Vorlesung V Block 2 Analysis C) Differenzialgleichungen

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Transkript:

Mathematik für MolekularbiologInnen Vorlesung V Block Analysis C) Differenzialgleichungen

Übersicht Differenzialgleichungen formulieren Einschub: partielle Ableitung und totales Differential Lösung elementarer DG durch Integration Numerische Lösung Analytische Lösungsmethoden Graphische Lösung durch Richtungsfelder Beispiele für die mathematische Modellierung

Differenzialgleichungen formulieren Was sind Differenzialgleichungen? Gleichungen, die sowohl eine (i. A. unbekannte) Funktion Q (x) als auch deren Ableitung Q (x) bzw. dq / dx enthalten, nennt man Differenzialgleichungen (DG) Differenzialgleichungen spielen immer dann eine Rolle, wenn man zwar nicht unbedingt die Funktion Q, wohl aber deren Ableitung im Sinne einer Änderungsrate kennt, und - entweder Q selber ermitteln will (d.h. den expliziten Funktionsterm) - oder Aussagen über Q treffen will (z.b. für die Extrapolation von Funktionswerten) Lösungen normaler Gleichungen sind Zahlenwerte (oder Variablen), Lösungen von DG sind Funktionen

Differenzialgleichungen formulieren Terminologie von Differenzialgleichungen Ordnung einer DG - wird durch die höchste vorkommende Ableitung bestimmt - DG 1. Ordnung: z.b. y y gewöhnliche, lineare DG 1. Ordnung - DG. Ordnung: z.b. Lineare und nichtlineare DG - kommt die Funktion bzw. ihre Ableitung in höheren Potenzen vor? - lineare DG: z.b. - quadratische DG: z.b. Gewöhnliche und partielle DG y y y y x 5 ( y) 0,5 y - abhängig davon, ob eine Funktion einer oder mehrerer Variablen vorliegt - gewöhnliche DG: z.b. y y / x - partielle DG: z.b. y y x t für y = f (x, t)

Partielle Ableitung und Totales Differential Partielle Ableitung (1. Ordnung) Bisher wurden nur Funktionen betrachtet, die von einer Variablen abhängig sind z.b. f(x) = x Nun erfolgt die Betrachtung von Funktionen, die von mehreren Variablen abhängig sind: Die partielle Ableitung nach einer dieser Variablen erhält man, indem man alle anderen Variablen als konstant betrachtet und die Funktion nach der einen ausgewählten Variablen differenziert. Schreibweise: x statt d dx Die partielle Differentiation lässt sich nach denselben Gesetzen durchführen wie die gewöhnliche Differentiation von Funktionen einer Variablen. z.b.: f(x,y) = x*sin(y) + 3xy f x f sin( y) 3y xcos( y) 3x y

Partielle Ableitung und Totales Differential Partielle Ableitung n-ter Ordnung Von Funktionen u = f(x,y) lassen sich auch Ableitung beliebiger Ordnung bilden. z.b.: f x oder xy oder... Grundsätzlich ist die Reihe der Differentiation wichtig (zunächst wird die Differentiation durchgeführt, die am weitesten links steht). aber: Satz von Schwarz: Die Differentiationsreihenfolge ist bei der Berechnung von partiellen Ableitungen höherer Ordnung unerheblich, wenn alle partiellen Ableitungen bis (einschließlich) zu dieser Ordnung stetig sind. Beispiel: f ( x, y) x f x f xy 0 f x, y y bzw. y, f x f yx, 0 f y, Die partiellen Ableitungen sind stetig, der Schwarz sche Satz ist erfüllt.

Partielle Ableitung und Totales Differential Geometrische Bedeutung der partiellen Ableitung Die Funktion u = f(x,y) kann als Fläche dargestellt werden u P Die Steigung einer solchen Funktion f(x, y), bezüglich einer Variablen die andere wird konstant gehalten- heißt partielle Ableitung der Funktion nach der betreffenden Variablen. Geometrisch bedeutet dies die Höhenänderung eines Punktes P 1 (x, y) auf der von f(x, y) beschriebenen Fläche nach P (x+dx, y+dy). Die lokalen Steigungen für konstantes x bzw. konstantes y sind dargestellt. Grafik: http://www.physik-theologie.de/8_mathematische_werkzeuge.html

Partielle Ableitung und Totales Differential Totales Differential Will man die Funktion vollständig ableiten, so muß man das totale Differential bilden. Das totale Differential ist nur für differenzierbare Funktionen definiert und entsteht aus der Summe der partiellen Ableitungen: p( V, T) nrt V f f f dx dy x y Geometrisch entspricht das totale Differential dem Zuwachs auf der Tangentialebenen und nicht auf der Fläche selbst, d.h. bei kleinen Änderungen von x und y auf der Fläche kann der Zuwachs auf der Tangentialebene dem Zuwachs auf der Fläche gleichgesetzt werden. Anwendung des totalen Differentials z.b. auch in der Fehlerrechnung (siehe VL Statistik-Fehlerrechnung). Beispiel: Zustandsfunktion eines idealen Gases (pv=nrt); Beschreiben Sie die Änderung des Druckes bei kleinen Änderungen des Volumens und der Temperatur p p nr nrt p dp dt dv dt T V V V dv

