Allgemeine Betriebswirtschaftslehre: Kapitalmarkt, Finanzierung und Investition SS 2009

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Inhaltsverzeichnis VII

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Transkript:

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre: Kapitalmarkt, Finanzierung und Investition SS 2009 Vorlesung: Freitag 10-12, PD Dr. Dorothea Schäfer, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Übung 12-14 Uhr: Nataliya Barasinska (DIW) (erste Hälfte des Semesters) Dr. Oleg Badunenko (DIW) (zweite Hälfte des Semesters) 1

Allgemeines: Vorlesungsfolien werden verschickt Bitte email an dschaefer@diw.de, Betreff: Vorlesung SS09 Literatur Vorlesung: Kruschwitz Lutz: Finanzierung und Investition, neueste Auflage Übungsaufgaben: Buch Schäfer/Kruschwitz/Schwake: Studienbuch Finanzierung und Investition, Oldenburg 2000 Vorlesung jede Woche Übung jede Woche beginnend in der 2. Vorlesungswoche 2

Sonstige Literatur Grinblatt/Titman [neueste Auflage], Financial Markets and Corporate Strategy Brealey, Richard and Stewart C.Myers [neueste Auflage]: Principles of Corporate Finance. Most recent edition, McGraw--Hill: New York. Franke G. und Hax H. (2003): Finanzwirtschaft des Unternehmens Kapitalmarkt und Vorgehensweise: Vorlesung: Intendiert ist ein Dialog Übung: Erarbeiten von Lösungen zu Übungsaufgaben, Aufgabenverteilung und Präsentation durch Studenten 3

Gliederung: Einführung Wofür braucht meinen einen Kapitalmarkt? Investitions- und Finanzierungsentscheidung: Separationstheorem Finanzierungs- und Investitionsentscheidungen unter Sicherheit Mehrmalige sichere Zahlungen Arbitragefreier Kapitalmarkt Finanzierungs- und Investitionsentscheidungen unter Unsicherheit Nutzentheorie unter Unsicherheit Formen der Risikoeinstellung Bewertungskonzepte unter Unsicherheit Portfoliotheorie und CAPM Marktbezogene Bestimmung der Kapitalkosten unter Unsicherheit Kapitalstrukturentscheidungen Eigenkapital und/oder Kreditfinanzierung Exkurs: differenziertere Kapitalstrukturen Grundzüge der Optionspreistheorie und des Risikomanagements 4

Wofür braucht man einen Kapitalmarkt? Antwort: Weil dann die Haushalte einen höheren Nutzen erreichen können Kapitalwert-Modell Entscheidende Annahme: Entscheidung unter Sicherheit Existenz eines vollkommenen Kapitalmarktes: Investitions- und Konsumentscheidung zerlegbar: Fishersches Separationstheorem Haushalte erreichen ein höheres Nutzenniveau Nutzenmaximierung der Haushalte (Individuen) führt zur Herausbildung eines einheitlichen Kalkulationszinsfusses. Mit diesem Zinsfuß lassen sich Investitionsprojekte bewerten. Entscheidungskriterium: Kapitalbarwert (NPV) positiv 5

Kapitalwert-Modell 1. Schritt: Betrachtung eines einzelnen Individuums Annahmen: Zwei Zeitpunkt Welt unter Sicherheit Individuum verfügt über Erstausstattung an Geld und Gütern in beiden Zeitpunkten Nicht-konsumierte Erstausstattungen bringen einen Ertrag r Es existiert ein Konsumgütermarkt und ein Kapitalmarkt Individuum besitzt intertemporale Nutzenfunktion U(C 0, C 1 ) 6

max Zu beachtende Restriktion bei der Nutzenmaximierung:! ist Konsumgüter- Preis Konsumgüter preis = 1: M 0 =C 0 + M 0 C 0 7

Wie findet das Individuum sein Nutzenmaximum: Annahme: Keine Erstausstattung in t=1,! = 1 C 1 C 1 Steigung der Transaktionsgerade: - (1+r) Indifferenzkurve C 0 + M 0 : Erstausstattung in t=0 Nutzenmaximum C 0 + M 0 C 0 : Ersparnis in t=0 (= M 0 d.h. Anlage am Kapital- Markt) C 1 : verzinste Anlage am Kapitalmarkt (= Konsum in der zweiten Periode) C Ersparnis = 0 Anlage am C 0 + M 0 C 0 23.04.2009 Kapitalmarkt Vorlesung Kapitalmarkt, 8

Kapitalwert-Modell (Bewertung von Investitionsprojekten) Wodurch wird der optimale Punkt auf der Transaktionsgeraden bestimmt: Nutzenfunktion Totales Differential der Nutzenfunktion U(C 0,C 1 ): Umstellen zur Grenzrate der Substitution zwischen Konsum heute und Konsum morgen Nutzenfunktion: abnehmende Grenznutzen Ableitung der Nutzenfunktion nach C 0 und C 1 ist jeweils positiv Ableitung der Indifferenzkurve negativ Positive Ableitung (Grenznutzen) wird immer kleiner konvexe Indifferenzkurven 9

