Übung im Öffentlichen Recht für Fortgeschrittene

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Transkript:

Universität Bayreuth Sommersemester 2011 Privatdozent Dr. Daniel Krausnick Fall 1 Übung im Öffentlichen Recht für Fortgeschrittene - Lösungsskizzen zu Fallbesprechung 1 - A) Auslegung des Rechtsschutzziels ( 88, 86 III VwGO) S wendet sich gegen zwei Maßnahmen des P, die Rettungsaktion und die Identitätsfeststellung. B) Sachurteilsvoraussetzungen I. Verwaltungsrechtsweg ( 40 I 1 VwGO) 1.) Sonderzuweisungen - hier möglicherweise abdrängende Sonderzuweisung nach 23 I 1 EGGVG, Art. 12 I POG, sofern P zur Verfolgung einer Straftat (= repressiv) und nicht zur Gefahrenabwehr (= präventiv) tätig geworden ist - repressiv präventiv nach Gesamteindruck der Maßnahme aus der objektivierten Sicht des von der Maßnahme Betroffenen abzugrenzen; bei unklarer Zuordnung ist Schwerpunkt maßgeblich - Ziel des P war hier bei Rettungsaktion primär, Gesundheits-/Lebensgefahr für das Kind abzuwenden, d. h. P wollte vorwiegend präventiv handeln und nicht wegen Aufklärung einer Straftat gegen das Kind (z. B. 212, 13 StGB) einschreiten - Identitätsfeststellung sollte dazu dienen, möglichen Diebstahl des BMW zu verhindern (ebenfalls präventiv) 23 I 1 EGGVG (-) 2.) Sonstige Voraussetzungen des 40 I 1 VwGO - streitentscheidend hier Normen des PAG. Dieses gehört dem öffentlichen Recht an, weil seine Regelungen auf der einen Seite des durch sie geregelten Rechtsverhältnisses nur Hoheitsträger berechtigen (mod. Subjektstheorie) - verfassungsrechtliche Streitigkeit (-), da keine Verfassungsorgane beteiligt 3.) Zwischenergebnis Verwaltungsrechtsweg nach 40 I 1 VwGO eröffnet. II. Zuständiges VG VG München nach 45, 52 Nr. 3 (FFK) oder 52 Nr. 5 (FK) zuständig. [Hinweis: Bedarf hier eigentlich keiner Klärung, weil S sich nach Sachverhalt an das zuständige Gericht gewandt hat.]

2 III. Allgemeine Prozessvoraussetzungen - S nach 63 Nr. 1, 61 Nr. 1 Alt. 1, 62 I Nr. 1 VwGO beteiligten- und prozessfähig - Freistaat Bayern als Träger der Polizei (Art. 1 II POG) nach 63 Nr. 2, 61 Nr. 1 Alt. 2, 62 III VwGO, Art. 16 AGVwGO, 5 II 1 LABV beteiligten- und prozessfähig IV. Ordnungsgemäße Klageerhebung - 81, 82 VwGO nach Sachverhalt wohl (+) V. Statthafte Klageart(en) 1.) Rettungsaktion a) Anfechtungs- und Unterlassungsklage - Anfechtungsklage nach 42 I 1. Var. VwGO (-), da selbst, wenn hier VA vorliegen sollte, dieser i. S. d. Art. 43 II BayVwVfG erledigt ist. Mit VA verbundene Beschwer ist weggefallen bzw. Vollzugsfolgen können nicht mehr rückgängig gemacht werden (bloßer Vollzug, der sich noch rückgängig machen ließe, würde nicht ausreichen; arg. e 113 I 2 VwGO), da Autofenster bereits repariert - Deshalb auch Allg. Leistungsklage in Form der Unterlassungsklage (-) b) Fortsetzungsfeststellungsklage nach 113 I 4 VwGO - (-), da hier Erledigung jedenfalls vor Klageerhebung c) Fortsetzungsfeststellungsklage nach 113 I 4 VwGO analog? - Ob bei erledigten VAen zur Feststellung von deren Rechtswidrigkeit FFK analog 113 I 4 VwGO oder FK nach 43 I VwGO einschlägig, ist umstritten Streit kann aber dahinstehen, wenn Rettungsaktion keine VA-Qualität hatte und FFK deshalb so oder so unstatthaft wäre. - Rettungsaktion könnte evtl. Ersatzvornahme nach Art. 53 II, 55 I 1 PAG sein, dann könnte S u. U. Rechtswidrigkeit des ihm im Zeitpunkt seines Eintreffens nachträglich bekanntgegebenen GrundVA über 113 I 4 VwGO analog feststellen lassen - Kein VA läge wohl vor, wenn Rettungsaktion unm. Ausführung i. S. d. Art. 9 I 1 PAG wäre (a. A. auch dann liegt zumindest DuldungsVA vor, der Betroffenen im Nachhinein bekanntgegeben wird; für Annahme eines DuldungsVA besteht jedoch kein prozessuales oder materiell-rechtliches Bedürfnis, weil Rechte nach VwVfG im Nachhinein ohnehin nicht mehr wahrgenommen werden können) - Abgrenzung zwischen Art. 9 I 1 PAG und Art. 53 II, 55 I 1 PAG? Art. 55 I 1 (+), wenn erkennbar entgegenstehender Wille des Betroffenen gebrochen wird; Art. 9 I 1 PAG (+), wenn kein entgegenstehender Wille erkennbar - Hier: S nicht anwesend, deshalb kein entgegenstehender Wille erkennbar; auch aus äußeren Umständen folgt nichts anderes Art. 9 I 1 PAG hier einschlägig; FFK deshalb unstatthaft [Hinweis: A. A. mit Annahme eines DuldungsVA gut vertretbar]