Differenzialgleichungen formulieren Differenzialgleichungen aufstellen Vorhandene Informationen zu einer Problemstellung können in eine Differenzialgleichung übersetzt werden Beispiel I: Populationswachstum Aufgabe: Eine Population vermehrt sich mit einer kontinuierlichen Rate von 10% pro Jahr. Durch Fressfeinde wird die Populationsgröße (P) jährlich um einen konstanten Betrag, nämlich 500, reduziert. Welches ist die Änderungsrate der Population mit der Zeit? Lösung: Die Änderungsrate besteht aus einem variablen und einem konstanten Anteil : Änderungsrate = Vermehrungsrate Verlustrate (500) Die Vermehrungsrate ist relativ, also abhängig von der Populationsgröße selber: Vermehrungsrate = 10% momentane Größe = 0,1 P Da die zeitliche Änderungsrate die Ableitung von P (t) nach der Zeit ist, ergibt sich folgende DG: dp 0,1 P 500

Differenzialgleichungen formulieren Beispiel II: Verschmutzung eines Gewässers Aufgabe: Ein durch Schadstoffe verschmutztes Gewässer erhält durch einen Zufluss Nachschub an sauberem Wasser, während ein Abfluss bestehendes Wasser entfernt. Es findet keine Neuverschmutzung statt. Wie ändert sich die Schadstoffmenge (Q) mit der Zeit? Lösung: - Es findet offensichtlich eine zeitliche Verdünnung der Schadstoffmenge statt. - Je niedriger der Schadstoffanteil ist, desto weniger Schadstoff wird (absolut) je Zeiteinheit abgeführt - Die Änderungsrate ist also negativ, und es existiert zum jeweiligen Zeitpunkt t ein proportionaler Zusammenhang der Änderung von Q zu Q (t) selber. dq k Q Anmerkungen: - Da die Abnahme von Q sich zeitlich verlangsamt, ist der Funktionsgraph monoton fallend und konvex dies gibt einen Hinweis auf die Lösung der Differenzialgleichung, also auf die Funktion Q (t) - Radioaktiver Zerfall und chemische Reaktionen 1. Ordnung sind analoge Prozesse mit derselben DG

Differenzialgleichungen formulieren Beispiel III: Wirkstoffkonzentration im Blut Aufgabe: Ein Patient erhält intravenös ein Antibiotikum, dosiert auf 85 mg pro Stunde. Die Ausscheidung des Medikaments aus dem Blutkreislauf sei proportional zur Wirkstoffkonzentration (C) selber, mit einer kontinuierlichen Rate von 15%. Formulieren Sie die entsprechende Differenzialgleichung. Lösung: - Konzentrationsänderung = Gabe Ausscheidung - Die Gabe des Antibiotikums entspricht einer konstanten positiven Änderungsrate. - Die Ausscheidung wird durch eine negative Änderungsrate beschrieben und ist über eine Proportionalitätskonstante mit C selber verknüpft. - Daher resultiert folgende DG: dc 850,15C Anmerkung zu den Einheiten: dc / [mg/h] = 85 [mg/h] C [mg].0,15 [h -1 ] Die Proportionalitätskonstante hat also die Einheit h -1

Differenzialgleichungen formulieren Beispiel IV: Ausbreitung einer Epidemie Aufgabe: In der Bevölkerung eines Landes mit Populationsgröße P bricht eine Grippe aus. Hierbei gelten folgende (vereinfachende) Annahmen: - alle Individuen können sich infizieren (keine natürliche Immunität oder Impfung) - es erfolgen während des Zeitraums der Epidemie keine Fälle von Heilung, aber auch keine Todesfälle - alle infizierten Individuen können die Grippe weitergeben (keine Quarantäne etc.) - die Verbreitung erfolgt über k Kontakte eines Erkrankten mit gesunden Individuen a) Leiten Sie eine DG für den zeitlichen Verlauf der Grippeepidemie her, wobei die Zahl Erkrankter, E (t), die betrachtete Funktion sein soll. b) Welche Eigenschaften (anhand des Graphen sichtbar) muss die Funktion E besitzen?

Differenzialgleichungen formulieren Beispiel IV: Ausbreitung einer Epidemie Lösung: Das Ziel besteht darin, die zeitliche Änderungsrate (hier: Zuwachsrate) der Erkrankungen zu formulieren. Dies ist die Ableitung von E (t) nach der Zeit, und es gilt: de lim t0 E( t t) E( t) t Welchen Wert hat die Zunahme der Erkrankungen ( E) pro Zeitintervall? Die Zunahme ist abhängig von: - der Zahl bereits Erkrankter E (t) : je mehr, desto mehr Ansteckungen möglich - der Kontaktzahl k - der Zahl noch Gesunder G (t) : je mehr, desto mehr Ansteckungen möglich - Zeitintervall t selber : je länger, desto mehr Ansteckungen also: E E( t t) E( t) E( t) k G( t) t

