Hamilton-Mechanik. Inhaltsverzeichnis. 1 Einleitung. 2 Verallgemeinerter oder kanonischer Impuls. Simon Filser

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Transkript:

Hamilton-Mechanik Simon Filser 4.9.09 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 1 Verallgemeinerter oder kanonischer Impuls 1 3 Hamiltonfunktion und kanonische Gleichungen 4 Die Hamiltonfunktion als Energie und als Erhaltungsgröÿe 3 5 Kanonische Transformationen und zyklische Koordinaten 5 6 Phasenraum 6 7 Poissonklammern 8 8 Standardvorgehen für Aufgaben 9 1 Einleitung Für die Praxis der theoretischen Mechanik bietet der Hamilton-Formalismus zwar keine Vorteile gegenüber dem Lagrange-Formalismus, allerdings ist er in vielen Fällen etwas eleganter und bildet eine wichtige Grundlage für die Quantenmechanik. Verallgemeinerter oder kanonischer Impuls In der Hamilton-Mechanik wird zu jeder Ortsvariable q i ein kanonisch konjugierter Impuls p i deniert, der statt der Geschwindigkeit q i des Lagrange- Formalismus erwendet wird. Der kanonische Impuls wird deniert als p i = L q i (1) Weil somit alle q i durch die Impulse p i ausgedrückt werden, wird das System aus 1

f DGL. Ordnung (also die Bewegungsgleichungen im Lagrange-Formalismus) in ein äquivalentes System aus f DGL 1. Ordnung transformiert, die kanonischen Gleichungen (s. u.). Bsp: Ebenes Pendel Wir verwenden hier ohne Herleitung die Lagrangefunktion eines ebenen Pendels: L = m r² φ² + mgrcos(φ) () Hier ist der zu φ konjugierte Impuls p φ = L φ = mr² φ kein Translationsimpuls, sondern ein Drehimpuls. 3 Hamiltonfunktion und kanonische Gleichungen Die Hamiltonfunktion entsteht durch eine Legendre-Transformation der Lagrangefunktion: f H( q, p, t) = q i ( q, p, t)p i L( q, q( q, p, t), t) (3) i=1 Wichtig ist dabei, dass alle q i vollständig durch die Impulse p i ausgedrückt werden und in der Hamiltonfunktion nicht mehr vorkommen. Wenn man diese Funktion jetzt partiell nach ihren Variablen ableitet, erhält man die kanonischen Gleichungen, sie sind die wichtigsten dieses Kapitels. q k = H (4) q k p k = H (5) q k Die neuen Variablen p und q sind völlig gleichberechtigt und haben in erweiterten Transformationen der Koordinaten nicht mehr zwangsläug viel mit den ursprünglichen Koordinaten zu tun, können insbesondere der Energie oder anderen physikalischen Gröÿen entsprechen. Oft wird auch die Beziehung zwischen den Zeitableitungen von Lagrange- und Hamiltonfunktion zu den kanonischen Gleichungen gerechnet: H t = L t (6) Bsp: Massenpunkt im Potenzial Die Lagrangefunktion für die Bewegung eines Massenpunkts in einem Potenzial lautet: L = m (ẋ² + ẏ² + ż²) U(x, y, z, t) (7)

