine Zuordnung, die jeder natürlichen Zahl n N genau eine reelle Zahl a n R zuordnet. Die Zahlen a 0, a 1, a 2,... heißen Glieder der Folge, a n wird als das n-te Folgenglied bezeichnet. Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 18

Bemerkungen Anstelle von reelle Zahlenfolge werden wir oft auch einfach nur Folge sagen. Zu beachten ist der Unterschied zwischen den Ausdrücken (a n ) und a n : mit a n wird ein einzelnes Folgenglied bezeichnet, wohingegen mit (a n ) die gesamte Folge gemeint ist. Anstelle von (a n ) findet man in der Literatur manchmal auch andere Notationen für Folgen, etwa {a n } oder a n. Laut unserer obigen Definition beginnt die Nummerierung der Folgenglieder jeweils bei n = 0. Tatsächlich kann aber die Nummerierung auch bei jeder anderen natürlichen Zahl beginnen, siehe etwa Beispiel 3. Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 19

Reelle Zahlenfolgen: Beispiel 1 Folge der Quadratzahlen, d.h. Folge mit der Bildungsvorschrift a n = n 2 (n N). erste Folgenglieder: a 0 = 0, a 1 = 1, a 2 = 4, a 3 = 9, a 4 = 16,... Veranschaulichung: 100 80 60 40 20 a n 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 n Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 20

Reelle Zahlenfolgen: Beispiel 2 Folge mit der Bildungsvorschrift a n = n n + 1 (n N) erste Folgenglieder: a 0 = 0, a 1 = 1 2, a 2 = 2 3, a 3 = 3 4, a 4 = 4 5,... Veranschaulichung: 1 a n 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 n Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 21

Reelle Zahlenfolgen: Beispiel 3 Folge mit der Bildungsvorschrift a n = ( 1)n 2n erste Folgenglieder: (n N, n 1) a 1 = 1 2, a 2 = 1 4, a 3 = 1 6, a 4 = 1 8, a 5 = 1 10,... Veranschaulichung: 1 2 a n 1 4 0 1 n - 1 4-1 2 Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 22

Reelle Zahlenfolgen: Beispiel 4 Die Abkühlung von 90 C heißem Tee bei Zimmertemperatur (20 C) genüge dem folgenden Abkühlungsgesetz: T n = 20 + 70 0,9 n (n N). Dabei bezeichne T n die Temperatur in C nach n Minuten. Die ersten Glieder der dadurch definierten Folge (T n ) sind: T 0 = 90, T 1 = 83, T 2 = 76,7, T 3 = 71,03,... (Werte in C). Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 23

Reelle Zahlenfolgen: Beispiel 4 Veranschaulichung des Abkühlungsprozesses: T n 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 n Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 24

Monotonie Eine Folge (a n ) heißt monoton wachsend, wenn für alle n N gilt: a n+1 a n, streng monoton wachsend, wenn für alle n N gilt: a n+1 > a n, monoton fallend, wenn für alle n N gilt: a n+1 a n, streng monoton fallend, wenn für alle n N gilt: a n+1 < a n. Zur Untersuchung von Monotonieeigenschaften ist es empfehlenswert, die Differenz a n+1 a n zu betrachten bzw. zu untersuchen, ob diese Differenz stets dasselbe Vorzeichen hat. Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 25

Monotonie: Beispiel 1 Folge der Quadratzahlen, d.h. Folge mit der Bildungsvorschrift a n = n 2 (n N). Für jedes n N gilt a n+1 a n =(n + 1) 2 n 2 = n 2 + 2n + 1 n 2 = 2n + 1 > 0. Demnach ist die Folge (a n ) streng monoton wachsend. Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 26

Monotonie: Beispiel 2 Folge mit der Bildungsvorschrift a n = ( 1)n 2n (n N, n 1). Für jedes gerade n gilt a n+1 a n = ( 1)n+1 2(n + 1) ( 1)n 2n = 1 2n + 2 1 2n < 0. Für jedes ungerade n gilt a n+1 a n = ( 1)n+1 2(n + 1) ( 1)n 2n = 1 2n + 2 + 1 2n > 0. Die Differenz a n+1 a n ist also immer abwechselnd positiv und negativ. Demnach ist die Folge (a n ) weder monoton wachsend noch monoton fallend. Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 27