Differenzialgleichungen formulieren Somit gilt: bzw.: so dass sich schließlich folgende Differenzialgleichung ergibt: a) Beispiel IV: Ausbreitung einer Epidemie Die Zahl Gesunder lässt sich über die Populationsgröße P ausdrücken als: d.h. (die Gesamtzahl an Individuen) minus (der Zahl bereits Erkrankter) ) ( ) ( t E P t G t t E P k t E t E t t E )) ( ( ) ( ) ( ) ( )) ( ( ) ( ) ( ) ( t E P k t E t t E t t E ( E) P k E de t G t k t E t E t t E E ) ( ) ( ) ( ) (

Differenzialgleichungen formulieren Beispiel IV: Ausbreitung einer Epidemie Die Ableitung E = de/ ist also das Produkt der Konstante k, der Funktion E und des Terms P E. E ke ( P E) b) Für die Funktion E (t) bzw. ihren Graphen bedeutet dies: - langsamen Zuwachs, solange E klein (nahe 0) ist - schnellen Zuwachs bei größerem E, aber P > E. (die maximale Steigung liegt bei E = P / ) - abnehmenden Zuwachs, wenn E gegen P strebt, weil P E sich dann null annähert Wir kennen bereits die Funktionsfamilie mit den erforderlichen Eigenschaften: logistische Funktionen: sind Lösungen der logistischen DG L( t) 1 K Aexp( kt) L kl( K L) hier: P = K E (t) = L (t)

Lösungen durch Einsetzen erkennen Lösung von DG DG können in vielerlei Hinsicht wie gewöhnliche Gleichungen behandelt werden. So können z.b. mögliche Lösungen durch Einsetzen auf beiden Seiten der DG überprüft werden Beispiel I : Lösung(en) einer DG identifizieren Aufgabe: dy y Welches ist die Lösung der DG? dx x 3 Zur Auswahl stehen (a) y x (b) y x (c) Lösung: Die potenziellen Lösungen werden überprüft: d? x (a) x 1 1 dx x (b) (c) d dx d dx x 3 3x 3x 3?? x x 3 3x x x 3 y 3x

Lösung von DG Beispiel II : DG zu einer Lösung zuordnen Aufgabe: Zu welcher DG ist die Funktion y sin(x) eine Lösung? dy dy d y Zur Auswahl stehen (a) y (b) 4y (c) dx dx dx Lösung: Die Lösung wird in die möglichen DG eingesetzt:? (a) sin(x) cos(x) (b) (c) d dx d dx d dx sin( x) sin(x) cos(x) d dx cos(x) 4sin(x)?? sin(x) 4sin(x) 4sin(x) 4y

Lösung von DG Lösungen elementarer DG durch Integration Eine Funktion y = F (x), welche die DG y = dy/dx = f (x) erfüllt, ist eine Lösung selbiger DG Liegt eine DG des Typs y = f (x) vor, dann ist demnach die Stammfunktion von f, also F (x), die Lösung Im Fall dieses elementaren Typs löst man die DG folglich durch unbestimmte Integration, beispielsweise: dy dx 3x y 3x dx x 3 C dy dx 5sin( x) y 5sin( x) dx 5cos( x) C dy dx x x e y e dx e x C

Lösung von DG DG von Exponentialfunktionen Typ y = y Die natürliche Exponentialfunktion y = f (x) = e x erfüllt (löst) die DG y (x) = dy / dx = y weil diese Funktion (als einzige) ihre eigene Ableitung bzw. ihre eigene Stammfunktion ist Dieselbe DG wird jedoch aufgrund der Ableitungsregel konstanter Faktoren auch von jeder Funktion y = C e x erfüllt d dx C e x C e x Davon ausgehend haben DG des Typs y = dy / dx = k y die Lösung y C e k x weil die Ableitung von y gerade die Konstante k vor der Funktion erfordert (Kettenregel): d/dx (g(f(x)))=g (f(x))*f (x) d dx C e kx k C e kx

Lösung von DG Numerische Lösung einer Differentialgleichung Ein Beispiel für lineare DG erster Ordnung (Folie: Population, Fressfeinde) lautete: dp 0,1 P 500 Unter Verwendung einer Anfangsbedingung kann die Funktion P (t) numerisch approximiert werden. Nehmen wir also an, die Populationsgröße zum Zeitpunkt t = 0 betrage P (0) = 6000 Schritt 1a) : Berechnung von P bei t = 0 dp 0 0,1 6000 500 600 500 Typ y = y : Exponentialfunktion 100 Schritt 1b): Approximation von P bei t = 1 mittels der Änderungsrate dp0 P( 1) P(0) 6000 100 6100

Lösung von DG Numerische Lösung Schritt a) : Berechnung von P bei t = 1 dp 1 0,1 6100 500 610 500 110 Schritt b): Approximation von P bei t = mittels der Änderungsrate dp1 P( ) P(1) 6100 110 610 Die Wiederholung der Schritte ergibt folgende Wertetabelle: t [a] 0 1 3 4 5 P 6000 6100 610 6331 6464 6610 Welcher Funktionsterm für P (t) entspricht diesen Funktionswerten?