Daraus ergeben sich die Impulse p x = L ẋ = mẋ, p y = mẏ und p z = mż, was zur Hamiltonfunktion ( m ) H = ẋp x + ẏp y + żp z (ẋ² + ẏ² + ż²) U(x, y, z, t) = = p x m p x + p y m p y + p z m p z m (ẋ² + ẏ² + ż²) + U(x, y, z, t) = (8) = p x² m + p y² m + p z² + U(x, y, z, t) m führt. Die kanonischen Gleichungen sind für die x-komponente: p x = H x = U x ẋ = H = p x (10) p x m und analog für die anderen Komponenten. In Vektorschreibweise erhält man (9) r = p m (11) p = U (1) was die Äquivalenz der verschiedenen Formalismen belegt. 4 Die Hamiltonfunktion als Energie und als Erhaltungsgröÿe Die Hamiltonfunktion entspricht in vielen typischen Fällen der Energie des Systems, allerdings nur dann, wenn die kinetische Energie T nur von der Geschwindigkeiten abhängt und das Potential geschwindigkeitsunabhängig ist, also wenn sich die Lagrangefunktion als L = T ( q) + U(q, t) schreiben lässt. Daraus folgt dann: H = T + U = E (13) Um die Zeitabhängigkeit der Hamiltonfunktion zu überprüfen, bilden wir die totale Zeitableitung: dh dt = ( H q i + H p i ) + H q i p i t = = ( H H H H ) + H q i p i p i q i t = H t = L t Wirken nur skleronome, also zeitunabhängige, Zwangsbedingungen, ist die Hamiltonfunktion erhalten. Es gilt dann (14) dh dt = L t = 0 (15) 3

Wenn also die Hamiltonfunktion der Energie entspricht, ist diese (die Energie) genau dann enthalten, wenn Lagrange- bzw. Hamilton-Funktion nicht explizit von der Zeit abhängen. Umgekehrt sind die Energieerhaltung und die Identität von Hamiltonfunktion und Energie allerdings nicht äquivalent! H t = 0 H = E Bsp: Perle auf rotierendem Draht Ein Teilchen sei auf einem halbkreisförmig rotierenden Draht mit Radius R angebracht und auf diesem frei beweglich. Der Draht rotiere mit konstanter Winkelgeschwindigkeit ω um eine fest vorgegebene Achse im kräftefreien Raum. Abbildung 1: Perle auf rotierendem Draht Die Lagrangefunktion lautet in Kugelkoordinaten (entspricht den kin. Energie, da keine Kräfte wirken): L = m R²( ϑ² + ω²sin²ϑ) (16) ϑ ist die einzige freie Variable, ihr konjugierter Impuls ist die Geschwindigkeit ist also ϑ = Wir können jetzt die Hamiltonfunktion aufstellen: H = ϑp ϑ L = p ϑ² p ϑ = L ϑ = mr² ϑ (17) p ϑ mr² mr² m R²( ϑ² + ω²sin²ϑ) = = p ϑ² mr² m R²(( p ϑ mr² )² + ω²sin²ϑ) = p ϑ² mr² mr² ω²sin²ϑ(18) Weil in diesem Beispiel kein Potenzial besteht, gilt: E = T = L Um die Energieerhaltung zu überprüfen, leiten wir L nach der Zeit ab: 4

de dt = dl dt = mr² ( ϑ ϑ + ω²sinϑcosϑ ϑ) = mr² ϑ( ϑ + ω²sinϑcosϑ) 0 (19) Die Energie ist hier nicht erhalten, weil durch die konstante Bewegung des Rings Energie zugeführt oder abgegeben werden kann. Wir prüfen auch, ob die Hamiltonfunktion erhalten ist: dh dt = p ϑṗ ϑ mr² mr²ω²sinϑcosϑ ϑ = = p ϑṗ ϑ mr² p ϑω²sinϑcosϑ = p ϑṗ ϑ mr² p ϑṗ ϑ mr² = 0 (0) p ϑ. mr² wobei p ϑ = H ϑ = mr²ω²sinϑcosϑ, also ω²sinϑcosϑ = (Alternativ: dh dt = H t = 0) Die Hamiltonfunktion ist erhalten, sie kann also hier nicht der Energie entsprechen. 5 Kanonische Transformationen und zyklische Koordinaten Im Hamiltonformalismus sind viel mehr verschiedene Koordinatentransformationen möglich als im Lagrangeformalismus. Als Bedingung wird jetzt nur noch gestellt, dass die Transformationen kanonisch sind, also auch in den neuen Koordinaten die kanonischen Gleichungen erfüllt sind (und die Rechenregeln für Poissonklammern gelten, s. u.). Dadurch kann sich die Gestalt der Bewegungsgleichungen in Einzelfällen vereinfachen, wenn beispielsweise eine zyklische Koordinate (Zur Erinnerung: Eine zyklische Koordinate ist eine Variable, von der die Hamiltonfunktion nicht abhängt) auftaucht. Zyklischen Koordinaten sind immer entsprechende Erhaltungsgröÿen zugeordnet, die Impulse, aber auch abstraktere Gröÿen sein können. Es gibt allerdings kein Standardverfahren für solche Transformationen. Bsp: Kanonische Transformation beim harmonischen Oszillator Die Hamiltonfunktion des harm. Oszillators lautet (ohne Herleitung): H = mω²q² + p² m (1) Wählt man folgende Transformation auf die Variablen Q und P (Die Transformation ist kanonisch, was hier nicht bewiesen wird. Man könnte das beispielsweise durch Bilden der Poissonklammern beweisen (s. Kap. 7)): P q = mω sinq, p = mωp cosq vereinfacht sich die Hamiltonfunktion auf H = ωp sin²q + ωp cos²q = ωp () 5

