2 AKUSTIK. Physik der Akustikgitarre M. Föller Nord, MECHANISCHE SCHWINGUNGEN OSZILLATOREN HARMONISCHE SCHWINGUNG

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Transkript:

2 Physik der Akustikgitarre M. Föller Nord, 26.8.9 Physik der Akustikgitarre Ein kleiner Einblick in die Physik der Schallwellen und der Erzeugung von Tönen auf der Akustikgitarre. Die folgenden Abschnitte sind ein Auszug aus meinem Vorlesungsskript: Vorlesung: Technische Grundlagen der Medizinischen Informatik (TGM) Studiengang: Medizinische Informatik, 1. Semester Fakultätt Informatik, Hochschule Mannheim Das vollständige Skript findet sich unter: http://www.informatik.hs mannheim.de/~foeller/html/tgimed.html

Physik der Akustikgitarre M. Föller Nord, 26.8.9 3 2 AKUSTIK Folgende Fragen beschäftige uns in diesem Kapitel: wie entsteht Schall? Wie werden Töne erzeugt und wie kann man sie wahrnehmen? Gibt es medizinische Anwendungen hierfür? Grundlage des ganzen ist die Physik von Schwingungen und Wellen. Nehmen wir als Beispiel eine akustische Gitarre. Man kann eine Melodie erklingen lassen, indem man Saiten zum Schwingen bringt. Durch diese Schwingungen werden Schallwellen erzeugt, die wir mit den Ohren wahrnehmen können. Betrachten wir das ganze genauer und beginnen mit den Schwingungen. 2.1 MECHANISCHE SCHWINGUNGEN 2.1.1 OSZILLATOREN Ein schwingendes Gebilde ob es nun dafür gemacht ist zu schwingen, wie. Z. B. ein Pendel, oder nicht, wie z. B. ein Stück Kreide wird generell als Oszillator bezeichnet. Nicht nur Gegenstände wie das Pendel oder eine Gitarrensaite können schwingen, sondern zum Beispiel auch der Luftdruck in einer Schallwelle, oder das elektromagnetische Feld in einer Lichtwelle. Ein Oszillator kann schwingen muss aber nicht. Ein jeder Oszillator besitzt eine Ruhelage, in der er so lange verharren kann, bis er gestört wird. Nehmen wir als Beispiel die zugegebenermaßen altmodische Pendeluhr. Das Pendel ist der Oszillator. Ist die Uhr stehengeblieben, so verharrt das Pendel in seinem Ruhezustand. Erst wenn man das Pendel anstößt beginn es zu schwingen. 2.1.2 HARMONISCHE SCHWINGUNG Ein einfach zu verstehender Oszillator ist das Federpendel (Abbildung 2 1). Es besitzt eine Kugel mit der Masse m, die längs einer Schiene reibungsfrei horizontal gleiten kann (z. B. in der Art eines Luftkissenfahrzeugs). Ist die Feder entspannt, verharrt die Kugel kräftefrei in ihrer Ruhelage. Lenkt man nun die Kugel um eine Strecke x aus (z. B. bis zum Punkt A ) wird die Feder gespannt. Die Feder zieht dann die Kugel mit der Kraft F = D x ( 2.1 1 ) in Richtung Ruhelage. Lässt man die Kugel los wird sie durch die Kraft der Feder nach links beschleunigt und zwar mit der Beschleunigung Abbildung 2 1 Federpendel; Ablauf einer Schwingung. a = F( A ) m = D A m ( 2.1 2 )

