Liquidität vor Rentabilität Teil 1 eine Kaufmannsweisheit, auch für Zahnärzte. Im Rahmen der Praxisführung stellt sich für jeden niedergelassenen Zahnarzt immer wieder die Frage, an welchen Kennzahlen er den Erfolg seiner Praxis orientieren und messen kann. In aller Regel wird für die Vergleiche des wirtschaftlichen Erfolges von Arztpraxen die Rentabilität der Praxis herangezogen. Hierbei geht es nicht um die Eigenkapitalrentabilität, sondern um die Umsatzrentabilität, also das Verhältnis des Gewinns bezogen auf den erwirtschafteten Umsatz. Bei Zahnarztpraxen spricht man dann von einer erfolgreichen Praxis, wenn die Umsatzrentabilität mindestens 30 % beträgt. Im Allgemeinen ist bekannt, dass nicht der reine steuerliche Gewinn als Maßstab für die Umsatzrentabilität herangezogen werden sollte, sondern der Cash Flow, also der Gewinn plus Abschreibung und einiger anderer Berichtigungsgrößen. Rentabilitätsvergleiche können sicherlich ein Maßstab sein um den Erfolg der Praxen miteinander zu vergleichen. Viele Praxisinhaber stellen aber fest, dass trotz vergleichsweise guter Rentabilität die Liquidität der Praxis bzw. die Gesamtliquidität des Praxisinhabers immer wieder eingeschränkt ist. Deshalb sollte auf den Begriff der Liquidität bei der Unternehmensplanung und auch bei dem Vergleich von Praxen hinsichtlich ihres Erfolges ein wesentlich größeres Augenmerk gelegt werden. Die Liquidität beschreibt die Fähigkeit eines Wirtschaftssubjektes, seine Verbindlichkeiten fristgerecht zu begleichen, das heißt seine Zahlungsfähigkeit. Es ist nicht so ohne Weiteres möglich, aus der Rentabilität oder aus dem Gewinn allgemein Rückschlüsse auf die Liquidität zu ziehen. Dies ist ein wesentlich komplexerer Vorgang, der in der Realität häufig mit ungeeigneten Mitteln geplant und gesteuert wird. Der Unternehmer sollte seine Unternehmensziele also diesbezüglich klar festlegen und sich die Frage stellen, ob er zunächst ein Renditeziel definieren muss oder ob er nicht zuerst die Liquidität planen und den Liquiditätsbedarf bestimmen muss, um daraus die Rentabilitätsziele zu entwickeln. Für die Ermittlung des Liquiditätsbedarfs sind umfangreiche Überlegungen notwendig. Es geht nicht nur um die Bestimmung der Zahlungsflüsse aus den Betriebsausgaben, dem Investitionsaufwand und sonstigen betrieblichen Bereichen. Vielmehr ist natürlich auch eine vollständige Übersicht zu erarbeiten, die den privaten Liquiditätsbedarf bestimmt. Hierbei liegt die Schwierigkeit darin, dass es nicht nur um eine statische Betrachtung eines einzelnen Jahres geht, sondern die Liquiditätsplanung eine dynamische sein sollte und die Betrachtung eines Zeitraums von mehreren Jahres bzw. sogar Jahrzehnten erforderlich macht.
