Komplexe Zahlen. Lernziele dieses Abschnitts sind:

Ähnliche Dokumente
KAPITEL 1. Komplexe Zahlen. 1.1 Lernziele im Abschnitt: Komplexe Zahlen Was sind komplexe Zahlen? Komplexe Zahlenebene...

Komplexe Zahlen. Gauss (1831) stellte eine strenge Theorie zur Begründung der komplexen Zahlen auf.

Einheitswurzeln und Polynome

Einführung in das Mathematikstudium und dessen Umfeld

Einführung in das Mathematikstudium und dessen Umfeld

8. Die Exponentialfunktion und die trigonometrischen Funktionen. 8.1 Definition der Exponentialfunktion

4 Andreas Gathmann. x 2 +y 2 x 2 +y 2 x 2 +y 2

Kapitel VII: Der Körper der komplexen Zahlen

8. Die Exponentialfunktion und die trigonometrischen Funktionen

Sinus- + Cosinus-Funktion und komplexe Wurzel

Herzlich Willkommen zur Vorlesung. Analysis I SoSe 2014

Mathematik I - Woche 12 & 13

TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN

Herzlich Willkommen zur Vorlesung. Analysis I SoSe 2013

1.3 Funktionen. Seien M und N Mengen. f : M N x M : 1 y N : y = f(x) nennt man Funktion oder Abbildung. Beachte: Zuordnung ist eindeutig.

Übungsaufgaben zu Analysis 1 Lösungen von Blatt XII vom sin(nx) n sin(x). sin(ax) a sin(x) z = re iϕ = r(cos(ϕ) + i sin(ϕ)) z n = w

TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN

KAPITEL 1. Komplexe Zahlen

Komplexe Zahlen. Lernziele dieses Abschnitts sind:

LGÖ Ks VMa 12 Schuljahr 2017/2018

IMAGINÄRE UND KOMPLEXE ZAHLEN SIEGFRIED PETRY

c B Analytische Geometrie

Zusammenfassung: Gleichungen und Ungleichungen

1 Das Skalarprodukt und das Kreuzprodukt

8. Übungsblatt Aufgaben mit Lösungen

Höhere Mathematik für die Fachrichtung Physik

Kapitel 9. Aufgaben. Verständnisfragen

Einige spezielle Funktionen: exp, ln, sin, cos etc.

Aufgaben zu Kapitel 9

4. Der Weierstraßsche Approximationssatz

$Id: komplex.tex,v /04/13 15:09:53 hk Exp $

1 Funktionen und Flächen

Diesen Grenzwert nennt man partielle Ableitung von f nach x i und

KAPITEL 7. Zahlenfolgen. 7.1 Konvergente Zahlenfolgen Grenzwertbestimmung Grenzwertbestimmung durch Abschätzung...

Technische Universität München Zentrum Mathematik. Übungsblatt 1

Übungen zur Funktionentheorie

Lösungsvorschlag zur Klausur zur Analysis III

KAPITEL 2. Zahlenfolgen

Dirichlet-Reihen II. 1 Konvergenzeigenschaften von Dirichlet-Reihen

3. Taylorformel und Taylorreihen

5 Die komplexen Zahlen

Die Jensensche Ungleichung

Vorkurs Mathematik für Informatiker Potenzen und Polynome --

Index. Majorante, 24 Minorante, 23. Partialsumme, 17

Analysis I für M, LaG/M, Ph 4.Übungsblatt

Zahlenfolgen, Grenzwerte und Zahlenreihen

Der Satz von Stone-Weierstraß. 1 Approximationssatz von Weierstraß

Christoph Hindermann. Vorkurs Mathematik Wichtige Rechenoperationen

Zusammenfassung: Komplexe Zahlen

Aufgabe G 1.1. [Vollständige Induktion, Teleskopsumme] n k 3 = n N : k(k + 1) = 1 1

Allgemeine Lösungen der n-dimensionalen Laplace-Gleichung und ihre komplexe Variable

Dritter Zirkelbrief: Ungleichungen

KAPITEL 11. Ungleichungen. g(x) g(x 0 ) + K 0 (x x 0 ).

Kapitel 2. Terme. oder (x + 1)(x 1) = x 2 1

n gerade 0 n ungerade (c) x n = a 1 n, a R + (d) x 1 := 2, x n+1 = 2 + x n (e) x n = (f) x n = exp(exp(n)) (g) x n = sin(n)

Lösungsvorschläge zu ausgewählten Übungsaufgaben aus Storch/Wiebe: Lehrbuch der Mathematik Band 1, 3.Aufl. (Version 2010), Kapitel 2

6 Folgen. 6.4 Folgen reeller Zahlen. Mathematik für Informatiker B, SS 2012 Dienstag 5.6. $Id: folgen.tex,v /06/05 11:12:18 hk Exp $

TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN

Proseminar: Mathematisches Problemlösen. Ungleichungen 2. Pierre Schmidt. Vortragstermin: 19. Juni Fakultät für Mathematik

so spricht man von einer kommutativen Gruppe oder auch abelschen Gruppe.

