Dr. med. Andreas Peter erhält den Ivar-Trautschold-Nachwuchsförderpreis der DGKL für das Jahr 2010

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Transkript:

184 Preise Preisverleihung Dr. med. Andreas Peter erhält den Ivar-Trautschold-Nachwuchsförderpreis der DGKL für das Jahr 2010 Die Deutsche Vereinte Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin stiftet für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, die hervorragende Arbeiten auf dem Gebiet der Klinischen Chemie und Pathobiochemie erbracht haben, den Ivar-Trautschold-Nachwuchsförderpreis. Der Namensgeber unseres Preises, Ivar Trautschold, Arzt und Chemiker, war seit 1971 Inhaber des Lehrstuhls für Klinische Biochemie an der Medizinischen Hochschule Hannover. Im Jahre 1984 ist er im Alter von 53 Jahren tödlich verunglückt. Ein bedeutender Schwerpunkt seiner vielfältigen und außerordentlich erfolgreichen Forschungstätigkeit war die Pathobiochemie des Diabetes mellitus. Zwei Beispiele aus seinen zahlreichen Publikationen mögen dies verdeutlichen: Schon 1958 beschrieb er in Hoppe-Seylers Zeitschrift für Physiologische Chemie einen direkten Insulineffekt auf den Kohlenhydrat-Stoffwechsel in der Leber, und 1984 veröffentlichte er in Analytical Biochemistry eine HPLC-Methode zur Analytik von jodmarkierten Insulin- und Glucagon- Derivaten mit online Gammastrahlen-Detektion. Der Träger des Ivar-Trautschold-Nachwuchsförderpreises im Jahre 2010 ist Herr Dr. med. Andreas Peter (Siehe Bild, links). Er ist 34 Jahre alt, geboren in Essen und aufgewachsen in Hagen. Nach Abitur und Zivildienst in der Krankenpflege hat Herr Peter in Würzburg Medizin studiert und sein Praktisches Jahr in Sydney, Kathmandu, Würzburg und Zürich absolviert. Als Arzt im Praktikum ging er an die gastroenterologische Klinik des Universitätsklinikums Leipzig. Ende des Jahres 2005 wechselte er in das Fach Laboratoriumsmedizin an die Medizinische Klinik IV (Endokrinologie, Diabetologie, Angiologie, Nephrologie und Klinische Chemie) der Universität Tübingen. Seine dort durchgeführte Weiterbildung zum Arzt für Laboratoriumsmedizin und auch zum Klinischen Chemiker steht kurz vor dem Abschluss. In die laboratoriumsmedizinische Routinetätigkeit

Preise 185 im Zentrallaboratorium der Klinik ist Herr Peter voll eingebunden, und darüber hinaus auch in die studentische Lehre. Auf beiden Gebieten engagiert er sich in besonderer Weise. Für die Wissenschaft hat Herr Peter bereits früh Begeisterung gezeigt, und die Beschäftigung damit hat sein Leben schon von Jugend an begleitet: Mit 14 Jahren war er Preisträger bei Jugend forscht mit einer Arbeit über eine solarzellengespeiste Wasser-Elektrolyseanlage zur Wasserstoff-Produktion, ermutigt durch seinen Physiklehrer. In Würzburg ist er nach dem 1. Staatsexamen zur Arbeitsgruppe von Jochen Seufert in der Abteilung Endokrinologie, Metabolismus und Molekulare Medizin der Medizinischen Poliklinik gestoßen. Hier hat er über die transkriptionelle Regulation des Homeodomain-Transkriptionsfaktors Islet/duodenum Homeobox-1 (IDX-1) in insulinproduzierenden ß-Zellen des endokrinen Pankreas gearbeitet. Idx-1 ist ein Protein, dessen Expression für die normale Entwicklung des funktionellen endokrinen Pankreas erforderlich ist und sich möglicherweise als Zielobjekt zur Diabetes-Therapie eignet. In diese Zeit fällt auch ein sicher wegweisender Forschungsaufenthalt im Laboratory of Molecular Endocrinology des Massachusetts General Hospital der Harvard University bei Joel Habener. Die Ergebnisse dieser Arbeiten, die Eingang in eine Publikation im Journal of Clinical Investigation fanden, bildeten die Basis für Herrn Peters Dissertation zum Doktor der Medizin. Seit seinem Wechsel nach Tübingen liegt der Schwerpunkt von Herrn Peters Forschungstätigkeit auf der Lipotoxizität, der fehlgesteuerten Aufnahme oder Produktion von Lipiden und Fettsäuren, die zu Entzündung und Dysfunktion von Zellen und Geweben führt, und deren Rolle bei der Entstehung des Typ 2-Diabetes. Die Tübinger Diabetesforscher und Herr Peter interessieren sich dabei insbesondere für die molekularen Mechanismen der Lipotoxizität, um ihre Bedeutung für die Entstehung von Insulinresistenz, Atherosklerose und ektoper Fettspeicherung in Leber und Muskel aufzuklären. Herr Peter hat in den letzten zwei Jahren eine Serie von hochinteressanten Arbeiten publiziert, die für das Verständnis der Pathobiochemie der Insulinresistenz von grundlegender Bedeutung sind und auch international starke Beachtung fanden. Sie sind auf das Schlüsselenzym der Synthese einfach ungesättigter Fettsäuren fokussiert, die Stearoyl-Coenzym A-Desaturase 1. Dieses Enzym, dessen Aktivität einem intensiven Regulationsprozess unterliegt, katalysiert die Einführung der Doppelbindung zwischen den Kohlenstoffatomen 9 und 10 in die ungesättigten Fettsäuren Palmitinsäure und Stearinsäure, wobei Palmitoleinsäure bzw. Ölsäure entstehen. Die Arbeitsgruppe konnte