4 Physik der Akustikgitarre M. Föller Nord, 26.8.9 Dadurch nimmt die Auslenkung x ab, die Kraft wird kleiner, aber die Geschwindigkeit der Kugel nimmt aufgrund der Beschleunigung zu. Erreicht die Kugel die Ruhelage (x=) wird die Rücktreibende Kraft Null, da aber die Kugel im Punkt x eine Geschwindigkeit ( v ) hat bewegt sie sich über die Ruhelage hinaus, weiter nach links. Nun wird die Feder gestaucht und wiederum wirkt eine Kraft auf die Kugel, jedoch mit umgekehrtem Vorzeichen also nach rechts. Die Kugel wird dadurch abgebremst (negative Beschleunigung). Im Punkt A ist die Rücktreibende Kraft so groß, dass sie die Kugel zur Ruhe bringt und anschließend nach rechts in Bewegung setzte. Wiederum durchläuft die Kugel mit einer Geschwindigkeit ( v ) die Ruhelage diesmal von rechts nach links und wird schließlich im Punkt A wieder bis zum Stillstand abgebremst. Nun ist ein kompletter Schwingungszyklus durchlaufen und der Vorgang wiederholt sich periodisch wenn keine Reibungskräfte auftreten theoretisch bis in alle Ewigkeit. Abbildung 2 2 Diagramm einer harmonischen Schwingung Die Bewegung der Kugel lässt sich mit einer Sinusfunktion beschreiben: 2π x ( t) = A sin( ω t + ϕ ) mit ω = = 2π f T ( 2.1 3 ) In Abbildung 2 2 ist eine solche Schwingung dargestellt. Man bezeichnet sie als harmonische Schwingung. Die Kenngrößen einer harmonischen Schwingung sind: Die Amplitude A : dies ist die maximale Auslenkung des Oszillators. Die Periodendauer T: die Zeit für eine komplette Schwingungsperiode. Die Kreisfrequenz ω: sie berechnet sich aus der Periodendauer. Der Phasenwinkel ϕ : er gibt einen Offset zum Zeitnullpunkt an. Die Frequenz f: wird auch aus der Periodendauer berechnet. Es gilt: f 1 =. Die Einheit ist 1 Hertz=1Hz=1/s T Die Amplitude kann frei gewählt werden. Beim Federpendel hängt sie davon ab, wie weit man die Feder zum ersten Mal auslenkt. Die Periodendauer allerdings stellt sich in der Schwingung selbst ein und das Pendel schwingt dann mit einer vom System vorgegebenen Eigenfrenz. Im Fall des Federpendels hängt diese ab von der Masse der Kugel und der Federkonstanten. Eine Schwingung die durch eine Sinusfunktion beschrieben wird nennt man harmonische Schwingung.

Physik der Akustikgitarre M. Föller Nord, 26.8.9 5 Betrachten wir nun noch, welche Energie in einer harmonischen Schwingung steckt. Wenn sich eine Masse bewegt, besitzt sie kinetische Energie: 1 2 2 E kin = m v ( 2.1 4 ) Auch in einer gedehnten oder gestreckten Feder steckt Energie. Sie ist dort als potentielle Energie gespeichert und es gilt: 1 2 2 E pot = D x ( 2.1 5 ) Die Gesamtenergie der harmonischen Schwingung muss sich also aus diesen beiden Teilenergien zusammensetzen. In dem Moment, in dem die Kugel die Ruhelage passiert, ist die Feder entspannt, d. h. die potentielle Energie ist Null. Dann steckt die gesamte Energie der Schwingung in der kinetischen Energie. In den Umkehrpunkten des Pendelkörpers ist die Geschwindigkeit Null, woraus folgt, dass auch die kinetische Energie Null ist. Nun steckt die gesamte Energie in der potentiellen Energie. Für alle anderen Positionen verteilt sich die Gesamtenergie auf potentielle und kinetische Energie. Da in dem System keine Energie verloren geht oder erzeugt wird (wir gehen von einer idealen harmonischen Schwingung ohne Reibungsverluste aus) gilt also: E 1 2 1 = E ( ) 2 kin + E pot = m v t + D x ( ) ( 2.1 6 ) 2 2 S t 2.1.3 GEDÄMPFTE SCHWINGUNGEN Eine ideale harmonische Schwingung würde einmal angestoßen bis in alle Unendlichkeit gleichbleibend vor Kapitel 2.1.3 und 2.1.4 ausgeblendet, da sich hin schwingen. Natürlich wissen wir, dass dies reine Theorie ist und im wirklichen Leben so nicht vorkommt, da bei jeder Schwingung Energie durch Reibung verloren geht (es wird ein Teil der Energie in Wärme umgewandelt) und so die Schwingung irgendwann einmal ausstirbt. Dieser Energieverlust hat zur Folge, nicht relevant für die folgende Thematik dass die Amplitude der Schwingung mit der Zeit kleiner wird und irgendwann zu Null wird. Bei genauer Betrachtung zeigt sich, dass die Amplitude mit der Dämpfungskonstante δ exponentiell abnimmt. Es gilt: A t δ t ( ) = A e ( 2.1 7 ) Und da die Amplitude quadratisch eingeht, gilt für die Schwingungsgesamtenergie: W 2δ t S ( t) = WS e ( 2.1 8 ) Abbildung 2 3 Diagramm einer gedämpften Schwingung.

