Lernziele Funktionelle Dyspepsie Definitionen und klinisches Bild der Dyspepsie Dyspepsie verstehen, Differenzialdiagnosen Praktisches Vorgehen Therapeutische Möglichkeiten Christoph Beglinger Klinik für Gastronterologie & Hepatologie Universitätsspital Basel Funktionelle GI Erkrankungen Oberer GI Trakt Dyspepsie - Definition Unterer GI Trakt Blähungen/Schmerzen IBS Funktionelle Verstopfung/Durchfall Dysphagie Noncardiac chest pain Sodbrennen Nonulcerative dyspepsia (NUD) Funktionelle Gallestörungen Eine Gruppe von Symptomen, welche den Arzt veranlassen, an eine Krankheit im oberen Magendarmtrakt zu denken (British Society of Gastroenterology, 1996) Begriff Dyspepsie Symptomenkomplex mit - epigastrischen Schmerzen - Appetitlosigkeit - Völlegefühl - Aufstossen - Übelkeit oder Erberechen -... 125
Funktionelle Dyspepsie Dyspepsie: Strukturelle Dyspepsie (GERD, Ulkus, Gallensteine, etc.) Non-GI Ursachen der Symptome Wichtigste Unterscheidung: Organisch oder funktionell? Diagnostische Probleme für den HA Abklären oder behandeln? Was für Untersuchungen? Endoskopie? Alarmsymptome Hinweise für eine gastrointestinale Blutung Schluckbeschwerden Gewichtsverlust Systemerkrankung Frühzeitiges Sättigungsgefühl/ Nahrungsmittelaversion Symptome erfassen Abdominelle Schmerzen/ Unwohlsein (discomfort) Völlegefühl, vorzeitiges Sättigungsgefühl Blähungen uns sichtbar gebläht, Gewichtsverlust Beschränktes Labor Hb, CRP Thyroid function tests Calprotectin im Stuhl (?) Mögliches Vorgehen Check for red flags Manz, Burri. 2012;Hammer, Talley. 2005; Schmulson, Chang. 1999 126
Calprotectin Likelyhood Ratio Oberer Magendarmtrakt Manz, Burri et al. 2012 Funktionelle Dyspepsie - Definition Eines oder mehrere der fogenden Symptome: - ungenehmes postprandiales Völlegefühl - vorzeitiges Sättigungsgefühl - epigastrischer Schmerz - epigastrisches Brennen Ausschluss einer strukturellen Erkrankung, welche Beschwerden erklären können (obere Endoskopie obligat) Kommentar FD (Reizmagen) Der Begriff FD bezeichnet eine GI Erkrankung als deren Ursprungsort eine GI Erkrankung angenommen wird, deren Ursachen trotz adequater Diagnostik nicht gefunden werden. Symptome entsprechen Rom-III-Kriterien. (Rom-III Kriterien) (Rom-III Kriterien) Symptome der funktionellen Dyspepsie Ulkus-ähnlich (Dominant) Dysmotilitäts-Dominant Nächtliche Schmerzen Nausea Sodbrennen Lokalisiertes Blähungen epigastrisches Frühe Sättigung Brennen Retrosternales schlechter Verbesserung Brennen nach Nahrung durch essen % of Patients with Functional Dyspepsia who also have IBS Funktionelle Dyspepsie (Reizmagen) und Reizdarm 29% Ulcer-like Dyspepsia 44% Dysmotility-like Dyspepsia (Jones R. Gut 1990;31:401) 127
in gut 2 State of the art lectures Was sind die möglichen Ursachen der funktionellen Dyspepsie? Pathophysiologie der funktionellen Dyspepsie Veränderte Perzeption (Hyperalgesia) Veränderte Motilität (Magen) Veränderte ZNS Funktion Helicobacter pylori Pathogenese & Pathophysiologie der Dyspepsie Veränderte Perzeption Veränderte Motilität Verhaltensfaktoren Gastritis H. pylori Veränderte viszerale Perzeption (Hyperalgesie) Mechanismen der Hyperalgesia Rolle der Entzündung Mechanismen der Hyperalgesie Normal Pathways Mucosa Lamina propria Neuromuscular layer Irritation or Infection Acute Inflammation Cortex Schmerz Perzeption Resolution Immune Activation Altered Neuromuscular Function RM - ANS. Input Neuronen 2. Ord. Ganglion Dorsales Ganglion Absteigende hemmende Fasern In some (Genetic) Persistent Altered Neuromuscular Function Normal Sensorische Nervenenden 128
Meal 2 State of the art lectures Mechanismen der Hyperalgesie Peripheral Hyperalgesia Traffic Amplification Amplification Veränderte Motilität bei Dyspepsie Recruitment of silent sensory fibres - Amplification Irritation or Low Grade Inflammation GI Motilität im oberen GI Trakt bei Dyspepsie Normal Fundusakkommodation oder Relaxation Abklären oder behandeln? Funktionelle Dyspepsie Gestörte Akkommodation Mit Neuverteilung der Nahrung ins Antrum (Gilja O. Dig Dis Sci 1996;41:689) Vorteile der empirischen Behandlung Keine teure Abklärung aber Keine klare Diagnose Helicobacter pylori bei funktioneller Dyspepsie 129
