Auswirkungsanalyse zur geplanten Ansiedlung eines Lebensmittelmarktes in Hettstedt Eislebener Straße



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Transkript:

Auswirkungsanalyse zur geplanten Ansiedlung eines Lebensmittelmarktes in Hettstedt Eislebener Straße Auftraggeber: Stadt Hettstedt Projektleitung: Dipl. Geogr. Oliver Behrens Dipl. Geogr. Florian Schaeffer Dresden, am 12.10.2015 Gesellschaft für Marktund Absatzforschung mbh 1

Urheberrecht Das vorliegende Dokument unterliegt dem Urheberrecht gemäß 2 Abs. 2 sowie 31 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutze der Urheberrechte. Eine Vervielfältigung, Weitergabe oder (auch auszugsweise) Veröffentlichung ist nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung der GMA und des Auftraggebers unter Angabe der Quelle zulässig. Gesellschaft für Markt und Absatzforschung mbh Ludwigsburg Dresden, Hamburg, Köln, München Königsbrücker Straße 31 33 01099 Dresden Geschäftsführer: Dr. Stefan Holl Telefon: 0351 216723 Telefax: 0351 802389 5 E Mail: stefan.holl@gma.biz Internet: www.gma.biz 2

Vorbemerkung Im Dezember 2014 erteilte die Stadt Hettstedt der GMA, Gesellschaft für Markt und Absatzforschung mbh, Dresden den Auftrag, die Verträglichkeit eines geplanten Lebensmittelmarktes in Hettstedt zu untersuchen und zu bewerten. Nach Angaben des Auftraggebers ist in der Eislebener Straße die Ansiedlung eines Großen Supermarktes mit einer Verkaufsfläche (VK) von ca. 3.027 m² zzgl. einer Shopzone mit rd. 204 m² (Nutzfläche) sowie Verkehrsflächen (Mall) in einem Umfang von ca. 174 m² vorgesehen. Im Februar 2015 wurden erste Ergebnisse im Rahmen der Erarbeitung des Einzelhandelskonzeptes der Öffentlichkeit präsentiert. Mittlerweile wurden vom Statistischen Landesamt Sachsen Anhalt neue Einwohnerdaten (März 2015) veröffentlicht. Weiterhin wurden im Mai 2015 auch die von der GMA Standortforschung jährlich neu aktualisierten Verbrauchsausgaben nach Sortimenten herausgegeben, so dass die Analyse im August / September nochmals überarbeitet wurde. Im Fokus der vorliegenden Untersuchung steht die Einschätzung der raumordnerischen und städtebaulichen Auswirkungen des Vorhabens. Konkret ist zu untersuchen, ob und in welchem Umfang Umsatzumverteilungen durch das Ansiedlungsvorhaben gegenüber Geschäften im Einzugsgebiet ausgelöst werden und ob hieraus schädliche raumordnerische und städtebauliche Effekte (z. B. Leerstandsbildungen) resultieren können. Weiterhin ist die Kompatibilität des Vorhabens mit den Zielen der Landesplanung in Sachsen Anhalt zu überprüfen. Für die Ausarbeitung des Berichtes standen der GMA u. a. Daten und Informationen des Statistischen Landesamtes Sachsen Anhalt, der Stadt Hettstedt sowie ergänzende sekundärstatistische Materialien aus unterschiedlichen Quellen zur Verfügung. Weiterhin wurde von der GMA im Dezember 2014 der relevante Wettbewerb in Hettstedt und im Umland erfasst und eine Besichtigung des Projektstandortes sowie eine städtebauliche Bewertung der Einzelhandelslagen im Einzugsgebiet durchgeführt. Alle Daten wurden im Rahmen der Überarbeitung August / September 2015 auf einen aktuellen Stand gebracht. Die vorliegende Untersuchung dient der Entscheidungsvorbereitung und findung für kommunalpolitische und bauplanungsrechtliche Entscheidungen der Stadt Hettstedt. Alle Informationen im vorliegenden Dokument sind sorgfältig recherchiert; der Bericht wurde nach bestem Wissen und Gewissen erstellt. Für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität aller Inhalte kann die GMA keine Gewähr übernehmen. G M A Gesellschaft für Markt und Absatzforschung mbh Dresden, den 12.10.2015 BR DEF wym 3

Inhaltsverzeichnis Seite I. Aufgabenstellung, Rechtsrahmen und Betriebstypendefinition 5 1. Aufgabenstellung 5 2. Rechtliche Grundlagen zur Bewertung von Einzelhandelsplanungen 6 2.1 Landes und Regionalplanung 6 2.2 Bauleitplanung 7 2.3 Einzelhandelskonzept der Stadt Hettstedt 9 3. Definitionen und ausgewählte Marktdaten 9 3.1 Betriebstypendefinitionen 9 3.2 Sortimentsstruktur im Lebensmitteleinzelhandel 12 4. Daten zur Projektplanung 13 II. Standortbeschreibung und -bewertung 17 1. Makrostandort Hettstedt 17 2. Mikrostandort Eislebener Straße 20 III. Einzugsgebiet, Bevölkerung und Kaufkraft 24 1. Einzugsgebiet und Bevölkerung 24 2. Kaufkraft im Einzugsgebiet 27 IV. Projektrelevante Wettbewerbssituation 29 V. Auswirkungsanalyse 37 1. Umsatz und Marktbedeutung 37 2. Umsatzumverteilungen 40 2.1 Methodik 40 2.2 Berechnung der Umsatzumverteilung 40 2.3 Bewertung möglicher Auswirkungen 42 2.4 Kompatibilitätsprüfung mit den Zielen der Landesplanung gem. LEP 2010 44 VI. Zusammenfassung 48 4

I. Aufgabenstellung, Rechtsrahmen und Betriebstypendefinition 1. Aufgabenstellung In der Stadt Hettstedt ist am Standort Eislebener Straße die Ansiedlung eines Lebensmittelmarktes (Vollsortimenter) mit insgesamt ca. 3.027 m² VK geplant. Ferner sind in der Vorkassenzone Konzessionäre mit einer Nutzfläche von 204 m² und ca. 174 m² für die Verkehrsflächen der Mall (inkl. Windfang) vorgesehen. Die vorliegende Auswirkungsanalyse hat die Aufgabe, mögliche raumordnerische und städtebauliche Effekte des Vorhabens zu bewerten. Im Vordergrund steht dabei die Prüfung der Kompatibilität des Vorhabens mit den Zielen der Landesplanung in Sachsen Anhalt sowie städtebauliche Auswirkungen auf die zentralen Versorgungsbereiche in Hettstedt und in den Städten und Gemeinden im Einzugsgebiet. Vor dem Hintergrund der kurz skizzierten Aufgabenstellung werden in vorliegender Untersuchung insbesondere folgende Aspekte analysiert und bewertet: Relevante Rechtsvorschriften zur Bewertung von Einzelhandelsplanungen Betriebstypendefinitionen Darstellung und Bewertung des Einzelhandelsstandortes Hettstedt und des Mikrostandortes Eislebener Straße Abgrenzung des projektrelevanten Einzugsgebietes und Berechnung des Kaufkraftpotenzials Erfassung und Bewertung der relevanten Wettbewerbssituation im Einzugsgebiet Umsatzprognose für den neu errichteten Markt und Darstellung der durch das Vorhaben ausgelösten Kaufkraftbewegungen in Szenarien Darstellung und Bewertung der möglichen städtebaulichen Auswirkungen des geplanten Vorhabens auf das Standortgefüge des Einzelhandels im Einzugsgebiet, unter besonderer Berücksichtigung der Betroffenheit zentraler Versorgungsbereiche Überprüfung der Kompatibilität des Vorhabens mit den Zielen der Raumordnung. 5