186 Preise zeigen, dass eine niedrige Aktivität des Enzyms mit der Entwicklung der nicht alkoholinduzierten Fettleber und der Insulinresistenz bei Menschen mit Übergewicht assoziiert ist, dass eine Induktion des Enzyms das Endothel vor den inflammatorischen Effekten der Lipotoxizität schützt und dass die Expression des Enzyms den so genannten Stress des endoplasmatischen Retikulums und die Entzündung in Muskelzellen moduliert sowie mit der Fettspeicherung und der Insulinresistenz im Skelettmuskel assoziiert ist. Den für unser Fach bedeutenden Höhepunkt fanden die Arbeiten von Herrn Peter in der Entwicklung und Validation einer Methode zur Bestimmung der Expression der Stearoyl-Coenzym A-Desaturase 1 mit Hilfe der differenziellen Untersuchung der Fettsäuren in den VLDL des menschlichen Plasmas und der anschließenden Ermittlung des Desaturationsindex. Hier konnte in eleganter Weise gezeigt werden, dass man nicht auf Gewebeproben wie z. B. eine Leberbiopsie angewiesen ist, um die hepatische Lipid-Zusammensetzung zu bestimmen. Dieses Verfahren birgt somit das Potenzial zur nicht invasiven und empfindlichen Frühdiagnostik von Stoffwechselerkrankungen wie Hyperlipidämie, Entzündung, Insulinresistenz oder Atherosklerose. Die methodischen Ansatzpunkte der Forschungsarbeiten von Herrn Peter reichen von primären Zellkulturuntersuchungen über die Identifikation von Markersubstanzen im Blut bis zu klinischen und genetischen Studien an Risikokollektiven. Chromatographische, massenspektrometrische, molekularbiologische und enzymatische Techniken wurden angewendet. Die Forschungsarbeiten berühren den Kern unseres Fachgebietes, der Klinischen Chemie und Laboratoriumsmedizin. Ziel und Zweck unserer diagnostischen Tätigkeit ist es ja, aus den Ergebnissen hochspezifischer und hochempfindlicher Analysen von Substanzen im Blut möglichst differenziert auf den Zustand des Organs Rückschlüsse ziehen zu können, das im Fokus des diagnostischen Interesses steht. Dass dieses auch im Fall der hepatischen Lipid-Zusammensetzung und der Expression der Stearoyl-Coenzym A-Desaturase 1 mit guter Berechtigung funktioniert, zeigen Herrn Peters Arbeiten eindrücklich. Zusammengefasst und darüber hinaus auch auf Grund der Tatsache, dass Herr Peter in den letzten zwei Jahren auch einige weitere Arbeiten zu anderen Aspekten der Insulin-Resistenz in angesehenen Zeitschriften publizieren konnte, fiel es daher dem Preisrichterkollegium leicht, ihn als Träger des Ivar-Trautschold-Nachwuchspreises der DGKL 2010 auszuwählen. Für seine Arbeiten in den letzten Jahren ist Herr Peter bereits einige Male ausgezeichnet worden, so mit dem Abstractpreis der DGKL auf der Jahrestagung 2009 in Leipzig. Seine Forschungsarbeiten werden auch durch die DGKL (Reisekosten-Stipendium 2007/2009)