Beschränktheit Eine Folge (a n ) heißt beschränkt, wenn Zahlen S u R und S o R existieren, sodass für alle n N gilt: S u a n S o. Die Zahl S u heißt dann untere Schranke, die Zahl S o obere Schranke der Folge (a n ). Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 28

Beschränktheit: Beispiel 1 Folge der Quadratzahlen, d.h. Folge mit der Bildungsvorschrift a n = n 2 (n N). Diese Folge ist nicht beschränkt. Sie ist zwar nach unten beschränkt, denn es gilt a n 0 für alle n N. Aber sie ist nicht nach oben beschränkt, denn für jede Zahl S o existiert ein n N, für das gilt: a n = n 2 > S o (oder anders gesagt: es gibt keine Zahl S o derart, dass a n S o für alle n N gilt). Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 29

Beschränktheit: Beispiel 2 Folge mit der Bildungsvorschrift a n = ( 1)n (n N, n 1). 2n Für alle Zahlen n N mit n 1 gilt 1 2 a n 1 2. Damit ist die Folge (a n ) beschränkt. Mögliche Schranken sind S u = 1 2 und S o = 1 2. a n S o = 1 2 1 4 0 1 n - 1 4 S u = 1 2 Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 30

Konvergenz Eine Folge (a n ) heißt konvergent gegen eine Zahl a R, wenn es zu jeder Zahl ε>0 eine (von ε abhängige) Zahl N N gibt, sodass für alle n N gilt: a n a ε. (In anderen Worten: Zu jeder noch so kleinen Zahl ε muss eine Zahl N N existieren, sodass sämtliche Folgenglieder ab dem N-ten Folgenglied im Intervall [a ε, a + ε] liegen.) Die Zahl a heißt dann Grenzwert der Folge (a n ). Schreibweise: lim n a n = a Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 31

Konvergenz Veranschaulichung der Konvergenz: a n a + ε a a ε 0 N n Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 32

Beispiel für eine konvergente Zahlenfolge Die Folge (a n ) mit der Vorschrift a n = n n + 1 (n N) ist konvergent, ihr Grenzwert beträgt lim n a n = 1. In der Tat finden wir zu jeder noch so kleinen Zahl ε > 0 eine natürliche Zahl N N, sodass für alle natürlichen Zahlen n N gilt: a n [1 ε, 1 + ε]. a n 1+ε 1 1 ε N n Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 33

Bemerkungen Charakterisierung der Konvergenz: Eine Folge (a n ) konvergiert genau dann gegen eine Zahl a, wenn für jede Zahl ε>0 höchstens endlich viele Folgenglieder außerhalb des Intervalls [a ε, a + ε] liegen. Eindeutigkeit des Grenzwertes: Ist eine Folge konvergent, dann ist ihr Grenzwert eindeutig bestimmt. Zusammenhänge zur Monotonie und Beschränktheit: Ist eine Folge (a n ) monoton wachsend oder monoton fallend und außerdem beschränkt, dann ist die Folge auch konvergent. Allein aus der Monotonie oder allein aus der Beschränktheit lässt sich im Allgemeinen aber nicht die Konvergenz einer Folge schlussfolgern (siehe auch nachfolgende Beispiele). Ist eine Folge (a n ) konvergent, dann ist sie auch beschränkt. Die Monotonie hingegen folgt nicht zwangsläufig aus der Konvergenz. Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 34

Beispiele für nicht konvergente Zahlenfolgen Die Folge (a n ) mit der Vorschrift a n =( 1) n (n N) ist nicht konvergent. In der Tat lässt sich kein Wert a R finden, sodass für jedes ε>0höchstens endlich viele Folgenglieder außerhalb des Intervalls [a ε, a+ε] liegen. Zum Beispiel liegen stets unendlich viele Folgenglieder außerhalb des Intervalls [a 1 2, a+ 1 2 ], egal welchen Wert a hat. a n 3 2 1 1 2 n -1 Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 35