3 c) Feststellungsklage nach 43 I VwGO? - Voraussetzung: Ziel ist Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines (gegenwärtigen, vergangenen oder zukünftigen) Rechtsverhältnisses i. S. 43 I VwGO - Rechtsverhältnis = die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Rechtsnorm des öffentlichen Rechts sich ergebenden rechtlichen Beziehungen einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache - Hier: Nichtberechtigung des Freistaats Bayern als Rechtsträger der Polizei zur Vornahme des erledigten Realakts (Aufbrechen des Autos) gegenüber S als feststellungsfähiges Rechtsverhältnis - Dass 43 VwGO nur Feststellung der Nichtigkeit, nicht aber der Rechtswidrigkeit von VAen erlaubt, steht nicht entgegen, weil hier gerade kein VA vorgelegen hat. d) Zwischenergebnis: - Feststellungsklage nach 43 I VwGO statthaft 2.) Identitätsfeststellung a) Anfechtungs-, Unterlassungs- und Fortsetzungsfeststellungsklage (direkt) (-), s. o. b) Fortsetzungsfeststellungsklage nach 113 I 4 VwGO analog? - P hat hier Standardmaßnahme nach Art. 12 oder 13 PAG getroffen - 113 I 4 VwGO analog auch hier (-), wenn Maßnahme keine VA-Qualität hatte - Für VA-Qualität spricht, dass Realakt nicht nach Art. 53 ff. PAG vollstreckt werden kann. Vollstreckung einer Identitätsfeststellung wäre dann nur über Generalklausel nach Art. 11 PAG möglich. - Deshalb: Aufforderung, Identität zu offenbaren ist VA, eigentliche Identitätsfeststellung ist Realakt - Abgrenzung zwischen 113 I 4 VwGO analog und 43 I VwGO - BVerwG hat in derartigen Fällen z. T. FK nach 43 I VwGO für statthaft gehalten - Dafür spricht, dass Analogie zu 113 I 4 VwGO nur in Betracht kommt, wenn Regelungslücke besteht. Diese besteht nicht, wenn 43 I VwGO eingreift - Gegen 43 I VwGO spricht aber: - 43 I VwGO sieht ausdrücklich nur Feststellung der Nichtigkeit, nicht aber der Rechtswidrigkeit eines VA vor - Außerdem müsste feststellungsfähiges Rechtsverhältnis vorliegen:

4 - Anspruch des S auf Aufhebung des VA könnte feststellungsfähig sein; Anspruch kann jedoch auch aus anderen Gründen nicht bestehen (z. B. fehlende Rechtsverletzung des S, 242 BGB analog). - Nichtbestehen der Berechtigung des P, die Identität des S festzustellen, wäre feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i. S. d. 43 I VwGO; fraglich aber, ob damit nicht Wortlaut des 43 I VwGO ( Nichtigkeit eines Verwaltungsakts ) umgangen würde 43 I VwGO nicht einschlägig - Regelungslücke, die im Lichte des Art. 19 IV GG durch analoge Anwendung des 113 I 4 VwGO zu schließen ist. - erledigter VA (Art. 43 II BayVwVfG) liegt vor, da Identitätsfeststellung nicht mehr rückgängig gemacht werden kann c) Zwischenergebnis: - Fortsetzungsfeststellungsklage nach 113 I 4 VwGO analog statthaft VI. Besondere Prozessvoraussetzungen 1.) Klage wegen der Rettungsaktion a) Subsidiarität nach 43 II 2 VwGO - Zweck des 43 II 2 VwGO: Besondere Prozessvoraussetzungen von Anfechtungs- und Verpflichtungsklage sollen nicht unterlaufen werden. - hier: Anfechtungs- und Unterlassungsklage können nicht erhoben werden, weil Maßnahme sich schon erledigt hat; FFK kommt nicht in Betracht, weil kein VA vorliegt FK tritt hier nicht nach 43 II 2 VwGO zurück b) Feststellungsinteresse - Feststellungsinteresse = jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auf ideeller Art; typische Beispiele: - Hier: - Rehabilitationsinteresse bei fortdauernder Diskriminierungswirkung - schwerer Grundrechtseingriff - Wiederholungsgefahr - Maßnahmen, die sich typischerweise kurzfristig erledigen [- bei Erledigung vor Klageerhebung nicht: Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses] - Wiederholungsgefahr (-)

5 - fortdauernde Diskriminierungswirkung (-) - schwerer Grundrechtseingriff wohl auch (-), da Schaden von 500 wohl noch kein schwerwiegender Eingriff in Art. 14 I GG (Art. 13 I GG greift nicht, da PKW keine Wohnung) - Maßnahme, die sich typischerweise kurzfristig erledigt (+); Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 IV GG gebietet hier, Feststellungsinteresse anzuerkennen Feststellungsinteresse (+) c) Klagebefugnis nach 42 II VwGO analog - auch bei FK zur Verhinderung von Popularklagen zu prüfen - 42 II VwGO (+), da S als Adressat der Maßnahme in Art. 14 I GG, zumindest aber in Art. 2 I GG betroffen d) Klagefrist/Verwirkung - FK ist nicht fristgebunden - für Verwirkung ist nichts ersichtlich e) Zwischenergebnis Die allgemeine Feststellungsklage wegen der Rettungsaktion ist zulässig. 2.) Klage wegen der Identitätsfeststellung a) Feststellungsinteresse: - o. g. Fallgruppen gelten auch hier - Rehabilitationsinteresse? - besteht, wenn Kläger noch im Zeitpunkt der Gerichtsentscheidung objektiv in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 I i. V. m. 1 I GG) beeinträchtigt ist - hier: lautstarker Wortwechsel mit Polizei, Kollegen haben zugesehen Rehabilitationsinteresse (+) b) Klagebefugnis nach 42 II VwGO analog - (+), da S als Adressat der Identitätsfeststellung in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht betroffen ist. c) sonstige Zulässigkeitsvoraussetzungen - Vorverfahren war nach 68 I 2 VwGO i. V. m. Art. 15 II AGVwGO unstatthaft - Frist nach 74 VwGO jedenfalls bei vorprozessualer Erledigung nicht einzuhalten, da erledigter VA auch keine fortdauernde Wirkung im Bezug auf den Fristenlauf hat und aufschiebende Wirkung gegen VA nicht mehr erreicht werden kann.

6 d) Zwischenergebnis Die Fortsetzungsfeststellungsklage wegen der Identitätsfeststellung ist zulässig. C) Zulässigkeit der objektiven Klagehäufung - 44 VwGO (+) D) Begründetheit der Klagen I. Klage wegen der Rettungsaktion 1.) Passivlegitimation - 78 I Nr. 1 VwGO analog i. V. m. Art. 1 II POG: Freistaat Bayern als Träger der Polizei, gegenüber der das Rechtsverhältnis festgestellt werden soll. 2.) Nichtberechtigung des P zur Rettungsaktion P war nicht zur Rettungsaktion berechtigt, wenn diese rechtswidrig war a) Rechtsgrundlage - Rettungsaktion ist hier, wie gezeigt, unmittelbare Ausführung nach Art. 9 I 1 PAG b) formelle Rechtmäßigkeit aa) Zuständigkeit (1) Handeln der Polizei im institutionellen Sinne Polizei im institutionellen Sinne nach Art. 1 PAG, i. V. m. Art. 1 und 3 POG hat gehandelt (2) Aufgabeneröffnung nach Art. 2 PAG? - Art. 2 IV PAG (-), da hier präventive Maßnahme - Art. 2 I PAG? - Voraussetzung: Vorliegen einer Gefahr, d. i. Vorliegen einer Sachlage oder eines Verhaltens, die oder das bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit Wahrscheinlichkeit einen Schaden an einem polizeilich geschützten Rechtsgut verursachen wird. - für Aufgabeneröffnung nach Art. 2 I PAG reicht abstrakte Gefahr (= Störung pflegt nach abstrakter Betrachtung regelmäßig einzutreten) - hier: - ex post: Gefahr (-), da vermeintliches Baby nur eine Puppe war - effektiver Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung aber unmöglich, wenn Polizei nur bei objektivem Vorliegen einer Gefahr zum Einschreiten berechtigt; Polizei muss ex ante beurteilen, ob Gefahr vorliegt - deshalb:

7 - Gefahr i. S. d. Art. 2 I PAG ist auch Sachlage, die sich für einen objektiven Beobachter und den handelnden Polizeibeamten als Gefahr darstellt, obwohl tatsächlich keine Gefahr besteht (Anscheinsgefahr). - Keine Gefahr ist gegeben, wenn sich die Lage nur für den handelnden Polizeibeamten als Gefahr darstellt, ein objektiver Beobachter die Lage jedoch anders beurteilen (und insbesondere noch weitere Aufklärungsmöglichkeiten ausschöpfen) würde (Putativgefahr). - hier mussten P und ein objektiver Beobachter ex ante aufgrund der Indizien (Ähnlichkeit der Puppen der Firma Müller mit echten Babys, hohe Innentemperatur des PKW, Informationen der F) vom Vorliegen einer Gefahr ausgehen, d. h. es lag eine Anscheinsgefahr und damit eine Gefahr i. S. d. Art. 2 I PAG vor. Aufgabeneröffnung nach Art. 2 I PAG (+) (3) Unaufschiebbarkeit nach Art. 3 PAG - Unaufschiebbarkeit (+), wenn nach dem im Maßnahmezeitpunkt erkennbaren Umständen bei verständiger und vernünftiger Beurteilung der Lage ein rechtzeitiges Einschreiten der Sicherheitsbehörde zur (effektiven) Abwehr der Gefahr nicht möglich erscheint - entscheidend ist nicht objektive Unaufschiebbarkeit, sondern Beurteilung durch P Unaufschiebbarkeit hier (+), da P von Lebensgefahr für das vermeintliche Baby ausgehen musste. (4) Zwischenergebnis P war zuständig bb) sonstige Fragen der formellen Rechtmäßigkeit - keine Fehler ersichtlich c) materielle Rechtmäßigkeit aa) Befugnisnorm - Vorrang der Art. 12 bis 48 PAG (typische Maßnahmen) vor Generalklausel nach Art. 11 I, II PAG (atypische Maßnahmen) Maßnahme, deren Rechtsfolge nach Art. 12 bis 48 PAG angeordnet werden kann, kann auch dann nicht auf Art. 11 I PAG gestützt werden, wenn Voraussetzungen der einschlägigen Norm nach Art. 12 bis 48 PAG letztlich doch nicht erfüllt sind. - hier: Art. 12-48 PAG (-) - Art. 11 I, II PAG als Befugnisnorm? - nur bei konkreter Gefahr (Art. 11 I PAG: im einzelnen Fall ), d. i. bei Vorliegen einer Sachlage, die bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens im konkreten Einzelfall mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zur Verletzung eines polizeilichen Schutzgutes führen wird.