Kapitalwert-Modell: 1. Schritt: Betrachtung eines einzelnen Individuums Annahmen: Zwei Zeitpunkt Welt unter Sicherheit Individuum verfügt über Erstausstattung an Geld M Nicht-konsumierte Erstausstattungen bringen einen Nettoertrag r (Zinssatz für Ersparnis) Der Konsumguterpreis ist auf 1 normiert Individuum besitzt intertemporale Nutzenfunktion Es existiert ein Kapitalmarkt und es besteht die Möglichkeit Realinvestitionen durchzuführen Investitionsmöglichkeiten 10

Investitionsfunktion und Transaktionsgerade Steigung Transaktionsgerade: Bruttokapitalmarktertrag, d. h. 1+r Konkave Investitionsfunktion: Abschnittsweise konstanter Grenzertrag, da Investitionen nicht unendlich teilbar! X! I 0 1 > 0. Insgesamt abnehmender Grenzertrag Optimales Investitionsniveau? Berührungspunkt von Transaktionsgerade und Investitionsfunktion Dorothea Schäfer 11

Kapitalwert-Modell: Betrachtung eines einzelnen Individuums Investitionsfunktion und Transaktionsgerade C1 Unendliche Teibarkeit der Investitionen: Optimum Abnehmender Grenzertrag X 1! X! X > 0, < 0.! I! 2 1 1 2 0 I0 Optimales Investitionsniveau ist eindeutig C 0 * I 0 M 0 C 0 Regel: Steigung der Transaktionsgerade = Steigung der Investitionsfunktion 1+r =! X 1 /! I0 12

Kapitalwert-Modell: Investitionsfunktion, Transaktionsgerade und Nutzen C 1 Konsumoptimum: Erst Investitionsentscheidung I 0 Dann Konsumentscheidung X 1 Investitions- Optimum Konsum- Optimum I 0 C 0 13

Kapitalwert-Modell: Investitionsfunktion, Transaktionsgerade und Indifferenzkurve Konsumoptimum! X 1 /! I0 Regel 1: Steigung der Transaktionsgerade = Steigung der Investitionsfunktion 1+r =! X /! I 1 0 Regel 2: Steigung der Transaktionsgerade = Steigung der Indifferenzkurve 1+r =!dc / dc 1 0 14

Realisierung des Konsumoptimums: Kreditaufnahme 15

Kapitalwert-Modell (Separationstheorem von Fisher) Fazit: Existenz eines Kapitalmarktes auf dem man liquide Mittel aufnehmen und anlegen kann, ermöglicht die Trennung von Konsum- und Investitionsentscheidung. Unabhängig von den eigenen Konsumpräferenzen maximiert man seinen Nutzen durch Regel 1: Steigung der Transaktionsgerade = Steigung der Investitionsfunktion 1+r =! X /! I 1 0 Nach Durchführung der Investition treffe ich meine Konsumentscheidung nach der Regel 2: Steigung der Transaktionsgerade = Steigung der Indifferenzkurve 1+r =!dc 1 / dc0 Starke Gegenwartspräferenz: Kreditaufnahme heute und Rückzahlung inkl. Zinsen in der Folgeperiode Geringe Gegenwartspräferenz: Geringer Konsum und Anlage der Mittel heute, Rückzahlung inkl. Zinsen und damit hoher Konsum in der Folgeperiode 16

Kapitalwert-Modell: Separationstheorem Zukünftige Konsummöglichkeiten H 2 positiv: Konsummöglichkeit werden erhöht, d.h. Durchführung der Investition H 2 negativ: Konsummöglichkeiten werden gesenkt, Unterlassung der Investition Über den Konsum wird getrennt von der Investition entschieden. 17

Kapitalwert-Modell: Separationstheorem. Implikation von H 2 >0 1 H2 0 : I 0 bzw. X 1 1+ r X! " 1 + r # I! 0 0 NPV! 0 Separationstheorem impliziert NPV Regel oder anders ausgedrückt: Wenn ein Manager nach der NPV Regel verfährt, optimiert er den Konsum des Auftraggebers (Kapitaleigner) 18

Kapitalwert-Modell: Analytische Herleitung des Konsum- und Investitionsoptimums max U(C,C )! 0 1 u.d.n. M = C + M + I 0 0 0 0 und C = (1+ r)m + X 1 0 1 Lagrangeansatz: L = U(C 0,C 1) +!(C 1 " (1+ r)(m0 " C0 " I 0) " X 1) 19

Analytische Herleitung des Konsum- und Investitionsoptimums Lagrangeansatz: L = U(C 0,C 1) +!(C 1 " (1+ r)(m0 " C0 " I 0) " X 1(I 0)) Bedingungen erster Ordnung:! L! U = + "(1+ r) = 0! C! C 0 0! L! U = + " = 0! C! C 1 1! L! X = "# + #(1+ r) = 0! I! I 0 0! U! C0! U! C 1! X = (1 + r)! I 0 = (1+ r) Regel 2 Regel 1 20

Analytische Herleitung des Konsum- und Investitionsoptimums Lagrangeansatz: L = U(C 0,C 1) +!(C 1 " (1+ r)(m0 " C0 " I 0) " X 1(I 0)) Bedingungen erster Ordnung fortgesetzt:! L = C 1 " (1 + r)(m0 " C0 " I 0) " X 1(I 0) = 0!# 21