2. Rechtliche Grundlagen zur Bewertung von Einzelhandelsplanungen 1 Bei der Frage, welche Standorte für die Einzelhandelsentwicklung in einer Stadt oder Gemeinde herangezogen werden sollen, sind die Vorstellungen von Unternehmern und Entscheidungsträgern der öffentlichen Hand vielfach nicht deckungsgleich. Städte und Gemeinden bewerten Einzelhandelsansiedlungen vorwiegend unter städtebaulichen Aspekten. Einen hohen Stellenwert nimmt dabei die Sicherung der Nahversorgung der ortsansässigen Bevölkerung ein. Bei den Handelsunternehmen stehen hingegen Überlegungen zur optimalen Marktdurchdringung im Vordergrund. Aufgrund der engen Verzahnung von Einzelhandel und Stadtentwicklung wurden in diesem Zusammenhang Rechtsvorschriften entwickelt, die verbindliche Festlegungen zur Sicherung der wohnort und verbrauchernahen Versorgung sowie zu den standörtlichen und infrastrukturellen Voraussetzungen von Einzelhandelsvorhaben treffen. Das vorhandene Rechtsinstrumentarium muss allerdings durch eine qualifizierte Planung abgesichert sein und darf von den Kommunen weder sachfremd noch willkürlich gehandhabt werden. Generell sollen die Rechtsvorschriften nur regeln wo Wettbewerb stattfindet, nicht jedoch in den Wettbewerb des Einzelhandels an sich eingreifen. Die wesentlichen Rechtsvorschriften zur Bewertung der Genehmigungsfähigkeit von Einzelhandelsplanungen in Sachsen Anhalt werden nachfolgend dargestellt. 2.1 Landes und Regionalplanung Mit Bezug auf die Ansiedlung von Einzelhandelsobjekten führt der Landesentwicklungsplan (LEP) Sachsen Anhalt 2010 im Kapitel 2.3 Großflächiger Einzelhandel u. a. aus: Z46 Z47 Z48 Die Ausweisung von Sondergebieten für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des 11 Abs. 3 Baunutzungsverordnung ist an Zentrale Orte der oberen oder mittleren Stufe zu binden. [ ]. Verkaufsfläche und Warensortiment von Einkaufszentren, großflächigen Einzelhandelsbetrieben und sonstigen großflächigen Handelsbetrieben müssen der zentralörtlichen Versorgungsfunktion und dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen. Die in diesen Sondergebieten entstehenden Projekte 1. dürfen mit ihrem Einzugsbereich den Verflechtungsbereich des Zentralen Ortes nicht wesentlich überschreiten, 2. sind städtebaulich zu integrieren, 3. dürfen eine verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung nicht gefährden, 1 Dieses Kapitel dient lediglich der Darstellung des rechtlichen Rahmens und stellt ausdrücklich keine Bewertung und / oder Interpretation der relevanten Rechtsnormen darf. Zur Durchführung von Rechtsberatungen ist die GMA nicht legitimiert. 6

4. sind mit qualitativ bedarfsgerechten Linienverkehrsangeboten des ÖPNV sowie mit Fuß und Radwegenetzen zu erschließen, 5. dürfen durch auftretende Personenkraftwagen und Lastkraftwagenverkehre zu keinen unverträglichen Belastungen in angrenzenden Siedlungs, Naherholungs und Naturschutzgebieten führen. Z49 Z50 Z52 Erweiterungen bestehender Sondergebiete für Einkaufszentren und großflächige Einzelhandelsbetriebe sind auf städtebaulich integrierte Standorte in Zentralen Orten in Abhängigkeit des Verflechtungsbereiches des jeweiligen Zentralen Ortes zu beschränken. Nutzungsänderungen in bestehenden Sondergebieten für Einkaufszentren und großflächige Einzelhandelsbetriebe an nicht städtebaulich integrierten Standorten dürfen nicht zulasten von innenstadtrelevanten Sortimenten an innerstädtischen Standorten erfolgen. Die Ausweisung von Sondergebieten für großflächige Einzelhandelsbetriebe, die ausschließlich der Grundversorgung der Einwohner dienen und keine schädlichen Wirkungen, insbesondere auf die zentralen Versorgungsbereiche und die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung anderer Gemeinden oder deren Ortskerne erwarten lassen, ist neben den Ober und Mittelzentren auch in Grundzentren unter Berücksichtigung ihres Einzugsbereiches zulässig. Ausschließlich der Grundversorgung dienen großflächige Einzelhandelsbetriebe, deren Sortiment Nahrungs und Genussmittel einschließlich Getränke und Drogerieartikel umfasst. Voraussetzung ist die Anpassung des grundzentralen Systems durch die Regionalen Planungsgemeinschaften an die Kriterien im Landesentwicklungsplan. Der Regionalplan der Planungsregion Halle bedarf einer Anpassung an den LEP 2010 und enthält somit keine über den LEP hinausgehenden Regelungen. Derzeit wird der Sachliche Teilplan Zentrale Orte, Sicherung und Entwicklung der Daseinsvorsorge sowie großflächiger Einzelhandel" für die Planungsregion Halle erarbeitet. Mit Blick auf die Definition von Grundzentren in der Begründung zu Z 35 ist darauf zu verweisen, dass diese von Hettstedt eindeutig erfüllt werden. Gemäß G 17 ist ferner darauf hinzuweisen, dass Hettstedt von besonderer Bedeutung für die Versorgungsfunktion im ländlichen Raum ist, was u.a. damit begründet wird, dass die Stadt Versorgungspotenziale für die langfristige Sicherung der qualitativ hochwertigen Grundversorgung im ländlichen Raum aufweist. 2.2 Bauleitplanung Die baurechtliche Basis für die Ansiedlung eines Großen Supermarktes soll im Wege eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes geschaffen werden; ein Aufstellungsbeschluss für einen solchen Bebauungsplan wurde vom Hettstedter Stadtrat im Dezember 2014 getroffen. Es ist geplant 7

ein Sondergebiet festzusetzen. Im Flächennutzungsplan ist der Bereich, in dem der Bebauungsplan liegen soll als Sonderbaufläche Einzelhandel dargestellt. Aufgrund der Großflächigkeit des Vorhabens (> 800 m² VK) ist zur Bewertung daher 11 Abs. 3 BauNVO heranzuziehen 2 : 1. Einkaufszentren, 2. großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können, 3. sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind, sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen i. S. des Satzes 1 Nr. 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des 3 des Bundes Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde o der in anderen Gemeinden, auf das Orts und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen i. S. des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nr. 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1.200 m² überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1.200 m² Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1.200 m² nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und die Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen. Die Regelvermutung ist jedoch gem. 11 Abs. 3, Satz 4 BauNVO widerlegbar. Der Nachweis kann im Zuge einer Einzelfallprüfung erbracht werden, wenn im konkreten Einzelfall keine Auswirkungen im Sinne des 11 Abs. 3, Satz 3 BauNVO zu erwarten sind. Mit Bezug auf die im 11 Abs. 3 BauNVO beschriebenen Auswirkungen sind dabei insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihre Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebes zu berücksichtigen. 2 Baunutzungsverordnung (BauNVO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 1990, die durch Artikel 2 des Gesetzes vom 11. Juni 2013 geändert worden ist. 8