8 Physik der Akustikgitarre M. Föller Nord, 26.8.9 Die erste Sinusfunktion in der dargestellten Gleichung entspricht der Grundfrequenz der erzeugten Schwingung, die Frequenzen der darauffolgenden Sinusfunktionen sind alle ganzzahlige Vielfache der Grundfrequenz und werden als Oberschwingungen bezeichnet. Die Amplituden nehmen mit steigender Frequenz ab, d. h. Oberschwingungen mit sehr hoher Frequenz leisen nur noch einen kleinen Beitrag zur Überlagerung. Theoretisch ist eine Rechteckschwingung eine unendliche Reihe von Sinusschwingungen, in der Realität kann man aber die Oberschwingungen mit sehr hohen Frequenzen ab einem gewissen Wert vernachlässigen. 2.2 SCHALLWELLEN 2.2.1 EINLEITUNG Im vorigen Kapitel haben wir uns mit dem Federpendel beschäftigt und seine Eigenschaften kennengelernt. Koppelt man nun mehrere solcher Pendel aneinander, so dass sie quasi eine Pendelkette bilden, dann wird die Schwingungsenergie, die an einer Seite zugeführt wird von Pendel zu Pendel weitergereicht. Eine Welle läuft die Pendelkette entlang. In einer solchen Welle wird Energie transportiert, nicht jedoch Materie. Die einzelnen Kugeln der Pendelkette schwingen zwar um ihre jeweilige Ruhelage, werden aber nicht von einer Seite zur anderen durch die Pendelkette hindurch transportiert. Abbildung 2 8 Eine Pendelkette Betrachten wir das Phänomen etwas genauer und koppeln zunächst zwei Federpendel miteinander (siehe Abbildung 2 9 ): Zunächst stoßen wir das linke Pendel an. Zu Beginn glaubt es sich zwischen zwei fest eingespannten Federn zu befinden, da das zweite (rechte) Pendel noch in Ruhe bleibt. Das rechte Pendel stellt nun aber fest, dass seine linke Feder eine sinusförmige Schwingung in der Eigenfrequenz durchführt und beginnt nun auch zu schwingen. Abbildung 2 9 Zwei gekoppelte Federpendel Dazu benötigt das rechte Pendel aber Energie, welche ihm vom linken Pendel zugeführt wird. Das linke Pendel muss also Energie abgeben, was dazu führt, dass seine Amplitude abnimmt bis zum Ruhezustand. Die Pendel haben nun quasi die Rollen getauscht. Nun gibt das rechte Pendel Energie an das linke ab, welches zu schwingen beginnt, während das rechte wiederum zur Ruhe kommt. Während bei nur zwei gekoppelten Pendeln die Energieübertragung relativ langsam erfolgt, wird bei einer langen Kette aus vielen gekoppelten Pendeln die Energie wesentlich schneller übertragen. Schon während ein Pendel von seinem linken Nachbarn Energie erhält, kann es diese an den rechten Nachbarn weitergeben. So durchläuft die Erregung als Welle die Kette von einem Ende zum anderen. Wird die Welle am rechten Ende reflektiert, kann sie auch wieder zurücklaufen. Erweitern wir das Beispiel in Abbildung 2 9 um weitere Pendel erhält man folgendes Bild:

Physik der Akustikgitarre M. Föller Nord, 26.8.9 9 Abbildung 2 1 Longitudinalwelle Man bezeichnet diese Art der Ausbreitung als Longitudinalwelle. Hier verläuft die Schwingungsrichtung der einzelnen Oszillatoren in der gleichen Ebene, wie die Ausbreitungsrichtung der Welle. Dieses Verhalten findet man z. B. bei Schallwellen. Eine andere Möglichkeit ist, dass die Oszillatoren quer zur Ausbreitungsrichtung schwingen, wie in Abbildung 2 11 dargestellt. Dies bezeichnet man dann als Transversalwelle. Dies findet man z. B. bei elektromagnetischen Wellen. Abbildung 2 11 Transversalwelle Verallgemeinert man den Wellenbegriff weiter, muss man nicht mehr zwischen Pendelmassen und Kopplungsfedern unterscheiden. Eine Welle kann auch durch ein Seil laufen. Eine Welle kann aus einem kurzen Impuls bestehen, oder aus einem längeren Wellenzug, also viele aneinandergereihte Schwingungsimpulse. Eine Welle läuft entlang einer Kette von gekoppelten Oszillatoren. Sie transportiert Energie, aber keine Materie. Man unterscheidet zwischen Longitudinalwellen und Transversalwellen. Mathematisch lässt sich eine Welle durch ihre Wellengleichung beschreiben. Diese gibt die Form der Welle (also die Auslenkung der Oszillatoren an jedem beliebigen Raumpunkt) zu jedem beliebigen Zeitpunkt an. Wir haben also eine Funktion, die sowohl von Ort, als auch von der Zeit abhängt. Abbildung 2 12 Ausbreitung einer Welle. Die Welle läuft ohne Änderung der Form mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit c.

1 Physik der Akustikgitarre M. Föller Nord, 26.8.9 In Abbildung 2 12 ist als Beispiel eine Auslenkung in einem Seil dargestellt, die sich als Welle durch das Seil von links nach rechts (also in x Richtung) ausbreitet. Hat das Seil zur Zeit t= die Form Ψ(x, t=) = f(x) so gilt für einen späteren Zeitpunkt t> ganz allgemein: Ψ(x, t) = f (x ±c t) bei einer in die negative/positive Richtung laufenden Welle ( 2.2 1 ) Die Größe c ist die Geschwindigkeit, mit der sich eine Welle durch ein Medium hindurch bewegt. Man bezeichnet diese als Ausbreitungsgeschwindigkeit (Phasengeschwindigkeit). Die Größe der Ausbreitungsgeschwindigkeit hängt im Wesentlichen vom Medium, durch das die Welle läuft, ab. Bei einer sinusförmigen (harmonischen) Welle (egal ob longitudinal oder transversal) gilt: Ausbreitungsgeschwindigkeit= Wellenlänge mal Frequenz c = λ f ( 2.2 2 ) Hierbei ist die Wellenlänge tatsächlich die räumliche Ausdehnung einer Sinusperiode. Wir betrachten als Beispiel eine sinusförmige Transversalwelle: Abbildung 2 13 Wellenlänge λ und Periodendauer T einer sinusförmigen Transversalwelle. Die Wellengleichung einer solchen harmonischen Welle lässt sich folgendermaßen darstellen: Ψ(x, t) = A sin ( kx ± ωt - ϕ) mit k=2π/λ Wellenzahl ( 2.2 3 ) ω=2πf Kreisfrequenz A Amplitude Laufen in einem Medium zwei Wellen mit gleicher Frequenz und gleicher Amplitude gegeneinander so entsteht eine sogenannte stehende Welle. Dies kann passieren, wenn eine Welle welche zunächst von einer Seite zur anderen läuft und dann am Ende wieder reflektiert wird, so dass eine gleichartige Welle entgegenläuft. Wir setzen zunächst ϕ= und gehen von zwei sinusförmigen Wellen aus:

Physik der Akustikgitarre M. Föller Nord, 26.8.9 11 Ψ 1 (x, t) = A sin ( kx - ωt) Ψ 2 (x, t) = A sin ( kx + ωt) nach rechts laufende Welle nach links laufende Welle Durch das Superpositionsprinzip erhält man als resultierende Wellengleichung: Ψ, Ψ, Ψ, A sin sin 2 A cos sin ( 2.2 4 ) Durch diese Überlagerung entsteht der Effekt dass an manchen Stellen der Oszillatorkette die Oszillatoren immer in ihrer Ruhelage bleiben (Schwingungsknoten) und an anderer Stelle die Oszillatoren in maximaler Schwingungsbewegung sind (Schwingungsbäuche). Da Bäuche und Knoten ortsfest sind, wird in einer stehenden Welle keine Energie von einem Ort zum anderen transportiert. Stehende Wellen sind ortsfest und transportieren keine Energie. Der Abstand zweier Knoten bzw. zweier Bäuche zueinander beträgt λ/2, der Abstand zwischen Knoten und Bäuchen λ/4. Abbildung 2 14 Stehende Welle 2.2.2 ERZEUGUNG VON SCHALLWELLEN Nachdem wir nun in der Einleitung ein allgemeines Wissen über Wellen erlangt haben, wollen wir uns nun speziell mit Schallwellen und deren Erzeugung befassen. Schallwellen sind mechanische Schwingungen die vom Menschen gehört werden können. Das menschliche Ohr ist nur in einem bestimmten Frequenzbereich empfindlich. Mechanische Wellen mit einer Frequenz zwischen ca. 16 Hz und 2 khz können wahrgenommen werden (die Grenzen variieren mit dem Alter der Person und der bisherigen Schallbelastung). Man bezeichnet sie als Hörschall. Bei Frequenzen unterhalb des hörbaren Frequenzspektrums spricht man von Infraschall, bei Frequenzen oberhalb des hörbaren Spektrums von Ultraschall. Periodische Schwingungen im Bereich des Hörschalls werden als Ton oder Klang wahrgenommen (z. B. Gitarre, Klavier, Gesang) nichtperiodische Schwingungen als Geräusch (zischen einer Cola Dose beim Öffnen, Klicken eines Lichtschalters). Schall kann auf vielerlei Arten erzeugt werden. Beim Sprechen z. B. durch die Stimmlippen (landläufig auch mit Stimmbänder bezeichnet), elektronisch mit einem Lautsprecher, der über eine schwingende Membran verfügt, bei Musikinstrumenten durch schwingende Saiten. Das allgemeine Prinzip ist, dass Luftmoleküle in Schwingungen versetzt werden und sich dadurch eine Longitudinalwelle durch die Luft ausbreitet, die an unser Ohr gelangt. Hierbei wird die Luft durch die Erregerschwingung lokal komprimiert, bzw. in Unterdruck versetzt. Schallwellen in Luft sind also Druckwellen. Wir wollen nun exemplarisch die Erzeugung eines Tones durch eine schwingende Saite, z. B. einer akustischen Gitarre betrachten.

12 Physik der Akustikgitarre M. Föller Nord, 26.8.9 2.2.3 SCHWINGUNGEN VON SAITEN Eine akustische Gitarre besteht aus einem innen hohlen Resonanzkörper aus Holz, mit einem Hals über den die Saiten verlaufen (siehe Abbildung 2 1). Bei einer Gitarre hat man zumeist 6 Saiten (es gibt auch Gitarren mit 7 oder 12 Saiten), die wenn sie angeschlagen werden, unterschiedliche Tonhöhen erzeugen. Jede Saite ist auf beiden Seiten fest eingespannt. Das eine Ende wird Bridge, das andere Ende Sattel, bzw.. (nullter) Bund genannt. Zwischen diesen beiden Einspannpunkten kann die Saite schwingen. Dabei gehen wir davon aus, dass beim Anschlagen der Seite eine harmonische Welle erzeugt wird, die an den Enden reflektiert wird und sich so eine stehende Welle ausbildet. Dies ist eine Vereinfachung, denn genaugenommen ist die erzeugte Welle nicht harmonisch, d. h. sie ist eine Überlagerung von vielen harmonischen Wellen unterschiedlichster Frequenzen vgl. Kapitel 2.1.5). Für das Verständnis der Tonerzeugung ist die Vereinfachung aber ausreichend. Wie aus Kapitel 2.2.1 bekannt gibt es bei einer stehenden Welle Knoten (in denen nie eine Auslenkung erfolgt) und Bäuche bei denen eine maximale Auslenkung möglich ist. Da die Saite an den Enden fest eingespannt ist, müssen hier Schwingungsknoten liegen. Welche Wellenlänge und welche Frequenz hat nun die stehende Welle? Wie wir wissen sind zwei Knoten genau l=λ/2 voneinander entfernt. Da die Länge der Saite l vorgegeben ist, erhält man also l = λ1 = 2 λ 2 l ( 2.2 5 ) für die sogenannte Grundschwingung, in der sich genau ein Bauch zwischen den beiden Endknoten ausbildet. Mit Gleichung 2.2.1 erhält man die dazugehörige Grundfrequenz, die die Tonhöhe der Saite bestimmt: c c f1 = = c: Ausbreitungsgeschwindigkeit in der Saite ( 2.2 6 ) λ 2 l 1 Abbildung 2 15 Stehende Welle auf einer Gitarrensaite.

