VERWALTUNGSGERICHT GERA IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. In dem Verwaltungsrechtsstreit

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Transkript:

VERWALTUNGSGERICHT GERA IM NAMEN DES VOLKES URTEIL In dem Verwaltungsrechtsstreit der Frau H, H, H prozessbevollmächtigt: Rechtsanwälte von Harten und Partner, Kaiser-Wilhelm-Straße 93, 20356 Hamburg - Klägerin - gegen den ZWA Saalfeld-Rudolstadt, vertreten durch den Verbandsvorsitzenden, Remschützer Straße 50, 07318 Saalfeld prozessbevollmächtigt: Rechtsanwälte Festag und Partner, Friedrich-Engels-Straße 13, 07381 Pößneck - Beklagter - wegen Abwasserbeseitigungsbeitrags hat die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Gera durch Richterin am Verwaltungsgericht Petermann als Einzelrichterin aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. März 2008 für Recht erkannt: Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Tatbestand Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zur Zahlung eines Beitrages für die Herstellung und Anschaffung von Kläranlagen mit biologischer Reinigungsstufe sowie die dazugehörigen Haupt- und Verbindungssammler. Die Klägerin war bis zum 4. Dezember 2001 Eigentümerin des Grundstückes R in R, Flur Ru1, Flurstück-Nr. a. Mit Bescheid vom 25. Februar 1998 wurde gegenüber der Klägerin eine Vorauszahlung in Höhe von 5.137,44 DM (2.626,73 ) festgesetzt. Der Bescheid wurde bestandskräftig und eine Zahlung erfolgte. Am 4. Oktober 2000 erließ der Beklagte dann einen endgültigen Beitragsbescheid über 7.772,88 DM, der der Klägerin nicht zugegangen war. Am 15. Juni 2004 erfolgte dennoch eine Aufhebung des Bescheides. Am 22. März 2004 erließ der Beklagte dann erneut einen endgültigen Bescheid über 3.969,84. Es erfolgte eine Anrechung der Vorauszahlung, so dass ein Leistungsgebot über 1.343,11 erging. Bei der Beitragsberechung ging der Beklagte von einer Bebauung des Grundstückes mit 2 Vollgeschossen aus, so dass die Grundstückfläche mit einem Nutzungsfaktor von 1,5 multipliziert wurde. Hiergegen erhob die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 20. April 2004, eingegangen am 21. April 2004, Widerspruch. Zur Begründung macht die Klägerin geltend, dass eine neue Satzung erst im Oktober 2003 erlassen worden sei und sie zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr Eigentümerin des Grundstücks gewesen sei. Daher sei der Bescheid an den neuen Eigentümer zu richten. 2

Am 27. Oktober 2005 erging ein Änderungsbescheid. Der Veranlagung des Grundstückes wurde nunmehr eine Bebauung mit drei Vollgeschossen zugrunde gelegt, so dass sich ein Nutzungsfaktor von 2,0 ergab. Dadurch erhöhte sich der zu zahlende Beitrag auf 5.293,12. Auch hiergegen erhob die Klägerin am 2. November 2005 Widerspruch. Die Klägerin wendet wiederum ein, nach dem Verkauf des Grundstückes nicht mehr Beitragsschuldnerin zu sein. Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2006 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Hiergegen erhob die Klägerin am 23. Februar 2006 Klage. Sie ist der Auffassung, nach dem Eigentumswechsel im Dezember 2001 nicht mehr Beitragsschuldnerin zu sein. Die sachliche Beitragspflicht habe erst im Oktober 2003 mit dem Inkrafttreten einer wirksamen Satzung entstehen können. Dieser Zeitpunkt könne durch eine Satzung auch nicht zurückverlegt werden. Maßgeblich sei letztlich das Zustellungsdatum des Bescheides. Bei einer früheren Entstehung der sachlichen Beitragspflicht sei der Anspruch im Übrigen verjährt. Der Änderungsbescheid sei rechtswidrig, weil er ohne vorherige Anhörung ergangen sei. Soweit das Grundstück mit drei Vollgeschossen veranlagt worden sei, sei auch dies fehlerhaft, da der Ausbau des Dachgeschosses erst nach dem Jahr 2001 erfolgt sei. Die Klägerin beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 22. März 2004 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 27. Oktober 2005 und den Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2006 aufzuheben. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Er wendet ein, dass die sachliche Beitragspflicht am 29. Oktober 1996 entstanden sei, als das Grundstück an die Kläranlage R angeschlossen worden sei. Zu diesem Zeitpunkt habe der Beklagte auch über eine gültige Satzung verfügt, da die BS-EWS vom 7. Oktober 2003 zulässigerweise rückwirkend zum 1. Februar 1996 in Kraft getreten sei. Im Oktober 1996 sei die Klägerin Eigentümerin gewesen und damit Beitragsschuldnerin. Das Grundstück sei zunächst fehlerhaft mit nur zwei Vollgeschossen veranlagt worden. Aufgrund einer Ortsbesichtigung und anhand von Fotos habe man später festgestellt, dass das Grundstück mit drei Vollgeschossen bebaut sei. Daher habe man am 27. Oktober 2005 einen 3