2.3 Einzelhandelskonzept der Stadt Hettstedt Mit dem Einzelhandelskonzept der Stadt Hettstedt hat die Stadt Hettstedt am 02.06.2015 (Beschluss SRT 0975/2015) eine Grundlage zur Steuerung von Einzelhandelsnutzungen geschaffen. Der geplante Große Supermarkt an der Eislebener Straße soll an einem Standort im zentralen Versorgungbereich Nahversorgungszentrum Süd errichtet werden (vgl. Karte 1). 3 Aufgrund der absehbaren Verschlechterung des Nahversorgungsangebotes im südlichen Stadtgebiet durch die geplante Schließung des dort angesiedelten Aldi Marktes verfolgt die Stadt Hettstedt das Ziel durch die Ansiedlung eines Vollsortimenters auch in qualitativer Hinsicht die Versorgung der dort lebenden Bevölkerung zu sichern und perspektivisch zu verbessern. Bei der Planung sind die Festsetzungen des Einzelhandelskonzeptes der Stadt Hettstedt zu berücksichtigen und in die Überprüfung der Auswirkungen mit einzubeziehen. Da es sich um einen Markt mit dem Schwerpunkt im nahversorgungsrelevanten Sortimentsbereich handelt, sind insbesondere die Auswirkungen auf den Lebensmitteleinzelhandel im Stadtgebiet und hier v. a. in der Innenstadt und im Nahversorgungszentrum Nord zu untersuchen. Hierbei gilt es zu berücksichtigen, dass der nächstgelegene Lebensmittelmarkt in der Innenstadt ca.1, 4 km (Straßenentfernung) entfernt und damit außerhalb der fußläufigen Erreichbarkeit des Vorhabens liegt. Vor dem Hintergrund der beschlossenen Hettstedter Liste ist darauf hinzuweisen, dass das Kernsortiment des geplanten Großen Supermarktes als nahversorgungsrelevantes Sortiment einzustufen ist. 3. Definitionen und ausgewählte Marktdaten 3.1 Betriebstypendefinitionen Zur Einordnung des geplanten Lebensmittelmarktes mit dem Betriebstyp Großer Supermarkt, werden für ausgewählte Betriebstypen des Lebensmitteleinzelhandels im Nachfolgenden die Definitionen kurz dargestellt 4 : Kleines Lebensmittelgeschäft Ein kleines Lebensmittelgeschäft ist ein Einzelhandelsgeschäft mit weniger als 400 m² Verkaufsfläche, das ein begrenztes Lebensmittel und Nonfood I Sortiment 5 anbietet. 3 4 5 Die Abgrenzung im Einzelhandelskonzept ist mit Bezug auf das Plangrundstück nicht maßstabsgetreu, sondern stellt den räumlich funktionalen Umgriff dar. Quelle: EHI, Handel aktuell 2013, S. 317. Drogerieartikel, Wasch, Putz und Reinigungsmittel sowie Tiernahrung. 9

Discounter Ein Lebensmitteldiscounter ist ein Einzelhandelsgeschäft mit einer üblichen Verkaufsfläche unter 1.000 m², das ausschließlich in Selbstbedienung ein begrenztes, auf umschlagstarke Artikel konzentriertes Lebensmittelangebot und Nonfood I Sortiment sowie ein regelmäßig wechselndes Aktionsangebot mit Schwerpunkt Nonfood II führt. Supermarkt Ein Supermarkt ist ein Einzelhandelsgeschäft mit einer Verkaufsfläche zwischen 400 m² und 2.500 m², das ein Lebensmittelvollsortiment und Nonfood I Artikel führt und einen geringen Verkaufsflächen Anteil an Nonfood II 6 aufweist. Großer Supermarkt Ein großer Supermarkt ist ein Einzelhandelsgeschäft mit einer Verkaufsfläche zwischen 2.500 m² und 5.000 m², das ein Lebensmittelvollsortiment sowie Nonfood I und Nonfood II Artikel führt. SB Warenhaus Ein SB Warenhaus ist ein Einzelhandelsgeschäft mit einer Verkaufsfläche von mindestens 5.000 m², das ein Lebensmittelvollsortiment und Nonfood I Artikel sowie ein umfangreiches Nonfood II Angebot führt. 6 Ge und Verbrauchsgüter des kurz, mittel und langfristigen Bedarfs wie Textilien, Schuhe, Gartenbedarf, Unterhaltungselektronik, Elektrogroßgeräte, Bücher und Presseartikel usw. 10

Karte 1: Zentrale Versorgungsbereiche in Hettstedt NVZ Nord Innenstadt NVZ Süd N Legende: Zentrale Versorgungsbereiche Innenstadt Nahversorgungszentrum (NVZ) Quelle: erstellt mit Regiograph Planung; GMA-Darstellung 2015 11

3.2 Sortimentsstruktur im Lebensmitteleinzelhandel Die Betriebstypen unterscheiden sich besonders hinsichtlich ihrer Sortimentsstruktur. Dies wird v. a. quantitativ durch die Zahl der geführten Artikel deutlich. Während ein Supermarkt im Mittel ca. 11.600 Artikel offeriert, bieten Große Supermärkte im Durchschnitt gut das Doppelte an Produkten an. Lebensmitteldiscounter halten dagegen im Schnitt lediglich ca. 2.100 Artikel vor (vgl. Tabelle 1). Bei allen drei Betriebstypen liegt das Schwergewicht auf Waren des kurzfristigen Bedarfs. Auch wenn bei den Großen Supermärkten rd. 18 % der Artikel dem Nonfood II Bereich zuzuordnen sind, liegt der Umsatzschwerpunkt jedoch bei Food/Nonfood I (ca. 90 91 %). Tabelle 1: Sortimentsangebot von Lebensmitteldiscountern und Supermärkten Hauptwarengruppen Discountmarkt (Ø 745 m² VK) Supermarkt (Ø 960 m² VK) Durchschnittliche Artikelanzahl Großen Supermarkt (Ø 3.415 m² VK) Absolut In % Absolut In % Absolut In % Food 1.584 75 8.760 76 15.740 63 Nonfood I (u. a. Gesundheit, Körperpflege, Tiernahrung) Nonfood II (u. a. Textilien, Zeitungen / Zeitschriften, Elektrowaren, Blumen / Pflanzen) 273 13 2.010 17 4.810 19 264 12 840 7 4.480 18 Nonfood insgesamt 537 25 2.850 24 9.290 37 Einzelhandel insgesamt 2.121 100 11.610 100 25.030 100 Quelle: EHI handelsdaten aktuell 2015; GMA Darstellung / Zusammenstellung. Bei der Frage nach dem Sortiment des geplanten Lebensmittelmarktes ist zunächst das Warenangebot genauer zu beschreiben. Hierbei sind grundsätzlich folgende Sortimente zu unterscheiden: Food Nonfood I Nonfood II Das Kernsortiment des geplanten Lebensmittelmarktes (Food) ist zweifellos als Warenangebot des täglichen Bedarfs bzw. als nahversorgungsrelevantes Sortiment einzustufen. 12