Lösung von DG Vergleich der numerischen mit der analytischen Lösung Im Falle unserer DG erhält man generell die Lösung P( t) 5000 C e 0,1t P( t) 0,1 P 500 Herleitung später! Überprüfung durch Einsetzen auf beiden Seiten: P( t) 5000 C e 0,1t P( t) 0,1 P 500 P( t) C e 0,1t 0,1 0,1 [5000 Ce 0,1t ] 500 500 0,1 C e 0,1t 500 0,1Ce 0,1t 0,1 t C e 0, 1

Lösung von DG Vergleich der numerischen mit der analytischen Lösung 0,1 aber welche der Funktionen aus der Familie P( t) 5000 C e den Wachstumsverlauf entsprechend unserer numerischen Lösung? t beschreibt t [a] 0 1 3 4 5 P 6000 6100 610 6331 6464 6610 Konstante C ist am einfachsten durch Einsetzen der Anfangsbedingung in P (t) ermittelbar: P(0) 6000 6000 C 5000 C e 5000 C 1000 0,1 0 Die Funktion P = 5000 + 1000 e 0,1 t erfüllt sowohl die DG als auch die Anfangsbedingung P (0) = 6000. 10000 9000 8000 7000 6000 5000 4000 3000 000 C = 000 C = 1000 C = 0 C = -1000 0 4 6 8 10

Lösung von DG Homogene und partikuläre Lösung Die Funktionsfamilie P( t) 5000 C e DG dp 0,1 P 500. 0,1t ist die homogene Lösung der Homogene Lösungen erfüllen DG generell, d.h. ohne Vorgabe einer Anfangsbedingung. Eine DG und ihre Anfangsbedingung werden zusammen als Anfangswertproblem bezeichnet. Die Funktion P( t) 5000 1000e Anfangsbedingung P (0) = 6000. 0,1t ist die partikuläre Lösung der DG für die Partikuläre Lösungen sind konkrete Funktionen, die ein Anfangswertproblem lösen

Analytische Lösungsmethoden von DG Separation von Variablen Diese Methode funktioniert für alle DG, die in der Form dy g( x) geschrieben werden können dx h( y) Separation bedeutet, dass alle Terme mit y auf die eine und alle mit x auf die andere Seite gebracht werden: h ( y) dy g( x) dx Können die Stammfunktionen H (y) und G (x) bestimmt werden, dann ist die DG gelöst, so zum Beispiel : dy x y dy x dx Integration dx y y x Separation C1 C y dy xdx y C x C x y x y 1 C C C 1 mit C C C 1

Analytische Lösungsmethoden Beispiel I: Lösung einer linearen DG durch Trennung der Variablen Aufgabe: Zeigen Sie mittels Separation von Variablen, dass y = C exp(kt) die homogene Lösung von y (t) = k y ist Lösung: dy 1 y k y Separation dy k 1 y dy k ln y C1 k t C y exp( k t C C1) exp( C3) exp( kt) y C exp ( kt) mit C = ± exp(c 3 ) (kann nie 0 werden) C = 0 ist aber ebenfalls erlaubt, da y = 0 die DG erfüllt, aber kommt praktisch nicht vor.

Analytische Lösungsmethoden Beispiel II: Lösung einer linearen DG durch Trennung der Variablen Aufgabe: Finden Sie die homogene Lösung der DG y (t) = k (y - A) Lösung: dy k ( y A) Separation y 1 dy A k 1 y dy A k ln y A C1 k t C y A exp( k t C C1 ) exp( C C1 ) exp( kt) y A exp ( C3) exp ( kt) mit C 3 = C C 1, analog zu Beispiel I y AC exp ( kt) mit C = ± exp(c 3 ) 0, analog zu Beispiel I

Analytische Lösungsmethoden Beispiel III: Lösung einer quadratischen DG durch Trennung der Variablen Aufgabe: Finden Sie die homogene Lösung der DG y (t) = a t y Lösung: dy at y y dy Separation at 1 t y C1 a C 1 1 at C y mit C = C 1 C at 1 Anmerkung: die analoge (einfachere) DG y( t) ky y mit Lösung k t C beschreibt chemische Reaktionen. Ordnung (zwei Edukte reagieren zu einem oder mehreren Produkten. Die Reaktionsgeschwindigkeit ist abhängig von den Konzentrationen der Ausgangsstoffe.) 1 y dy y at C

Lösungsmethoden Zusammenfassung (I) DG erster Ordnung kann man in 3 einfache Typen klassifizieren Typ Beispiel Lösungsansatz y = f (x) y x 3x Integration: y = F (x) = y = f (y) dy dx y 1. Separation der Variablen + Integration 1 dy kdx f ( y). nach y auflösen Vorgegebene homogene Lösungen: y = y y = C exp(x) y = k y y = C exp(k x) y = k (y A) y = A + C exp(k x) y = g (x) f (y) 1. Separation der Variablen dy y dy g( x) h ( y) dy g( x) dx dx x dx h( y). nach y auflösen f ( x) dx