Physik der Akustikgitarre M. Föller Nord, 26.8.9 13 Jedoch können sich auch weitere Knoten zwischen den Einspannpunkten der Saite ausbilden, z. B. genau in der Mitte, oder bei 1/3 und 2/3 der Saitenlänge und so weiter. Es können also weitere Schwingungen, sogenannte Oberschwingungen mit ganzzahligen vielfachen der Grundfrequenz hinzukommen. Allgemein gilt also für die möglichen Wellenlängen und Frequenzen: 2 l c c λ n = und fn = = n ( 2.2 7 ) n λ n 2 l Oberschwingungen mit Frequenz f n werden als n. Harmonische bezeichnet, also z. B ist die Oberschwingung mit Frequenz f 2 die zweite Harmonische etc. Die Grundschwingung (Frequenz f 1 ) entspricht der ersten Harmonischen. Die Grundschwingung einer Saite bestimmt die wahrgenommene Tonhöhe, die Oberschwingungen machen das Klangvolumen, bzw. die Klangfarbe aus. Dass solche Oberschwingungen tatsächlich vorhanden sind, kann man auf der Gitarre dadurch nachweisen, dass man an bestimmten Stellen der Saite einen Schwingungsknoten erzwingt. Berührt man die Gitarrensaite z. B. genau in der Mitte (das ist exakt über dem 12. Bundstäbchen) leicht ohne sie komplett herunterzudrücken (siehe Abbildung 2 16), kann sie an dieser Stelle nicht mehr Schwingen, d. h. hier entsteht notgedrungen ein Schwingungsknoten. Dadurch sind alle Oberschwingungen die an dieser Stelle einen Bauch haben nicht mehr möglich. Dadurch werden die Grundschwingung und alle ungeradzahligen Harmonischen unterdrückt. Man hört nur noch die geradzahligen Harmonischen. Diese Technik wird als Flageolett bezeichnet und nicht nur zum physikalischen Nachweis von Oberschwingungen sondern auch für besondere Klänge in der Musik benutzt. Abbildung 2 16 Unterdrücken der Grundschwingung und der ungeradzahligen Harmonischen. Durch leichtes Berühren in der exakten Mitte der Saite wird dort ein Knoten erzwungen (Flageolett Technik).