Änderungsbescheid erlassen und den Beitrag anhand eines Nutzungsfaktors von 2,0 berechnet. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorliegende Gerichtsakte sowie die Behördenakten des Beklagten (2 Aktenheftungen), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Entscheidungsgründe Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in eigenen Rechten ( 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist die Beitragssatzung des Beklagten vom 7. Oktober 2003 (BS-EWS 2003). Diese Satzung ist nach 10 rückwirkend zum 1. Februar 1996 in Kraft getreten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind belastende Gesetze, die in schon abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreifen und dadurch echte Rückwirkung entfalten, wegen Verstoßes gegen das im Rechtsstaatsprinzip enthaltene Gebot der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes regelmäßig verfassungswidrig. Eine Ausnahme von diesem grundsätzlichen Verbot ist zum einen dann zu machen, wenn die Betroffenen zu dem Zeitpunkt, auf den die spätere Regelung zurückwirkt, mit einer Regelung rechnen mussten (BVerfGE 72, 200; 95, 64, 87). Eine weitere Ausnahme ist zulässig, wenn eine Rechtsnorm sich im Nachhinein als ungültig erweist und später durch eine rechtlich einwandfreie Norm ersetzt wird (BVerfGE 75, 262, 267). Diese Ausnahme ist von besonderer Bedeutung für die rückwirkende Heilung von Satzungsmängeln. Es fehlt an einem schutzwürdigen Vertrauen der Betroffenen, Beiträge dauerhaft nicht zahlen zu müssen. Denn Beiträge werden für den Ausgleich besonderer Vorteile geltend gemacht. Gegen ein derartiges Vertrauen spricht auch, dass bereits in der Vergangenheit durch den Erlass entsprechender Satzungen zum Ausdruck gekommen ist, dass ein Beitrag erhoben werden soll ( BVerfGE 13, 261, 272; 37, 252, 253; 67, 129 ff). Vorliegend durfte die BS-EWS 2003 rückwirkend in Kraft treten, da die Vorläufersatzungen nichtig waren. 4

Die BGS-EWS vom 5. Dezember 1997 war nichtig, da nach dem unbestrittenen Vortrag des Beklagtenbevollmächtigten keine wirksame Bekanntmachung erfolgt war. Das Impressum des Amtsblattes hat danach entgegen der Regelung in 2 Abs. 1 Satz 4 Ziff. 4 ThürBekVO keinen Hinweis zur Möglichkeit des Einzelbezuges enthalten. Darüber hinaus hat die BGS- EWS 1997 in 6 Abs. 1 eine unzulässige Tiefenbegrenzungsregelung enthalten, die zur Nichtigkeit der Satzung führt (vgl. ThürOVG, Urteil vom 18. Dezember 2000, -4 N 472/00-). Auch die BGS-EWS in der Fassung vom 17. März 2000 enthielt weiterhin eine Tiefenbegrenzungsregelung, so dass auch diese Satzung nichtig war. Damit konnte der Beklagte die hier maßgebliche Satzung rückwirkend zum 1. Februar 1996 in Kraft treten lassen, ohne dass sich die Klägerin, die im Übrigen bereits am 25. Februar 1998 eine Vorauszahlungsbescheid erhalten hatte und daher mit einer endgültigen Beitragserhebung rechnen musste, auf entgegenstehenden Vertrauensschutz berufen kann. Die nunmehr gültige BS-EWS vom 7. Oktober 2003 bestimmt in 4 Abs. 1 Folgendes: " 4 Beitragspflichtiger (1) Beitragspflichtiger ist, wer im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht Eigentümer des Grundstücks, Erbbauberechtigter oder Inhaber eines dinglichen Nutzungsrechts im Sinne des Artikels 233 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) ist. Unabhängig hiervon ist bei restitutionsbelasteten Grundstücken. Die v. g. Regelung gilt im Rahmen der Rückwirkung der Satzung bis zum 31.12.2000. " Damit hat der Satzungsgeber zulässigerweise von der Regelung des 7 Abs. 10 Satz 1 ThürKAG Gebrauch gemacht. Die sachliche Beitragpflicht ist zum 29. Oktober 1996 entstanden. Zu diesem Zeitpunkt ist die beitragspflichtige Vorteilslage mit dem Anschluss an die Kläranlage R 5 entstanden. Darüber hinaus verfügte der Beklagte mit der rückwirkend in Kraft getretenen BS-EWS 2003 über eine gültige Satzung. Da die Klägerin zu diesem Zeitpunkt auch Eigentümerin des Grundstückes war, ist sie die richtige Beitragsschuldnerin. Die Veranlagung des Grundstückes mit drei Vollgeschossen im Änderungsbescheid vom 27. Oktober 2005 weist keine Fehler auf. Wie der Klägerbevollmächtigte nach Einsicht in die Bauunterlagen in der mündlichen Verhandlung unstreitig stellte, war das Grundstück am 29. Oktober 1996 mit drei Vollgeschossen bebaut. Der weitere Ausbau des Gebäudes im