8 - hier (+), da konkrete Anscheinsgefahr für Leib und Leben eines Kindes (sehr hochrangiges Schutzgut!) bestand - gewaltsame Öffnung des PKW diente sowohl der Unterbindung einer Straftat (Art. 11 II 1 Nr. 1 PAG), als auch der Beseitigung der durch sie geschaffenen Zustände (Art. 11 II 1 Nr. 2 PAG) sowie schließlich dem Schutz von Leib und Leben (Art. 11 II 1 Nr. 3 PAG) bb) Ermessen und Verhältnismäßigkeit (Art. 4 und 5 PAG) - keine Anhaltspunkte für Ermessensfehler - Öffnen des PKW war hier auch i. S. d. Art. 4 I, II PAG geeignet, erforderlich und angemessen zur Abwehr der (Anscheins-)Gefahr, da andere Möglichkeiten zur Befreiung des Kindes aus der objektivierten Ex-Ante-Sicht des P nicht bestanden. Hierbei ist auch der hohe Rang des geschützten Rechtsguts zu berücksichtigen, der wesentlich schwerer wiegt als das Interesse des S an der Integrität seines Eigentums. cc) Störerauswahl - S ist Handlungsstörer nach Art. 7 I PAG, da er die (Anscheins-)Gefahr verursacht hat, indem er die Puppe gerade so auf dem Rücksitz platziert hat. - S ist außerdem Zustandsstörer nach Art. 8 I PAG, weil er Halter des BMW ist. S bzw. sein Eigentum durfte zur Gefahrenabwehr herangezogen werden dd) Voraussetzungen nach Art. 9 I PAG - (+), da S als (alleiniger) Störer nicht anwesend war 3.) Zwischenergebnis Die Rettungsaktion war rechtmäßig. Deshalb war P berechtigt, sie durchzuführen. II. Klage wegen der Identitätsfeststellung Die Klage hat Aussicht auf Erfolg, wenn sie sich gegen den richtigen Beklagten richtet und die Identitätsfeststellung rechtswidrig war. 1.) Passivlegitimation - 78 I Nr. 1 VwGO analog i. V. m. Art. 1 II POG: Freistaat Bayern als Träger der Polizei, gegenüber der das Rechtsverhältnis festgestellt werden soll. 2.) Rechtswidrigkeit der Identitätsfeststellung a) Rechtsgrundlage - Art. 12 PAG? - Vorliegen einer zumindest abstrakten Gefahr (vgl. Wortlaut des Art. 12 S. 1 PAG: zur Erfüllung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe ) reicht aus. Hier (+) - Aber: Art. 12 PAG berechtigt nicht, Vorlage eines Ausweises zu verlangen. - Art. 13 I Nr. 6 PAG (-), da damit nur Identität desjenigen festgestellt werden kann, der die privaten Rechte bedroht.

9 Art. 13 I Nr. 1 PAG als einzig mögliche Ermächtigungsgrundlage b) formelle Rechtmäßigkeit - Polizei im institutionellen Sinne nach Art. 1 PAG, i. V. m. Art. 1 und 3 POG hat gehandelt - Aufgabeneröffnung nach Art. 2 PAG? - Identitätsfeststellung diente hier der Abwehr einer Diebstahlsgefahr (= zumindest abstrakte Gefahr für öffentliche Sicherheit) Aufgabeneröffnung nach Art. 2 I PAG - Aufgabeneröffnung hier außerdem nach Art. 2 II PAG (BMW stand unverschlossen auf leicht zugänglichem Parkplatz; Diebstähle teurer PKW sind an dieser Stelle schon mehrfach vorgekommen), dieser tritt jedoch hinter Art. 2 I PAG zurück. - Unaufschiebbarkeit nach Art. 3 PAG (+) - keine sonstigen formellen Fehler ersichtlich formelle Rechtmäßigkeit (+) c) materielle Rechtmäßigkeit - Voraussetzungen des Art. 13 I Nr. 1 PAG: - konkrete Gefahr? (+), da Diebstahl des BMW konkret drohte - Vorlage eines Ausweises = Identitätsfeststellung (d. i. Feststellung aller Angaben, die geeignet sind, eine Person von anderen Personen zu unterscheiden und Verwechslungen auszuschließen) - Identitätsfeststellung diente hier auch der Abwehr dieser Gefahr. - Art. 4, 5 PAG (+) [Hinweis: a. A. vertretbar mit dem Argument, dass es ausgereicht hätte, wenn P sich KFZ-Schein oder Schlüssel des BMW hätte zeigen lassen] - S als richtiger Adressat i. S. d. Art. 8 I PAG. 3.) Zwischenergebnis Auch die Identitätsfeststellung war rechtmäßig. E) Gesamtergebnis Die Klagen des S haben keine Aussicht auf Erfolg