Beispiele für nicht konvergente Zahlenfolgen Die Folge (a n ) mit der Vorschrift a n =( 1) n (n N) ist nicht konvergent. In der Tat lässt sich kein Wert a R finden, sodass für jedes ε>0höchstens endlich viele Folgenglieder außerhalb des Intervalls [a ε, a+ε] liegen. Zum Beispiel liegen stets unendlich viele Folgenglieder außerhalb des Intervalls [a 1 2, a+ 1 2 ], egal welchen Wert a hat. a n 1-1 2-1 - 3 2 n Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 36

Beispiele für nicht konvergente Zahlenfolgen Die Folge (a n ) mit der Vorschrift a n =( 1) n (n N) ist nicht konvergent. In der Tat lässt sich kein Wert a R finden, sodass für jedes ε>0höchstens endlich viele Folgenglieder außerhalb des Intervalls [a ε, a+ε] liegen. Zum Beispiel liegen stets unendlich viele Folgenglieder außerhalb des Intervalls [a 1 2, a+ 1 2 ], egal welchen Wert a hat. a n 1 1 2 n - 1 2-1 Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 37

Beispiele für nicht konvergente Zahlenfolgen Die Folge (a n ) mit der Vorschrift a n = n 2 (n N) ist nicht konvergent. In der Tat lässt sich auch für diese Folge kein Wert a R finden, sodass für jedes ε>0 höchstens endlich viele Folgenglieder außerhalb des Intervalls [a ε, a + ε] liegen. 100 80 60 40 20 a n 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 n Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 38

Divergenz Ist eine Folge (a n ) nicht konvergent, so heißt sie divergent. Man unterscheidet noch zwischen bestimmter und unbestimmter Divergenz. Eine Folge (a n ) heißt bestimmt divergent gegen +, falls zu jeder Zahl C R eine (von C abhängige) Zahl N N existiert, sodass für alle n N gilt: a n C. Eine Folge (a n ) heißt bestimmt divergent gegen, falls zu jeder Zahl C R eine (von C abhängige) Zahl N N existiert, sodass für alle n N gilt: a n C. Eine Folge (a n ) heißt unbestimmt divergent, falls sie weder konvergent noch bestimmt divergent gegen + oder ist. Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 39

Divergenz Die Folge (a n ) mit der Vorschrift a n =( 1) n ist unbestimmt divergent. Die Folge (a n ) mit der Vorschrift a n = n 2 ist bestimmt divergent gegen +. Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 40

Praktische Berechnung von Grenzwerten Die praktische Untersuchung einer Folge auf Konvergenz sowie die Berechnung des Grenzwertes erfolgt meist nicht durch Verwendung der Definition, sondern mit Hilfe bekannter Grenzwerte und durch Ausnutzung von Gesetzmäßigkeiten. Bekannte Grenzwerte und uneigentliche Grenzwerte (Auswahl): 1 lim = 0 für jede Zahl p > 0 n np lim n np =+ für jede Zahl p > 0 lim n qn = 0 für jede Zahl 1 < q < 1 lim n qn =+ für jede Zahl q > 1 ( 1 + x ) n = e x für jede Zahl x R n lim n Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 41

Einige Grenzwertsätze Es seien (a n ) eine konvergente Folge mit dem Grenzwert a und (b n ) eine konvergente Folge mit dem Grenzwert b. Dann gelten die folgenden Aussagen. Konstante Faktoren: Für jede Zahl c R gilt lim c a n = c lim a n = c a. n n Summe: Es gilt lim (a n + b n ) = lim a n + lim b n = a + b. n n n Differenz: Es gilt lim (a n b n ) = lim a n lim b n = a b. n n n Produkt: Es gilt lim (a n b n )= n ( lim n a n ) ( lim n b n ) = a b. Quotient: Es gilt lim = lim n a n = a n b n lim n b n b (Voraussetzung: b 0 und b n 0 für alle n N). a n Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 42

Einige Grenzwertsätze Es sei (a n ) eine konvergente Folge mit dem Grenzwert a. Dann gelten die folgenden Aussagen: ( ) p Potenzen: Für jede Zahl p gilt lim n ap n = lim a n = a p n (Vor.: a p ist definiert und an p ist für alle n N definiert). Betrag: Es gilt lim a n = lim a n = a. n n Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 43

