Deutsches und Europäisches Insolvenzrecht



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Transkript:

Deutsches und Europäisches Insolvenzrecht Sommersemester 2013 11. April 2013 Wolfgang Zenker

Übersicht A. Einführung in das Insolvenzrecht: Vorüberlegungen B. Deutsches (nationales) Insolvenzrecht I. Entwicklungslinien im deutschen Insolvenzrecht II. Beteiligte III. Insolvenzgründe und -verschleppung IV. Ablauf eines Regelinsolvenzverfahrens V. Planverfahren / Eigenverwaltung (Überblick) VI. Konzerninsolvenzen (Überblick) VII. Ablauf eines Verbraucherinsolvenzverfahrens (Überblick) VIII. Exkurs: Sanierungsverfahren? C. Internationales Insolvenzrecht I. Theoretische Vorüberlegungen II. Europäisches Insolvenzrecht die EuInsVO III. Deutsches Internationales Insolvenzrecht

Vorüberlegungen Ziele / Charakteristika / Subjekte A. mögliche Verfahrensziele Gläubigerbefriedigung + -schutz (ggf. mit Privilegien) Schuldnerschutz + Entschuldung Arbeitsplatzschutz Wirtschaftssteuerung und förderung B. Charakteristikum eines Insolvenzverfahrens Gesamtverfahren Zwangsgemeinschaft v. Gläubigern (und Schuldner) C. Subjekte Kaufleute/Handelsgesellschaften (+ sonst. Gesellsch.) Verbraucher? Vermögensmassen (Nachlass)? Staaten und ihre Teilgliederungen? Banken etc.?

Vorüberlegungen Auslöser / Mittel / Rechtsnatur D. Auslöser Antrag (Antragsrecht / -pflicht?) Insolvenz bzw. Krise (Beurteilender? Maßstab?) E. Mittel zur Gläubigerbefriedigung Zerschlagung des Unternehmens Veräußerung des Unternehmens Restrukturierung des Unternehmensträgers, ggf. unter Beteiligung der Gläubiger (debt-equity-swap) F. Rechtsnatur Verfahrens-/Vollstreckungsrecht Wirtschaftsrecht

Deutsches InsR -Entwicklungslinien Vergangenheit A. Konkursordnung, KO (1877) Teil der Reichsjustizgesetze (mit ZPO, StPO, GVG) Gesamtvollstreckungsrecht Mittel: Versilberung durch Zerschlagung (Jaeger: Wertevernichter ); Gesamtveräußerung war möglich, aber für Verwalter ursprünglich sehr riskant (Haftung!) Problem: späte Anträge ( Makel, kein Anreiz) viele Verfahren wurden schon mangels Masse nicht eröffnet B. Vergleichsordnung, VglO (1935) trat neben die KO, Möglichkeit zum Gesamtvergleich; praktisch nicht sehr bedeutsam, da hohe Mindestquote C. Gesamtvollstreckungsordnung (1990) Übergangsrecht für die neuen Bundesländer

Deutsches InsR Entwicklungslinien Gegenwart A. Insolvenzordnung, InsO (1994, in Kraft seit 1.1.1999) Einheitsverfahren einheitlicher Antrag für Regel- (Vorläufer KO) und Planverfahren (Vorläufer VglO) Verfahrensziele, 1: Gläubigerbefriedigung Restschuldbefreiung nicht: Erhalt des Unternehmens(trägers) Mittel zur Gläubigerbefriedigung: Verwertung (auch: Übertragung) [= Liquidation ] Insolvenzplan, vor allem zum Erhalt des Unternehmens(trägers) [= Restrukturierung ] nach dem Gesetz sind die Mittel gleichwertig Praxis: Insolvenzplan umständlich, langwierig, anfällig für Störer ca. 3% der Fälle

Deutsches InsR -Entwicklungslinien Gegenwart B. ausgewählte Ziele der Reform: frühere Anträge, mehr Eröffnungen Anreize ( 217, 270, 286, nunmehr 270a, b) Absenken von Schwellen ( 18, 26) Gläubigergleichbehandlung und autonomie weitgehende Abschaffung von Vorrechten ( 38) Stärkung der Gläubiger ( 78, 217, nunmehr zb 56a) höhere Verwertungsquoten frühere Anträge, mehr Eröffnungen (s.o.) Einbindung von Sicherheiten ( 52) Erhalt von Wirtschaftseinheiten ( 21 II 1 Nr. 5, 166) Inpflichtnahme von Sicherungsgläubigern ( 170f.)

Deutsches InsR -Entwicklungslinien Zukunft? A. Herausforderungen Finanzkrise Kreditklemme (?) Vorrechtsforderungen (v.a. Fiskus und Sozialkassen) Restrukturierungstourismus/Insolvenzstandort Dt. gefühlt: zu wenige Restrukturierungen/Planverfahren B. gefühlte Defizite (tw. vor ESUG 2012) fehlende Planbarkeit für Gläubiger und Schuldner Öffentlichkeit Dauer und Schwerfälligkeit Makel der Insolvenz fehlende Kompetenz bei Gerichten Hold-out-Position der Gesellschafter

Deutsches InsR -Entwicklungslinien Zukunft? C. Pläne RestrukturierungsG schon in Kraft für Banken abgestufte Eingriffsebenen (Sanierungsund Reorganisationsverf, Insolvenz, Bankenaufsicht) ESUG seit 1. März 2012 in Kraft richterliche Kompetenz stärken Verwalterauswahl (auch) durch Schuldner/Gläubiger Reform des Planverfahrens & debt-equity-swap Stärkung Eigenverwaltung / frühe Anträge vorinsolvenzliches Verfahren? Zukunft ungewiss Restschuldbefreiung nach 3 statt 6 Jahren Konzerninsolvenzen

Deutsches Insolvenzrecht Entwicklungslinien A. Verfahrensrecht Wirtschaftsrecht Bundesjustizministerin S. Leutheusser-Schnarrenberger: wichtigste Reformbaustelle des Wirtschaftsrechts B. Liquidation Restrukturierung (rescue culture?) C. Staatlich-hoheitlicher Zwang Autonomie v.a. der Gläubiger D. Gläubigerfokussierung Stakeholder-Ansatz E. rein nationale Ausrichtung internationale Öffnung