Anhang A: Die Gamma-Funktion

Komplexe Zahlen Ac '16

Komplexe Zahlen Ac '16

10 Aussagen mit Quantoren und

Grundkurs Mathematik II

sfg Quadratwurzeln a ist diejenige nichtnegative Zahl (a 0), die quadriert a ergibt: Die Zahl a unter der Wurzel heißt Radikand:

4-1 Elementare Zahlentheorie

Folgen und Reihen. 23. Mai 2002

Determinante und Resultante Azadeh Pasandi

ELEMENTE DER ZAHLENTHEORIE UND AUFBAU DES ZAHLENSYSTEMS

Höhere Mathematik I für die Fachrichtungen Elektroingenieurwesen, Physik und Geodäsie Lösungsvorschläge zum 12. Übungsblatt

Gleichungen und Ungleichungen. Mathematische Grundlagen. Beispiel. Beispiel. Lösung einer quadratischen Gleichung:

n=0 f(x) = log(1 + x) = n=1

n (n + 1) = 1(1 + 1)(1 + 2) 3 Induktionsschritt: Angenommen die Gleichung gilt für n N. Dann folgt: 1 2 = 2 =

Analysis I. 5. Übungsstunde. Steven Battilana. battilana.uk/teaching

Zusammenfassung: Folgen und Konvergenz

von solchen Abbildungen. Eine solche Folge bestimmt für jedes x M die Folge der Werte f n. Schreibt man dies noch einmal formal hin, so erhält man:

Musterlösung Schnellserie 4

Übungen zur Vorlesung Funktionentheorie Sommersemester Musterlösung zu Blatt 0

1.2. Taylor-Reihen und endliche Taylorpolynome

VORKURS MATHEMATIK DRAISMA JAN, ÜBERARBEITET VON BÜHLER IRMGARD UND TURI LUCA

Konvexität und Ungleichungen

mit (a 1 ) (0,0,,0). Dann ist die Menge,,a n,a 2 eine endliche Menge und besitzt ein grösstes Element ggt(a 1

und wird als n-dimensionaler (reeller) Vektorraum bezeichnet. heißt der von v 1,..., v k aufgespannte Unterraum des R n.

( 1) n 1 n n n + 1. n=1

4 Konvergenz von Folgen

Einführung. in die. Teil I und II

Aufgabe 32 Bestimmen Sie den Konvergenzradius der folgenden Potenzreihen und bestimmen Sie ihr Konvergenzverhalten

Musterlösung zu Blatt 8 der Vorlesung Analysis I WS08/09

Wallis-Produkt, Gammafunktion und n-dimensionale Kugeln

Methoden: Heron-Verfahren, Erweiterung von Differenzen von Quadratwurzeln

Die Wurzel einer Zahl a ist die Zahl, die mit sich selbst malgenommen wieder a ergibt.

4.1 Dezimalzahlen und Intervallschachtelungen. a) Reelle Zahlen werden meist als Dezimalzahlen dargestellt, etwa

1. Man zeige, daß (IR n, d i ), i = 1, 2, metrische Räume sind, wenn für x = (x 1,..., x n ), y = (y 1,..., y n ) IR n die Abstandsfunktionen durch

D-MATH Topologie FS 15 Theo Bühler. Musterlösung 2

Klausur zum Grundkurs Höhere Mathematik I

2 Differentialrechnung und Anwendungen

Höhere Mathematik für die Fachrichtung Physik

Übungen zur Analysis 1 für Informatiker und Statistiker. Lösung zu Blatt 8

Transkript:

KAPITEL 1 Komplexe Zahle Lerziele dieses Abschitts sid: (1) Aalytische ud geometrische Darstellug komplexer Zahle, () Grudrechearte fur komplexe Zahle, (3) Kojugatio ud Betrag komplexer Zahle, (4) Losug quadratischer Gleichuge i C, (5) Formel vo Moivre, Satz uber die Eiheitswurzel, (6) Fudametalsatz der Algebra ud Idetitatssatz (ohe Beweise). 1. Komplexe Zahleebee I der mit eiem kartesische (x, y)-koordiatesystem versehee Ebee stelle die Pukte der x-achse die reelle Zahle dar. Komplexe Zahle ergebe sich u dadurch, dass alle Pukte z (x, y) als " Zahle\ aufgefasst werde ud ma schreibt z x + iy. Ma et z komplexe Zahl mit dem Realteil Re z x ud dem Imagiarteil Im z y. Ma et die x-achse reelle Achse ud die y-achse wird imagiare Achse geat. Die Mege aller komplexe Zahle wird mit C bezeichet. C : {x + iy : x, y R}. Geometrisch lasse sich die komplexe Zahle als Pukte bzw. Vektore eier Ebee darstelle. Die Ebee, dere Pukte als komplexe Zahle aufgefasst werde, heit komplexe Zahleebee oder Gausche Zahleebee. 1