Preise 187 und die Deutsche Diabetesgesellschaft gefördert. Mit dem Ivar-Trautschold-Preis findet dies eine logische und konsequente Fortsetzung. VERFASSER: Prof. Dr. med. Dr. Klaus P. Kohse Schriftführer der DGKL, Klinikum Oldenburg, Institut für Laboratoriumsdiagnostik und Mikrobiologie, Rahel-Straus-Str. 10, 26131 Oldenburg Zusammenfassung der Arbeit Modulation von Lipotoxizität und ektoper Fettspeicherung im Menschen Andreas Peter, Medizinische Klinik IV, Abteilung für Endokrinologie, Diabetologie, Angiologie, Nephrologie und Klinische Chemie; Universitätsklinikum Tübingen Eine Fettspeicherung findet nicht nur in den Adipozyten des subkutanen Fettgewebes statt, sondern kommt auch als ektope Fettspeicherung in Organen wie der Leber, im Muskel, in Gefäßen und im viszeralen Fettgewebe vor. Eine solche ektope Fettspeicherung ist kennzeichnend für metabolische Erkrankungen und ist besonders ausgeprägt bei Stoffwechselsituationen, die zu einer Insulinresistenz, Mikroinflammation und der Entwicklung eines Typ-2 Diabetes führen. Als kausaler Faktor für die Entwicklung einer ektopen Fettspeicherung werden lipotoxische Wirkungen nicht veresterter freier Fettsäuren diskutiert. Unter Lipotoxizität versteht man, die Aufnahme oder Synthese von Fettsäuren, die die Verwertungskapazität der Zelle überschreitet und zur Aktivierung von Stresssignalwegen, Zerstörung von Zellorganellen und zum Zelltod führt. Für die toxische Wirkung freier Fettsäuren ist ihr Sättigungsgrad von entscheidender Bedeutung. Während gesättigte Fettsäuren wie Palmitat (C16:0) und Stearat (C18:0) ausgeprägte lipotoxische Wirkungen haben, können einfach ungesättigte Fettsäuren wie Oleat (C18:1) und Palmitoleat (C16:1) diese Toxizität verhindern. Ein Grund dafür ist, dass gesättigte freie Fettsäuren in Anwesenheit von ungesättigten Fettsäuren durch Veresterung zu Triglyceriden umgewandelt werden und gespeichert werden können. Gesättigte Fettsäuren können alleine nur schlecht als Triglyceride gespeichert werden und führen daher zur vermehrten Bildung toxischer Lipidmetabolite und zur Aktivierung lipotoxischer Signalwege (Abb.1 A). Im Menschen ist das limitierende Enzym zur Synthese dieser einfach ungesättigten Fettsäuren die Stearoyl-CoA Desaturase 1 (SCD1), die eine Doppelbindung an der 9-postition der gesättigten Fettsäure einfügt und so Palmitat (C16:0)

188 Preise A B Palmitat Palmitoyl-CoA ER Stress Apoptose Inflammation Inflammation DAG Ceramide Triglyceride NADPH oxidase Palmitat Palmitoyl-CoA ER Stress Apoptose ROS Mikroinflammation Insulinresistenz Diabetes mellitus DAG Ceramide Triglyceride NADPH oxidase SCD1 ROS Oleat (Palmit-) Oleyl-CoA Mikroinflammation Insulinresistenz Diabetes mellitus Abbildung 1: Schematische Darstellung zur Modulation von Lipotoxizität durch Stearoyl-CoA Desaturase 1 (modifiziert nach 2). A. Die gesättigte Fettsäure Palmitat aktiviert zelluläre Stressignalwege, die zu Inflammation, Zelltod und Insulinresistenz führen. B. In Anwesenheit monoungesättigter Fettsäuren wie Oleat wird Plamitat in Form von Triglyzeriden gespeichert und lipotoxische Effekte verhindert. Das Enzym Stearoyl-CoA Desaturase 1 kann gesättigte in einfachungesättigte Fettsäuren umwandeln und so die Speicherung von Palmitat in Triglyzeriden ermöglichen. SCD1 kann dadurch lipotoxische Effekte gesättigter Fettsäuren reduzieren. in Palmitoleat (C16:1) bzw. Stearat (18:0) in Oleat (C18:1) umwandeln kann. Aus diesem Grund spielt SCD1 eine entscheidende Rolle bei der Prävention toxischer Effekte durch gesättigte Fettsäuren (Abb.1 B). In einem in vitro Modell konnten wir zeigen, dass Überexpression von SCD1 die Zellen vor palmitat-induziertem Stress des endoplasmatischen Retikulums (ER-Stress), der Induktion inflammatorischer Zytokine (IL- 6, IL8, CXCL3, PAI-1) und Apoptose schützt. Diese protektiven Eigenschaften der SCD1 konnten in primären humanen Muskelzellkulturen, die von Probanden gewonnen wurden, bestätigt werden. Auch hier ließ sich ein Zusammenhang zwischen der individuellen SCD1-Expresssion in den humanen Muskelzellen und der Empfindlichkeit der Zellen gegenüber palmitat-induzierter Lipotoxizität anhand von ER-Stress Markern (ATF3, CHOP, XBP1) und inflammatorischen Zytokinen (IL6, IL8, CXCL3) nachweisen. Zusätzlich gab es eine inverse Korrelation zwischen der Insulinresistenz der Probanden, die als eine Folge von Lipotoxizität angesehen wird, und der SCD1-Expression in den von ihnen gewonnenen Muskelzellen. Daraus entstand die Hypothese, dass SCD1 auch im Menschen vor den schädlichen Wirkungen gesättigter Fettsäuren schützt. Die humane Leber als bedeutendes Organ des Fettsäurestoffwechsels exprimiert große Mengen an SCD1. Da Lebergewebe für klinische Studien kaum zur Verfügung steht, haben wir einen im Blut zugänglichen Marker der hepatischen SCD1 Aktivität evaluiert. Die Verhältnisse von gesättigten zu einfach ungesättigten Fettsäuren (C16:1/ C16:0 und C18:1 /C18:0), d.h. Substrat und Produkt der SCD1, werden als Aktivitätsindex bezeichnet und lassen einen Rückschluss auf die SCD1 Aktivität zu. Diese Indices können