H. Pylori, eine Ursache für funktionelle Dyspepsie? Helicobacter Therapie Kontrovers Evidenz - biologisch plausibel - Prävalenz erhöht (45% - 70% in FD vs 8% - 35% in Kontrollen) - Eradikations Studien Helicobacterbehandlung nur mässig wirksam (Cochrane Meta-Analyse) RRR 10%, NNT 14 Moayyedi et al. Cochrane Database Syst Rev 2006;2:CD002096 Antisekretorische Therapie Säuresekretionshemmung nur mässig wirksam (Meta-Analyse) RRR 10%, NNT 14 Kommentar zur PPI Therapie Prinzipiell muss bei Patienten mit Symptomen einer FD und Sodbrennen, die gut auf PPI ansprechen, an eine NERD gedacht werden. Eine Impedanzmessung kann Klarheit schaffen, erfolgt in der Praxis allerdings fast nie. Talley et al. APT 1998;12:1055-65 Motilitätswirksame Therapie Grundlage: ein Drittel der Patienten mit FD haben eine gestörte Magenentleerung Meta-Analyse von > 3400 Patienten mit folgenden Substanzen: Cisaprid, Metoclopramid, Domperidon, Mosaprid, Itoprid, Trimbutin Domperidon: 10/11 Studien dokumentieren eine höhere Wirksamkeit als Plazebo Domperidon ist Metoclopramid vorzuziehen, da weniger extrapyramidale NW Kommentar zur motilitätswirksamen Therapie Patienten mit Symptomen wie postprandiales Unwohlsein oder vorzeitiges Sättigungsgefühl profitieren von einer motilitätswirksamen Therapie. Die Datenlage ist unterschiedlich, da viele Studien älter sind. Cisaprid ist nicht mehr verfügbar. Hiyama et al. J Gastroenterol Hepatol 2007;22:304-310 130
Pathogenese Meteorismus Gas im oberen Gastrointestinaltrakt Abnorme Sensibilität Normaler Gasgehalt Erhöhter gastrointestinaler Gasgehalt Erhöhte Gasproduktion Motilitätsstörung Aerophagie Kohlesäurehaltige Getränke Künstliche Süssstoffe Aerophagie Gas im unteren Gastrointestinaltrakt Blähende Speisen Früchte, Gemüse, Getreide, Nahrungsmittelzusätze Malabsorption Sprue Exokrine Pankreasinsuffizienz Kopf und Bauch bei funktioneller Dyspepsie ZNS Faktoren Angst Depression Sexueller Missbrauch Schlafentzug Stress Die Bedeutung der psychologischen Faktoren in FD ist weniger etabliert im Vergleich zum Reizdarm Antidepressiva und Anxiolytika Grundlage: antinozizeptive Wirkung mit Reduktion der gastralen Sensitivität Meta-Analyse identifiziert 4 Studien für Antidepresiva (Amitriptylin, SSRI), RR 0.55; 95% [CI], 0.36-0.85 Anxiolytika nicht wirksam Hojo et al. J Gastroenterol 2005;40:1036-1042 131
Kommentar zur antidepressiven Therapie Auf Grund ihrer antinozizeptiven Wirkung können Antidepressiva bei FD mit chronisch epigastralen Schmerzen im Einzelfall indiziert sein. Die klinische Wirkung ist aber nur mässiggradig. Phytopharmaka Nur STW5 (Iberogast) mittels randomisierter, plazebo-kontrollierter Studien evaluiert. STW5 besteht aus Extrakten von 5 verschiedenen Pflanzen. Experimentell verändert STW5 die motorische Aktivität im Magendarmtrakt Eine Meta-Analyse dokumentiert Wirksamkeit gegenüber Plazebo Melzer et al. APT 2004;20:1279-1287 Kommentar zur Phytotherapie Reizmagen (= funktionelle Dyspepsie) Häufigste Symptome: Postprandiales Völlegefühl Epigastrische Schmerzen/Brennen Symptom(e) jeweils seit 3 Monaten, mit Erstmanifestation vor 6 Monaten (Rom III) Die Wirksamkeit von andern Phytopharmaka ist nicht genügend dokumentiert. Pfefferminzöl, Kümmelöl oder Artischockenblätter wurden verwendet, die Daten sind aber ungenügend, um evidenz-basierte Empfehlungen zu geben. Alarmsymptome: Gewichtsverlust Bluterbrechen, Teerstuhl Zunehmende Dysphagie Rezidivierendes Erbrechen Hinweise für Ulkus, Karzinom Anamnese Positive Familienanamnese für GI Karzinome Anämie Alter > 45 Jahre nein C13 Atemtest für H. pylori positiv ja Abklärung beim Gastroenterologen: Gastroskopie Sonographie Leberwerte Pankreasenzyme ja nein Empirische Therapie Eradikation 132