1. KOMPLEXE ZAHLEN iy. Gaußsche Zahleebee (x,y) ~ x + iy : z r(cos φ +i si φ) r φ r e iφ algebraische Form, trigoometrische Form, expoetielle Form x 1.1. Grudrechearte i C. Die Summe ud Dierez komplexer Zahle ist durch deiert. (x + iy) + (u + iv) : (x + u) + i(y + v) (x + iy) (u + iv) : (x u) + i(y v). Das Produkt zweier komplexer Zahle ist deiert als (x + iy)(u + iv) x(u + iv) + iy(u + iv) xu + ixv + iyu + iyiv xu + i yu + i(xv + yu) (xu yv) + i(xv + yu). Bemerkug 1.1. Die Additio/Subtraktio/Multiplikatio vo komplexe Zahle erfolgt formal wie fur reelle Zahle; es ist ur zu beachte, dass i 1 ist. Bei der Deitio der Divisio beutzt ma trickreich die biomische Formel: (u + iv)(u iv) u (iv) u + v ud damit ist (x + iy) (u + iv) (x + iy)(u iv) (u + iv)(u iv) (xu + yv) + i(yu xv) u + v xu + yv u + v xv + iyu u + v. Bemerkug 1.. Durch Erweiterug mit u iv wird der Neer reell. Beispiel 1.1. 8 + i 7 i (8 + i)(7 + i) (7 i)(7 + i) 56 + i(8 + 14) 49 + 1 54 50 + i 50.

3. GLEICHHEIT KOMPLEXER ZAHLEN 3. Kojugatio ud Betrag komplexer Zahle Defiitio 1.1. Die komplexe Zahl z x iy heit die zu z x+iy kojugiert komplexe Zahl ud z : x + y heit Betrag (oder auch Norm, Lage, Modul) der komplexe Zahl z. Eigeschafte: (1) z z, () z 1 + z z 1 + z, (3) z 1 z z 1 z, (4) Re z 1 (z + z), (5) Im z 1 (z z), i (6) z R z z, (7) z z z bzw. z z x + y, (8) z 0 ud z 0 z 0, (9) z 1 z z 1 z, (10) z 1 + z z 1 + z (Dreiecksugleichug). 3. Gleichheit komplexer Zahle Wir betrachte zwei komplexe Zahle z 1 x + iy ud z u + iv, da gilt z 1 z x + iy u + iv x u i(v y) (x u)(x u) (x u) }{{} i(v y)i(v y) (v y) }{{} 0 0 ud damit folgt (x u) (v y) 0, also x u ud y v. Oesichtlich folgt umgekehrt aus x u ud y v sofort z 1 z. Satz 1.1. Zwei komplexe Zahle sid geau da gleich, we ihr Realud Imagiarteil ubereistimme. I trigoometrischer Form erhalt ma: z 1 r(cos ϕ + i si ϕ) R(cos Φ + i si Φ) z

4 1. KOMPLEXE ZAHLEN Da mit z 1 z auch z 1 z gilt, ist r z 1 z 1 z z R ud damit r R (r, R 0). Es verbleibe damit Gleichuge, die gleichzeitig erf ullt sei musse: { { cos ϕ cos Φ, si ϕ si Φ cos ϕ cos Φ si ( ) ( ϕ+φ cos ϕ Φ ) 0, si ϕ si Φ cos ( ) ( ϕ+φ cos ϕ Φ ) 0. Folglich muss gelte: ϕ Φ + kπ, k Z. 4. Poteze Als Spezialfall der Multiplikatio erhalt ma fur z cos ϕ + i si ϕ : ud allgemei z r (cos(ϕ) + i si(ϕ)) z r (cos(ϕ) + i si(ϕ)), N. Weitere Spezialfalle ergebe sich fur r 1 : Satz 1.. Formel vo Moivre: (cos ϕ + i si ϕ) cos(ϕ) + i si(ϕ), N. ud Formel vo Euler: e iϕ cos ϕ + i si ϕ. Bemerkug: I der Fuktioetheorie ka ma achweise, dass e iϕ tatsachlich als Expoetialfuktio betrachtet werde ka. Isbesodere gelte die Recheregel fur die Expoetialfuktio, d.h. e i(ϕ 1+ϕ ) e iϕ1 e iϕ, e iϕ 1 e iϕ. Dies kote ma auch uber Additiostheoreme fur Sius ud Cosius beweise. Es gilt aber gaz allgemei fur eie beliebige komplexe Zahl z x + iy : e z e x+iy e x e iy ud fur zwei beliebige komplexe Zahle z 1 x 1 + iy 1 ud z x + iy : e z 1+z e z1 e z, e z 1 e z.