Preise 189 aus der Fettsäurezusammensetzung einzelner Lipidfraktionen mittels Dünnschicht- und Gaschromatographie bestimmt werden. In einer kleinen Gruppe von 15 chirurgischen Patienten untersuchten wir die SCD1 mrna Expression und die Fettsäurezusammensetzung in Leberbiopsien und verglichen diese mit der Fettsäurezusammensetzung in Plasma VLDL-Triglyceriden, die in der Leber gebildet und ins Blut abgegeben werden. Wir konnten zeigen, dass der SCD1 Aktivitätsindex in VLDL-Triglyceriden eine gute Abschätzung der hepatischen SCD1 Aktivität und Expression erlaubt. Mit dem so etablierten hepatischen SCD1 Aktivitätsindex stand uns ein für das Labor zugänglicher Parameter zur Verfügung, um die Rolle der SCD1 in einer größeren Gruppe genau charakterisierter Probanden zu untersuchen. In übergewichtigen Probanden, mit erhöhtem Risiko einen Typ-2 Diabetes zu entwickeln, zeigte sich ein Zusammenhang zwischen niedriger hepatischer SCD1 Aktivität, vermehrter ektoper Fettspeicherung in der Leber und vermehrter Insulinresistenz. In schlanken Probanden war dieser Zusammenhang nicht nachweisbar. Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse, dass das Enzym SCD1 vor den lipotoxischen Wirkungen gesättigter Fettsäuren schützt und auch im Menschen einen Einfluss auf die Entwicklung von Insulinresistenz und ektoper Fettspeicherung hat. Mit dem hepatischen SCD1 Aktivitätsindex aus den Plasma VLDL-Triglyceriden steht ein für das Labor zugänglicher Marker zur Verfügung um die pathophysiologische Bedeutung der SCD1 in klinischen Studien genauer zu untersuchen. LITERATUR: 1. Peter A, Weigert C, Staiger H, Rittig K, Cegan A, Lutz P, Machicao F, Häring HU, Schleicher E. Am J Physiol Endocrinol Metab. 2008 Aug;295(2):E339-49. 2. Listenberger LL, Han X, Lewis SE, Cases S, Farese RV Jr, Ory DS, Schaffer JE. Proc Natl Acad Sci U S A. 2003 Mar 18;100(6):3077-82. 3. Peter A, Weigert C, Staiger H, Machicao F, Schick F, Machann J, Stefan N,Thamer C, Häring HU, Schleicher E. Diabetes. 2009 Aug;58(8):1757-65. 4. Peter A, Cegan A, Wagner S, Lehmann R, Stefan N, Königsrainer A, Königsrainer I, Häring HU, Schleicher E. Clin Chem. 2009 Dec;55(12):2113-20. 5. Stefan N, Peter A, Cegan A, Staiger H, Machann J, Schick F, Claussen CD,Fritsche A, Häring HU, Schleicher E. Diabetologia. 2008 Apr;51(4):648-56. VERFASSER: Dr. med. Andreas Peter Zentrallabor Medizinische Klinik IV, Abteilung für Endokrinologie, Diabetologie, Angiologie, Nephrologie und Klinische Chemie Universitätsklinikum Tübingen Otfried-Müller Straße 10 72076 Tübingen Tel. 0 70 71 / 29-85673 E-Mail: andreas.peter@med.uni-tuebingen.de