AG GRUNDRECHTE SS 2015 9. Termin, 24.6.2015 Art. 14 GG Denkmalschutz - mögliche Lösung Die Verfassungsbeschwerde der D-AG hat Erfolg, wenn sie zulässig und begründet ist. A. Zulässigkeit I. Zuständigkeit des BVerfG II. Beschwerde- und Prozessfähigkeit Beschwerdefähigkeit: D-AG keine natürliche Person, sondern eine juristische Person aber 19 III GG Prozessfähigkeit: Fähigkeit, Prozesshandlungen selbst oderdurch Bevollmächtigte vorzunehmen Vorstand gem. 78 AktG III. Beschwerdegegenstand verwaltungsgerichtliche Entscheidungen, namentlich die letztinstanzliche abweisende Entscheidung (Judikative) und der Ablehnungsbescheid der Behörde ifd Verweigerung der Genehmigung des Abrisses (Exekutive). IV. Beschwerdebefugnis 1. Möglichkeit der Grundrechtsverletzung Eigentum knüpft nicht an natürliche Eigenschaften des Menschen an
D-AG wird durch Staat gezwungen, Gebäude mit erheblichen finanziellen Belastungen zu erhalten Eigentum umfasst auch die Entscheidung über die jeweilige Nutzung wird hier verhindert 2. Eigene, gegenwärtige und unmittelbare Beschwer V. Rechtswegerschöpfung/Subsidiarität VI. Form und Frist VII. Zwischenergebnis B. Begründetheit Die Verfassungsbeschwerde der D-AG ist begründet, wenn diese tatsächlich in ihren Grundrechten verletzt ist. Art. 14 I GG I. Schutzbereich 1. personeller Schutzbereich 19 III GG, s.o. 2. sachlicher Schutzbereich Verweigerung der Erteilung der Abrissgenehmigung müsste Schutzbereich von Art. 14 I GG berühren Was ist Eigentum? SEITE 2 6
Definition: Summe aller vermögenswerten Rechte, die dem Einzelnen durch die Gesetze zugewiesen sind und ihm eine private Nutzungs- und Verfügungsbefugnis einräumen. Normgeprägtes Grundrecht Schutzfähiges Eigentum ist daher grds. jedes vom Gesetzgeber gewährte vermögenswerte Recht 903 BGB Eigentümer kann mit seiner Sache nach Belieben verfahren hier: Entscheidung über die Nutzung und das Weiterbestehen des Gebäudes II. Eingriff in den Schutzbereich o.g. Entscheidung nicht möglich, also Eingriff (+) 1 III. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung 1. gesetzliche Grundlage 13, 31 DenkSchG 2. Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Grundlage a. formelle Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Grundlage b. materielle Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Grundlage 1 Bereits an dieser Stelle könnte man die Abgrenzung ISB-Enteignung thematisieren. SEITE 3 6
(1) Qualifizierung der gesetzlichen Grundlage: Abgrenzung der Inhalts- und Schrankenbestimmungen von Enteignungen Art. 14 GG unterscheidet zwischen Inhalt und Schranken in Abs. 1 und Enteignungen in Abs. 3 Abgrenzung notwendig, da anderen Rechtmäßigkeitsanforderungen (s. v.a. hinsichtlich der Schrankenregel) (P) Wie abzugrenzen? Da die Enteignung der engere Rechtsbegriff ist, bietet es sich an, die Abgrenzung aus dieser Perspektive vorzunehmen. Definition: Eine Enteignung liegt vor, wenn ein Gesetz final im konkreten Fall die vollständige oder teilweise Entziehung einer Eigentumsposition im öffentlichen Interesse vorsieht. 2 Es kommt daher auf formelle Kriterien an, die materielle Intensität spielt keine Rolle (mehr). hier: Regelung entzieht keine konkreten Eigentumspositionen zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben, sondern beschränkt generell und abstrakt die Nutzungsmöglichkeiten des Grundstücks daher ISB müssen verhältnismäßig sein! (2) Verhältnismäßigkeit der Inhalts- und Schrankenbestimmungen (aa) Legitimer Zweck Schutz von Kulturdenkmälern (bb) Geeignetheit und Erforderlichkeit 2 Die ISB wird als generelle und abstrakte Festlegung von Rechten und Pflichten hinsichtlich des Eigentums definiert. SEITE 4 6
ist geeignet Erforderlichkeit ist Voraussetzung in 13 DenkSchG selbst (cc) Angemessenheit Abwägung zwischen Sozialbindung des Eigentums und dessen Privatnützigkeit grds ist Regelung in Ordnung: Denkmalschutz grds nur durch Inpflichtnahme des Eigentümers; führt grds aber nicht zu unangemessener Belastung Anders, wenn für Baudenkmal keinerlei sinnvolle Nutzungsmöglichkeit mehr besteht dann Privatnützigkeit nahezu vollständig beseitigt aus dem Recht wird dann (nur noch) eine Last ohne jeden Vorteil Norm schließt diese unverhältnismäßigen Belastungen für den Eigentümer nicht aus (= keine Berücksichtigung von Eigentümerbelangen) daher grds. verfassungswidrig aber: 31 DenkSchG Ausgleich, der Verfassungswidrigkeit beseitigt? (P) Anforderungen an Ausgleichsregelungen BVerfG: gesetzlichen Grundlage Ausgleichsregelungen sind unzulänglich, wenn sie sich darauf beschränken, dem Betroffenen einen Entschä- SEITE 5 6
digungsanspruch in Geld zuzubilligen (Bestandsgarantie) Verwaltungsverfahren und Rechtsschutz: Entscheidung über Beschränkung des Eigentums muss gleichzeitig verbunden sein mit Entscheidung über das Bestehen eines Ausgleichsanspruchs hier insbesondere: Keine Ausnahmevorschriften bzgl. Bestandsschutz des Eigentums 31 DenkSchG lässt 13 nicht verfassungsgemäß werden! (dd) Zwischenergebnis Die 13, 31 DenkSchG sind unangemessen und daher nicht verhältnismäßig. 3. Zwischenergebnis C. Gesamtergebnis SEITE 6 6