Kapitel 9: Schätzungen

Ähnliche Dokumente
Tests statistischer Hypothesen

Empirische Verteilungsfunktion

Kapitel 3: Bedingte Wahrscheinlichkeiten und Unabhängigkeit

2. Schätzverfahren 2.1 Punktschätzung wirtschaftlicher Kennzahlen. Allgemein: Punktschätzung eines Parameters:

von solchen Abbildungen. Eine solche Folge bestimmt für jedes x M die Folge der Werte f n. Schreibt man dies noch einmal formal hin, so erhält man:

Vl Statistische Prozess- und Qualitätskontrolle und Versuchsplanung Übung 5

7.2 Grundlagen der Wahrscheinlichkeitsrechnung

Lehrstuhl für Empirische Wirtschaftsforschung und Ökonometrie Dr. Roland Füss Statistik II: Schließende Statistik SS 2007

Lösungsvorschlag Probeklausur zur Elementaren Wahrscheinlichkeitsrechnung

Prof. Dr. Roland Füss Statistik II SS 2008

n 1,n 2,n 3,...,n k in der Stichprobe auftreten. Für die absolute Häufigkeit können wir auch die relative Häufigkeit einsetzen:

Es werden 120 Schüler befragt, ob sie ein Handy besitzen. Das Ergebnis der Umfrage lautet: Von 120 Schülern besitzen 99 ein Handy.

TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN

Zenraler Grenzwertsatz

Parameterschätzung. Kapitel Schätzfunktionen

Gesetze der großen Zahlen

AngStat1(Ue13-21).doc 23

Wirksamkeit, Effizienz

Verteilungsfunktionen

Forschungsstatistik I

Konfidenzintervalle. Praktische Übung Stochastik SS 2017 Lektion 10 1

Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung

Übungen Abgabetermin: Freitag, , 10 Uhr THEMEN: Testtheorie

Testen statistischer Hypothesen

Wirksamkeit, Effizienz. Beispiel: Effizienz. Mittlerer quadratischer Fehler (MSE) Konsistenz im quadratischen Mittel

D-MATH Topologie FS 15 Theo Bühler. Musterlösung 2

Klausur zu,,einführung in die Wahrscheinlichkeitstheorie. Musterlösungen

Wir wiederholen zunächst das Majorantenkriterium aus Satz des Vorlesungsskripts Analysis von W. Kimmerle und M. Stroppel.

4 Konvergenz von Folgen

4 Schwankungsintervalle Schwankungsintervalle 4.2

Seminarausarbeitung: Gegenbeispiele in der Wahrscheinlichkeitstheorie. Unterschiedliche Konvergenzarten von Folgen von Zufallsvariablen

3 Wichtige Wahrscheinlichkeitsverteilungen

6 Grenzwerte von Zahlenfolgen

Strukturelle Modelle in der Bildverarbeitung Markovsche Ketten II

n (n + 1) = 1(1 + 1)(1 + 2) 3 Induktionsschritt: Angenommen die Gleichung gilt für n N. Dann folgt: 1 2 = 2 =

Diskrete Zufallsvariablen

Statistische Modelle und Parameterschätzung

Wahrscheinlichkeitsrechnung & Statistik - Ergänzung zum Skript

5. Übungsblatt Aufgaben mit Lösungen

Einführung in die Wahrscheinlichkeitstheorie

KAPITEL 11. Ungleichungen. g(x) g(x 0 ) + K 0 (x x 0 ).

2. Verteilung der Primzahlen. Bertrands Postulat

Kapitel 5: Schließende Statistik

LGÖ Ks VMa 12 Schuljahr 2017/2018

Vorkurs Mathematik für Informatiker Folgen

Stochastik: Binomialverteilung Stochastik Bernoulli-Experimente, binomialverteilte Zufallsvariablen Gymnasium ab Klasse 10

Election: Nachrichtenkomplexität. Mittlere Nachrichtenkomplexität (1) - Beispiel: Sei k = n = 4 - Über alle Permutationen mitteln (wieviele?

Schätzen von Populationswerten

Zusammenfassung: Gleichungen und Ungleichungen

Stochastik für WiWi - Klausurvorbereitung

KAPITEL 7. Zahlenfolgen. 7.1 Konvergente Zahlenfolgen Grenzwertbestimmung Grenzwertbestimmung durch Abschätzung...

Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik vom

1 Lösungen zu Analysis 1/ 12.Übung

1 Analysis T1 Übungsblatt 1

Analysis I Lösungsvorschläge zum 3. Übungsblatt Abgabe: Bis Donnerstag, den , um 11:30 Uhr

7 Brownsche Bewegung (Version Januar 2012)

Maximum Likelihood Version 1.6

Stochastische Unabhängigkeit, bedingte Wahrscheinlichkeiten

1 Vollständige Induktion

6. Grenzwertsätze. 6.1 Tschebyscheffsche Ungleichung

1.1 Mengensysteme. Ω Grundmenge, 2 Ω Potenzmenge, A 2 Ω Mengensystem. Definition 1.1: a) A stabil ( stabil, \-stabil), wenn für A, B A auch A B A

X in einer Grundgesamtheit vollständig beschreiben.

Statistik. 5. Schließende Statistik: Typische Fragestellung anhand von Beispielen. Kapitel 5: Schließende Statistik

Kapitel 5: Gemeinsame Verteilung und Unabhängigkeit von Zufallsvariablen

Kapitel 4: Stationäre Prozesse

Konfidenzintervall_fuer_pi.doc Seite 1 von 6. Konfidenzintervall für den Anteilswert π am Beispiel einer Meinungsumfrage

Zahlenfolgen und Konvergenzkriterien

5-1 Elementare Zahlentheorie

Zufallsvariable. Die Wahrscheinlichkeitsverteilung p (probability function) ist definiert durch: p(x i ) := P (X = x i ),

$Id: reihen.tex,v /06/14 13:59:06 hk Exp $

Zusammenfassung: Folgen und Konvergenz

Nennenswertes zur Stetigkeit

KAPITEL 2. Zahlenfolgen

Reelle Folgen. Definition. Eine reelle Folge ist eine Abbildung f : N R. liefert ( 7 9, 37

Schätzen von Populationswerten

Übung zur Vorlesung Einführung in die Algebra Prof. Dr. J. H. Bruinier Stephan Ehlen

Beweistechniken Vollständige Induktion - Beispiele, Erweiterungen und Übungen

Lösungen ausgewählter Übungsaufgaben zum Buch. Elementare Stochastik (Springer Spektrum, 2012) Teil 4: Aufgaben zu den Kapiteln 7 und 8

Vorlesung 3. Tilman Bauer. 11. September 2007

Kombinatorik. Systematisches Abzählen und Anordnen einer endlichen Menge von Objekten unter Beachtung vorgegebener Regeln.

6 Folgen. 6.4 Folgen reeller Zahlen. Mathematik für Informatiker B, SS 2012 Dienstag 5.6. $Id: folgen.tex,v /06/05 11:12:18 hk Exp $

4. Die Menge der Primzahlen. Bertrands Postulat

4.1 Dezimalzahlen und Intervallschachtelungen. a) Reelle Zahlen werden meist als Dezimalzahlen dargestellt, etwa

BINOMIALKOEFFIZIENTEN. Stochastik und ihre Didaktik Referentin: Iris Winkler

Evaluierung einer Schulungsmaßnahme: Punktezahl vor der Schulung Punktezahl nach der Schulung. Autoritarismusscore vor/nach Projekt

Zählterme (Seite 1) Aufgabe: Wie viele Nummernschilder kann es theoretisch im Raum Dresden geben? Wann müsste die 4.Ziffer eingeführt werden?

SUCHPROBLEME UND ALPHABETISCHE CODES

15.4 Diskrete Zufallsvariablen

10. Übungsblatt zur Einführung in die Stochastik

Das kollektive Risikomodell. 12. Mai 2009

Beispiel 4 (Die Urne zu Fall 4 mit Zurücklegen und ohne Beachten der Reihenfolge ) das Sitzplatzproblem (Kombinationen mit Wiederholung) Reihenfolge

5 Stationäre Prozesse (Version Januar 2012)

Tests für beliebige Zufallsvariable

4 Andreas Gathmann. x 2 +y 2 x 2 +y 2 x 2 +y 2

Wörterbuchmethoden und Lempel-Ziv-Codierung

Kapitel 9 WAHRSCHEINLICHKEITS-RÄUME

Übungen zur Vorlesung Funktionentheorie Sommersemester Musterlösung zu Blatt 0

Fundamentale Prinzipien der Kombinatorik und elementare Abzählkoeffizienten Wolfram Koepf

Transkript:

- 73 (Kapitel 9: chätzuge) Kapitel 9: chätzuge Betrachte wir folgedes 9. Beispiel : I eiem Krakehaus wurde Date über Zwilligsgeburte gesammelt. Bei vo 48 Paare hatte die beide Zwillige verschiedees Geschlecht. geomme, wir wüßte aus Erfahrug ud vo wisseschaftliche Überleguge, daß Zwillige i etwa p = 3 aller Fälle verschiedees Geschlecht habe. Wir köte us da dafür iteressiere, iwieweit usere Beobachtuge mit dieser Erfahrug übereistimme, d.h. wie wahrscheilich diese ud och extremere Beobachtuge sid. Dies ist ei w-theoretisches Problem, z.b. : P(I oder weiger, bzw. i 0 oder mehr Fälle aus 48 habe die beide Zwillige verschiedees Geschlecht) = 48 B(48, 3)(j ) + j = 0 j = 0 B(48, 3)(j) F N (,5) + F N (9,5) = Φ = ( 0,8577) = 0,846, 3,5 48 9 + Φ 3,5 48 9 = ( Φ(,07)) = da ϕ(x) symmetrisch um die y chse ud deshalb Φ( x ) = Φ(x). We adererseits p, die W-keit dafür, daß Zwillige verschiedees Geschlecht habe, ubekat ist, wolle wir die vorhadee Iformatio, d.h. usere Beobachtuge beütze, um p zu schätze. Dies ist ei statistisches Problem. 9. Wir befide us im Rahme der Beroullifolge ( Erfolg = Zwillige habe verschiedees Geschlecht ). Eie Größe wie p, die das vorliegede Experimet charakterisiert, heißt Parameter. (deres Beispiel: µ ud σ bei der Normalverteilug.) Wir wolle also die Erfolgswahrscheilichkeit p eies Beroulliexperimetes schätze : Der atz vo Beroulli 7.5 legt ahe, als chätzer für p zu ehme. K = ( +... + )

- 75 (Kapitel 9: chätzuge). Falls x : = (x,..., x ) = (X (ω),..., X (ω)) beobachtet wurde, so heißt ρˆ : = T(x) der zugehörige chätzwert. I Beispiel 9. sid X = (,..., ), T : (x,..., x ) a (x +... + x ) T(X) = Betrachte wir och zwei weitere Beispiele: K ud T(x) = k = pˆ ( = p ud ρ = id ). 9.6 Beispiel : Eie Lieferug vo N Ware gleicher Herstellugsart ethalte eie ubekate zahl vo defekte Ware. Der Hädler muß sich etscheide, ob er die Lieferug aehme will oder icht. Er ka jedoch icht alle Ware überprüfe lasse, da z.b. a) dies zu teuer kommt. b) die Ware ach der Prüfug ubrauchbar sid (z.b. Koserve). Es werde deshalb Ware zufällig (ohe Zurücklege) herausgeomme ( elemetare tichprobe ) ud geprüft. Ma beobachtet K = zahl der defekte Ware i dieser tichprobe. ls chätzer für de ubekate Bruchteil ρ() : = N vo defekte Ware bietet sich wiederum K = Bruchteil vo defekte Ware i der tichprobe a. Ma erhält als chätzwerte : ρˆ = k, falls speziell k (=K (ω)) defekte Ware beobachtet wurde, ud ˆ = k N. Falls j = die j te herausgegriffee Ware ist defekt, j, da ka ma K = +... + schreibe. Usere (elemetare) tichprobe ka wieder i der Form X = (,..., ) geschriebe werde, ur sid jetzt die icht uab- j hägig. Da jedoch ur K = +... + für usere chätzer vo Bedeutug ist, wolle wir die Werte k = K (ω) als Date betrachte. Da K d = Hg(,, N), ist i diesem Falle user statistisches Modell: P = { Hg(,, N) Θ}, Θ : = {0,,..., N}.