5. WURZELN 5 5. Wurzel Wie lost ma eie Gleichug der Form z a? Wir betrachte zuachst de Fall a 1 ud bestimme die -te Eiheitswurzel, also Losuge der Gleichug z 1. Hieraus folgt zuachst z z 1 z 1. Somit hat z i Polarkoordiate die Darstellug z cos ϕ + i si ϕ ud damit ist z cos(ϕ) + i si(ϕ) 1 cos 0 + i si 0, da komplexe Zahle geau da gleich sid, we ihr Real- ud Imagiarteil ubereistimme bzw. die Betrage gleich sid ud sich die Argumete um Vielfache vo π uterscheide, gilt weiterhi ϕ kπ, k Z. Aufgrud der π-periodizitat vo Sius ud Kosius gibt es aber ur verschiedee Wurzel: Satz 1.3. (Eiheitswurzel) Es gibt geau verschiedee komplexe Zahle z 0, z 1,..., z 1, die der Gleichug geuge, diese sid gegebe durch z 1 z k e i kπ, k 0, 1,,..., 1. I aaloger Weise gehe wir u bei der allgemeie Gleichug z stelle beide komplexe Zahle zuachst i Polarkoordiate dar: a vor. Wir z r(cos ϕ + i si ϕ) ud a R(cos Φ + i si Φ). Damit geht die Gleichug z a uber i (Ausreche vo z ud eisetze i die Gl.) r (cos(ϕ) + i si(ϕ)) R(cos Φ + i si Φ). We diese beide komplexe Zahle gleich sid, da muss auch z z r a R gelte ud wir habe erhalte, dass gilt r R,

6 1. KOMPLEXE ZAHLEN da sowohl r als auch R ichtegative reelle Zahle sid. Aus der Gleichheit komplexer Zahle (i trigoometrischer Form) folgt auerdem ϕ Φ kπ ϕ Φ + kπ, k Z. Aufgrud der π-periodizitat vom Sius ud Cosius gibt es allerdigs wiederum ur voeiader verschiedee Losuge vo z a : z k ( R cos Φ + kπ + i si Φ + kπ ), k 0, 1,..., 1. bzw. z k ( ) R e i Φ+kπ R e i Φ e i kπ z0 e i kπ, k 0, 1,,..., 1. Damit ka ma z.b. auch quadratische Gleichuge lose: Beispiel 1.. Ma bestimme alle Losuge der quadratische Gleichug z + (1 + i)z + 9 4 (1 + i) 0. Losug mittels quadratischem Ergaze: z + (1 + i)z + 9 4 (1 + i) ( z + 1 + i ) (z + 1 + i ) (1 + i) 4i 4 ud damit ergebe sich die beide Losuge: (1 + i) z 1 + ( 4 cos 3π 4 + i si 3π ) 4 ( ) ( (1 + i) + + i (1 + i) z ( 4 cos 3π 4 + i si 3π ) 4 ( ) ( (1 + i) + i ( ) 1 + i + 9 4 (1 + i) 0 ( cos 3π + i si 3π ) 1 + ) ( + 1 ) ( ) 1 i, ) + 1 i. Wir habe gesehe, dass die quadratische Gleichug im Bereich der komplexe Zahle immer losbar ist. Es gilt aber och mehr. Satz 1.4. (Fudametalsatz der Algebra) Jedes Polyom p(z) vom Grad 1 hat i C eie Nullstelle.

5. WURZELN 7 Folgerug: Jedes Polyom p(z) vom Grad 1 lasst sich (uber C) i Liearfaktore zerlege: p(z) a (z z 1 )(z z )... (z z ), wobei a eie beliebige aber feste komplexe Zahl ist ud die z k, k 1,, 3,...,, icht otwedig voeiader verschiedee Nullstelle vo p(z) sid. Satz 1.5. (Idetitätssatz) Stimme zwei Polyome p(z) a j z j ud q(z) b j z j j0 (hochstes) -te Grades a (weigstes) (+1) Stelle uberei, so sid die Polyome gleich, d.h. a j b j fur alle j. j0