Die Koordinate Q ist zyklisch und die Bewegungsgleichung hängt nur noch von einer Variablen ab. 6 Phasenraum In einem System mit f Freiheitsgraden benötigt man f Werte - also f Orts- und f Impulskoordinaten - um das System eindeutig festzulegen. Man kann einen fdimensionalen Raum denieren, in dem dann die Bewegung stattndet. Schon bei Freiheitsgraden erhält man aber einen 4-dimensionalen Phasenraum, der nicht mehr zu zeichnen ist und die Beispiele beschränken sich eigentlich fast immer auf Systeme mit nur einem Freiheitsgrad. Satz von Liouville Für Systeme, in denen der Hamilton-Formalismus gilt, gilt auch der Satz von Liouville, der besagt: Das Volumen, das eine Menge von Phasenraumpunkten einnimmt, ist zeitlich konstant. Bsp: Massenpunkte im Graviationspotenzial (Klausuraufgabe) Ein Teilchen der Masse m bewegt sich auf einer vertikalen Linie unter dem Einuss des Gravitationpotentials U(x) = mgx. Für ein einzelnes Teilchen der Energie E kann man eine eindimensionale Kurve p(x) berechnen. Weil hier der typische Fall vorliegt, lässt sich der kanonische Impuls als p = mẋ und die kinetische Energie als T = m Aus E = p² m + mgx folgt für diese Kurve die Formel ẋ² = p² m schreiben. p(x) = ± m(e=mgx) (3) Aus der Bewegungsgleichung mẍ = =mg folgen für gegebene Anfangswerte p(0) und x(0) die zeitlichen Entwicklungen p(t) = p(0)=mgt (4) x(t) = x(0) + p(0)t m =1 gt² (5) 6

1 3 1 1 1 Abbildung : Trajektorien im Phasenraum für positive und negative Energie Betrachten wir nun ein Ensemble von Teilchen, das sich zum Zeitpunkt t = 0 am Ort x = 0 bendet und gleichmäÿig verteilte Impulsen zwischen =p 0 (nach unten) und +p 0 (nach oben) besitzt. Wir suchen den Bereich des Phasenraums, den die Phasenraumpunkte (x(t), p(t)) dieser Teilchen zu einem späteren Zeitpunkt t = t 0 > 0 belegen. Aus (5) folgt mit x(0) = 0 p(0) = (x(t 0 ) + 1 gt 0²) m t 0 (6) Setzt man das in (4) ein, sieht man, dass alle Punkte zu Zeit t 0 auf der Geraden p(t 0 ) = m t 0 x(t 0 ) 1 mgt 0 (7) liegen. Diese Gerade schneidet die parabolische Phasenraumkurve zur (maximalen) Energie E 0 = p0² m in den Punkten: x 1 = p 0t 0 m gt 0², p 1 = p 0 mgt 0 ; x = p 0t 0 m gt 0², p = p 0 mgt 0 (8) Die Phasenraumpunkte des Ensembles belegen zum Zeitpunkt t = t 0 den Abschnitt der oben angegeben Geraden zwischen diesen Schnittpunkten. Schlieÿlich betrachten wir den Fall, dass die Teilchen zum Zeitpunkt t = 0 ein kleines endliches Gebiet des Phasenraums mit Ortskoordinaten zwischen x = 0 und x = h (h klein) belegen; die Anfangsimpulse sollen nach wir vor zwischen =p 0 und p 0 liegen, die Fläche des Gebiets ist also p 0 h. Zum späteren Zeitpunkt t 0 liegt das Gebiet zwischen der Geraden aus (7) und einer um den Wert h zu positiven x-werten verschobenen Geraden: p(t 0 ) = m t 0 (x(t 0 ) h) 1 mgt 0 (9) 7