Hinsichtlich der geplanten Nonfoodflächen ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei Nonfood I 7 (Synonym: Nearfood) ebenfalls um nahversorgungsrelevante Sortimente des täglichen Bedarfs handelt, die in allen Betriebsformen des Lebensmitteleinzelhandels (und damit auch im geplanten Lebensmittelmarkt) zum Kernsortiment gehören. Daher ordnet der Lebensmitteleinzelhandel diese Sortimente i. d. R. dem Food Bereich zu. Im Bericht der Arbeitsgruppe `Strukturwandel im Lebensmitteleinzelhandel und 11 Abs. 3 BauNVO`8 wird darauf hingewiesen, dass das Warenangebot des Lebensmitteleinzelhandels zum Kernbereich der verbrauchernahen Versorgung gehört, soweit es sich um Produkte des täglichen Bedarfs handelt 9. Aus dem Bericht geht in diesem Zusammenhang hervor, dass die sog. Nonfood I Sortimente zum Kernbereich der verbrauchernahen Versorgung gehören. Drogerieartikel gehören demnach nicht zum Nonfood Bereich, sondern zum sog. Trockensortiment 10. Hieraus kann geschlossen werden, dass unter Nonfood i. e. S. ausschließlich sog. Nonfood II Sortimente zu subsumieren sind. Dem entsprechend wird in vorliegender Analyse unter Nonfood das Nonfood II Sortiment verstanden. Lt. EHI Handelsdaten 2013 weisen die Betriebstypen Großer Supermarkt, Discounter, Supermarkt sowie kleine Lebensmittelgeschäfte im Durchschnitt alle einen Umsatzanteil für Nonfood II Sortimente von unter 10 % auf. Discounter weisen demnach einen Umsatzanteil von 7,6 % für Nonfood II Waren, Große Supermärkte von 9,4 %, Supermärkte von 6,7 % und kleine Lebensmittelgeschäfte von 3,7 % auf. 4. Daten zur Projektplanung Bei dem Vorhaben an der Eislebener Straße handelt es sich um die Ansiedlung eines Großen Supermarktes mit ca. 3.027 m² VK 11, welche auf den Marktraum selbst entfällt. Weitere ca. 204 m² Nutzfläche soll den Konzessionären zugeteilt werden. Abzüglich der Flächen für Nebenräume der Konzessionäre ist von einer Einzelhandelsverkaufsfläche für Bäcker, Fleischer und das Toto Lotto Geschäft von etwa 100 m² auszugehen. 7 8 9 10 11 Lt. EHI (handelsdaten aktuell 2014, S. 319) handelt es sich bei Nonfood I um Drogerieartikel, Wasch, Putzund Reinigungsmittel sowie Tiernahrung. In seinem Urteil vom 24. November 2005 (BVerwG 4 C 10.04) schließt sich das Bundesverwaltungsgericht den Ergebnissen des Berichtes an. Vgl. Bericht der Arbeitsgruppe `Strukturwandel im Lebensmitteleinzelhandel und 11 Abs. 3 BauNVO`, S. 27. Vgl. ebenda, S. 12. Definition gemäß EHI handelsdaten aktuell 2014: Die Verkaufsfläche eines Handelsbetriebes umfasst die Fläche, auf der der Verkauf abgewickelt wird. Es wird unterschieden zwischen der Nettoverkaufsfläche, die nur die tatsächlich durch Ware belegte Fläche umfasst, und der Bruttoverkaufsfläche, zu der neben der Nettoverkaufsfläche und angrenzender Gangfläche auch Funktionsflächen wie Kassenzone, Einkaufswagenzone, Leergutannahme und Windfanganlage gehören. 13

Außerdem ist auch die dazwischen gelegene Verkehrsfläche mit ca. 174 m² für eine Mall formal als Verkaufsfläche im Sinne der planungsrechtlichen Verkaufsflächendefinition zu berücksichtigen. Diese Fläche ist aber für die Umsatzkalkulation absatzwirtschaftlich nicht relevant. Das Grundstück des geplanten Marktes liegt an der Eislebener Straße (vgl. Karte 2), wo derzeit u. a. ein Aldi Lebensmitteldiscounter, ein Getränkemarkt, ein Fliesenfachmarkt und ein Sonderpostenmarkt, der auch zentrenrelevante Sortimente gem. Hettstedter Liste führt, ansässig sind. Die Verkaufsfläche der bestehenden Einzelhandelsbetriebe beläuft sich auf rd. 2.485 m², wovon rd. 840 m² auf nahversorgungsrelevante Sortimente entfallen (Aldi und Getränkemarkt). Auf das Posten Center Hettstedt (Schnäppchenmarkt) entfallen etwa 1.050 m² VK und auf eine Fliesenund Sanitärmarkt ca. 595 m² VK. Damit weist das Vorhabenareal bereits heute den Charakter eines SO Gebietes für großflächigen Einzelhandel auf. Dies wird auch durch die Darstellung im Flächennutzungsplan dokumentiert. Die derzeit noch auf dem Planareal vorhandenen Gebäude sollen im Zuge der Neuordnung komplett abgerissen und durch einen Neubau, welcher den Großen Supermarkt aufnehmen soll, ersetzt werden. Um die Verträglichkeit des Lebensmittelmarktes gutachterlich zu prüfen, sind einige Festlegungen bezüglich der Verkaufsflächenaufteilungen nach Sortimenten und daraus resultierenden Umsatzschwerpunkten zu treffen. Diese basieren auf Marktdaten zu Großen Supermärkten, um die zukünftigen strukturellen Eigenschaften besser abzubilden 12. Der geplante Markt führt als Großer Supermarkt neben dem Lebensmittelvollsortiment auch Waren aus dem Drogeriebereich und weitere Gebrauchsgüter sowohl aus dem zentrenrelevanten als auch aus dem nicht zentrenrelevanten Sortimentsbereich (vgl. Kapitel I. 3. bzw. Tabelle 1). Bei dem geplanten Großen Supermarkt kann auf Basis von Durchschnittswerten von der folgenden Verkaufsflächenaufteilung ausgegangen werden: Food 93 % 13 Nonfood 7 %. 14 Damit würden bei einer Gesamtverkaufsfläche von rd. 3.027 m² für den Großen Supermarkt rd. 2.815 m² auf Food sowie rd. 212 m² auf Nonfood entfallen. 12 13 14 Hintergrunddaten werden aus Fachberichten (z. B. EHI, BBE) und aus eigenen Erhebungen sowie Marktkenntnissen zu Großen Supermärkten herangezogen. Inkl. Nonfood I. Nur Nonfood II. Gem. EHI Bandbreite der Verkaufsfläche der Großen Supermärkte im Nonfood II (2011) liegt die durchschnittliche Verkaufsfläche bei 225 m² (Bandbreite 150 300 m²). Die durchschnittliche Verkaufsfläche der von der EHI untersuchten Fläche der Großen Supermärkte betrug 3.100 m², so dass sich ein durchschnittlicher Anteil von rd. 7,3 % für Nonfood II ergibt. 14

Die genauen Umsätze in den einzelnen Sortimentsbereichen sind im Voraus nicht genau vorhersagbar, da hier eine starke Abhängigkeit von der Konzeption des Betreibers besteht, sodass für die Untersuchung davon ausgegangen wird, dass sich die Umsätze ähnlich den Verkaufsflächenanteilen auf die jeweiligen Sortimentsgruppen verteilen. Weiterhin sind in einem 2. Baukörper im Süden des Planareals weitere gewerbliche Nutzungen, Handelsbetriebe, Gastronomie und Dienstleistungen mit einer Nutzfläche von ca. 1.330 m² in baulich getrennten Betriebseinheiten mit 798 bzw. 532 m² vorgesehen. Soweit Einzelhandel angesiedelt wird, darf dieser nicht großflächig sein und nur nicht zentrenrelevante Sortimente umfassen. 15

Karte 2: Lageplan des Vorhabens (Stand: Oktober 2015) Quelle: Kammel Architekten und Ingenieure 16