Anwendungen von DG Zusammenfassung (II) Vorgang DG-Typ Homogene Lösung Radioaktiver Zerfall Chem. Reaktion 1. Ordnung Säuberung eines Gewässers y ( t) ky y C exp(kt) k < 0 Populationswachstum k > 0 Wirkstoffausscheidung bei konstanter Dosis Populationswachstum mit Hemmung (z.b. Fressfeind) Chem. Reaktion. Ordnung Logistisches Wachstum Jäger-Beute-Gleichgewicht y' ( t) dg df k( y A) y( t) ky y( t) k y( K y) g fg f fg y y y AC exp(kt) 1 k t C K 1 Aexp( kt) k < 0 k > 0 DG-System Ermittlung von g(t) und f(t) durch Phasenfeld

Visualisierung von DG und ihrer Lösungen - Richtungsfelder Richtungsfelder skizzieren: Gemäß der gegebenen DG wird für (möglichst viele) beliebig gewählte Punkte die Steigung (Linienelement) in Form kleiner Vektoren eingetragen. Die Gesamtheit aller Linienelemente ergibt das Richtungsfeld der DG. Lösungskurven der DG sind alle diejenigen Kurven, deren Tangentenrichtung in jedem Punkt mit der Richtung des dortigen Linienelementes übereinstimmt. Die Differentialgleichung definiert in jedem Punkt eine Richtung der Tangente an eine Lösungskurve. Die Gesamtheit dieser Richtungen bildet das Richtungsfeld. Verbindungslinien von Punkten gleicher Richtung der Tangente heißen Isoklinen. Beispiel: dy dx Das Richtungsfeld reflektiert damit die schon bekannte Tatsache, dass eine in horizontaler Richtung verschobene Lösungskurve wieder eine Lösungskurve ist. y

Richtungsfelder Visualisierung von DG und Richtungsfelder skizzieren ihrer Lösungen Gemäß der gegebenen DG wird für (möglichst viele) beliebig gewählte Punkte die Steigung in Form kleiner Vektoren eingetragen Beispiel: dy dx y Hier ist die Steigung nur von y abhängig, sie entspricht jeweils der y-koordinate Punkt (1,1) : y = 1 Punkt (3,1) : y = 1 Punkt (1,3) : y = 3 Punkt (-3,3): y = 3 usw. Viele dieser Richtungspfeile ergeben dann die Richtungsfelder

Richtungsfelder Visualisierung von DG und Richtungsfelder auswerten ihrer Lösungen Funktionsgraphen möglicher partikulärer Lösungen erhält man, indem man korrespondierende Punkte mittels Vektoren findet (und verbindet) Der Steigungs-/Richtungsvektor an einem Punkt weist auf einen korrespondierenden Punkt. Auf diese Weise erhält man nicht nur eine Serie korrespondierender Punkte, sondern auch die entsprechenden Tangenten. Jeder dieser Pfade durch das Richtungsfeld entspricht einer Lösungsfunktion y x Ce Nicht immer kann anhand des Lösungskurven die Lösungsfunktion ermittelt werden! vgl. y = y y = C exp(x)

Richtungsfelder Visualisierung von DG und ihrer Lösungen Beispiel I: Identifikation und Lösung einer DG Aufgabe: Gegeben ist das abgebildete Richtungsfeld. a) Ermitteln sie die zugrundeliegende DG. b) Welches ist die analytische (homogene) Lösung der DG? c) Vergleichen Sie diese mit einem der möglichen Lösungsgraphen Lösung: Die Steigungen sind offensichtlich nur von x abhängig. Alle Vektoren bei x = ½ haben die Steigung 1, bei x = 1 die Steigung, usw. a) Dies entspricht der DG dy x dx b) Die analytische Lösung lautet y x C

Richtungsfelder Beispiel I: Identifikation und Lösung einer DG c) Es kann für C ein beliebiger Wert eingesetzt werden, z.b. ist y = x (C = 0) eine partikuläre Lösung, entsprechend dem Anfangswert y (0) = 0. Wie man sieht, ist der Graph von y = x fast deckungsgleich mit einigen Richtungsvektoren. (Jedoch müssten noch mehr Punkte/Vektoren skizziert werden, um den analytischen Graphen mittels des Feldes genau zu fitten Form einer Parabel)

Richtungsfelder Beispiel II: Zuordnung von DG und Bestimmung partikulärer Lösungen Aufgabe: Gegeben sind die zwei abgebildeten Richtungsfelder und dazugehörige DG. a) Welches entspricht y x / y, welches y y? b) Zeichnen Sie partikuläre Lösungen ein: für (I) y (0) = 3 ; für (II) y (0) = 1 (I) (II) Lösung: Im linken Fall ist die Steigung nur von y anhängig, mit y = 0 für alle x, wenn y = Im rechten Fall ist die Steigung von y und x abhängig, mit y = 1, wenn x = y

Richtungsfelder Visualisierung von DG Beispiel II: Zuordnung von DG und Bestimmung partikulärer Lösungen Es folgt das Ergebnis: a) (I) ist das Richtungsfeld von (II) ist das Richtungsfeld von und ihrer Lösungen y y y x / y (I) (II) b) Die Graphen lassen sich mithilfe der Richtungsvektoren einzeichnen, wobei man an den jeweiligen Punkten der Anfangsbedingung beginnen sollte für (I) y (0) = 3 ; für (II) y (0) = 1