Es entsteht ein Parallelogramm, das ebenfalls die Höhe p 0 und somit auch die Fläche p 0 h besitzt. 1 1.0 0.5 0.5 1.0 1.5 1 Abbildung 3: zeitliche Verschiebung einer Fläche im Phasenraum 7 Poissonklammern Die Poissonklammern sind ein Beispiel für einen Teil des Formalismus, der noch wenig sinnvoll erscheint, aber in der Quantenmechanik sehr wichtig wird. Allerdings ist es möglich, aus den Poissonklammern Bewegungsgleichungen herzuleiten und zu überprüfen, ob eine bestimmte Transformation kanonisch ist. Die Rechenregeln für Poissonklammern müssen nämlich auch in den neuen Koordinaten gelten. Die Poissonklammern sind deniert als {f, g} q,p = i ( f q i g p i f p i g q i ) (30) wobei oft die Indizes an den Klammern weggelassen werden, weil klar ist, nach was abgeleitet wird. Die Poissonklammern lassen sich für alle Observablen (Funktionen f(q, p, t) auf dem Phasenraum, z. B. H) bilden. Sie vereinfachen beispielsweise die totale Zeitableitung einer Observablen: df dt = i ( f q i + f p i ) + f q i p i t = i ( f H f H ) + f q i p i p i q i t = {f, H} + f t (31) Also ist f genau dann eine Erhaltungsgröÿe, wenn gilt: {f, H} + f t = 0 Wichtige Eigenschaften der Poissonklammern kann man aus der Denition gewinnen: 8

ˆ Antisymmetrie: {f, g{= = {g, f} ˆ Linearität: {λf + g, h} = λ {f, h} + {g, h} ˆ Produktregel: {f, gh} = {f, g} h + g {f, h} ˆ fundamentale Poissonklammern: {q i, q j } = {p i, p j } = {f, f} = 0 {q i p j } = δ ij ˆ kanonische Gleichungen: q i = {q i, H} ṗ i = {p i, H} In Aufgaben genügt es meist, verschiedene der oberen Eigenschaften anzuwenden ohne die Klammer explizit ausrechnen zu müssen. 8 Standardvorgehen für Aufgaben Zum Aufstellen der Hamiltonfunktion kann man prinzipiell folgendes Schema anwenden: ˆ Aufstellen der Lagrange-Funktion ˆ Berechnung der konjugierten Impulse p i ˆ Diese Impulsgleichungen nach den Geschwindigkeiten q i auösen ˆ Überprüfen, ob der typische Fall vorliegt, also T ( q) und U(q, t), dann ist die Hamiltonfunktion gleich der Energie (Achtung: die kinetische Energie durch p i ausdrücken, nicht durch q i!) ˆ Die Hamiltonfunktion aufstellen und die q i aus der Funktion mit der Impulsgleichung eliminieren: f H( q, p, t) = q i ( q, p, t)p i L( q, q( q, p, t), t) (3) i=1 9