II. Standortbeschreibung und -bewertung 1. Makrostandort Hettstedt Die im Norden des Landkreises Mansfeld Südharz gelegene Stadt Hettstedt mit rd. 14.590 Einwohnern 15 ist der gem. LEP Sachsen Anhalt 2010 als Grundzentrum eingestuft und hat damit für ihr eigenes Stadtgebiet und für den zugehörigen Verflechtungsbereich einen Versorgungsauftrag zu erfüllen (vgl. Karte 3). Dies wird auch aus Grundsatz G 17 des LEP deutlich, der u. a. Hettstedt eine hervorgehobene Bedeutung für die Versorgung im ländlichen Raum zuspricht. Mit Blick auf die verkehrliche Erreichbarkeit ist v. a. auf die Anbindung der Stadt Hettstedt an die Bundesstraße 180 hinzuweisen. Sie verbindet die Stadt nach Norden mit Ascherleben bzw. der dort verlaufenden, autobahnähnlich ausgebauten B 6 sowie nach Süden Richtung Lutherstadt Eisleben bzw. mit der A 38 (Leipzig Göttingen). Im ÖPNV wird Hettstedt durch Regionalzüge der Deutschen Bahn (Richtung Magdeburg und Erfurt) sowie Busverbindungen der Verkehrsgesellschaft Südharz mbh (VGS) bedient. Während der moderne Busbahnhof direkt südlich an die Altstadt angrenzt, liegt der Bahnhof Hettstedt im südlichen Stadtgebiet (Burgörner Neudorf). Hettstedt bzw. der Bahnhof wurde zudem in das Schnittstellenprogramm des Nahverkehrsservice Sachsen Anhalt GmbH (NASA) aufgenommen. Hinsichtlich der Einwohnerentwicklung kann festgestellt werden, dass Hettstedt in der letzten Dekade erhebliche Einwohnerverluste hat hinnehmen müssen. So ging die Bevölkerung seit 2004 um rd. 15,6 % zurück. Auch zukünftig kann nicht mit einer Trendwende gerechnet werden. So prognostiziert das Statistische Landesamt Sachsen Anhalt bis 2025 einen weiteren Rückgang der Bevölkerung auf dann noch rd. 11.400 Einwohner 16 und damit einen Rückgang um ca. 21,9 % gegenüber dem Stand vom 30.06.2014. Damit weist die Stadt Hettstedt eine noch leicht ungünstigere Entwicklung als der Landkreis Mansfeld Südharz auf, der im gleichen Zeitraum einen Bevölkerungsverlust von etwa 14 % verzeichnete. 15 16 Quelle: Statistisches Landesamt Sachsen Anhalt, Stand: 30.06.2014. Quelle: Statistisches Landesamt Sachsen Anhalt. 5. Regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung, Basis 2008. Eine Prognose auf Basis des Zensus von 2011 liegt aktuell noch nicht vor. 17

Karte 3: Lage von Hettstedt im Raum und zentralörtliche Struktur in der Region Magdeburg Legende: Zentrale Orte Oberzentrum Mittelzentrum Grundzentrum Entfernungen und Fahrzeiten von Hettstedt nach (ca.-werte): Hettstedt Eisleben Sangerhausen Aschersleben Magdeburg Halle 16 km / 20 min 28 km / 30 min 17 km / 18 min 70 km / 50 min 40 Stralsund km / 45 min Göttingen Erfurt Entfernungsangaben und Fahrzeiten: GoogleMaps Routenplaner, Kartengrundlage: OpenStreetMap; Darstellung: GMA 2015 18

Hettstedt ist eine Einheitsgemeinde, die sich neben der Kernstadt Hettstedt auch noch aus den 2010 eingemeindeten Ortsteilen Ritterode 17 und Walbeck zusammensetzt. Beide Ortsteile sind siedlungsstrukturell deutlich abgesetzt und bilden mit der Kernstadt keinen zusammenhängenden Siedlungskörper. Die Stadtverwaltung Hettstedt gliedert das Stadtgebiet wiederum in elf Stadtgebiete, wobei der Bevölkerungsschwerpunkt im Norden der Kernstadt liegt, wo sich die sog. Wohnkomplexe befinden, verdichtete Wohngebiete, die durch mehrgeschossige Wohnblöcke aus den 50er bis 90er Jahren geprägt sind. Tabelle 2: Stadtgebiet Einwohner nach Stadtgebieten Einwohner Ritterode / Meisberg 326 Walbeck 871 Altstadt 3.357 Burgörner Neudorf 1.087 Burgörner Altdorf 432 Molmeck 599 Weinberg 406 I. WG 2.426 II. WG 2.287 III. WG 1.741 IV. WG 1.166 Quelle: Stadt Hettstedt, Stand: 30.01.2015 Die Altstadt liegt zentral zwischen den Wohnkomplexen und Molmeck, Burgörner Neudorf, Burgörner Altdorf und Weinberg im Südwesten. Sie bildet den historischen Stadtkern der Stadt Hettstedt. Die Einzelhandelsstrukturen Hettstedts werden neben dem innerstädtischen Einzelhandel in der Altstadt rund um den Markt, Freimarkt und dem Bereich Luisenstraße / Breite Straße / Untere Bahnhofstraße, der im Einzelhandelskonzept auch als zentralen Versorgungsbereich Innenstadt ausgewiesen wurde vom Einzelhandel im Nahversorgungszentrum Süd an der Eislebener Straße (u. a. Aldi, Netto), im Nahversorgungszentrum Nord (Hettstedter Meile u. a. mit Rewe, Deichmann) sowie v. a. dem Fachmarktzentrum Mansfeld Center mit real, Reno, Euronics und Möbel Ritter geprägt 18. Darüber hinaus ist auf mehrere solitär in Streulagen vorhandene Lebensmittelmärkte (u. a. Edeka, Netto, NP, Aldi) sowie auf den dezentralen Fachmarktstandort an der Ritteröder Straße (u. a. Hagebau, Repo) hinzuweisen. 17 18 Ritterode und Meisberg. Die Baumarktfläche im Center steht derzeit leer, soll aber perspektivisch wieder an einen Baumarkt vermietet werden. 19

2. Mikrostandort Eislebener Straße Der Standort des geplanten Lebensmittelmarktes befindet sich an der Eislebener Straße, im Stadtteil Burgörner Neudorf (vgl. Karte 4). Im Süden wird das Areal von ehemaligen Bahnanlagen, im Osten von der Eislebener Straße und im Norden und Westen durch Gewerbe und Wohnnutzungen an der Klubhausstraße bzw. Eislebener Straße (u. a. AGIP Tankstelle) eingegrenzt. Auf dem Grundstück des Projektstandortes befinden sich derzeit eine Sonderpostenmarkt, ein Aldi Lebensmitteldiscounter, ein Getränkemarkt und ein Fliesenmarkt. Die bestehende Verkaufsfläche beläuft sich auf rund 2.485 m². Das Standortumfeld ist durch einen breiten und heterogenen Nutzungsmix, bestehend aus Wohnquartieren, Einzelhandels / Gewerbebetrieben sowie Verkehrsinfrastruktur geprägt. Als größerer Lebensmitteleinzelhandelsbetrieb befindet sich im nördlichen Umfeld ein Netto Lebensmitteldiscounter und auch kleinere Einzelhändler, wie zwei Bäckereien sind hier vertreten. Nördlich des Planstandortes befindet sich zudem an der Bahnhofstraße ein Autohaus. Stadteinwärts befinden sich beiderseits der Bahnhofstraße Wohnnutzungen, wobei in lockerer Folge an der Bahnhofstraße Dienstleistungs und Gastronomienutzungen eingestreut sind. Insbesondere westlich der Bahnhofstraße schließen sich Richtung Mansfelder Straße Wohngebiete an, die sich in Richtung Molmeck fortsetzen. Im Süden Richtung des ehemaligen Hüttengeländes sind im Bereich der Stockhausstraße ebenfalls Wohnnutzungen vorhanden. Östlich der Eislebener Straße befinden sich hingegen neben dem Bahnhof überwiegend gewerbliche Nutzungen. Östlich der Bahnanlagen sind weitere Wohngebiete sowie eine Kleingartenanlage vorhanden. Die Pkw Erschließung erfolgt über die Eislebener Straße aus nördlicher und südlicher Richtung. Aufgrund der Lage an dieser wichtigen Ausfallstraße im südlichen Stadtgebiet verfügt der Standort über eine gute Erreichbarkeit. Über die Eislebener Straße ist aus den angrenzenden Wohngebieten eine fußläufige Erreichbarkeit zum Standort gegeben, sodass die Wohngebiete an den Standort angebunden sind. Im ÖPNV ist das Gebiet v. a. über den Hettstedter Bahnhof, aber auch durch eine Bushaltestelle (Hettstedt Bahnhof) an der Bahnhofstraße nur wenige Meter nördlich des Planareals, die von der Buslinie VGS 410 in regelmäßiger Taktung angefahren wird, erschlossen. Der Hettstedter Bahnhof wurde in das Schnittstellenprogramm der NASA aufgenommen. Es ist geplant, hier zwei Landesbuslinien hinzuführen. Im Zuge der Maßnahme ist auch eine verbesserte Zufahrt zum Bahnhof sowie Investitionen in den Bahnhofsvorplatz vorgesehen (u. a. Anlage eines P+R Parkplatzes). Somit würde sich die Erreichbarkeit des Vorhabenstandortes mit dem ÖPNV weiter erheblich verbessern. Neben dem Warenangebot des geplanten Großen Supermarktes, welches sich überwiegend auf nahversorgungsrelevante Sortimente bezieht, wird deutlich, dass der Planstandort auch räumlich 20