14 Physik der Akustikgitarre M. Föller Nord, 26.8.9 Betrachten wir nochmals die Gleichung für die Frequenz der Grundschwingung einer Saite: c f1 = 2 l mit c: Phasengeschwindigkeit der Welle in der Saite Aus dieser können wir nun einfach erkennen, wie man die Tonhöhe der angeschlagenen Saite verändern kann. Eine Möglichkeit ist, dass man die Saitenlänge ändert. Hierfür besitzt die Gitarre auf dem Gitarrenhals, auf dem sog. Griffbrett, Bundstäbchen in definiertem Abstand (Abbildung 2 17). Drückt man nun mit der Greifhand die Saite an einem Bundstäbchen nach unten auf das Griffbrett, kann nur noch der Anteil der Saite links vom Bundstäbchen schwingen. Der rechte Teil ist quasi inaktiv. In Abbildung 2 17 wir die Saite z. B. am 12. Bund heruntergedrückt. Nun bildet sich eine stehende Welle nur noch zwischen Bridge und 12. Bundstäbchen aus. Die Grundschwingung hat nun die veränderte Frequenz f 1 c = 2 l 12 ( 2.2 8 ) In unserem Beispiel entspricht die Wellenlänge der Grundschwingung genau der Wellenlänge der ersten Harmonischen aus Abbildung 2 16. Jedoch ist der Klang des entstehenden Tones ein anderer, da bei der Flageolett Technik erstens weiterhin die gesamte Saite zum Ton beiträgt und zweitens die Obertöne immer relativ kleine Amplituden im Vergleich zur Grundschwingung aufweisen. Verkürzt man die Gitarrensaite durch Greifen an einem Bundstäbchen wird ein höherer Ton erzeugt. Abbildung 2 17 Ändern der Tonhöhe (Frequenz) durch verkürzen der Saite. Nur noch der linke Teil wird zum Schwingen angeregt, der rechte Teil der Saite ist inaktiv.

Physik der Akustikgitarre M. Föller Nord, 26.8.9 15 Wenn die Tonhöhe der Saite jedoch nur von der Länge abhinge, müssten ja alle sechs Saiten auf der Gitarre die gleichen Töne erzeugen, da sie alle in etwa die gleiche Länge haben. Das wäre wenig sinnvoll. Deshalb muss also ein weiterer Parameter für die Frequenz der Schwingung verantwortlich sein. Aus der Gleichung c f1 = 2 l sieht man unmittelbar, dass dies die Phasengeschwindigkeit c ist. Diese hängt nämlich stark von Dichte, Querschnitt und Spannung der Saite ab. Daher haben alle Saiten einer Gitarre unterschiedliche Querschnitte, und teilweise auch unterschiedliche Dichten. Je dicker eine Saite ist, desto kleiner ist die Phasengeschwindigkeit c in ihr und desto tiefer erscheint der Ton. Die selbe Abhängigkeit gilt auch für die Dichte. Bei gleicher Dichte, Querschnitt und Länge erzeugt eine Saite ja nach Spannung unterschiedliche Töne. Je stärker eine Saite gespannt wird desto größer wird die Phasengeschwindigkeit und desto höher wird der Ton, den sie erzeugt. Daher haben Gitarren am oberen Teil Mechaniken mit Stimmwirbeln, mit denen die Saitenspannung so eingestellt werden kann, dass die Gitarre die gewünschten Töne erzeugt. Bei gleichbleibender Länge hängt die erzeugte Tonhöhe von der Dichte, dem Querschnitt und der Spannung der Saite ab. Nun kann bei einer Gitarre nicht nur die Tonhöhe, sondern auch die Lautstärke variiert werden. Durch sanftes Anschlagen der Saite erklingt ein leiser Ton, durch starkes Anschlagen ein lauter Ton. Dies kommt dadurch zustande, dass bei starkem Anschlagen, die Saite weiter aus der Ruhepostion ausgelenkt wird. Die Amplitude der stehenden Welle ist damit größer und damit auch die Energie und die Amplitude, die zunächst auf den Resonanzkörper und von diesem dann auf die Schallwellen übertragen wird. Die Tonhöhe hängt von der Frequenz der Saitenschwingung ab, die Lautstärke von der Amplitude der Saitenschwingung. Abschließen sei noch angemerkt, dass die Saite zwar der Auslöser des Tones ist, aber die von der Saite direkt auf die Luft übertragene Schwingung ist viel zu schwach um sie als klangvollen Ton wahrzunehmen. Wesentlicher Bestandteil einer Gitarre, aber auch eines jeden anderen Musikinstruments ist daher ein Resonanzkörper, der zunächst von der Saite in Schwingung versetzt wird. Die von der Saite angeregten zahlreichen Eigenfrequenzen des Resonanzkörpers bestimmen wesentlich den Klang des Musikinstruments, daher ist es von großer Bedeutung wie gut und aus welchen Materialien er gefertigt ist.