Berechnung von Grenzwerten: Beispiele 5n lim n n + 1 = 5 lim n n n + 1 unser Ergebnis für lim n ( 1 + 3 ) 7n = lim n lim n = n [ lim n = [ e 3] 7 = 5 1 = 5 (hierbei haben wir n n+1 von Folie 33 genutzt) ) n ] 7 [( 1 + 3 n ( 1 + 3 ) n ] 7 n = e 21 Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 44

Unbestimmte Ausdrücke Manchmal liegen unbestimmte Ausdrücke wie, 0 oder vor. In einem solchen Fall kann man nicht sofort entscheiden, ob und, wenn ja, wogegen die Folge konvergiert. Manchmal helfen aber Termumformungen weiter, um danach anhand des umgefromten Terms und mit Hilfe von Grenzwertsätzen eine Entscheidung zu treffen. Als Beispiel betrachten wir den Fall, dass a n der Quotient zweier Polynome in n ist. Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 45

Quotient zweier Polynome Gegeben sei die Folge (a n ) mit der Vorschrift a n = 6n2 5n + 3 2n 2. + 9 Wir wollen untersuchen, ob diese Folge konvergiert, und ggf. den Grenzwert bestimmen. Sowohl Zähler als auch Nenner gehen gegen Unendlich für n. Wir haben es also mit dem Fall zu tun und können daher nicht auf Anhieb Aussagen zur Konvergenz der Folge machen. Wir formen den Quotienten etwas um, indem wir sowohl im Zähler als auch im Nenner die höchste Potenz des Nenners ausklammern und anschließend kürzen: a n = n2 (6 5 n + 3 n 2 ) n 2 (2 + 9 n 2 ) = 6 5 n + 3 n 2 2 + 9 n 2. Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 46

Quotient zweier Polynome Nun folgt durch Anwendung von Grenzwertsätzen lim n a n = lim n 6 5 n + 3 n 2 2 + 9 = 6 0 + 0 2 + 0 n 2 = 3. Merke: Wenn a n der Quotient zweier Polynome in n ist und das Verhalten von a n für n untersucht werden soll, ist es hilfreich, sowohl im Zähler als auch im Nenner die höchste Potenz des Nenners auszuklammern. Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 47

Quotient zweier Polynome Ein weiteres Beispiel dieser Art: Gegeben sei die Folge (a n ) mit der Vorschrift a n = 6n3 5n + 3 2n 2. + 9 Wir wollen wiederum untersuchen, ob diese Folge konvergiert, und ggf. den Grenzwert bestimmen. Klammern wir sowohl im Zähler als auch im Nenner die höchste Potenz des Nenners aus, ergibt sich a n = n2 (6n 5 n + 3 n 2 ) n 2 (2 + 9 n 2 ) = 6n 5 n + 3 n 2 2 + 9 n 2. Der Nenner dieses Ausdrucks konvergiert gegen 2 für n, während der Zähler gegen + geht. Daraus folgt, dass auch der Quotient, also a n selbst, gegen + geht. Die Folge (a n ) ist also nicht konvergent, sondern bestimmt divergent gegen +. Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 48

Kurzer Einschub: Das Summenzeichen Es seien a 0, a 1,...,a n reelle Zahlen. Dann ist n a k nichts weiter k=0 als die Kurzschreibweise für die Summe a 0 + a 1 +...+ a n. Statt k kann auch eine andere Bezeichnung für den Summationsindex verwendet werden. Dieser muss außerdem nicht bei 0, er kann auch bei einer anderen natürlichen Zahl beginnen. Beispiele: 4 3 k = 3 0 + 3 1 + 3 2 + 3 3 + 3 4 = 121 k=0 5 k = 1 + 2 + 3 + 4 + 5 = 15 k=1 4 ( 2) i =( 2) 1 +( 2) 2 +( 2) 3 +( 2) 4 = 10 i=1 Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 49

Beweisprinzip der vollständigen Induktion Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 50

Problemstellung Gegeben sei eine Aussageform A(n), die von einer natürlichen Zahl n abhängt. Als Beispiele kann man sich vorstellen: die Ungleichung 2 n > n 2, die Gleichung n k = k=1 n(n + 1) 2 die Äußerung Eine Menge mit n Elementen besitzt genau 2 n Teilmengen. Für jede konkrete natürliche Zahl n wird A(n) zur Aussage, das heißt, für jedes konkrete n N lässt sich entscheiden, ob A(n) wahr oder falsch ist., Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 51