zur Sicherung der Nahversorgung im südlichen Stadtgebiet beitragen kann. Dies ist auch vor dem Hintergrund der geplanten Schließung von Aldi das städtebauliche Ziel der Stadt Hettstedt. Für den Planstandort ist also auch eine Nahversorgungsfunktion i. S. einer unmittelbaren fußläufigen Erreichbarkeit zu konstatieren. Eine fußläufige Erreichbarkeit ist bei einer Entfernung von bis zu 800 m gegeben 19. Sowohl die unmittelbar an den Standortbereich nördlich angrenzende Wohnbebauung im Bereich der Klubhausstraße als auch die im weiteren Umfeld nordöstlich und nordwestlich des Planstandortes liegenden Wohngebiete befinden sich noch in einer fußläufigen Entfernung zum Standort. Der fußläufige Nahbereich des Standortes umfasst somit einen beachtlichen Teil des Siedlungsgebietes im Süden der Stadt Hettstedt. Entsprechend der skizzierten Versorgungsfunktion des Standortes wurde dieser den städtebaulichen Zielsetzungen der Stadt Hettstedt entsprechend zusammen mit dem nur wenige Meter nördlich gelegenen Netto Lebensmitteldiscounter als Teil des Nahversorgungszentrums Süd ausgewiesen. Zusammenfassend handelt es sich aus städtebaulicher Sicht um einen integrierten Standort, da die an den Standort angrenzenden Wohngebiete nur zwischen 100 und 300 m entfernt liegen bzw. nördlich sogar direkt an den Standort angrenzen, so dass der geplante Lebensmittelmarkt für diese Bereiche eine Nahversorgungsfunktion im Sinne einer fußläufigen Erreichbarkeit übernimmt. Besonders aber durch die Nahlage zu einer regelmäßig angefahrenen Bushaltestelle und zum Bahnhof Hettstedt ist der Standort auch für weniger mobile Bevölkerungsgruppen gut erreichbar. In einem Radius von 800 m, der noch als fußläufig erschließbar eingestuft werden kann, leben rd. 2.020 Einwohner und damit ca. 14 % der Hettstedter Bevölkerung. Die Lage im Nahversorgungszentrum Süd ist als wichtiges Standortkriterium positiv hervorzuheben. An dem Standort können städtebauliche Kriterien erfüllt werden, da der Standort städtebaulich integriert ist Daher fällt die Bewertung für den Standort aus städtebaulicher Sicht positiv aus. 19 Die Bezirksregierung Köln geht in ihrem Merkblatt Regelungen für Einzelhandelsbetriebe zur Nahversorgung von einem fußläufigen Einzugsbereich von 700 m aus. In der Fachliteratur werden entweder Gehzeiten oder Entfernungen definiert. Diese liegen bei rd. 10 Minuten bzw. zwischen 500 und 1.000 m. Im Einzelhandelserlass NRW vom 22.09.2008, Seite 21, wird davon ausgegangen, dass die Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs, v. a. mit Lebensmitteln, Getränken sowie Gesundheits und Drogerieartikeln i. d. R. noch in einer Gehzeit von 10 Minuten möglich ist. Dies entspricht lt. Einzelhandelserlass NRW in etwa einer fußläufigen Entfernung von ca. 700 1.000 m. 21

Foto 1: Blick vom Planareal nach Norden Foto 2: Blick von Norden zum Planareal Foto 3: Blick von ehem. Bahndamm Foto 4: Bushaltestelle: Hettstedt Bahnhof GMA 2014 / 2015 22

Karte 4: Planstandort, Umfeldnutzungen und fußläufiger Einzugsbereich des geplanten Großen Supermarktes 23

III. Einzugsgebiet, Bevölkerung und Kaufkraft 1. Einzugsgebiet und Bevölkerung Die Abgrenzung des Einzugsgebietes für den geplanten Großen Supermarkt mit einer Verkaufsfläche von 3.027 m² (zzgl. Mall und Konzessionäre) stellt die wichtigste Voraussetzung für die Ermittlung des Einwohnerpotenzials und zur Berechnung der projektrelevanten Kaufkraft dar. Als Einzugsgebiet wird dabei in Anbetracht der inhaltlichen Zielsetzungen vorliegender Untersuchung derjenige Bereich definiert, innerhalb dessen voraussichtlich eine regelmäßige Orientierung der Verbraucher auf den Projektstandort gegeben sein wird. Die konkrete Abgrenzung des Einzugsgebietes für den geplanten Großen Supermarkt erfolgte unter Zugrundelegung folgender Kriterien: wesentliche Strukturdaten und Rahmenbedingungen im Einzugsgebiet (z. B. Topografie, Siedlungsstruktur, Verflechtungsbereich) projektrelevante Wettbewerbssituation im Einzugsgebiet (vgl. Kapitel IV) Lage im Verkehrsnetz / infrastrukturelle Anbindung des Standortes Lage des Standortes im Stadtgebiet ausgewählte Zeit und Distanzwerte des Verbraucherverhaltens (empirische Erfahrungswerte) Erkenntnisse der GMA aus mehreren Untersuchungen in der Region Erkenntnisse aus dem Regionalen Einzelhandelskonzept der Regionalen Planungsgemeinschaft Halle. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren sowie der zuvor dargestellten Standortvoraussetzungen, ergibt sich ein Einzugsgebiet, das im Kern das Stadtgebiet als Naheinzugsgebiet (Zone I) sowie als erweitertes Einzugsgebiet auch Teile des Landkreises Mansfeld Südharz (Zone II) umfasst. Zone II beinhaltet die Gemeinde Klostermansfeld sowie Teile der Gemeinde Gerbstedt und Mansfeld und der Stadt Arnstein. Insgesamt leben im abgegrenzten Einzugsgebiet gegenwärtig ca. 33.500 Personen 20. Zusammenfassend lässt sich für den geplanten Lebensmittelmarkt an der Eislebener Straße folgendes Einzugsgebiet abgrenzen (vgl. Karte 5): 20 Quelle: Statistisches Landesamt Sachsen Anhalt, Stand: 30.06.2014. 24