Mathematische Modellierung Anwendung partikulärer Lösungen von linearen DG Im ersten Abschnitt dieser VL haben wir praktische Problemstellungen mittels linearer DG beschrieben im zweiten Abschnitt haben wir Lösungsansätze (sowohl homogen als auch partikulär) für DG kennengelernt Die Strategie des Aufstellens und Lösens einer DG (meist als Anfangswertproblem) zur Lösung alltäglicher Probleme wird als mathematische Modellierung bezeichnet und findet ausgiebige Anwendung, vor allem in den Natur- und Ingenieurwissenschaften (z.b. Wirkstoffkonzentration, Jäger-Beute-Gleichgewicht, SIR-Modell Epidimien). Bei der mathematischen Modellierung vieler physikalischer und biologischer Vorgänge besteht oft die Abhängigkeit von mehreren Variablen, die entsprechenden partiellen Differentialgleichungen (PDG oder PDGL, PDE für engl. partial differential equation) enthalten partielle Ableitungen enthält.

Mathematische Modellierung Wirkstoffkonzentration und Gleichgewicht Zu Beginn hatten wir folgende DG für die Änderungsrate der Konzentration eines Antibiotikums im Blutkreislauf formuliert: dc 850,15C dc Diese DG hat die Form k ( C A) kc Ak Die homogene Lösung dieses Typs lautet: AC exp ( kt) also für die Wirkstoffkonzentration: y dy C( t) 567 K exp ( 0,15 t) mit k ( y A) ky Ak y(t) = C(t), k = -0,15; und -Ak=85 => A = (85 / k) =- (85 / -0,15) = 567 C = K, um Verwechslung mit C(t) zu vermeiden

Mathematische Modellierung Wirkstoffkonzentration und Gleichgewicht Eine Konzentration C (t) ist genau dann im Gleichgewicht, wenn sie sich nicht ändert, weil Dosierung und Ausscheidung gleiche Beträge haben. Generell ist eine DG im Gleichgewicht, wenn die Ableitung für alle t null ist dc dy 0 bzw. für DG allgemein: 0 Wann, d.h. bei welchem Anfangswert C (0) ist dies der Fall? Einsetzen ergibt: dc 85 0,15C(0) 0 dy k( y(0) A) 0 0,15C(0) 85 C(0) 567 y(0) A 0 y(0) A Eine DG des Typs y k ( y A) ist also dann im Gleichgewicht, wenn der Anfangswert der Konstante A entspricht. Es gilt analog, dass die partikuläre Gleichgewichts-Lösung den Wert C = 0 haben muss: y( t) A const. für y AC exp ( kt) wenn C 0

Mathematische Modellierung Stabiles und labiles Gleichgewicht Man spricht von einem stabilen Gleichgewicht, wenn bei Änderung der Anfangsbedingung y (0) sich y (t) für t dem Gleichgewicht annähert Man spricht von einem labilen Gleichgewicht, wenn bei Änderung der Anfangsbedingung y (0) sich y (t) für t vom Gleichgewicht entfernt Für den Typ y k ( y A) mit homogener Lösung sei dies anhand der Funktionsgraphen gezeigt: y AC exp ( kt) stabil labil

Mathematische Modellierung Beispiel I: Gleichgewichtslösung für einen Wirkstoff Aufgabe: Der Blutgerinnungs-Hemmer Warfarin wird mit einer Dosierung von 0,6 mg pro Stunde intravenös zugeführt und mit einer Rate von 3% pro Stunde ausgeschieden. a) Welches ist die Gleichgewichtskonzentration C (0) = C (t) = const.? b) Entscheiden Sie durch Wahl einer abweichenden Anfangsbedingung, ob ein stabiles Gleichgewicht vorliegt Lösung: a) Zunächst wird die DG formuliert, sie lautet gemäß der Angaben: dc also 0,6 0, 03C dc 0,03( C(0) 0) dy k ( y A) ky Ak k = -0,03; und -Ak=0,6 A = (0,6 /-0,03) = 0 Gleichgewichtskonzentration Es ist demnach A = 0 mg, und für C (0) = 0 mg ist die DG bzw. die Konzentration im Gleichgewicht. dc 0

Mathematische Modellierung Beispiel I: Gleichgewichtslösung für einen Wirkstoff y AC exp ( kt) b) Die homogene Lösung der DG lautet Für C (0) = 5 mg bei t = 0 erhält man: C( 0) 0 K 5 K 5 entsprechend für C (0) = 15 mg K = 5 Schließlich berechnen wir Werte für C (t) bei großem t, z.b. t = 7 h (i) (ii) C C 0 5exp ( 0,037) 0 5exp ( 0,037) 0,58 19,4 C( t) 0 K exp ( 0,03t) Die Konzentrationen nähern sich dem Gleichgewicht an, also handelt es sich um ein stabiles Gleichgewicht