- 76 (Kapitel 9: chätzuge) 9.7 Beispiel : I eiem ee schwimmt eie ubekate zahl vo Fische (gleicher Gattug). Um schätze zu köe, fage wir zuächst R Fische, markiere sie, ud setze sie wieder aus. Nachdem wir solage gewartet habe, bis sich die Fische wieder hireiched vermischt habe, fage wir ereut Fische ud beobachte, wie viele davo markiert sid (zahl = K ). R ls chätzer für de ubekate Bruchteil ρ() : = vo markierte Fische bietet sich wiederum K = Bruchteil vo markierte Fische i der tichprobe a. Ma erhält da als chätzwerte : ρˆ = k, falls speziell k (=K (ω)) markierte Fische eigefage wurde, ud ˆ = k R. Da K d = Hg(, R, ), ist i diesem Falle user statistisches Modell: P = { Hg(, R, ) Θ}, Θ : = {R, R +, R +,... }. 9.8 Bemerkug : Die Beispiele 9.6 ud 9.7 etspreche eier immer wieder auftretede Fudametalaufgabe der praktische tatistik: Gegebe ist eie edliche Populatio, d.h. eie edliche Mege, dargestellt im Modell etwa durch eie Ure mit N Kugel oder durch M = {,..., N}. I M ist eie Teilpopulatio vom Umfag R durch ei Merkmal wie etwa schwarze Kugel im Falle der Ure (oder defekte Ware bzw. markierter Fisch) defiiert. Etweder N oder R sid ubekat, es ist aber umöglich, die gaze Populatio durchzumuster. Wir etehme deshalb eie zufällige tichprobe vom Umfag ud beobachte K = zahl der mit Merkmal versehee Idividue i der Zufallsstichprobe. Nach dem Uremodell (Ziehe ohe Zurücklege) erhalte wir als statistisches Modell P stets eie Familie vo hypergeometrische Verteiluge (da K d = Hg(, R, N )). Defiitio 9.5 erlaubt eie große Vielfalt vo chätzer für eie zu schätzede Größe ρ(), vo dee ur eiige für die Praxis vo Nutze sid. I usere bisherige Beispiele hat sich ei Typ vo chätzer agebote. Wir beötige jetzt Kriterie ud Kostruktiosverfahre, um bei kokrete Probleme verüftige chätzer zu fide.

- 77 (Kapitel 9: chätzuge) ls eie Miimalforderug möchte ma atürlich, daß der Wert der ZVe T(X) mit hoher Wahrscheilichkeit ahe bei ρ() liegt. Dies motiviert folgede 9.9 Defiitio : Eie Folge vo chätzer T (X,..., X ) für ρ() heißt kosistet ( stark kosistet ), falls T (X,..., X ) ρ() für alle Θ. 9.0 Bemerkuge : a) Eie Folge vo ZVe (Y ) IN kovergiert fast sicher gege eie ZVe Y (kurz: Y f. s. Y ), we es ei Ereigis gibt mit P() = ud lim Y (ω) = Y(ω) für alle ω. b) Ma ka zeige, daß Y f. s. Die Umkehrug ist im allgemeie falsch. Y Y P Y. Offesichtlich ist K IN im Beispiel 9. 9.6 9.7 eie (stark) kosistete Folge vo chätzer für p N. I Beispiel 9. folgt dies aus dem atz vo Beroulli 7.5 bzw. dem R starke Gesetz der große Zahle 7.8, i Beispiel 9.6 (bzw. 9.7) ist (bzw. K R ). K N N N 9. Defiitio : Falls X : = (X,..., X ) eie tichprobe vom Umfag (d.h. die X,..., X sid i.i.d.), ee wir X (= X ) : = (X +... + X ) (= ) : = (X i - X ) = i = i = X i de tichprobemittelwert ud X (Übug!) die tichprobevariaz.

- 78 (Kapitel 9: chätzuge) 9. Bemerkug : Die i.i.d. ZVe X,..., X eier tichprobe ka ma als die Werte iterpretiere, die für eie reelle ZVe X i eier Versuchsreihe der Läge beobachtet werde. Wie i Beispiel 9. folgt aus de Gesetze der große Zahle: 9.3 atz : X : = (X,..., X ) seie tichprobe vom Umfag, I N, E( X ) < ud µ : = E(X ). Da sid die tichprobemittelwerte ( X ) IN eie (stark) kosistete Folge vo chätzer für de Erwartugswert µ. 9.4 Bemerkug : Beispiel 9. ist ei pezialfall. Dort ist X j =, µ = E( ) = p, ud j j = K. atz 9.3 behadelt eie pezialfall der Mometemethode, eies Kostruktiosprizips mit dem ma sich (stark) kosistete chätzer verschafft. 9.5 Defiitio : a) X sei eie reelle ZVe ud X = d P. Falls E( X j ) < für ei j I N, da heißt m j : = E( X j ) das j te Momet vo X (bzw. vo P). (m = µ). b) X : = (X,..., X ) sei eie tichprobe vom Umfag. mˆ j : = i = j X i heißt das j te tichprobemomet, j I N. ( mˆ = X ). 9.6 Die Mometemethode : Q = {P Θ} sei eie Familie vo Verteiluge auf ( I R, B ), ud X = (X,..., X ) eie tichprobe bzgl. P ( statistisches Modell P = Q : = { P... P 4443 4 Θ} ). Faktore m (),..., m r (), die erste r Momete vo P, Θ, seie edlich. Falls es eie stetige Fuktio g : r IR I R gibt, so daß ρ() = g(m (),..., m r ()), Θ, da ist mit T(X) : = g( mˆ,..., ei chätzer für ρ() gefude. mˆ r )