Bei einer ersten Betrachtung erscheint diese langfristige Planung der Liquidität vielen als unrealistisch. Dies wird sehr schnell widerlegt, wenn man beginnt, eine Liquiditätsplanung anhand der realen Lebenssachverhalte zu erarbeiten. Hierbei sollte der betriebliche Bereich und der private Bereich jeweils für sich betrachtet werden. Anhand eines Beispiels, zunächst für den betrieblichen Bereich, soll in der Folge verdeutlicht werden, dass eine dynamische, langfristige Liquiditätsplanung sinnvoll ist. Der private Bereich ist Bestandteil des zweiten Teils des Artikels in einer der nächsten Ausgaben. Betrieblicher Bereich Die Liquiditätsplanung im Bereich der Zahnarztpraxen ist häufig relativ einfach zu erstellen. In aller Regel sind die Umsätze kontinuierlich, sodass die Einnahmen relativ sicher geplant werden können. Umsatzschwankungen sind im Vergleich zu vielen anderen Bereichen in der Industrie oder auch anderen Fachrichtungen überschaubar. Hohe Forderungen und Außenstände sowie große Forderungsausfälle sind wiederum im Vergleich zu anderen Bereichen - eher selten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es bei Zahnärzten keine Umsatzschwankungen, z.b. im Rahmen von gesetzlichen Änderungen im Sozialrecht, oder keine Forderungsausfälle, insbesondere bei Patienten, gibt. Auf der Ausgabenseite ist im allgemeinen Kostenbereich ebenfalls eine hohe Kontinuität zu erkennen, d. h. die wesentlichen Kosten wie Personalkosten oder Raumkosten unterliegen in aller Regel keinen großen Schwankungen. Die Schwierigkeit bei der Liquiditätsplanung besteht häufig in der Planung der sich aus Investitionen ergebenden Unterschiede zwischen Liquidität und Rentabilität. Anschaffungen werden häufig direkt oder indirekt fremdfinanziert. Der Aufwand für die Anschaffungen wird über die Abschreibung über mehrere Jahre verteilt. In aller Regel werden die steuerlichen Vorschriften diesbezüglich angewendet. Die Finanzierungs- und Tilgungsdauer weicht von der Abschreibungsdauer regelmäßig ab. Dadurch ergibt sich bei größeren Investitionen oft eine sogenannte Liquiditätsillusion. Dies ist auf die Differenz zwischen der Abschreibungsdauer/Gewinnauswirkung, z. B. fünf Jahre, und der Tilgungsdauer, z. B. zehn Jahre, zurückzuführen. Bei einem Darlehen mit zehnjähriger Tilgungsdauer oder Tilgungsaussetzung ergeben sich erheblich komplexere Folgen, die im Vorfeld oft nicht erkannt und bedacht werden. Diese Effekte führen teilweise zu sehr nachhaltigen Liquiditätsproblemen, die an Hand folgender Berechnung verdeutlicht werden sollen.
Der Gewinn reduziert sich bei einer Anschaffung von 100.000 und einer Abschreibungsdauer von fünf Jahren jährlich um 20.000. Nach fünf Jahren ist das angeschaffte Wirtschaftsgut abgeschrieben. Die Tilgungsbelastung liegt bei einer Tilgungszeit von zehn Jahren lediglich bei jährlich 10.000. Das heißt, Gewinn und Liquidität weichen jährlich um 10.000 voneinander ab. Aus der nachstehenden Tabelle ist zu erkennen, wie sich der Gewinn entwickelt und welche Auswirkungen dies auf die Steuerbelastung hat. Die Steuerbelastung ist in dem Zeitraum, in dem die Abschreibung die Gewinne vermindert, entsprechend geringer und liegt in diesem Beispiel in den ersten fünf Jahren bei 32.000. In dem Zeitraum nach der Abschreibung, also im sechsten bis zehnten Jahr, steigt der Gewinn und damit die Steuerbelastung auf 40.000 an. Investition 100.000 Jahresgewinn vor Investition: 100.000 Tilgung 10 Jahre 10.000 p.a. Abschreibung 5 Jahre 20.000 p.a. 1 5 Jahr 6 10 Jahr Gewinn 100.000 100.000./. Abschreibung 20.000 0 = Gewinn nach Afa 80.000 100.000 Steuer 40 % 32.000 40.000 Für die Liquidität bedeutet dies, dass die zur Verfügung stehenden Mittel in den ersten fünf Jahren bei 58.000 liegen und ab dem sechsten Jahr nur noch 50.000 betragen. Es stehen jährlich 8.000 weniger Liquidität zur Verfügung. 1 5 Jahr 6 10 Jahr Liquidität vor Investition 100.000 100.000./. Tilgung 10.000 10.000 90.000 90.000./. Steuer 40 % 32.000 40.000 = Liquidität 58.000 50.000 In der Regel geraten die Liquiditätsauswirkungen von Investitions- und Finanzierungsentscheidungen sehr schnell nach der Investition aus dem Blickfeld. Man stellt sich hinsichtlich seiner privaten Belange und seiner Entnahmen auf die real vorhandene Liquidität ein und vergisst, dass diese sich nach Ablauf der Abschreibung erheblich verändert.