Problemstellung Angenommen, es soll bewiesen werden, dass eine Aussage A(n) für alle natürlichen Zahlen n ab einer gewissen Zahl n 0 wahr ist. Dann kann dafür das Beweisverfahren der vollständigen Induktion hilfreich sein. Wie geht man dabei vor? Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 52

Vorgehen Schritt 1: Man weist die Gültigkeit der Aussage für die Zahl n 0 nach (Induktionsanfang). Schritt 2: Man nimmt an, die Gültigkeit der Aussage wurde bereits für alle natürlichen Zahlen n = n 0, n 0 +1,...,N nachgewiesen (Induktionsvoraussetzung), und zeigt mit Hilfe dieser Voraussetzung, dass die Aussage auch für n = N + 1 wahr ist (Induktionsschritt). Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 53

Beispiel 1 Mittels vollständiger Induktion wollen wir nachweisen, dass für alle n 5 die Ungleichung 2 n > n 2 erfüllt ist. Induktionsanfang: Wir weisen nach, dass die Ungleichung für n = 5 erfüllt ist (der Startwert, der immer mit n 0 bezeichnet wurde, ist hier 5). Das geht durch einfaches Nachrechnen: 2 5 = 32, 5 2 = 25, also in der Tat 2 5 > 5 2. Induktionsvoraussetzung (IV): Wir nehmen an, die Gültigkeit der Ungleichung wurde bereits für alle n = 5, 6, 7,...,N nachgewiesen. Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 54

Beispiel 1 Induktionsschritt: Unter Verwendung der IV weisen wir nach, dass die Ungleichung auch für n = N + 1 richtig ist, dass also gilt: 2 N+1 > (N + 1) 2. Zunächst gilt 2 N+1 = 2 2 N. Aus der IV können wir schlussfolgern, dass 2 N > N 2 ist (denn wir haben ja angenommen, dass die Ungleichung bereits für n = N nachgewiesen wurde). Damit und unter Beachtung von N 5 folgt 2 N+1 = 2 2 N > 2 N 2 = N 2 + N N N 2 + 5N N 2 + 2N + 1 =(N + 1) 2. Damit sind die Schritte abgearbeitet und die Gültigkeit der Ungleichung 2 n > n 2 ist für alle n 5 bewiesen. Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 55

Beispiel 2 Mittels vollständiger Induktion wollen wir nachweisen, dass für alle n 1 die Identität n n(n + 1) k = (1) 2 k=1 erfüllt ist, dass also die Summe aller natürlichen Zahlen von 1 bis n gleich n(n+1) 2 ist. Induktionsanfang: Wir weisen nach, dass die Gleichung für n = 1 erfüllt ist. Für n = 1 steht auf der linken Seite von (1) einfach 1. Auf der rechten Seite ergibt sich 1 (1+1) 2 = 2 2 = 1. In der Tat stimmen also beide Seiten der Gleichung (1) für n = 1 überein. Induktionsvoraussetzung (IV): Wir nehmen an, die Gültigkeit der Gleichung (1) wurde bereits für alle n = 1, 2, 3,...,N nachgewiesen. Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 56

Beispiel 2 Induktionsschritt: Unter Verwendung der IV weisen wir nach, dass die Gleichung auch für n = N + 1 richtig ist, dass also gilt: N+1 k=1 k = (N + 1)(N + 2) 2 Zunächst gilt N+1 k=1 k = N k=1 k +(N + 1). Aus der IV können wir schlussfolgern, dass N k=1 k = N(N+1) 2 ist (denn wir haben ja angenommen, dass (1) bereits für n = N nachgewiesen wurde). Damit folgt N+1 k=1 k = N(N + 1) 2 +(N+1) =(N+1). ( ) N 2 + 1 = (N + 1)(N + 2) 2 Damit sind die Schritte abgearbeitet und die Gültigkeit der Identität n k=1 k = n(n+1) 2 ist für alle n 1 bewiesen. Markus Herrich Kombinatorik, Zahlenfolgen, Induktion 57.