Zone I: Stadtgebiet Hettstedt ca. 14.590 Einwohner Zone II: Gemeinde Klostermansfeld, Teile der Gemeinden Gerbstedt und Mansfeld, Teile der Stadt Arnstein ca. 18.910 Einwohner Gesamt: ca. 33.500 Einwohner. Ein weiteres Ausgreifen des betrieblichen Einzugsgebietes nach Norden wird durch die im nördlichen Stadtgebiet angesiedelten großflächigen Lebensmittelmärkte (v. a. Rewe, real) verhindert. Insbesondere das SB Warenhaus von real erschließt hier den Bereich nordwestlich Richtung Harz und Aschersleben. Ferner ist auf den Besatz im Mittelzentrum Aschersleben zu verweisen, das über einen breiten Betriebstypenmix verfügt. Hier sind u. a. zwei Große Supermärkte (Kaufland, E Center) und mehrere Lebensmitteldiscounter zu nennen. Nach Süden ist bereits eine Orientierung der Kunden zu den Lebensmittelmärkten in Lutherstadt Eisleben zu erwarten. In der Lutherstadt Eisleben (Mittelzentrum) ist ebenfalls ein umfassendes Angebot im Lebensmittelbereich festzustellen. Flächengrößte Anbieter sind hier Kaufland und ein Rewe Center. Sie werden von mehreren Supermärkten und Lebensmitteldiscountern ergänzt. Die Betriebe in Aschersleben und Lutherstadt Eisleben erschließen ihrerseits ein überörtliches Einzugsgebiet, so dass auch bei einer Ansiedlung eines Großen Supermarktes in Hettstedt für die Kunden aus den Verflechtungsbereichen der beiden Mittelzentren keine Veranlassung besteht ihre Versorgungseinkäufe in Hettstedt zu erledigen. Nach Osten und West begrenzen Distanzparameter in einem dünn besiedelten Raum eine stärkere Marktdurchdringung. Das Einzugsgebiet des geplanten Großen Supermarktes überschreitet somit auch nicht das im Regionalen Einzelhandelskonzept für Verbrauchermärkte / SB Warenhäuser modelltheoretisch abgegrenzte Einzugsgebiet für Hettstedt. Dieses umfasst neben Hettstedt auch weite Teile von Mansfeld, Arnstein und Gerbstedt und tangiert im Süden auch noch Klostermansfeld und Benndorf. 21 Das potenzielle Einzugsgebiet des geplanten Großen Supermarktes wird, angesichts der auch gegenüber dem SB Warenhaus von real, auf dem die modelltheoretischen Betrachtungen im Konzept beruhen, bzw. dem Mansfeld Center deutlich geringeren Sortimentsbreite und Verkaufsfläche, kleiner ausfallen. 21 Vgl. Regionales Einzelhandelskonzept Nahversorgung in den grundzentralen Verflechtungsräumen in der Planungsregion Halle Stadt+Handel, Endbericht November 2014, S. 70 25

Abbildung 1: Modelltheoretische Einzugsgebiete Verbrauchermärkte / SB Warenhäuser (> 3.500 m² VKF) in der Planregion Halle Quelle: Regionales Einzelhandelskonzept Nahversorgung in den grundzentralen Verflechtungsräumen in der Planungsregion Halle Stadt+Handel, Endbericht November 2014, S. 70 Darüber hinaus sind auch Einkaufsbeziehungen von außerhalb des Einzugsgebietes möglich, z. B. durch Pendler. Diese Kunden werden im weiteren Verlauf der Untersuchung als Streuumsätze berücksichtigt. 26

2. Kaufkraft im Einzugsgebiet Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes sowie eigenen Berechnungen beträgt die ladeneinzelhandelsrelevante Kaufkraft einschließlich der Ausgaben im Lebensmittelhandwerk in Deutschland pro Kopf der Wohnbevölkerung ca. 5.410 22. Bezogen auf das konkrete Vorhaben in Hettstedt, dessen Sortimentsschwerpunkt im Foodbereich liegt, betragen die Pro Kopf Ausgaben ca. 2.273. 23 Bei der Kaufkraftberechnung für das Einzugsgebiet ist zudem das lokale Kaufkraftniveau zu beachten. Gemäß aktueller Kennziffer von MB Research liegt das Kaufkraftniveau in Hettstedt bei 83,5 sowie in den übrigen Städten und Gemeinden im Einzugsgebiet zwischen 84,0 und 85,5 und damit deutlich unter dem bundesdeutschen Durchschnitt (100,0) 24 und im Vergleich zum Land Sachsen Anhalt (= 88,2) ebenfalls auf einem unterdurchschnittlichen Niveau. Für das Einzugsgebiet beläuft sich das Kaufkraftpotenzial für Food auf ca. 64,0 Mio.. Davon entfallen auf: Zone I: Hettstedt ca. 27,7 Mio. Zone II: erweitertes Einzugsgebiet ca. 36,3 Mio.. Zusätzlich wird bei Großen Supermärkten ein Teil des Umsatzes mit weiteren Randsortimenten (Nonfood II) generiert. Diese werden für den vorgesehenen Markt mit ca. 10 % angesetzt 25. 22 23 24 25 Ohne Kaufkraftanteil verschreibungspflichtiger Medikamente bei Apotheken. Seit Mai 2015 liegen aktualisierte GMA Verbrauchsausgaben vor, so dass die Kaufkraftwerte von den Angaben im Einzelhandelskonzept abweichen. Inkl. Nonfood I. Quelle: MB Research 2014. Das Kaufkraftniveau wird auf der Basis der amtlichen Steuerstatistik berechnet. Zu berücksichtigen ist, dass ein über bzw. unterdurchschnittlicher Kaufkraftkoeffizient v. a. bei Luxusgütern zum Tragen kommt, bei den Ausgaben für Waren des täglichen Bedarfs (Grundbedürfnisse) hingegen weniger stark ins Gewicht fällt. Der Anteil variiert je nach Konzept des Betreibers erheblich. 27

Karte 5: Voraussichtliches Einzugsgebiet des geplanten Großen Supermarktes an der Eislebener Straße 28

IV. Projektrelevante Wettbewerbssituation Für die Prüfung möglicher städtebaulicher Auswirkungen ist die Angebots und Wettbewerbssituation für das Planvorhaben im Einzugsgebiet bzw. im Umland darzustellen und zu bewerten. Hiervon ausgehend lassen sich die durch das Vorhaben zu erwartenden wettbewerblichen bzw. prüfungsrelevanten städtebaulichen Auswirkungen ermitteln. Zur Bewertung der Einzelhandelssituation im Einzugsgebiet wurde von der GMA im Dezember 2014 eine Erhebung aller projektrelevanten Einzelhandelsbetriebe durchgeführt. Als Wettbewerber für den geplanten Lebensmittelmarkt gelten grundsätzlich alle Ladengeschäfte, in denen Warengruppen angeboten werden, die in einem Großen Supermarkt schwerpunktmäßig geführt werden. Allerdings ist aufgrund der Flächengröße bzw. des Betriebstyps und des spezifischen Einkaufsverhaltens der Bevölkerung davon auszugehen, dass insbesondere betriebstypengleiche bzw. ähnliche Betriebe als Hauptwettbewerber zu identifizieren sind. Die nachfolgende Darstellung der strukturprägenden Betriebe trägt dem Rechnung: In Hettstedt ist in den zentralen Versorgungsbereichen des Einzugsgebietes auf folgende strukturprägende Anbieter hinzuweisen (vgl. Karte 6): Innenstadt Hettstedt (Naheinzugsgebiet, Zone I, 16 Betriebe, rd. 2.395 m² VK): Lidl (Lebensmitteldiscounter), Doktorsteg Penny (Lebensmitteldiscounter), Luisenstraße Rossmann (Drogeriemarkt), Markt 26 NVZ Nord (Naheinzugsgebiet, Zone I, 2 Betriebe, rd. 1.720 m² VK): Rewe (Supermarkt), Lindenweg (Hettstedter Meile) NVZ Süd (Naheinzugsgebiet, Zone I, 6 Betriebe, rd. 1.665 m² VK): Netto (Lebensmitteldiscounter),Bahnhofstraße Aldi (Lebensmitteldiscounter), Eislebener Straße 26 Der Markt soll innerhalb des zentralen Versorgungsbereiches verlagert und erweitert werden. 29