10 Fall 2 A) Herausgabeverlangen Fraglich ist, ob das Herausgabeverlangen rechtmäßig war. I. Rechtsgrundlage Die Aufforderung das Gerät herauszugeben greift in das Eigentumsrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG und zumindest auch in die allgemeine Handlungsfreiheit ein. Aufgrund des Vorbehalts des Gesetzes bedarf es mithin einer Rechtsgrundlage. Bei der Aufforderung das Gerät herauszugeben könnte es sich um eine Sicherstellung handeln. Damit müsste auch die Aufforderung die Sache herauszugeben eine Sicherstellung gewesen sein. Die Sicherstellung ist ein Verwaltungsakt. Es ergeht eine Duldungsanordnung dahingehend, dass X die Sicherstellung zu dulden hat. In Betracht kam hier zunächst 111 b, c StPO i.v.m. 46, 53 OWiG i.v.m. 74 StGB, demzufolge die Polizei also den Ordnungswidrigkeitsverstoß ahnden und damit repressiv tätig werden wollte. Sollte die Polizei aber das Gerät sichergestellt haben, um andauernde oder zukünftige rechtswidrige Handlungen zu unterbinden, hätte sie präventiv gehandelt. Entsprechend kommt als Rechtsgrundlage Art. 25 PAG in Betracht. Damit ist fraglich, ob die Polizei repressiv oder präventiv gehandelt hat. In Fällen in denen, wie hier, die Polizei sowohl präventiv als auch repressiv tätig wird (sog. doppelfunktionale Handeln) ist auf den Schwerpunkt der Maßnahme abzustellen. Geht es primär um die drohende Schadensabwendung, liegt präventives Tätig werden vor. Handelt die Polizei dagegen um den staatlichen Strafanspruch sicherzustellen, liegt eine repressive Tätigkeit vor. Vorliegend handelte der Polizeibeamte primär deswegen, um die verbotene Verwendung des Radarwarngeräts zu unterbinden. X sollte nicht mit diesem weiterfahren. Mit der Sicherstellung sollten folglich weitere Rechtsverstöße unterbunden werden. Mangels spezialgesetzlicher Regelung kommt daher Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 PAG als richtige Rechtsgrundlage in Betracht. II. Formelle Rechtmäßigkeit Die Polizei müsste für die Sicherstellung zuständig gewesen sein. Die Polizei ist gemäß Art. 2 Abs. 1, 3 PAG zuständig, wenn eine abstrakte Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung besteht und die Eilbedürftigkeit zu bejahen ist. Unter Gefahr versteht man eine Sachlage, bei der im Falle ungehinderter Weiterentwickelung des objektiv zu erwartenden Geschehens die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts für die Schutzgüter der öffentliche Sicherheit oder Ordnung besteht. Unter öffentlicher Sicherheit werden sowohl Individualrechtsgüter (Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre und Vermögen) sowie die Rechtsordnung als solches und öffentliche Einrichtungen gefasst. Unter öffentlicher Ordnung versteht man dagegen die Gesamtheit aller ungeschriebenen Regeln für das Verhalten des Einzelnen in der Öffentlichkeit, deren Beachtung nach den jeweils herrschenden Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung für ein geordnetes Gemeinschaftsleben betrachtet wird. Vorliegend hatte X ein Radarwarngerät an der Frontscheibe seines Kfz angebracht. Das Adapterkabel war zwar noch nicht angeschlossen; es lag aber im Handschuhfach. Das betriebsbereite Mitführen eines Radarwarngerätes ist aber gesetzlich verboten, 6 I Nr. 3 StVG i.v.m.