Mathematische Modellierung Jäger-Beute-Gleichgewicht Ein Modell, welches die Abhängigkeit zweier Populationen voneinander beschreibt, ist durch ein System zweier DG gegeben (Lotka und Volterra Gleichungen). Volterras Gesetze zur Räuber-Beute Beziehung 195 bis 196 haben der österreichische Mathematiker Alfred James Lotka und der italienische Mathematiker Vito Volterra versucht Räuber-Beute Beziehungen in mathematischen Gleichungen auszudrücken. Man nennt diese Gleichungen auch die Volterra-Regeln: 1. Regel (Schwankungsregel der Populationen): Die Individuenzahlen von Beute und Räuber schwanken bei ansonsten konstanten Bedingungen periodisch und sind gegeneinander zeitlich verschoben. Das heißt, die Population hat nie eine statisch feste Größe.. Regel (Konstanzregel der Mittelwerte): Die durchschnittliche Größe einer Population ist konstant. Die Individuenzahl schwankt dabei um einen Mittelwert. 3. Regel (schnelleres Wachstum der Beutepopulation): Wird eine Räuber-Beute-Beziehung durch äußere Einflüsse (zeitlich begrenzt!) gestört, so erholt sich die Beutepopulation schneller als die der Räuberpopulation. (Diese Regel ist nicht ganz so trivial wie die beiden ersten. Dahinter verbergen sich unterschiedliche Fortpflanzungsstrategien. Die Beute gehört oft zu den r-strategen (hohe Reproduktionsrate, geringere Überlebenschancen), wohingegen der Räuber oft ein K-Stratege (geringe Reproduktionsrate aber durch z.b. Brutpflege bessere Überlebenschancen) ist.) (Quelle: http://www.hoffmeister.it/biologie/04.08biotische_umweltfaktoren.pdf)

Mathematische Modellierung Jäger-Beute-Gleichgewicht Phasenebene und Trajektorien Obwohl im Phasendiagramm die Zeit nicht aufgetragen ist, kann man zeitliche Verläufe indirekt modellieren R (W in Millionen, R in 1000) P 1 Ausgehend von beliebigen Startpunkten entsprechend dem jeweils gegebenen Verhältnis R (t) zu W (t) zu einem Zeitpunkt t können die Richtungsvektoren des Phasendiagramms genutzt werden, um Trajektorien für den zeitlichen Verlauf der Populationsgrößen zu bestimmen Die Trajektorien sind immer geschlossen, ein Zyklus endet am Ausgangspunkt. P P 0 Die Populationen von R und W oszillieren periodisch, jedoch phasenverschoben. P 3 W

Mathematische Modellierung Jäger-Beute-Gleichgewicht Beispiel: Rotkehlchen und Würmer Betrachtet wird die Population eines Jägers (Rotkehlchen), gegeben durch die Größe R (t); und seiner Beute (Würmern), gegeben durch die Populationsgröße W (t) Es werden folgende vereinfachende Annahmen gemacht: - die Würmer würden sich ohne Einfluss der Fressfeinde exponentiell vermehren dw aw - die Zahl von Rotkehlchen würde ohne Beute exponentiell gegen null abklingen dr b R

Mathematische Modellierung Jäger-Beute-Gleichgewicht - die Würmer würden sich ohne Einfluss der Fressfeinde exponentiell vermehren und die Zahl von Rotkehlchen würde ohne Beute exponentiell gegen null abklingen dw aw dr b R -der Effekt der Populationen aufeinander, nämlich die Zahl der Freß-Ereignisse ist proportional zum Produkt der Populationsgrößen mit Proportionalitätskonst. k 1 und k. Dieser Effekt ist negativ für die Würmer-Population und positiv für die Rotkehlchen. dw aw W t ( Effekt Rotkehlchen auf Würmer) aw k 1 W R W( a k1r ) dr b R R t b R k ( Effekt vonwürmern auf Rotk.) W R R( k W b ) Sind alle 4 Konstanten eins, also a = b = k 1 = k = 1, dann erhält man eine vereinfachte Form, die ohne partielle Differenziale geschrieben werden kann dw aw k 1 W R W( a k1r ) und dr b R k W R R( k W b )

Mathematische Modellierung Jäger-Beute-Gleichgewicht Sind alle 4 Konstanten eins, also a = b = k 1 = k = 1, dann erhält man eine vereinfachte Form, die ohne partielle Differenziale geschrieben werden kann dw W W R W( 1 R) Die Abhängigkeit der Jägerpopulation von der Beutepopulation wird beschrieben durch das Differenzial und dr dw dr dr dw dr R W R dw R( W 1) Eine DG für diese Abhängigkeit der Änderungsraten wird erhalten über die Kettenregel, da R (t) = R (W (t)): Hieraus folgt, dass dr dw dr dw R W R W W R Vektor-Schreibweise für dieses DG-System: dr dw R( t) W( t) R( W 1) W (1 R)

Mathematische Modellierung Jäger-Beute-Gleichgewicht Phasenebene und Trajektorien Basierend auf dem DG-System kann ein Richtungsfeld für die Auftragung von R über W konstruiert werden, diese Konstruktion wird Phasenebene genannt dr dw R W R W W R R( W 1) W( 1 R) R (W in Millionen, R in 1000) Finden der Lösungen aus dem Richtungsfeld Punkt (1,1) ist die Steigung undefiniert, Population an Würmern (1 Million) und Rotkehlchen (1000) bleibt konstant Der Punkt (1,1) partikuläre Gleichgewichtslösung. dr 111 0 dw 111 0 W