Jahr 2003 betraf den sogenannten Spitzboden. Das darunter liegende Dachgeschoss war bereits vollständig ausgebaut. Dieses darunter liegende ausgebaute Wohngeschoss weist nach den vorliegenden Schnittzeichnungen der Genehmigungsplanung aus dem Jahr 2003 eine lichte Höhe von 2,70 m über weit mehr als 2/3 der Grundfläche auf. Die Beitragsforderung war zum Zeitpunkt der Geltendmachung auch nicht verjährt. Nach 15 Abs. 1 Ziff. 4 b) cc) 2. Spiegelstrich ThürKAG i. V. m. 170 Abgabenordnung (AO) beginnt die vierjährige Festsetzungsfrist im Falle der Ungültigkeit einer Satzung mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen, in dem die gültige Satzung beschlossen worden ist. Dabei findet diese Regelung nur dann Anwendung, wenn eine rückwirkende Inkraftsetzung erfolgte. Nach Sinn und Zweck der Regelung beschränkt sich der Anwendungsbereich des 15 Abs. 1 Ziff. 4 b) cc) 2. Spiegelstrich ThürKAG auf die Fälle, in denen die Satzung rückwirkend in Kraft gesetzt worden ist. Lediglich bei einem rückwirkenden Inkraftsetzen besteht die Gefahr, dass die Beitragsforderung schon zu einem früheren Zeitpunkt zum Entstehen gebracht wird und damit zum Zeitpunkt der Bekanntmachung schon verjährt ist (BVerwG, Urteil vom 21. Januar 1977 IV C 84-92.74 NJW 1977, S. 1740; wohl auch BayVGH, Urteil vom 27. Juli 1995 6 B 92.3012 BayVBl. 1996, S. 215 : Setzt eine Gemeinde die Satzung rückwirkend in Kraft, tritt die Rückwirkung umfassend ein mit der Folge, dass mit der Schaffung der Rechtsgrundlage zugleich auch die Berechenbarkeit gegeben ist. ). Diese Gefahr wird durch die Regelung des 2. Spiegelstrichs vermieden (hierzu Blomenkamp, in Driehaus, 8 Kommunalabgabenrecht Rn. 1498, Stand September 2006; VG Gera, Beschluss vom 27. Februar 2007-4 E 1321/06 Ge-; VG Weimar, Beschluss vom 2. Juni 1999 3 E 1013/99 ThürVGRspr. 2000. S. 48 ff.). Die BS-EWS 2003 wurde von der Verbandsversammlung des Beklagten am 30. September 2003 beschlossen. Damit beginnt die vierjährige Verjährungsfrist am 1. Januar 2004 und endete am 31. Dezember 2007. Somit war die geltend gemachte Forderung im Zeitpunkt der Bekanntgabe nicht verjährt. Als unterlegene Beteiligte hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen, 154 Abs. 1 VwGO. Die sonstigen Nebenentscheidungen ergeben sich aus 167 VwGO i. V. m. 708 Nr. 11, 711 ZPO in entsprechender Anwendung. 6

Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag ist bei dem zu stellen. Verwaltungsgericht Gera, Postfach 15 61, 07505 Gera, Hainstraße 21, 07545 Gera, Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Antrag ist binnen zwei Monaten nach Zustellung des vorliegenden Urteils zu begründen. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Thüringer Oberverwaltungsgericht, Kaufstraße 2 4, 99423 Weimar einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen oder 2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist oder 3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder 4. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Vor dem Oberverwaltungsgericht muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplom-Juristen im höheren Dienst vertreten lassen. Gebietskörperschaften können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen. In Abgabenangelegenheiten sind vor dem Oberverwaltungsgericht als Prozessbevollmächtigte auch Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zugelassen. Petermann 7

Beschluss Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.293,12 festgesetzt ( 52 Abs. 1 GKG). Rechtsmittelbelehrung Gegen den Streitwertbeschluss steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Thüringer Oberverwaltungsgericht, Kaufstraße 2-4, 99423 Weimar, zu. Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Gera, Postfach 1561, 07505 Gera, Hainstraße 21, 07545 Gera, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Sie kann auch bei dem Oberverwaltungsgericht eingelegt werden. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 50,-- übersteigt und die Beschwerde innerhalb sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Petermann 8