11 23 I b StVO. 23 I b) StVO verbietet nicht nur die tatsächliche Benutzung des Gerätes, sondern bereits das betriebsbereite Mitführen. Ein Verkehrsteilnehmer, der ein Radarwarngerät mit sich führt, begründet damit indirekt seine Absicht sich nicht an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten zu wollen. Die Ausweitung auf das betriebsbereite Mitführen verfolgt dabei den Zweck die Polizei von dem Nachweis der tatsächlichen Ingebrauchnahme des Gerätes zu entlasten. Fraglich ist aber, ab wann das betriebsbereite Mitführen bejaht werden kann. Nach richtiger Ansicht ist dies ist zu bejahen, wenn das Radarwarngerät während der Fahrt jederzeit ohne größeren technischen Aufwand eingesetzt werden könnte. Da das Adapterkabel hier bereits im Handschuhfach lag und mit wenigen Handbewegungen hätte angeschlossen werden können, ist das Merkmal des betriebsbereiten Mitführens gegeben. Daher liegt eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, nämlich der Rechtsordnung als solche, vor. Hinzukommend war möglicherweise auch das Schutzgut der öffentlichen Einrichtungen des Staates betroffen. Durch die Installation des Radarwarngeräts werden die staatlichen Behörden bei der Verkehrsüberwachung behindert. Mithin sind auch die öffentlichen Einrichtungen des Staates gefährdet (a.a. vertretbar). Da in der kurzen Zeit keine anderen Sicherheitsbehörden erreichbar waren, sind auch die Anforderungen des Art. 3 PAG erfüllt. Aufgrund der Eilbedürftigkeit bedurfte es weiterhin keiner vorherigen Anhörung, Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG. Daher kann noch offen bleiben, ob es sich bei der Sicherstellung um einen Verwaltungsakt handelt. Die, gem. Art. 26 Abs. 2 PAG, erforderliche Bescheinigung wurde laut Sachverhalt ordnungsgemäß ausgestellt. Die Maßnahme war mithin formell rechtmäßig. III. Materielle Rechtmäßigkeit 1.) Befugnisnorm Fraglich ist, ob die Voraussetzungen des Art. 25 PAG erfüllt waren. Vorliegend kommt alleine Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 in Betracht. Danach ist eine Sicherstellung möglich, wenn eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit vorliegt. Eine gegenwärtige Gefahr ist zu bejahen, wenn der Eintritt des schädigenden Ereignisses unmittelbar bevorsteht oder bereits begonnen hat. X hatte ein verbotenes Radarwarngerät installiert. Der Inbetriebnahme des Gerätes standen nur wenige Handgriffe entgegen. Eine gegenwärtige Gefahr ist mithin zu bejahen. Damit ist ein Schutzgut der öffentlichen Sicherheit unmittelbar gefährdet. 2.) Maßnahmerichtung X war vorliegend Verhaltensverantwortlicher i.s.d. Art. 7 PAG und damit richtiger Adressat der Maßnahme. 3.) Polizeiliche Handlungsgrundsätze Ermessensfehler oder ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sind nicht ersichtlich. 4.)Zwischenergebnis Die Sicherstellung war mithin rechtmäßig.

12 B) Rechtmäßigkeit der Vernichtung des Radarwarngeräts Fraglich ist weiterhin, ob die Vernichtung des Radarwarngerätes rechtmäßig war. I. Rechtsgrundlage Gemäß Art. 27 Abs. 4 PAG können sichergestellte Sachen vernichtet werden. II. Formelle Rechtmäßigkeit Die Zuständigkeit ist zu bejahen. Auch wurde das besondere Verfahren nach Art. 27 Abs. 4 S. 2, Abs. 2 PAG eingehalten. Zwei Wochen nach der Sicherstellung erging ein Bescheid in dem die Vernichtung des Radarwarngerätes angeordnet wurde. X wurde zuvor gehört. Ort und Zeit der Vernichtung wurden ihm ordnungsgemäß mitgeteilt. III. Materielle Rechtmäßigkeit 1.) Befugnisnorm Fraglich ist, ob die Voraussetzungen des Art. 27 Abs. 4 PAG erfüllt sind. Gemäß Art. 27 PAG ist eine Sicherstellung möglich, wenn (Nr. 1) im Fall einer Verwertung die Gründe, die zu ihrer Sicherstellung berechtigten, fortbestehen oder Sicherstellungsgründe erneut entstehen würden, oder (Nr. 2) die Verwertung nach Abs. 1 aus anderen Gründen nicht möglich ist. Vorliegend kommt insbesondere Nr. 1 in Betracht, denn das Radarwarngerät könnte sofort wieder sichergestellt werden. Nur die Vernichtung der Sache garantiert, dass das Gerät im Straßenverkehr nicht mehr eingesetzt wird und dadurch eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung ausgeschlossen ist. 2. Maßnahmerichtung Die Maßnahme richtete sich gegen X als Handlungsverantwortlichen, Art. 7 Abs. 1 PAG. Die Maßnahme richtet sich daher gegen den richtigen Verantwortlichen. 3.) Polizeiliche Handlungsgrundsätze Fraglich ist, ob ein Ermessensfehler vorliegt oder der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt ist, denn der bloße Besitz eines solchen Gerätes ist nicht straf- und bußgeldbewehrt. Da aber objektiv zu erwarten ist, dass das Gerät auch zukünftig eingesetzt wird, kann eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung nur durch die Zerstörung effektiv geschützt werden. Ermessensfehler liegen daher ebenso wenig vor, wie ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. 4.) Ergebnis Die Vernichtung des Radarwarngeräts war mithin rechtmäßig.