Außerhalb der zentralen Lagen ist in Hettstedt des Weiteren auf folgende strukturprägende Anbieter hinzuweisen (vgl. Karte 6): Edeka Hauschild (Supermarkt), Feuerbachstraße NP (Lebensmitteldiscounter), Johannisstraße Netto (Lebensmitteldiscounter), Am Kirschweg Aldi (Lebensmitteldiscounter), Über der Heckerlingsbreite real (SB Warenhaus), Kämmritzer Weg (Mansfeld Center). In Zone II, dem erweiterten Einzugsgebiet, ist auf folgende strukturprägende Anbieter im Lebensmitteleinzelhandel hinzuweisen (vgl. Karte 6): Gerbstedt Edeka Wagner (Supermarkt), Zabenstedter Straße Netto (Lebensmitteldiscounter), Am Rittergut Klostermansfeld NP (Lebensmitteldiscounter), Bahnhofstraße Aldi (Lebensmitteldiscounter), Auf der Spitze Edeka Gabriel (Supermarkt), Auf der Spitze. Mansfeld Lidl (Lebensmitteldiscounter), Klausstraße (OT Leimbach) Netto (Lebensmitteldiscounter), Plan (OT Leimbach) NP (Lebensmitteldiscounter), Teichstraße Edeka Gabriel (Supermarkt), Friedrichstraße (OT Leimbach) Getränkequelle (Getränkefachmarkt), Klausstraße (OT Leimbach). Im Einzugsgebiet wurden insgesamt 99 Betriebe mit einer Verkaufsfläche von rd. 22.740 m² erfasst 27. Etwa 45 % der Betriebe und etwa 60 % der Verkaufsfläche entfallen auf das Stadtgebiet von Hettstedt (rd. 13.700 m²). Die Verkaufsflächenausstattung beläuft sich in Hettstedt bzw. im 27 Gesamtverkaufsfläche inkl. Randsortimente. 30

gesamten Einzugsgebiet auf rd. 940 bzw. 680 m² VK / 1.000 EW 28 und liegt damit über dem Bundesdurchschnitt. Der relevante Umsatz beläuft sich in Hettstedt auf rd. 47,8 Mio.. Für den relevanten Einzelhandel in Zone II beträgt der geschätzte Umsatz rd. 31,2 Mio. 29. Von Relevanz auch für die weiteren Berechnungen sind die Wettbewerbsplanungen in Hettstedt. Hier sind insbesondere zu nennen: Schließung des Aldi Lebensmitteldiscounters an der Eislebener Straße und Erweiterung des Aldi Lebensmitteldiscounters am Standort Über der Heckerlingsbreite von rd. 786 m² auf rd. 1.036 m² VK. Mögliche Erweiterung des Rewe Marktes an der Hettstedter Meile von derzeit rd. 1.700 m² VK auf rd. 2.750 m² VK 30. Darüber hinaus ist eine Verlagerung und Erweiterung des Rossmann Drogeriemarktes auf rd. 710 m² in der Innenstadt und eine Umstrukturierung des Mansfeld Centers geplant. Diese umfasst jedoch nach vorliegenden Informationen in erster Linie Fachmarktnutzungen aus dem Nonfood Bereich. 28 29 30 Bezogen auf die bereinigte Verkaufsfläche beläuft sich der Wert für Hettstedt auf ca. 750 m² VK / 1.000 EW. Vgl. auch die Ergebnisse des Regionalen Einzelhandelskonzeptes Nahversorgung in den grundzentralen Verflechtungsräumen der Planungsregion Halle Stadt+Handel, Endbericht vom November 2014, S. 39. Um Nonfood II Anteile bereinigter Umsatz. Unbereinigt beläuft sich der Umsatz in Hettstedt auf ca. 52,6 und in Zone II auf rd. 32,4 Mio.. Die Planung ist bisher unbestätigt. Seitens des Betreibers und eines potenziellen Investors gibt es sich hierzu widersprechende Aussagen. 31

Tabelle 3: Verkaufsflächen und Umsatzverteilung des Lebensmitteleinzelhandels im Einzugsgebiet Lage Verkaufsfläche Umsatz** in m² in % in Mio. in % Hettstedt (Zone I) zvb Innenstadt 2.395 10,5 9,4 11,9 zvb NVZ Nord 1.720 7,6 6,1 7,7 zvb NVZ Süd* 1.665 7,3 6,3 8,0 sonstige integrierte Lagen 3.540 15,6 11,4 14,4 dezentrale Lagen 4.380 19,3 14,6 18,5 Zone II Gerbstedt 1.930 8,5 7,0 8,9 Mansfeld 3.845 16,9 13,1 16,6 Klostermansfeld 2.645 11,6 9,1 11,5 sonstige Orte 620 2,7 2,0 2,5 Insgesamt 22.740 100 79,0 100 * Inkl. Aldi und Getränkemarkt, Eislebener Straße; ** um Nonfood Anteile bereinigter Umsatz. GMA Erhebungen 2014; Berechnungen 2015; ca. Werte gerundet, Rundungsdifferenzen möglich. Von Relevanz sind auch die strukturprägenden Lebensmittelmärkte außerhalb des Einzugsgebietes, da sich deren einzelbetriebliche Einzugsgebiete, und hier insbesondere die Einzugsgebiete der Großen Supermärkte und SB Warenhäuser, mit dem abgegrenzten Einzugsgebiet des geplanten Großen Supermarktes in Hettstedt zumindest in Teilen überschneiden. Hierbei sind insbesondere die Lebensmittelmärkte in Aschersleben und Lutherstadt Eisleben von Belang. Sie schränken die Möglichkeiten einer weiteren Einzugsgebietsausdehnung des geplanten Lebensmittelmarktes in Hettstedt insbesondere nach Norden und Süden ein. Im Einzelnen sind in Aschersleben folgende strukturprägende Lebensmittelmärkte zu nennen: Aschersleben: Kaufland (Großer Supermarkt), Hoymer Chaussee E Center (Großer Supermarkt), Am Seegraben Edeka Nix (Supermarkt), Eislebener Straße Netto (Lebensmitteldiscounter), Magdeburger Straße 32

Norma (Lebensmitteldiscounter), Magdeburger Straße Aldi (Lebensmitteldiscounter), Magdeburger STraße Aldi (Lebensmitteldiscounter), Eislebener Straße Lidl (Lebensmitteldiscounter), Geschwister Scholl Straße Penny (Lebensmitteldiscounter), Staßfurter Höhe Netto (Lebensmitteldiscounter), Oberstraße Netto (Lebensmitteldiscounter), Heinrichstraße Netto (Lebensmitteldiscounter), Mehringer Straße NP Markt (Lebensmitteldiscounter), Keplerstraße Penny (Lebensmitteldiscounter), Ermslebener Straße Die genannten Betriebe vereinen insgesamt eine Verkaufsfläche von rd. 17.910 m² auf sich, auf der nach gutachterlicher Einschätzung ein Umsatz mit Nahrungs und Genussmitteln von ca. 57 58 Mio. erzielt wird. 31 Lutherstadt Eisleben: Rewe Center (Großer Supermarkt), Herner Straße (3E Center) Kaufland (Großer Supermarkt), Hallesche Straße Lidl (Lebensmitteldiscounter), Hallesche Straße Netto (Lebensmitteldiscounter), Freistraße Netto (Lebensmitteldiscounter), Hallesche Straße Edeka (Supermarkt), Gerbstedter Straße nah und gut Reiter (Supermarkt), Schillerstraße Aldi (Lebensmitteldiscounter), Gerbstedter Straße Aldi (Lebensmitteldiscounter), Hallesche Straße Landmarkt, Gewerbegebiet 31 Um Nonfood Anteile bereinigter Umsatz. Zzgl. Drogeriemärkten, Ladenhandwerk (Bäcker, Fleischer), Spezialanbietern und Getränkemärkten liegt der Umsatz noch höher. 33