Mathematische Modellierung Jäger-Beute-Gleichgewicht Phasenebene und Trajektorien Basierend auf dem DG-System in Vektorschreibweise dr dw R( W 1) W (1 R) dr dw dr / dw / R (W in Millionen, R in 1000) Finden der Lösungen aus dem Richtungsfeld Punkt (1,1) ist die Steigung undefiniert, Population an Würmern (1 Million) und Rotkehlchen (1000) bleibt konstant Der Punkt (1,1) partikuläre Gleichgewichtslösung. W dr dw R W R W W R R( W 1) W (1 R) R 0 0 : W 1 W 0 0 : R 1

Mathematische Modellierung Jäger-Beute-Gleichgewicht Phasenebene und Trajektorien Basierend auf dem DG-System R (W in Millionen, R in 1000) W dr dw dr dw R( W 1) W (1 R) R W R W W R R( W 1) W (1 R) dr dw dr / dw / Punkt (0,0) ist die Steigung undefiniert, Population an Würmern (0 Million) und Rotkehlchen (0) bleibt konstant Der Punkt (0,0) partikuläre Gleichgewichtslösung. dr 0 00 0 dw 0 00 0 R 0 0 : W 0 W 0 0 : R 0 Sind die Punkte (0,0) und (1,1) die einzigen partikulären Gleichgewichtslösungen JA! dw W( 1 R)! 0 dr R( W 1)! 0 Lösungen: W=0, R=0 und W=1 und R=1

Mathematische Modellierung Jäger-Beute-Gleichgewicht Phasenebene und Trajektorien dr R( W 1) dr dr / Basierend auf dem DG-System dw W (1 R) dw dw / Ein Punkt auf der Kurve in der Phasenebene repräsentiert ein Populationspaar (W,R) zu einem bestimmten Zeitpunkt. Eine kurze Zeit später wäre dieses Populationspaar an einem benachbarten Punkt usw usw. Nach gewisser Zeit entsteht eine geschlossene Trajektorie. R (W in Millionen, R in 1000) Beispiel für die Bestimmung eines Richtungsvektors am Punkt (,): dr dw ( 1) (1 ) die Anzahl der Rotkehlchen nimmt zu, die Anzahl der Würmer nimmt ab W

Mathematische Modellierung Jäger-Beute-Gleichgewicht Phasenebene und Trajektorien Obwohl im Phasendiagramm die Zeit nicht aufgetragen ist, kann man zeitliche Verläufe indirekt modellieren R (W in Millionen, R in 1000) P 1 Ausgehend von beliebigen Startpunkten entsprechend dem jeweils gegebenen Verhältnis R (t) zu W (t) zu einem Zeitpunkt t können die Richtungsvektoren des Phasendiagramms genutzt werden, um Trajektorien für den zeitlichen Verlauf der Populationsgrößen zu bestimmen Die Trajektorien sind immer geschlossen, ein Zyklus endet am Ausgangspunkt. P P 0 Die Populationen von R und W oszillieren periodisch, jedoch phasenverschoben. P 3 W

Mathematische Modellierung S-I-R-Modell für Epidemien Das S-I-R-Modell beschreibt den Verlauf von Epidemien realistischer als unsere Betrachtung auf vorhergehenden Folien (Beispiel Epidemie-logistische Fkt) Folgende Definitionen und Annahmen werden gemacht: - S ist die Zahl anfälliger Personen (Suszeptible), welche krank werden können. - I ist die Zahl Erkrankter (Infizierte) - R ist die Zahl von Personen, die nicht mehr zur Population von Infizierten gehören, (Rekonvaleszente bzw. Personen in Quarantäne) - Es gibt keine natürliche Immunität, d.h. ohne Impfung kann sich jeder infizieren, der nicht zu I oder R gehört - Neuerkrankungen kommen durch Kontakte zwischen S und I zustande, die Zahl ist daher proportional zu S I mit Konstante a Es folgt: ds a S I - S nimmt immer ab, die Rate ist der Kontaktzahl. Die Erkrankten wechseln in die Population I di a S I b I - I nimmt in dem Maße zu, in dem sich S verringert. Die Erkrankten wechseln jedoch mit einer relativen Rate b I in die Population R

Mathematische Modellierung Trajektorien des S-I-R-Modells I S* S Die Population S nimmt monoton ab (wie erwartet) I nimmt bis zu einem Maximum zu, dann ab Am Ende der Trajektorie ist die Grippe vorüber - die Trajektorie startet bei S 0 = 76 und I 0 = 1 - sie endet bei S 0 und I = 0 demnach haben sich nicht alle Schüler infiziert Ermittlung des Maximums Beeinflussung der Trajektorie di ds 19 1 0 S* 19 S S* = 19 ist die Maximalstelle jeder Trajektorie dieses Systems (für diese Trajektorie ist I max 300) S* wird Schwellenwert bezeichnet Für S-I-R-Modelle allgemein gilt: - je kleiner S 0 d.h. die Zahl infizierbarer Personen, desto flacher verläuft die Trajektorie - ist S 0 <= S*, dann kommt es nicht zum Ausbruch einer Epidemie, da di/ds sofort < 0 ist - Impfung hat also allgemein das Ziel, S auf <= S* zu bringen S * b a