In dem unteren aufgeführten Beispiel ist es immerhin eine Verschlechterung der Liquidität, also der für private Verpflichtungen zur Verfügung stehenden Mittel, ab dem sechsten Jahr, um etwa 14 %. Bei den meisten Praxen werden weitaus höhere Beträge als in dem oben gewählten Beispiel mit 100.000 investiert. Die Sache wird umso komplexer, je regelmäßiger Investitionsvorhaben fremdfinanziert werden, je kürzer die Abschreibungsdauern sind und je verworrener die gesamte Finanzierungsstruktur ist. Aus diesem Grund stellen wir in der Praxis häufig fest, dass Zahnärzte nach 10 Jahren frustriert ihre Kontenstände betrachten. Sie wundern sich, dass bei gleicher Arbeitsleistung und Lebensstandart auf einmal früher nicht notwendige Kontokorrentlinien in Anspruch genommen werden müssen und die Zinsbelastungen immer mehr steigen. Aus diesem einfachen Beispiel ist zu erkennen, dass die Liquiditätsplanung langfristig orientiert und Grundlage aller betriebswirtschaftlichen Überlegungen in der Praxis sein muss. Obwohl gerade in Zahnarztpraxen ansonsten im Vergleich zu anderen Branchen eine große Planungssicherheit herrscht, ist die Frage der Liquiditätsplanung im Zusammenhang mit Investitionen und im Zusammenhang mit Steuerplanung von großer Bedeutung. Viele betriebliche Darlehen werden im Übrigen noch langfristiger finanziert und über Tilgungsaussetzungsmodelle bedient. Hier sind die liquiden Auswirkungen noch wesentlich größer. Wenngleich Tilgungsaussetzungsmodelle steuerlich durchaus rentabel erscheinen, sind sie doch liquiditätsmäßig sehr häufig überdurchschnittlich belastend. Bei Praxen mit durchschnittlichen Gewinnen ist festzustellen, dass Tilgungsaussetzungsmodelle, das heißt die Tilgungen fließen in Tilgungsinstrumente wie Versicherungen oder Fonds, zu erheblichen Liquiditätsengpässen führen. Deshalb muss bei der Finanzierungsentscheidung die Liquidität immer mitbetrachtet werden. Häufig gilt dann die Kaufmannsweisheit, dass die Liquidität vor der Rentabilität stehen muss. Diese wird häufig beiseite geschoben und auf dem Altar der steueroptimierten Betrachtung geopfert. Die Furcht vor Steuern wird oft dazu führen, dass zwar ein steueroptimiertes Modell vorliegt, dass aber die Liquiditätssituation durch den steuerpflichtigen Unternehmer Zahnarzt oft nur mit Mühe bewältigt werden kann. In diesen Fällen ist es dann häufig sinnvoll, die Finanzierungsstruktur neu zu ordnen um eine Liquiditätsentlastung zu erreichen. Dies geht häufig auch steuerlich neutral, sodass die bis zu dem Zeitpunkt der Änderung angefallenen Steuereffekte nicht rückwirkend aufgelöst werden müssen. Fazit Die Auswirkungen von Liquidität und Rentabilität für den Zahnarzt in seinem Unternehmen wurden in diesem ersten Teil aufgezeigt.
Gegenstand des zweiten Teils wird der private Bereich sein und Möglichkeiten, seine Liquidität langfristig mit einem einfach zu handhabenden Instrument abzubilden und zu planen. Kontakt Autor: Steuerberater Torsten Nowak Steuer- und Rechtsanwaltskanzlei Nowak & Partner Schwarzwaldstraße 39 76137 Karlsruhe Tel.-Nr.: 0721/93287-30 Fax: 0721/93287-31 E-Mail: info@nowak-partner.de